Autor:Mara Jade
Rating: FSK 12
Pairing: Clintasha

Zeitraum: Spielt zwischen dem ersten und dem zweiten Avengers Film.

Disclaimer: Alles nur ausgeliehen: Alle Rechte an dem Film und der Comic Reihe, ihre Charaktere und Handlungsstränge gehören der Produktionsfirma Marvel Studios und Paramount Pictures.
Die Story und die nicht in dem Film erwähnten Personen und Orte sind meiner Fantasie entsprungen. Mögliche Ähnlichkeiten mit lebenden Menschen oder realen Ereignissen sind reiner Zufall und nicht von mir beabsichtigt!!!

Diese Geschichte ist nicht für die freie Verbreitung im Netz vorgesehen. Sollte jemand Interesse daran haben diese Story auf anderen Seiten zu posten oder zu verlinken, bitte vorher bei mir melden!

 

 

 

 

Kammerflimmern

 

 

„Ich hab ihn“, flüsterte Natasha leise in ihr Headset und unterbrach, trotz Steves wütenden Protests, die Verbindung zum restlichen Team, sah nur noch zu ihren Partner herunter, der eingehüllt in ein schmutziges Laken, seltsam verkrümmt auf dem Boden der Zelle lag.

 

Wut kochte in ihr hoch, als sie ihn so verletzlich vor sich sah. Drei Wochen waren sie nun schon auf der Suche nach ihm. Drei Wochen in denen sie zusammen mit Steve und Tony,  rund um die Welt geflogen waren, nur um ihn dann in ihrer alten Heimat zu finden. Noch immer konnte sie nicht verstehen wie es dazu gekommen war. Was wollte der KGB von Clint? Oder ging es hier gar nicht um seine Person? War er nur das Bauernopfer in ihrem Spiel?

 

Mit einem Seufzer zog sie die Knie an. Sie würde das jetzt nicht klären können und es gab auch wichtigeres. Ihr Blick scannte seinen Körper, auf der Suche nach einem Anzeichen von Leben. Noch war keine Zeit um dankbar die Augen zu schließen, noch wusste sie nicht ob sie nicht doch zu spät gekommen war. Vorsichtig schwang Natasha ihre Beine durch die Deckenluke und sprang die wenigen Meter zu Clint, in die Tiefe.

 

~~~***~~~

 

Iron Man drehte sich um 180 Grad, ließ sich auf ein Knie fallen und nahm sich die von hinten kommenden KGB Agenten zur Brust. Ein schneller Schlagabtausch aus seinem rechten Hand Repulsor und die Männer waren nicht länger eine Bedrohung.

So langsam langweilte ihn der Kampf und zum wiederholten Male stellte er sich die Frage, ob es nicht doch vielleicht besser gewesen wäre den Hulk mitzunehmen. Gut, der Kollateralschaden wäre um einiges größer ausgefallen, aber hey, man hatte den KGB ja nicht gebeten sich mit den Avengers  anzulegen. Wer den Ärger machte, der sollte auch für den Schaden bezahlen.

 

~~~***~~~

 

Schnell hatte Natasha die kurze Distanz überbrückt, ließ sich neben Clint auf die Knie fallen und zog ihm die speckige Decke vom nackten Körper.

 

„Bitte“, flüsterte sie, während ihre zitternde Hand zu seinem Hals wanderte, den Puls suchte und fand. Spürbar erleichtert, erlaubte sie sich zum ersten Mal seit Wochen, tief durchzuatmen. Das war das Zeichen nach dem sie gesucht hatte. Sein Puls, nicht regelmäßig, aber doch spürbar.

 

Vorsichtig legte sie ihre Hand an seine viel zu warme Wange, um seinen Kopf zu sich zu drehen. Ihr Herzschlag setzte einen Moment aus, als sie in sein zerschlagenes, auf grausamste Weise geschwollenes, aber so unglaublich vertrautes Gesicht blickte, das Gesicht, nach dem sie sich so schmerzhaft gesehnt hatte - und all die angestauten Gefühle, all die Angst, Trauer und Verzweiflung der letzten Tage brachen mit einem Mal mit solcher Wucht über ihr zusammen, dass ein tiefer, ihren ganzen Körper erschütternder Schluchzer aus ihrer Kehle drang und sie unmittelbar zu weinen anfing.

 

„Clint“, stieß sie hervor und ihre Stimme war kaum mehr als ein bebendes Flüstern. Er lebte. Gott, er lebte! Noch im selben Moment schüttelte sie sich, denn das Wort „Gott“ erzeugte bei Natasha, seit New York, einen fahlen Nachgeschmack. Nicht alles Göttliche war auch gut.

 

„Clint!“ Wieder strich ihre Hand ungläubig über seine Wange, während sie die ständig nachkommenden Tränen wegblinzeln musste, um ihn überhaupt richtig erkennen zu können. Am liebsten hätte sie ihn in ihre Arme gezogen, ihm festgehalten und nicht mehr losgelassen, doch sie hatte Angst, seine Verletzungen noch zu verschlimmern.

 

„Wir sind da!“, stieß sie leise aus und streichelte sein Gesicht zärtlich, vorsichtig, als hätte sie Angst, er könne sonst zerbrechen. Seine Lider zuckten und sie lachte und weinte zur selben Zeit, als er seine Augen öffnete, bemüht darum, zu erkennen, wen er da vor sich hatte.

 

„Hey Farmboy“, brachte sie erstickt hervor und registrierte zum ersten Mal das wütende Klopfen in ihrem Headset. Doch noch war sie nicht bereit Clint mit irgendjemand zu teilen. Dieser Moment gehörte ganz ihr. „Hörst du mich?“

 

Er reagierte nicht. Seine Augen waren glasig und konnten den Blick nicht wirklich halten. Und er atmete viel zu schwer und unregelmäßig. Dann hustete Clint kraftlos, verzog schmerzerfüllt das Gesicht und das röchelnde Geräusch aus seiner Kehle ging Natasha durch Mark und Bein.

 

Jetzt erst wanderte ihr Blick über den Rest seines Körpers, nahm wahr, was sie anfangs ausgeblendet hatte. Sein Körper wies mehrere Schnittverletzungen auf, die teilweise immer noch leicht bluteten. Doch ihrem geübten Auge entging nicht, das die Wunden nur von oberflächlicher Natur waren. Nicht tief genug um ernsthaft zu verletzen, aber schmerzhaft genug um Fragen zu beantworten. Folter. Man hatte ihn nach KGB Methode gefoltert. Sie kannte die Vorgehensweise. Zuerst wurde nur ein wenig geschnitten, sozusagen als Warmmachphase. Doch dann…. Ihr Blick wanderte weiter über seinen Körper. Sah seine Arme, seine verkrümmten Finger und blieb an seinen Beinen hängen. ….. dann wurde es richtig brutal. Man nannte die Abteilung nicht um sonst „die Knochenbrecher“. Sie hatten ihren Spaß gehabt, doch zum Ende gekommen, waren sie nicht.

 

Etwas linkisch griff sie zu ihrem Erste Hilfe Set und machte sich daran die Blutungen, der tiefsten Schnittverletzungen, zu versorgen. Sie war so in ihrer Behandlung vertieft, dass sie das wütende Klopfen in ihrem Headset überhörte.

 

~~~***~~~

 

Die erste Empfindung, die zu Clint durchdrang, war Kälte. Ihm war fürchterlich kalt und gleichzeitig schienen seine Gliedmaßen in Flammen zu stehen. Mühsam versuchte er die Augen zu öffnen, schloss sie aber gleich wieder als die Welt sich zu drehen begann und die wiedererwachten Schmerzen ein Bewegen unmöglich machten.

 

Schon lange war er nicht mehr in der Lage Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Er lebte nur noch für die wenigen Momente, in denen er klar bei Verstand war, in denen es ihm vergönnt war logisch zu denken. Dann konzentrierte er sich auf das einzige Gesicht, das er noch einmal sehen wollte, das Gesicht auf das er schon eine gefühlte Ewigkeit wartete. Konzentrierte sich auf flammend rotes Haar und grüne Augen und darauf dass er ihr noch etwas Wichtiges zu sagen hatte. Etwas das er ihr schon lange hätte sagen wollen, aber es mit der Gewissheit, sie dann zu verlieren, für sich behalten hatte.

 

Doch jetzt brauchte er die Worte nicht mehr zurück halten, denn für ihn gab es kein Zurück mehr. Nur noch das Hier und Jetzt. Und während er noch nach den richtigen Worten suchte, kam die Dunkelheit zurück und verschlang ihn ein weiteres Mal.

 

~~~***~~~

 

Jetzt wo sie ihn verletzt, aber lebend vor sich liegen sah, rückte ihre starke Seite wieder in den Vordergrund und wütend wischte sich Natasha, die letzten Tränenspüren aus dem Gesicht. Vom Flur her hörte sie lautes Getöse und auch die barsche Stimme des Captains, die unentwegt Befehle brüllte.

 

Doch noch galt ihre Aufmerksamkeit ungeteilt ihrem Partner. Warum war Clint auch nur so ein gottverdammter Sturkopf. Nie wusste er, wann es besser für ihn war, nachzugeben. Wenn sie sich seine Hände und Arme besah, bekam sie einen Einblick, was das Schweigen ihn gekostet haben mochte.

 

„War das nötig?“, zischte sie ihm zu. „Hättest du nicht einmal nachgeben können?“

 

Wahrscheinlich war es auch für Natasha im Moment besser, das Clint bewusstlos war, das er sich nicht mit einem seiner schiefen, aber auf sie unwiderstehlich wirkenden Lächeln, aus der Verantwortung stehlen konnte. Wahrscheinlich würde sie ihn später sowieso noch KO schlagen. Wofür, nun ein Grund würde ihr schon einfallen, da war sie sich sicher. Also war es für ihn gesünder, bewusstlos zu bleiben. Das klopfen in ihrer Komm-Einheit ignorierte sie auch weiterhin.

 

~~~***~~~

 

Es war ein hässlicher Kampf – blutig, brutal und ohne Regeln. Der KGB war nicht darauf vorbereitet, hier und heute auf Superhelden zu treffen. Sie waren weder so schnell wie Captain America, noch hatte sie die Reichweite eines Iron Mans. Das verschaffte den beiden Avengers einen immensen Vorteil. Tony und Steve waren auch allein, schneller und stärker als die bestausgebildeten KGB Agenten und die Kugeln, die auf sie niederprasselten, fügten ihnen keinen wirklichen Schaden zu.

 

„Hey Cap!“, rief Tony über seinen Helmfunk und setzte neben ihm zur Landung an. „Hast du unseren Kampffloh schon erreichen können?“

 

Steve hob sein Schild und donnerte es in Richtung der auf sie zueilenden Nachhut.

 

„Nein“, kam es von ihm und geschickt fing er sein wiederkehrendes Schild auf. „Sie hält immer noch die Verbindung unterbrochen.“

 

„Kommst du hier einen Moment alleine klar“, fragte Iron Man und erledigte ganz nebenbei zwei seiner Angreifer.

 

„Klar, was hast du vor?“, fragte Steve und registrierte das aufheulen eines landenden QuienJets. „Scheinbar kommt da unsere Verstärkung“, teilte er zwischen zwei Boxhieben seinem Partner mit.

 

Tony rollte mit den Augen, was natürlich niemand sah, da sein Helmvisier herunter geklappt war. Trotzdem. Fury hatte sich diesmal verdammt viel Zeit gelassen. Wahrscheinlich passierte das sogar mit voller Absicht, denn immerhin hatten sie sich Romanoff zuliebe, gegen ihn gestellt, und die Suche nach Barton aufgenommen.

 

„Also?“, fragte der Captain nach.

 

Tony aktivierte seine Bein Repulsor und hob etwas vom Boden ab. „Ich such unsere Meisterspionin und ihren Lieblingsvogel. Jarvis, kannst du Agent Romanoff orten?“, stellte er die Frage an die künstliche Intelligenz.

 

Nur wenige Augenblicke später hatte Iron Man einen Bauplan des Gebäudes auf seinem Helmdisplay.

 

„Die Agents Romanoff und Barton befinden sich im 5. Untergeschoss, Sir. Wenn ich vorschlagen darf, dann sollte sie den Aufzugsschacht…..“ weiter kam Jarvis nicht, da Tony schon seine Hand Repulsor aussteckte und sich an Ort und Stelle durch die Betonbodenplatten schoss.

 

~~~***~~~

 

Besorgt sah Natasha zu ihrem Partner herunter. Es wurde Zeit. Clint wurde immer unruhiger und das Fieber stieg bedrohlich. Sie wollte gerade ihre Kommeinheit wieder aktivieren, als sie von oben ein lautes Getöse und Vibrationen vernahm. Sekunden später schwebte Iron Man am Rand des Raumes ein.

 

„Starker Auftritt“, rief sie Tony zu und zog das Laken wieder über Clints nackten Körper. Es musste ihn ja nicht jeder so sehen.

 

Mit wenigen Schritten war Iron Man bei ihr und klappte sein Helmvisier hoch.

 

„Barton? Wie geht’s ihm?“, fragte er und ließ sich auf ein Knie nieder. „Jarvis. Mach einen Diagnostik Scan“, befahl er fast zeitgleich der K.I.

 

Natasha sah Tony in die Augen. „Es hat ihn schwer erwischt. Wir müssen ihn hier schnell heraus bringen.“

 

Obwohl sie versuchte stark und sachlich zu klingen, schwang in ihrer Stimme eine Vibration mit, die Stark so noch nie von ihr gehört hatte. Scheinbar stand es wirklich schlecht um Legolas.

 

„Unser Zug ist sowieso gerade eingetroffen“, teilte er ihr mit und machte im aufstehen seinen Helm zu. „Dann wollen wir ihn mal in die Höhe bringen“, sagte er noch und schaltete ohne Romanoffs Wissen sein Mikro aus. Das nächste Gespräch musste sie in ihrem Zustand nicht unbedingt verfolgen. „Jarvis? Die Werte?“ Vor Tony Augen zeigten sich Bilder und medizinische Kurven, während die vertraute Stimme der K.I. ihn über alles Wesentliche in Kenntnis setzte. „So schlimm?“, hakte Stark nach. „Kann ich ihn überhaupt transportieren?“

 

„Wenn ich vorschlagen dürfte, Sir? Dann so schnell als möglich.“

 

Mit einem nicken schaltete Tony das Mikro wieder ein. „Romanoff, ich fliege mit Barton vor. Du kommst alleine klar?“

 

Natasha zog im selben Moment ihre Waffen und entsicherte diese. „Seht zu das ihr hoch kommt. Wir sehen uns im Jet.“ Sie warf noch einen letzten Blick auf Clint, dann war sie an Iron Man vorbei in den Flur gesprintet.

 

Tony sah nun ebenfalls zu Barton. „Na mein Vögelchen, da haben sie dir aber schön die Flügel gestutzt.“ Mit einem Seufzer lief er sich wieder auf die Knie sinken und griff unter Clints Beine und Rücken. „Das wird jetzt nicht angenehm, also beiß deinen Schnabel zusammen.“ Sprach er mehr um sich selbst Mut zu machen, als zu seinem bewusstlosen Freund. Mit einem Ruck hob er ihn vom Boden hoch, stieß sich ab und flog durch sein geschaffenes Loch in der Decke zurück.

 

~~~***~~~

 

Als er von starken Händen hochgehoben wurde, hätte er schreien können, doch auch dazu fehlte es ihm an Kraft. Die Schmerzen, die durch seinen Körper schossen, waren mittlerweile kaum auszuhalten. Immer wieder driftete er dahin, bis er von der nächsten Schmerzattacke zurück ins Leben gerufen wurde. Clint versuchte sich aufzurichten, um zu sehen, was mit ihm passierte, aber die Anstrengung war zu viel für seinen schwachen Körper und er ließ sich wieder zurücksinken. Er genoss die Wärme auf seinem Gesicht, ließ seine vom Fieber glühenden Lider zufallen und zog sich in sein Innerstes zurück. Die Bewegungen wiegten ihn und immer wieder fielen Clint die Augen zu. Da ihm die Kraft zum Kämpfen fehlte, ergab er sich seiner Qual.

 

~~~***~~~

 

Keine zwanzig Minuten später standen sie auf dem Helicarrier vor der medizinischen Abteilung. Jeder ging auf seine Art mit der Unwissenheit um. Natasha lief, noch immer in Kampfmontur, wie eine Raubkatze vor der großen Tür im Kreis herum und drohte jeder Person, die ihr keine Auskunft geben wollte, mit Schlägen oder schlimmeren. Steve saß abseits, blätterte in einer Illustrierten und erweckte den Anschein, dass ihm all das hier überhaupt nichts anging. Banner, der nun auch wieder mit von der Partie war, hatte sich wie ein Bodyguard in Romanoffs Rücken aufgebaut. Und Tony hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Jarvis in die S.H.I.E.L.D. Computer zu senden um nach den aktuellsten Daten von Hawkeye zu suchen. Als dann letztendlich die Tür aufging zuckten alle anwesenden Avengers zusammen. Natasha die als erstes stand sprach die ihr bereits bekannte Ärztin an.

 

„Dr. Fishburn, wie geht es Agent Barton?“

 

„Ein paar Mal ist uns sein Kreislauf weggesackt, aber wir konnten ihn stabilisieren und haben ihn erst einmal in ein künstliches Koma versetzt. Sobald sich seine Werte erholt haben, werden wir uns um seine Verletzungen kümmern.“

 

„Wird er wieder…….?“ Den Satz beenden konnte Tasha nicht, zuviel Angst hatte sie vor der Antwort.

 

Die Ärztin zog eine Augenbraue hoch. „Ich will ehrlich zu ihnen sein.“ Mit einem  Seufzer schob sie ihre Brille auf der Nase zu recht und sah jeden Anwesenden ins Gesicht. „Ich weiß es noch nicht. Agent Bartons Oberschenkelknochen sind mehrfach gebrochen. Das gleiche gilt für die Schien- und Wadenbeine. Über seine Arme, Hände und Rippen möchte ich gar nicht erst sprechen.  Es wäre einfacher die nicht zerstörten Knochen aufzuzählen“, sagte Dr. Fishburn mit einem Kopfschütteln. „Außerdem wurde ihm das rechte Schultergelenk ausgekugelt und das schon über einen längeren Zeitraum.“ Resigniert verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Ihre *Freunde* vom KGB haben ganze Arbeit geleistet“, sagte sie und sah dabei zu der rothaarigen Spionen herüber. „Ich weiß zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ob er jemals wieder normal wird laufen können oder ob er noch dazu in der Lage sein wird seinen Bogen abzuschießen. All das wird sich erst im laufe der Zeit ergeben.“ Als sie die schreckgeweiteten Augen Romanoffs sah, überlegte sie kurz der jungen Frau zur Beruhigung eine Hand auf die Schulter zu legen, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Wie immer war Natashas Ruf ihr vorausgeeilt.  „Aber wir haben in den letzten Jahren viel mit Knochenwachstum und Knochenverstärkungen experimentiert. Das kann uns jetzt vielleicht helfen.“

 

Hinter Tasha erwachte Banner aus seiner Starre. „Sie machen aber kein Monster aus ihm?“

 

Das erste Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht der älteren Frau. „Nein, das haben wir definitiv nicht vor.“

 

„Ich könnte ihnen helfen, Dr. Fishburn. Ich könnte mir die Formeln dazu ansehen und nachschauen, ob da nicht vielleicht doch irgendwo die Krux begraben liegt“, bat Bruce sich an.

 

Die Ärztin nickte ihm zu. „Sehr gerne, Dr. Banner. Wir können jede Hand….“ Dabei schaute sie auch in Tony Starks Richtung. „……..gebrauchen.“

 

„Natürlich“, sagte Tony und schaute immer noch starr auf die undurchsichtige Scheibe, die den Wartebereich vom Intensivbereich trennte, so als erwarte er dass sich das milchige Glas in Luft auflösen würde.

 

„Darf ich zu ihm?“, fragte Romanoff, als sich die beiden Wissenschaftler und die Ärztin aufmachten zu gehen.

 

„Wie ich bereits sagte, wir haben ihm ins künstliche Koma gelegt. Er ist nicht ansprechbar. Aber wenn sie trotzdem möchten, bring ich sie gerne zu ihm.“

 

„Ja bitte“, sagte Tasha, schloss sich dem Trio an und ließ Steve alleine im Wartebereich zurück.

 

~~~***~~~

 

Langsam öffnete sich die automatische Tür vor Natasha. Geräusche empfingen sie, Geräusche, die sie schon mehrfach in ihrem Leben gehört hatte. Das Zischen und Schnaufen des Beatmungsgerätes, das gleichmäßige elektronische Summen des Cardiographen. Eigentlich sollten sie überhaupt nichts bedeuten, diese Geräusche, die ihre vertraut waren, doch plötzlich, hier in der Enge dieses kleinen, dunklen Raumes, wirkten sie geradezu obszön laut. 

Sie holte tief Luft, setzte ihren Fuß in den Raum und die Tür, schloss sich hinter ihr. Es war nicht das erst mal das sie ihn so sah. Schon öfter waren sie bei einem Einsatz verletzt worden. Schön öfter hatte es auf Messerschneide gestanden, doch diesmal schien es anders zu sein.

 

Clint lag in einem schmalen, metallvergitterten Bett, die Decke bis zu seiner Brust hochgezogen. Sein Gesicht seltsam, durch Schwellungen entstellt. Ein Arm schützend an der Seite, der andere lag in einer Bandage, auf seiner Brust. Seine Beine waren unter einem Gestell versteckt. Durchsichtige Plastikschläuche führten in seinen Mund und seine Nase. Der eine führte in seine Lunge, um ihn zu beatmen, der andere versorgte ihn mit einem ständigen Tropfen mit Flüssigkeiten. Flaschen und Beutel hingen an Metallständern neben dem Bett. Ein Gewirr von Plastikschläuchen führte zu seinem Handgelenk, seinem Hals, seiner Brust. 

Bis auf den matten Lichtschein, der von einer Notbeleuchtung am Fenster kam, war das Zimmer dunkel. Clint sah völlig ruhig und gelassen aus, so, als sei es ihm völlig egal, dass Plastikschläuche in seinem Körper steckten und Luft in seine Lunge pumpten. 

Als Natasha das Zittern ihrer Knie bemerkte, musste sie sich an den Gitterstäben des Bettes festhalten, um nicht umzufallen. Schließlich streckte sie eine Hand aus und strich ihm eine Haarsträhne von den Augen weg. Neben ihr schmatzte und pumpte das Beatmungsgerät. Seine Brust hob und senkte sich, in einem Rhythmus wie nur eine Maschine es vermochte.

Nicht zum ersten Mal, aber diesmal voller Inbrunst, wollte Natasha in diesem Augenblick, an ein Wunder glauben, wollte glauben, dass wenn sie seine Hand in ihre nahm, das sie dann aufwachen würde, und alles nur ein böser Traum war, aber sie wusste, das dem nicht so war. Gott war nicht bestechlich. 

Vorsichtig beugte sie sich über ihn. „Du musst Leben!“, flüsterte sie in sein Ohr. „Ich verhandle nicht, hörst du? Es gibt keinen Kompromiss. Lebe!“

Sie hoffte dass ihn diese Worte erreichten. Doch was wäre wenn Clint nicht mehr aufwachen würde? Bei diesem Gedanken stieg der Kummer, den sie zu unterdrücken versucht hatte, heftig in ihr auf, erfüllte sie ganz und ergoss sich in heißen, feuchten Tränen über ihre Wangen. Da gab es immer noch eine offene Rechnung zwischen ihnen.

 

3. Kapitel

 

 

3 Wochen zuvor:

 

Es sollte ein einfacher Job werden. Die Familie eines vor der Hydra geflohenen und nun im Exil lebenden slowakischen Wissenschaftlers, sollte aus Bratislava „begleitet“ werden.  S.H.I.E.L.D. hatte alles bis ins kleinste geplant und als Treffpunkt das Kempinski Hotel River Park ausgesucht. Je öffentlicher umso unauffälliger,  war die Devise.

 

Und dann war Barton, mit schmerzhaft auf den Rücken verdrehten Armen, auf einem Stuhl im Nirgendwo aufgewacht. Clint wusste auch jetzt noch nicht, wie es dazu gekommen war. Der Streit den er mit Natasha kurz vor seiner Abreise hatte, hatte ihn unvorsichtig werden lassen. Ein Fehler, wie ihn nur Anfänger machten. Wahrscheinlich war er auf seinem Zimmer, betäubt worden. Erinnern konnte er sich nicht,  nur das er sich davor seltsam müde gefühlt hatte.

 

Als sich seine Zellentüre öffnete und zwei finster aussehende Kerle den kleinen fensterlosen Raum betraten, war er auf alles vorbereitet.

 

„Was mache ich hier?“, ergriff Barton sofort das Wort.

 

„Wo ist Natalia Romanova?“, erhielt er von einem der Typen als Gegenfrage, in einem fast akzentfreien Englisch.

 

„Romanova? Ich kenne niemanden mit diesem Namen“, antwortete Barton nicht ganz wahrheitsgemäß.

 

Der der ihn angesprochen hatte, nickte dem kleineren, bisher stummen Kerl an seiner Seite zu. Clint sah den Schlag kommen und verstärkte seine Nackenmuskulatur. Trotzdem wurde sein Kopf unsanft zur Seite geschleudert und er schmeckte Blut.

 

„Ich frage noch einmal“, sagte wieder der Größere der Beiden. „Wo hält sich ihre Partnerin auf?“

 

„Partnerin?“, wiederholte Clint. „Ich habe keine Partnerin. Ich besuche meine Freunde in Bratislava. Ich mache hier….:“ Wieder traf ihn ein Schlag. Diesmal in der Magengrube. Er war so heftig das sein Stuhl nach hinten geschleudert wurde und nur durch die Wand nicht umkippte. Der Schlag schmerzte in seinen verdrehten Schultern und nahm ihm die Luft zum Atmen. Es brauchte einige Zeit bis sich seine Atmung wieder beruhigt hatte und er einen klaren Gedanken fassen konnte. Der Kleinere rieb seine Faust und grinste ihn dümmlich an.

 

„Ich weiß nicht wen sie meinen“, sagte Clint und spuckte den Beiden sein Blut vor die Füße. Wieder holte der Kleine aus und der nächste Schlag traf seinen Wangenknochen. Er konnte spüren wie die Haut darüber aufplatze und ein warmes Rinnsal über sein Gesicht lief.

 

„Ich weiß wirklich nicht…….!“

 

Die nächsten Schläge trafen abwechselnd sein Gesicht oder seinen Oberkörper und fügten ihm weitere Platzwunden und Prellungen zu. Sein rechtes Auge traf es am schlimmsten und kurze Zeit später war die Schwellung so stark, das er damit nicht mehr sehen konnte. Die Befragung dreht sich dabei immer nur um Tasha.

 

„Sie brauchen uns hier keine Geschichten erzählen. Wir wissen, dass sie ein S.H.I.E.L.D. Agent sind, Codename Hawkeye. Wir wissen außerdem, das Natalia Romanova oder Natasha Romanoff wie sie sich jetzt nennt, mit ihnen zusammen arbeitet und wir wissen warum sie nach Bratislava gekommen sind. Also wenn sie uns sagen, wann sie ihre Partnerin erwarten, dann wird mein Freund hier…“, dabei deutete er auf seinen Nebenmann. „…sie nicht weiter belästigen.“

 

Clint lachte wütend auf. Wen wollten die zwei hier verarschen? Er war schon zu lange im Geschäft um sich von solchen Aussagen beeinflussen zu lassen. Wahrscheinlich würde er sowieso irgendwann tot in der Gosse landen, egal ob er etwas sagte oder nicht.

 

„Lassen wir doch die Spielchen“, sagte er und bemerkte dabei wie das Blut von seinem Gesicht langsam auf sein weißes Hemd tropfte. „Da sie schon wissen wer ich bin, möchte ich nun auch gerne wissen mit wem ich die Ehre habe?“ Herausfordernd sah er sie an.

 

Zum ersten Mal hörte der Bogenschütze auch den Schläger sprechen. War das russisch?  Das Gespräch zwischen den Beiden wurde immer heftiger, dann ging ein Ruck durch den Größeren.

 

„Alexander Sokolow, Hauptmann des KGBs“, sagte er und stellte dann den kleinen Schläger vor. „Und das ist Pawel Blinow und jetzt kommen wir zurück zu Miss Romanova. Wo ist sie?“

 

„Ich höre mir ja gerne beim reden zu, aber vielleicht sollten sie sich meine Antwort mal irgendwo notieren“, erwiderte Clint frech und erntete dafür den nächsten Schlag. „Ich schätze das heißt nein.“ Mit verzogenem Gesicht ließ er seine Zunge über die Zähne gleiten, aber noch war alles fest.

 

„Also Agent Barton, wo ist Black Widow?“, wurde er wieder gefragt und erntete schon den nächsten Schlag.

 

Irgendwann ließen sie dann von ihm ab. Verraten hatte er sie nicht. Noch war sie sicher, aber seine Kräfte schwanden mit jedem Schlag und seine verdrehte Haltung auf dem Stuhl machte es mit den Schmerzen nicht besser.

 

~~~***~~~

 

Gegenwart:

 

„Das war es, oder?“, fragte Banner und trat von seinem Wissenschaftspult zurück.

 

„Jarvis! Überprüfe noch einmal unsere Berechnungen und stell die Ergebnisse Dr. Fishburn zur Verfügung.“

 

„Ja Sir“, kam es von der künstlichen Intelligenz und die Bildschirme flackerten im Eigenleben wieder auf. Tabellen und Kurven erschienen und verschwanden gleichzeitig.

 

„Wir haben doch nichts übersehen?“, fragen Banner noch einmal nach und sah Tony dabei unruhig an.

 

„Wenn Jarvis nichts findet… sollte es eigentlich in Ordnung gehen. Wenn die Nanoniten ihre Arbeit getan haben, werden sie sich einfach deaktivieren. Und zur Not haben wir ja einen *Ausknopf* eingebaut. “ Tony strich gedankenverloren über seinen Bart. „Ein Wüterich im Team sollte uns reichen, oder?“

 

„Definitiv!“

 

~~~***~~~

 

Irgendjemand vom Pflegepersonal war so freundlich gewesen und hatte ihr einen Stuhl an Clints Bett gestellt. Der Kampf um Bartons Befreiung saß auch Natasha, noch in den Gliedern. Sie sehnte sich nach einer warmen Dusche und sauberen, zivilen Kleidern, aber sie konnte sich im Moment noch nicht von ihrem Partner trennen.

 

Zum gefühlten tausensdenmale schaute sie auf die großen medizinischen Wandmonitore. Dort konnte sie Hawkeyes aktuelle Daten verfolgen, aber dort sah sie auch die Röntgenaufnahmen seines Körpers. Sah die Zerstörung und Verwüstung die angerichtet wurde und die nun wieder zu beheben war. Eine innere Unruhe ließ sie noch einmal aufstehen und zum Bett gehen. Zart wie eine Feder legte sie ihm ihre Hand auf die Stirn. Noch immer war er viel zu warm. Das Fieber war trotz aller Medikamente noch nicht besiegt. Aus dem Augenwinkel sah sie auf dem Monitor seiner Herzlinie zu. „Gehörte die rote Glocke dahin, oder hatte sie diese bisher nur übersehen?, fragte sich Natasha als fast zeitgleich eine Alarmglocke ertönte.

 

~~~***~~~


Die diensthabende S.H.I.E.L.D Intensivschwester blätterte gerade in einem Krankenbericht, als der Alarm losging. Der Warnton erklang laut und schrill durch die ansonsten ruhige Station. Der Kopf der Schwester fuhr hoch. Schnell warf sie einen Blick auf die Überwachungsanzeigen. Im Laufen zog sie sich ein paar Handschuhe über und nahm das Stethoskop vom Hals. Auf ihrem Weg traf sie auf Dr. Fishburn, die ebenfalls bereits alarmiert war. 

„Vicky, was ist passiert?“, fragte die Ärztin im Laufen.

„Agent Barton. Bis gerade war noch alles ruhig. Jetzt spielt sein Puls verrückt und sein Blutdruck fällt.“

 

Sekunden später erreichten sie das Zimmer und fanden Agent Romanoff an seinem Bett vor. Natasha trat einen Schritt zurück und überließ ihren Partner den beiden Frauen. Schnell überprüfte die routinierte Krankenschwester die angelegten Drainagen und die dazu gehörigen Schläuche, aber hier war alles frei. 

„Das gefällt mir nicht“, murmelte die Ärztin leise. 

„Blutdruck fällt weiter, Puls ...“, kam es von der Schwester die die medizinischen Daten ablas.

Plötzlich schrillte ein neuer Alarmton los und ließ ihr keine Zeit mehr den Satz zu beenden. 

„Kammerflimmern!“, kam es von Schwester Vicky.

Sofort war Dr. Fishburn am Bett und mit einem schnellen Blick zu dem Cardiografen befahl sie: „Defibrillator, schnell. Aufladen auf 150 und weg vom Bett.“ 

Mit stummen Entsetzen beobachtete Natasha wie sich Clints Körper aufbeugte, doch das EKG blieb flach. 

„Na komm schon. So einfach mach ich es dir nicht“, murmelte die Ärztin vor sich hin. „Fünf Milligramm Adrenalin und fünfundzwanzig Milligramm Solu-Medrol in die Transfusion.“ Die junge Krankenschwester befolgte die Anweisung sofort. 

„Herzstillstand. Wir verlieren ihn!“, rief Schwester Vicky. 

„Aufladen auf 200 und zurücktreten.“ Clints Körper hob sich in einer letzten Anstrengung, als wollte er das Leben festhalten, das ihm zu entweichen drohte. 

„Vicky, noch einmal fünf Milligramm Adrenalin und eine Einheit Lidocain, schnell!“

 

 

 

4. Kapitel

 

„Sir?“, erklang die Stimme von Jarvis und störte die beiden Wissenschaftler in ihrem Gespräch.

 

„Schon fertig?“, schnappte Tony zurück und zog eine Augenbraue hoch. Eigentlich sollte das Auswerten länger dauern.

 

„Agent Bartons Werte verschlechtern sich rapide. Ich dachte sie sollten darüber informiert werden!“ Seine Stimme klang dringend.

 

Schnell war Tony auf den Beinen und auch Bruce sprang auf und lief auf das Wissenschaftsmodul zu. Sofort flammten verschiedene Hologramme auf und zeigten Bartons medizinische Daten.

 

„Jarvis, wie weit bist du mit der Kontrolle des Serums?“

 

„Noch zwei Stunden und siebzehn Minuten, Sir.“

 

„Die Zeit haben wir wahrscheinlich nicht mehr“, kam es von Banner, dessen Finger nur so über seine Tablett  Tastatur flogen.

 

„Jedenfalls nicht mehr, wenn seine Werte so bleiben“, sagte Tony mit nachdenklicher Stimme. Seine Gedanken drehten sich wieder um die Serums Zusammensetzung. Sollten sie jetzt schon das Risiko eingehen. Es war nur fraglich ob Clints angegriffenes Herz- Kreislaufsystem überhaupt in der Lage war das Mittel zu verarbeiten.

 

~~~***~~~

 

Dr. Fishburn blickte auf die Linie, die unverändert flach blieb. „Verflucht noch mal“, rief die Ärztin resigniert und schlug auf Bartons nackte Brust ein. „Du wirst hier nicht sterben“, rief sie, entriss der Schwester die Spritze und stach sie, ohne zu zögern, ins Herz ihres Patienten.
Die Bewegung war von einer unglaublichen Präzision, die Nadel glitt zwischen den Rippen hindurch, durchstach das Perikard und drang einige Millimeter in die Koronargefäße ein. Sofort verteilte sich die Lösung im Herzmuskel. 

Wieder griff die Ärztin zum Defibrillator. Plötzlich wurde der regelmäßige Ton des EKGs von einer Folge kurzer Piepser abgelöst. Alle im Raum waren wie versteinert und starrten auf die grade grüne Linie, die sich an dem einen Rand des Monitors leicht zu wölben begann, bis sich schließlich ein fast normaler Kurvenverlauf einstellte.  

Schwester Vicky schloss kurz ihre Augen und dankte im Stillen für die Güte, die ihnen heute hier zuteilwurde. Dann kehrte sie zum Monitor zurück und überprüfte den Sättigungsgrad der Blutgase. 

Erschöpft schloss auch Dr. Fishburn kurz ihre Augen, nahm ihre Taschenlampe, öffnete erst Clints rechtes Auge, leuchtete hinein und wiederholte das gleiche mit seinem linken Auge. Nervös befeuchtete sie ihre Lippen. Das war nicht gut, gar nicht gut. Um sicher zu sein, wiederholte sie die Untersuchung noch einmal, aber immer noch sah sie geweitete Pupillen die nicht auf das Licht der Lampe reagierten. Seine Augenbeweglichkeit war gänzlich erloschen. 

 

~~~***~~~

 

Vergangenheit

 

Als die Tür wieder auf ging, waren Stunden oder vielleicht auch Tage vergangen. Clint hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Seit er sich in dieser Zelle befand, hatte er wieder etwas zu essen bekommen, noch hatte er trinken dürfen. Mittlerweile klebte seine Zunge dick und widerspenstig am Gaumen und er empfand es fast als Wohltat, dass er seine verdrehten Arme nicht mehr spürte, dass alles unterhalb seiner Schultern taub war.

Diesmal kam der Größere alleine in seine Zelle. Wie war noch einmal sein Name? Bartons Gehirn arbeitete nur noch auf Sparflamme. Ach ja. Sokolow, fiel es ihm letztlich doch noch ein.

 

„Na, haben sie sich etwas erholt?“, fragte er, schien aber keine Antwort von Clint zu erwarten, da er sich sofort von ihm wegdrehte und ein kleines Etui aus seiner Jackentasche nahm.

 

„Wir hatten früher einen gewissen Erfolg, mit reinem Methanol:“ Langsam zog Hauptmann Sokolow eine Einwegspritze auf. „Diese Rezeptur….“, sagte er und stach die Nadel in Bartons Arm. „…….habe ich selbst entwickelt. Sie besteht aus einer Mischung aus Natriumpentothal und anderen Mitteln, die einem sehr geschickt die Wahrheit entlocken können.“ Zufrieden mit sich lächelte er sein Opfer an. „Die Wirkung wird schon sehr bald einsetzen.“

 

„Und sie werden schon sehr bald tot sein“, erwiderte Clint und versuchte so die Hitze die sich bereits in seinem Magen ausbreitete zu ignorieren.

 

Sokolow stutze.

 

„Wahr oder nicht wahr?“, fragte Hawkeye und grinste nun ihn an. „Ich glaub das Zeug fängt schon an zu wirken.“

 

Der Hauptmann legte den Kopf schief, nahm sich einen Stuhl und setzte sich Barton genau gegenüber. „Wissen sie, ich habe in Amerika studiert. Ich weiß wie ihr tickt. Ich kenne euch Amis. Also kommen wir wieder zur Sache. Wo ist Natalia Romanova?“

 

Plötzlich kam Clint die Lampe über ihm, viel heller vor als gerade noch. Irritiert blickte er hoch und die Welt begann sich zu drehen. Die Droge wirkte. Ein verstärktes Kopfschütteln brachte keine Linderung, sondern sorgte nur für erneute Schmerzen in seinen Schultern. Er schluckte schwer. „Warum interessiert sie das eigentlich so sehr?“ Er konnte seinen Mund einfach nicht halten. Er musste etwas sagen und hoffte nur inständig, dass die Mischung sein Gehirn nicht völlig neutralisierte.

 

„Sagen wir einmal so. Sie hat bei uns noch ein paar Rechnungen offen und ich habe durch sie wirklich gute Männer verloren.“ Betont auffällig nahm er einen Fuß vom Boden hoch und stellte ihn zwischen Clints Beine auf die Stuhlkante.

 

„OH, herje. Ich kann nur sagen, wenn sie sie gekillt hat, dann waren es wohl eher verdammt böse Buben.“ Lachend stellte er sich Natasha dabei vor und bekam nicht mit, das Sokolow sein Bein anspannte und mit einer schnellen Bewegung gegen seinen Stuhl trat. Barton spürte wie sich der Boden schnell näherte. Der Aufprall auf seine Arme und dem Rücken, brachte seine Schultern zum bersten. Ein Übelkeits erregendes Knacken hallte schmerzhaft durch seinen Körper, als seine rechte Schulter aufs brutalste, aus dem Gelenk gedreht wurde. Für einem Moment hatte er das Gefühl der Ohnmacht zu entkommen, doch dann kam die Dunkelheit und wiegte ihn in ein Land ohne Schmerzen.

 

 

~~~***~~~

 

Gegenwart:

 

Jetzt wo so etwas wie Normalität eingekehrt war, bewegte sich auch Natasha wieder aufs Bett zu. Noch immer konnte sie das gerade erlebte nicht begreifen. Er war im letzten Moment noch einmal dem Tod von der Schüppe gesprungen. Beruhigt bemerkte sie, dass auch scheinbar Clint noch nicht bereit war aufzugeben.

 

Dr. Fishburn stand wieder vor den großen medizinischen Monitoren und studierte die Daten.

 

„Hat er eigentlich noch Verwandte?“, fragte die Ärztin plötzlich und drehte sich zu Natasha um. „Ich meine, gibt es jemanden den wir informieren sollten?“

 

Langsam schüttelte Tasha den Kopf. „Nein, nicht das ich wüsste. Er hat nur uns, das Team.“

 

„Gut“, sagte Dr. Fishburn, dann atmete sie tief durch. „Es tut mir leid, dass ich ihnen das nun sagen muss, aber es sieht nicht gut aus. Wir konnten ihn im Moment stabilisieren, aber sein Herz ist geschwächt. Die Wochen der Folter, sein eh schon geschundener Körper, der Herzstillstand, die multiplen Frakturen…….“, sie machte eine kleine Pause und zog Natasha etwas vom Bett weg. „….wenn nicht ein Wunder geschieht…“ Auch sie ließ den Satz unbeendet. „Auch S.H.I.E.L.D. ist nicht allmächtig“, fügte sie mit traurigem Blick hinzu.

 

 

Romanoff wusste auch so was sie damit sagen wollte. Clint lag im Sterben. Wenn sein Herz den Kampf verlor, was nutzte dann noch das Serum das Banner und Tony vervollständigten? Was nutzten einem toten Barton, starke Knochen und verbesserte Gelenke?  

 

 

5. Kapitel

 

Warten, lag nicht in Natashas Naturell. Sie war eher eine Frau der Tat. Trotzdem hatte sie sich wieder auf den Stuhl neben Clints Bett gesetzt und hielt seine Hand. Gedanken verloren fuhr sie mit dem Daumen über seinen Handrücken. Trotz seiner starken Armmuskeln hatte Barton filigrane Finger. Ganz so wie ein Chirurg oder Klavierspieler, nur die Schwielen passten nicht ins Bild. Aber bis jetzt waren ihr noch nie seine runden, breiten Fingernägel aufgefallen. Seltsam, was ihr Gehirn alles aufnahm.

 

Da sie alleine im Zimmer war, konnte sie ihren Gefühlen freien Lauf. Hier nur in seiner Gegenwart brauchte sie sich nicht verstellen. Hier konnte sie einfach nur sie selbst sein. Während sie ihren Kopf auf seine Brust legte, lauschte sie seinem Herzschlag der zwar langsam, aber doch regelmäßig zu hören war und ließ ihren Tränen freien Lauf.

 

Er konnte sich jetzt doch noch nicht verabschieden. Sie hatten beide noch so viel zu erledigen. Mit wem sollte sie ihre freie Zeit verbringen? Wer würde sie zum Lachen bringen? Geräuschvoll zog sie ihre Nase hoch. Was würden die Avengers ohne ihren Mann in der Höhe machen? Thor….. dachte sie plötzlich in Panik, die so gar nicht zu ihr passte. Wusste der Donnergott überhaupt Bescheid? Er war wieder auf Asgard. Loki hatte sich zurück gemeldet und sorgte für Probleme. Selbst wenn es ihnen gelingen würde Thor dort zu kontaktieren, würde er es noch rechtzeitig zur Erde schaffen? Oder würde er nur noch zur Beerdigung kommen können?

 

Nein, sagte sich Tasha entschlossen, zog ein letztes Mal ihre Nase hoch und wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie würde sich nicht wie ein verschrecktes Hausmütterchen benehmen. Sie war noch nicht bereit Clint gehen zu lassen und sie würde ihren Willen durchsetzen. Koste es, was es wolle. Mit aller Kraft die ihr noch geblieben war, hob sie ihren Kopf von seiner Brust und beugte sich über sein Ohr.

 

„Hör mir zu Farmboy. Ich sag es dir jetzt nur einmal. Du wirst nicht sterben. Ich lass das nicht zu. Nur damit wir uns verstehen. Wage es und ich trete dir in den Arsch.“

 

Sichtlich mit sich zufrieden erhob sie sich von seinem Bett und strich sich die Haare aus der Stirn. Es wurde Zeit das sie unter die Dusche kam. Noch immer hatte sie Clints Blut an sich kleben. 

 

~~~***~~~

 

In der Folterkammer:

 

„Verdammt noch mal Alex. Du solltest ihn befragen, nicht umbringen“, rief der Kleinere der beiden, der in die Zelle gelaufen kam, sich neben Barton kniete und seinen Puls kontrollierte..

 

„So schnell macht der schon nicht schlapp“, kam es von Sokolow und zusammen hievten sie den bewusstlosen Amerikaner wieder hoch.

 

„Nein, aber jetzt hast du ihm dein Mittelchen ganz um sonst gespritzt. Einen Bewusstlosen kann man nicht befragen.“

 

„Hol Wasser“, knurrte der Hauptmann.

 

~~~***~~~

 

Unsanft wurde Clint von einem Schwall kaltem Wasser geweckt. Stöhnend versuchte er zu Atem zu kommen. „Na das war doch mal eine Erfrischung“, murmelte er frech und erntete dafür einen Schlag gegen die rechte Schulter. Der Schmerz explodierte heiß und erinnerte ihn wieder an das Knacken das er zuvor gehört hatte. Irgendwas war da mit seiner Schulter passiert und er konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken.

 

„Na wieder bei Sinnen?“, kam es von seinem Peiniger und wohlwollend nahm dieser zur Kenntnis wie Barton seinen Kopf hob. „Dann können wir ja mit unserer Befragung weiter machen. Nennen sie mir den Aufenthaltsort von Romanova und sie sind uns los.“

 

„Lecken sie mich am Ars…..“ Wieder erntete er einen Tritt. Diesmal gegen sein rechtes Schienbein und wieder schossen Schmerzen durch seine lädierte Schulter. Die kleinste Bewegung verursachte ihm Übelkeit, aber gleichzeitig spürte er auch dass das Adrenalin, das dadurch freigesetzt wurde, ihm half gegen das Wahrheitsserum anzukämpfen.

 

„Ich verliere echt die Lust. Beantworten sie mir doch einfach meine Fragen. Wir wissen was da zwischen ihnen und Romanova läuft. Warum machen sie sich selber das Leben so schwer?“


Die Droge entfesselte wieder ihre Wirkung und eine Antwort auf die Frage lag Clint auf der Zunge, nur im letzten Moment konnte er es verhindern, indem er sich auf seinem Stuhl nach vorne warf und so den wütenden Bären in seiner Schulter zum Erwachen brachte. Der Schmerz kam rasch und benebelte sein Gehirn vollendend. Im Unterbewusstsein bekam er noch mit, wie die Zellentür sich hinter dem KGB Männern schloss und ihn wieder allein zurück ließ.

 

~~~***~~~

 

Gegenwart:

 

„Wie sieht es aus Jarvis, hält er noch durch?“, fragte Tony seine K.I.

 

„Ja, Sir. Agent Bartons Werte haben sich sogar wieder etwas gebessert.“ Kam die prompte Antwort.

 

„Gut, wie lange brauchst du noch?“

 

„Ich habe gerade die Berechnungen abgeschlossen, Sir!“

 

Na Gott sei dank, dachte Iron Man und nahm die Ampulle auf dem medizinischen Gerät. Es kam auch keinen Moment zu früh. Solange Clint durch hielt, hatte sie eine reale Chance. Das Serum, das Knochen in Stunden wieder zusammen wachsen ließ, war so gut wie abgeschlossen. Sie hatten zwar ein paar Bugs befunden, diese aber noch rechtzeitig entfernen können. Die Nanoniten, winzig kleine Roboter, würden nicht nur die Bruchstellen heilen, sondern auch die Knochen so stark machen das auch Sprünge mit den Füßen voran, durch Fassadenplatten demnächst für Barton kein Problem mehr darstellen sollten.

 

Banner krempelte seine Hemdärmel herunter und blickte Tony an. „Dann wollen wir mal, oder?“

 

Stark blickte auf die kleine lilafarbige Ampulle in seiner Hand. Sie hatten nur diese eine Probe. Sollte das ganze schief gehen, wären sie wieder am Anfang der Forschungen und auf Clint würden Wochen, wenn nicht sogar Monate der Rekonvaleszenz zukommen. Vielleicht sogar die körperliche Versehrtheit. Es stand viel auf dem Spiel. Soviel wie schon lange nicht mehr.

 

~~~***~~~

 

Als Steve Rogers sah das Natasha das Zimmer des Bogenschützen verließ, legte er seine Zeitung, in der er sowieso nicht gelesen hatte, zurück auf den kleinen Tisch der im Wartezimmer zur Krankenstation des Helicarriers stand.

 

Langsam, die Hände in den Hosentaschen vergraben ging er auf Clints Zimmer zu. Unschlüssig ob er den Raum betreten sollte, oder nicht blieb er davor stehen. Wie lange kannten sie sich jetzt.  Betrachtete Rogers sein Leben, so währte ihre Bekanntschaft erst kurz. Aber dafür hatte sie diverse Aktivitäten zusammen geschweißt. Damals, als Barton Lokis Zauber entkommen war, hatte ihre Freundschaft angefangen. Er hatte den Quinjet geflogen, der Steve und Black Widow nach New York gebraucht hatte, wo die Schlacht gegen die Außerirdischen bereits im Gange war. Auch da hatte er sich gut geschlagen und war so ein wertvolles Mitglied der Avengers geworden. Und das obwohl er weder Superkräfte, noch einen Metallpanzer trug. Soweit Steve wusste, trug Barton noch nicht einmal Kevlar am Körper. Doch diesmal hatte er sein Schicksal einmal zu viel heraus gefordert.

 

„Gehen sie ruhig rein.“ Sprach ihn da plötzlich die Ärztin an und sorgte dafür, dass der Captain zusammenzuckte.

 

„Nein, nein… ich will nicht stören.“  Unbewusst vergrub er seine Hände noch tiefer in den Hosentaschen.

 

„Sie stören ihn nicht, Captain Rogers. Agent Barton liegt im Koma. Vielleicht spürt er ihre Anwesenheit, vielleicht auch nicht. Da streiten sich die Wissenschaftler. Was ich weiß ist, dass seine Werte sich Gott sei Dank wieder gebessert haben. Es wird nichts passieren“, versuchte sie ihn zu beruhigen. „Gehen sie nur zu ihrem Freund. Vielleicht beruhigt es sie ja beide“, fügte sie mit einem wissenden Lächeln noch hinzu.

 

Steve sah die Ärztin längere Zeit an, dann nickte er ihr zu und öffnete die Tür.

 

 

 

 

6. Kapitel

 

Natasha genoss das warme Wasser, das ihr das trockene Blut vom Körper spülte. Immer wieder musste sie an Hawkeyes schrecklichen Zusammenbruch denken. An diese Hilflosigkeit die sie dabei gespürt hatte. Dieses Gefühl nicht eingreifen zu können. Den Schicksal ausgeliefert zu sein. Nach einer gefühlten Ewigkeit drehte sie das Wasser ab und ließ ihre Stirn gegen die Fliesen sinken. Warum war das Leben nur so grausam.

 

~~~***~~~

 

So hatte er Barton noch nie gesehen, dachte Rogers und schluckte hart. So verletzlich, so krank. Dabei hatte er bereits viel Tod und Verzweiflung in seinem Leben gesehen. Erst während des Krieges und später dann in New York und auch in Washington.

 

Die Maschinen zu Clints rechter Seite sorgten dafür, dass sich sein Brustkorb in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Weitere Schläuche versorgten ihn mit diversen Flüssigkeiten. Es war kein schöner Anblick, aber Rogers hatte schon schlimmere gesehen.

 

„Na mein Freund“, versuchte er sich mit Konversation und fühlte sich doch etwas unwohl in seiner Haut. Es war seltsam mit jemanden zu sprechen, der so weit entfernt und dem jegliche Reaktionen abhanden gekommen waren. Aber nach kurzer Zeit hatte er ein Gefühl dafür bekommen und ließ sich auf den einzigen Stuhl im Zimmer nieder.  Die rothaarige Russin die sich leise in die offene Tür gestellt hatte, bemerkte er nicht.

 

~~~***~~~

 

„Jarvis, ruf Rogers und Romanoff zur Krankenstation. Sag ihnen wir wären soweit.“

 

Die beiden Wissenschaftler hatten derweil im Laufschritt die medizinische Abteilung erreicht. Noch immer hielt Tony die kleine Ampulle mit dem lilafarbenen Serum in der Hand. Laut Jarvis sahen Bartons Werte im Moment sehr vielversprechend aus. Wenn dann war jetzt, der richtige Zeitpunkt ihm das Serum zu verabreichen. Leider hatte sie keine Zeit gehabt das Mittel zu testen. Man konnte nur das Beste hoffen. Schlechter ging es eh nicht mehr.

 

~~~***~~~

 

Dr. Fishburn warf einen letzten Blick auf Bartons Werte dann nickte sie den beiden Wissenschaftler, Natasha und Rogers zu.

 

„Gut. Ich gebe ihnen recht. Das Zeitfenster ist so perfekt, wie es nur sein kann. Das Antibiotika das wir ihm nun schon seit Stunden zuführen, scheint die Entzündungen wirksam zu bekämpfen. Das Fieber sinkt und seine Vitalwerte haben sich erholt.“ Während sie sprach nickte sie ihnen die ganze Zeit zu und fixierte dabei die kleine Ampulle die auf dem Tisch lag.

 

Es kam Tony so vor als wenn sie sich selbst Mut machen musste.  „Wer übernimmt den Picks?“, fragte er daher leicht belustigt.

 

Die Ärztin warf ihm einen seltsamen Blick zu. „Wenn sie möchten, überlass ich ihnen gerne diese Ehre“, sagte sie und stand zeitgleich auf, um eine Automaticspritze für Stark zu holen.

 

Natasha sah zu wie Tony die Ampulle in den Kolben drückte und sich Clints Bett näherte. Plötzlich hatte sie das Bedürfnis Stark aufzuhalten, ihm noch schnell etwa klar zu machen, bevor es vielleicht zu spät war. Beherzt ergriff sie seinen Arm, drehte ihn zu sich um und sah im Augenwinkel Banner zurück schrecken und Steve in Kampfbereitschaft gehen. Langsam näherte sie sich Tonys Ohr.

 

„Wenn er stirbt, töte ich dich.“ Ihre Stimme war kalt wie Eis und sie sah in seinen Augen, dass ihre Warnung angekommen war. Sie nickte ihm noch einmal zu und ließ seine Hand los. Mit einem zufriedenen Gefühl hörte sie, wie Stark sich verlegen räusperte.

 

„Ähm“, macht er und sah Banner an und hielt ihm die Automaticspritze entgegen. „Du?“

 

Bruce hob abwehrend beide Hände und blickte dabei in Natashas Richtung.  „Ich denke lieber nicht.“

 

Tony sah nun wieder die Ärztin an. „Sie vielleicht?“

 

„STARK!“ Natasha verlor so langsam die Geduld. „Tu es endlich.“

 

„Jarvis halt das bitte fürs Protokoll fest. –Auf speziellen Wunsch von Agent Romanoff… bla bla….-.“, sagte Tony und inijzierte Barton das Serum in den Hals.

 

~~~***~~~

 

Minuten vergingen wie Stunden. Natasha verloren jeglichen Halt zur Wirklichkeit. Wie lange standen sie nun schon um das Bett herum und warteten auf eine Reaktion, die scheinbar ausblieb. Bisher hatte sich nichts verändert. Noch immer schmatzte die Herz Lungenmaschine und pumpte Sauerstoff in Bartons Körper. Noch immer hob und senkte sich sein Brustkorb im Takt, zum Klang der Maschinen. Sollte alles umsonst gewesen sein. All die Hoffnungen und Mühen? War der Verfall seines Körpers nicht mehr aufzuhalten?

 

Plötzlich ging ein Rucken durch Clint. Mit einem Mal kam Leben in ihn. Sein Arme und Beine zuckten unkontrolliert und Tasha wagte nicht sich seine Schmerzen vorzustellen. Immer heftiger bäumte er sich gegen unsichtbare Fesseln auf.

 

„Nur um das zu klären…“, sagte Tony gerade und deutete ungläubig zum Bett. „…das war ich jetzt aber nicht, Romanoff.“

 

„Festhalten, er krampft“, kam die Anweisung der Ärztin und sie versuchte Barton an den Schultern nach unten zu drücken. „Ich brauche Hilfe. Vicky!“, rief sie der Krankenschwester zu. „Holen sie die Fixierung. Schnell!“

 

„Verschlimmere ich das alles nicht, wenn ich ihn festhalte?“, kam es von Rogers, der unschlüssig vor dem Bett stand und nicht wusste wo und wie er seinen verletzten Freund festhalten sollte.

 

„Nein“, sagte die Ärztin und wurde in selben Moment fast von Clints Körper geworfen. Es war Wahnsinn, woher er nach der langen Strapaze noch die Kraft dazu nahm. „Er spürt es nicht. Er befindet sich noch immer im künstlichen Koma. Aber wenn wir ihn nicht beruhigen, wird er sich nur noch mehr verletzen.“ Ihre Stimme klang angestrengt, während sie überlegte das Risiko einzugehen, Agent Barton, ein krampflösendes Mittel zu verabreichen. Doch wie würde die Wechselwirkung aussehen?

 

Natasha hatte sich derweil auf Clints Brustkorb gelegt und versuchte ihn so festzuhalten, während Steve und Tony sich um seine zuckenden Arme und Beine kümmerten. Es kam ihnen vor wie Stunden, bis endlich die Pflegekraft mit den Gurten zurück kam. Immer wieder bäumte sich sein Körper auf, zuckten seine Extremitäten. Natasha strich mit einer Hand über seine Wange. Flüsterte ihm leise, beruhigende Worte zu die nur sie verstehen konnte. Wo nahm er nur die Kraft her. Wieder strich sie über seine Wange und sah Augenbewegungen wo eigentlich keine seien sollten.

 

„Er wacht auf!“, rief sie der Ärztin zu, die gerade mit der Schwester dabei war Bartons Beine zu fixieren.

 

„Er ist sediert. Er kann nicht aufwachen“, beruhigte sie die Ärztin, doch Natasha sah das anders.

 

Immer mehr Bewegung kam in sein Gesicht und im nächsten Moment sah Tasha wie sich ruckartig seine Augen öffneten. Sie sah seinen verwirrten, schmerzverzerrten Blick und sprühte wie er sich gegen den Tubus wehrte.

„Er ist wach!“ Diesmal ließ sie sich nicht beirren. Sie sah, was sie sah. „Und er hat Schmerzen. Tun sie etwas“, rief Natasha aufgebracht.

 

Sofort war Dr. Fishburn zur Stelle und zückte ihre kleine Taschenlampe und wollte ihm in die Augen leuchten. „Das kann doch gar nicht sein.“ Murmelte sie vor sich hin, als sie sah wie Clints Blick sie fixierte. „Das ist unmöglich.“

 

„Und doch hat er es geschafft“, kam es von Rogers, der Aufgrund der fixierten Beine seine Aufgabe verloren hatte und etwas unnütz herum stand.  „Können wir ihm nicht irgendwas geben?“

 

„Phenytoin“, rief Banner dazwischen und half mit verbissenen Gesichtszügen, der Schwester, Clints Oberkörper zu fixieren. „Das müsste doch die Krämpfe lösen und wir sollten ihn den Tubus ziehen. Sehen sie? Er wehrt sich dagegen.“

 

„Vicky, sie haben es erhört. 150ml Phenytoin und eine Einheit Lidocain. Wir müssen ihn beruhigen. Und bereiten sie das Entnahmeset vor.“ Noch immer war Unsicherheit in ihrer Stimme zu hören.

 

~~~***~~~

 

Er hörte Stimmen, konnte sie aber nicht greifen. Er schwamm, schwamm in einer Brühe aus dichtem Nebel oder Wolken. Sein Herz klopfte unangenehm und es war ihm unmöglich sich kontrolliert zu bewegen. Alles zuckte und bebte. Sein Körper schmerzte mit jeder Phase mehr. Als der Nebel sich etwas lichtete konnte er spüren, dass er nicht alleine war. Da waren Stimmen.

 

Wo war er? Wer war er? War das überhaupt noch sein Leben? Fragen zuckten durch sein Gehirn, fanden aber keine Antwort. Er versuchte Luft zu holen, aber irgendetwas hielt ihn davon ab. Etwas Kaltes steckte in seiner Kehle fest und behinderte ihn dabei. Panisch riss er seine Augen auf, bat und flehte stumm um Hilfe. Eine rote Haarflut schob sich in sein Gesichtsfeld und versprach ihm Linderung. Das Licht tat seinen Augen weh. Alles war hell und Blitze zuckten um ihn herum. Wieder hörte er Stimmen, verwirrend, aber bekannt. Doch bevor er diesen habhaft werden konnte, zog der Nebel wieder auf und alles, auch seine Empfindungen, verdunkelten sich.

 

 

 

7. Kapitel

 

Zwanzig Minuten später war von dem Drama nichts mehr zu erahnen. Die Medikamente zeigten ihre Wirkung und hatten seinen Körper beruhigt. Die unkontrollierten Bewegungen waren genauso vorbei, wie auch seine wachen Momente. Er schlief tief im Medikamentenrausch. Noch nie hatte Natasha ihn in so einem Zustand, der völligen Hilflosigkeit, gesehen.

 

Banner und Tony kontrollierten zusammen mit Dr. Fishburn, Bartons Vitalwerte und Jarvis machte ständig neue Röntgenaufnahmen und projizierte diese über Clints Bett. Steve hatte sich wieder nach hinten zurück gezogen und wachend die Arme vor seiner starken Brust verschränkt. Bereit sofort einzugreifen, sollte es von Nöten sein.

 

„Es ist erstaunlich“, kam es von der Ärztin und Bruce gleichzeitig und sie blickten sich irritiert an. „Das Wachstum. Es übertrifft meine größten Erwartungen. Sie haben großartiges geleistet“, sagte sie und in ihrer Stimme schwang Respekt mit.

 

„Es waren ihre Forschungen. Tony und ich haben nur etwas daran herum gefeilt.“

 

„Trotzdem. Was sie in der Kürze geschafft haben, dafür hätten wir Jahre benötigt.“

 

„Wir hatten auch einen anregenden Grund“, sagte Tony und es war nicht ganz klar, wen er damit meinte. Den verletzten Agent oder Natasha Romanoff die wie ein Racheengel an dessen Bett saß.

 

„Wenn seine Werte so bleiben, können wir spätestens in 24 Stunden damit beginnen ihn aufzuwecken. Bis dahin müsste er das schlimmste überstanden haben.“

 

Noch immer stand Dr. Fishburn staunend vor Clints Bett. „Es ist als wenn man den Knochen beim Verheilen zusehen könnte.“ Und tatsächlich konnte man unter der Haut, Bewegungen wahrnehmen. Die Nanoniten übernahmen den Hauptteil der Arbeit.

 

„Ich hoffe nur es hört auch rechtzeitig auf“, warf Stark ein, der ein Tablett in den Händen hielt und dort ebenfalls mit Clints Werten beschäftigt war. „Wir haben schon einen Hulk..:“ sagte er und warf Banner einen verzeihenden Blick zu. „…..ich denke, wir brauchen keinen zweiten.“

 

Jetzt sah auch Natasha auf. Sie war nicht zu Scherzen aufgelegt. Noch nicht jedenfalls. Noch wusste sie nicht wo sie der ganze Spuk hinführte.

 

„Ich glaube…“, sagte Tony da plötzlich in die Stille. „…wenn das alles ausgestanden ist, dann haben wir einen Grund zum feiern.“

 

„Ja“, mischte jetzt auch Rogers mit. „Ich denke das sollten wir wirklich machen. Das haben wir uns alle verdient.“

 

„Hört, hört…. Das ich das noch erleben darf.“ Witzelte Stark. „Solche Worte aus des Captains Mund.“

 

~~~***~~~

 

Da Natasha sein Aufwachen nicht verpassen wollte, hatte sie sich immer nur kurz von seinem Bett entfernt. Schon vor Stunden hatten sie die Medikation abgesetzt. Stunden in denen sich Clints Zustand weiter besserte, doch er wachte nicht auf. Egal wer an seinem Bett saß und wer mit ihm sprach, nie erhielten sie eine Reaktion. Es halfen weder Drohungen, noch Einschüchterungen. Sogar Direktor Fury hatte einmal für ein paar Minuten seinen Kopf in das Zimmer gesteckt. Seine aufmunternden Worte hatten Natasha gefallen, aber ansonsten nichts ausgelöst.

 

~~~***~~~

 

Bartons Verstand arbeitete, aber sein Körper ließ eine Bewegung nicht zu. Egal wie sehr er sich auch anstrengte, es war ihm nicht möglich sich zu regen. Er konnte hören, aber nicht sehen. Er konnte fühlen, aber nicht reagieren. Panik ergriff ihn. Er war gefangen, in einem toten Körper.

 

~~~***~~~

 

Irgendwann, als es schon wieder dunkel wurde kam Tony ins Zimmer. Mittlerweile hatte Tasha jegliches Zeitgefühl verloren. Sie wusste nicht mehr wie lange sie hier schon saß oder wie lange sie hier noch sitzen würde.

 

„Schläft Dornröschen immer noch?“, fragte Stark obwohl ihm die Antwort eh bekannt war und sah Romanoff leicht nicken.

 

„Was ist mit deinen kleinen Robotern? Sind sie noch aktiv?“

 

„Jarvis?“, fragte Tony und die künstliche K.I, antwortete sofort.

 

„Nein Sir. Sie sind bereits abgestorben. Sie haben ihre Arbeit verrichtet. Genau wie geplant. Alle Knochen und Sehnen sind wieder verheilt. Der Rest liegt nun bei Agent Barton.“

 

Tony sah auf sein Tablett. „Die Werte sind ok. Er müsste eigentlich schon lange wieder aufgewacht sein. Ich weiß auch nicht was ihn aufhält. Vielleicht will er ja nicht mit uns auf sein Überleben anstoßen“, sagte er und zog dabei eine Grimasse.

 

~~~***~~~

 

Vergangenheit:

 

Er wusste nicht mehr wie lange er jetzt schon eingesperrt war und auch nicht mehr wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Die kurzen Ruhepausen die man ihm zwischen den Verhören gönnte, verbrachte er meistens in einer Art Dämmerzustand. Alleine mit sich und seinen Schmerzen. Zu nichts mehr im Stande, als vor sich hin zu vegetieren. Das seltsame war, das Clint nicht einmal mehr wusste, ob er Natasha oder S.H.I.E.L.D. verraten hatte. Alles war unwirklich und er sehnte sich immer öfter nach der Dunkelheit, die ihn vergessen ließ.

 

Doch am schlimmsten hin- und hergerissen zwischen Furcht und Hoffnung wurde er bei dem Gedanken, was wohl seine Gefährten und allen voran Natasha, unternehmen würden und in welche Gefahr sie sich seinetwegen begaben.

 

Irgendwann, als es sein geschundener Körper nicht mehr zuließ, dass er auf einen Stuhl saß, hatten sie ihn losgebunden und auf den Boden gelegt. Immer wieder bekam er etwas gespritzt, wahrscheinlich Präparate die ihn am Leben halten sollten. Noch immer hatte er nichts essen dürfen und er war sich auch sicher, dass er das gar nicht mehr könnte. Sein Kiefer schmerzte seit einem schweren Fußtritt bei jeder Erschütterung und auch so war die, durch die Schmerzen verursachte, Übelkeit stärker als sein Hungergefühl. Das er noch lebte, hatte er einzig seinem Willen zu verdanken.

 

Einmal war ihm kalt, dann wieder viel zu heiß, dass er das Gefühl hatte innerlich zu verbrennen. Seine verdreckten Kleider hatten sie ihm schon lange ausgezogen und ihm blieb nur noch eine von Motten zerfressene Decke.

 

Als alle Wahrheitsdrogen und Schläge nichts mehr brachten, griff der KGB zu härteren Maßnahmen. Sie fingen mit seinen Fingern an. Einen nach dem anderen. Es waren nicht Clints erste gebrochene Knochen, aber noch nie wurden ihm die Brüche vorsätzlich zugeführt. Und so arbeiten sie sich fort. Benutzten seinen Körper als Landkarte. Fingen im Norden an und fuhren weiter nach Süden. Hinterließen dabei eine brutale Verstörung. Fingerknochen, Handgelenke, Elle und Speiche. Mit seinen Schultern war eh nicht mehr viel anzufangen. Ein paar Rippen, dann waren seine Beine dran. Das Geräusch seines berstenden Oberschenkelknochens würde er wohl in seinem ganzen Leben nicht mehr vergessen.

 

Als Barton nicht mehr fähig war seinen Körper zu bewegen und es auch nicht mehr ertragen konnte, bewegt zu werden, als alles um ihn herum nur noch Pein und Qual war, fiel er in ein Loch und hoffte aus diesem nie mehr zu erwachen. Die einsetzenden Kampfgeräusche bekam er nicht mehr mit..

 

~~~***~~~

 

 

Gegenwart:

 

Wieder versuchte Clint sich gegen die Dunkelheit die ihn gefangen hielt zu wehren. Er konnte Stimmen hören. Verstand aber den Sinn hinter den Worte nicht. Alles kam ihm seltsam leer und unwirklich vor, so als wenn er nur Statist in diesem großen Spiel.

 

~~~***~~~

 

Tony hatte gerade wieder Bartons Zimmer verlassen, als Natasha eine Regung an dessen Hand ausmachte.

 

„Endlich!“, entfuhr es ihr leise. „Na komm schon, Clint. Streng dich ein bisschen an.“ Mit bebenden Herzen stand sie auf und beugte sich über ihm

 

 

Im ersten Moment wollte sie Stark zurück rufen, doch dann entschied sie sich anders und lauschte gespannt, seiner immer schneller werdenden Atmung. Dieser Moment sollte ihnen gehören.  

 

 

 

 

8. Kapitel

 

 

Clint lag still da. Alles war dunkel. Er konnte Geräusche hören, Geräusche die ein verwirrendes und erschreckendes Getöse waren. Er blinzelte, versuchte die Augen zu öffnen. Es gelang ihm nicht, doch diesmal würde er nicht wieder so schnell aufgeben. 

 

„Clint?“

 

Er hörte eine Stimme, die von irgendwo aus der Dunkelheit zu ihm drang. Natasha? Sie war alles an das er im Moment denken konnte. Er brauchte sie so sehr...... Wieder versuchte er die Augen zu öffnen. Seine Lieder zuckten. Es kostete so viel Energie....

Er hörte wieder ihre Stimme, die ihm gut zuredete, seinen Namen flüsterte. Barton kämpfte darum die Schichten aus Nebel und Dickicht, die sich um ihn ballten, beiseite zu schieben. Schließlich öffnete sich ein Auge langsam und Licht traf ihn, ließ ihn wieder enteilen, den tröstenden Schatten zu. 

 

„Komm schon Barton, öffne deine Augen.“

 

Langsam und zögernd versuchte er es wieder und fand sie neben sich stehen, ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt. 

Mühsam versuchte er sich zu erinnern, wo er war und warum er hier war. In dem Moment in dem er seine Augen schloss, war plötzlich alles wieder da. 

„Russland...? Wie habt ihr mich gefunden?“, flüsterte er fragend mit einer krächzenden, brüchigen Stimme, die er kaum wiedererkannte. Sein Körper war schwach und wollte ihm nicht gehorchen. „Mein Auftrag? Was ist passiert? Warum kann ich mich nicht bewegen“, wisperte er wieder und versuchte einen Arm zu heben, schaffte es aber nicht. Panik überkam ihn.

 

„Wir haben dich gefunden. Sagen wir mal so, der KGB war etwas unvorsichtig und Tony hat zur richtigen Zeit, in das Wespennetz gestochen. Dann ging alles ganz schnell. Dein Auftrag wurde von einem anderen Team außer Landes gebracht.“ 

 

Natasha streichelte eine Seite seines Gesichtes und es fühlte sich gut an, so gut, dass es wenn es nach ihm ginge, nie aufhören müsste. Wieder schloss er die Augen und schüttelte ansatzweise den Kopf. Wieder wollte er etwas zu ihr sagen, aber er wusste nicht mehr was?

 

Die Dunkelheit kehrt zurück, streckte ihre Finger nach ihm aus und wollte ihn herunter ziehen, in diesen dunklen Korridor. Doch noch war Clint nicht soweit. Noch hatte er die Kraft zum Kämpfen. Mühsam holte er Atem und hatte doch das Gefühl, das seine Lunge zu klein war.  

 

„Du wirst gesund werden, Farmboy. Hörst du?  Alles wird gut“, kam ihre Stimme wieder - tröstend und beruhigend. „Mach dir keine Sorgen. Wir schaffen das. Zusammen.“

 

Schwerfällig drehte er seinen Kopf auf die Seite, spürte wie das Kissen unter ihm nachgab und sah zu den nervenden, piepsenden Geräten. Für ein paar Sekunden konnte er nicht richtig sehen, dann stellte sich sein Blick wieder klar und er sah ein wenig der Herzlinie zu die regelmäßig und im Rhythmus auf und ab hüpfte. Barton spürte wie die Medikamente durch seinen Blutkreislauf wirbelten, seine Bewegungen lähmten, sein Sehvermögen beeinträchtigten und jede Faser seines Körpers erfassten. Unbewusst versuchte er dagegen anzukämpfen. Das Atmen viel ihm immer schwerer.

 

„Entspann dich Clint.“

 

Das letzte was er spürte war, das sie seine Hand drückte, seine Wange streichelte und ihm zärtlich auf dem Mund küsste, dann ergab er sich der Dunkelheit.

 

~~~***~~~

 

Natasha brauchte weder Stark noch Banner bescheid geben. Sie hatten auch so bemerkt, dass sich etwas in Bartons kleinem Krankenzimmer, geändert hatte.

 

„Er war wach“, teilte die rothaarige Agentin den beiden Wissenschaftlern mit, sobald diese die Tür öffneten.

 

„Wie ging es ihm?“, fragte Banner, der Mediziner. „Ich meine, war es noch Barton?“ Etwas unschlüssig sah er die junge Frau an.

 

Zum ersten Mal seit diesem ganzen Drama lächelte Tasha ehrlich. „Ja, es ist noch immer Clint.“

 

„Gott sein Dank“, entfuhr es jetzt auch Tony, was Natashas stutzen ließ. Was hatte er ihr verschwiegen?

 

Schnell machte sie einen Schritt auf Stark zu, der sofort vor ihr zurück wich. „Was hat das zu bedeuten? Was habt ihr beiden mir verschwiegen?“, fragte sie bedrohlich und kam immer näher auf Tony zu.

 

Diese wich ihr aus, bis ihn die Wand stoppte und streckte ihr zur Abwehr einen Arm entgegen. „Hooo Hoooo, immer mit der Ruhe. Miss Romanoff. Wir haben… aarrggghhh“

 

Natashas hatte seinen Arm ergriffen und ihm diesen beherzt auf den Rücken verdreht. „Ein falsche Wort, Tony und ich breche dir den Arm. Dann kannst du dein Serum selbst einmal ausprobieren“, zischte sie ihm ins Ohr.

 

„Schon gut, schon gut“, antwortete Stark mit schmerz verzehrtem Gesicht, während  Bruce in aller Seelen Ruhe weitere Test an Clints Bett durchführte.

 

„Es ist nicht so wie du jetzt denkst, aber wir hatten keine Zeit das Serum ausgiebig zu testen. Barton ist sozusagen unser…….“, entschuldigend sah er sie an. „…….Versuchskarnickel. Oder sollte ich lieber sagen Versuchsvögelchen?“

 

Schlagartig ließ Tasha ihn los. Ihr war die verzwickte Lage bewusst. Das war ihr größtes Problem, die Zeit.

 

Tony rieb sich seinen schmerzenden Arm. „Es tut mir leid, Natasha. Aber das war wirklich alles, was wir in der Kürze der Zeit erreichen konnten. Außerdem scheint das Serum doch gut zu wirken. Der Doc sagt selber, die Brüche sind verheilt und die Infektion ist bekämpft. Jetzt muss er nur noch aufwachen, dann sehen wir weiter.“ Doch noch immer schlich sich bei dem Gedanken ein ungutes Gefühl bei Tony ein. 

 

~~~***~~~

 

Bis Barton das nächste Mal aufwachte, vergingen Stunden. Stunden in denen auch Natasha in einem unruhigen Schlaf fiel. Zwar hatte es niemand geschafft sie von Clints Bett weg zu bekommen, aber dafür war sie, mit dem Kopf auf seine Brust und den beruhigenden Schlag seines Herzens in ihrem Ohr, eingeschlafen.

 

~~~***~~~

 

Es Clint diesmal aufwachte, spürte er ein ihm vertrautes Gewicht auf seinem Oberkörper. Natasha. Wie sehr er sie brauchte, bemerkte er immer, wenn sie längere Zeit voneinander getrennt waren. Sie sah im Schlaf so zerbrechlich aus. Ihre kurzen roten Locken fielen ihr wild in die Augen und er sprühte den dringenden Wunsch, ihr diese aus dem Gesicht zu streichen. Erneut versuchte er seine Hand zu heben, aber er bekam einfach seinen Arm nicht unter Kontrolle. Panisch versteifte sich sein Körper und Clint versuchte seine Lunge mit Luft zu füllen, aber alles war so eng. Von seinen Bewegungen geweckt, setzte sich Tasha ruckartig auf.

 

„Hey“, wisperte sie und schaute ihn verschlafen, aber glücklich an. Sie hob ihre Hand und legte sie auf seine Wange.

 

Clint wollte ihr antworten, seinen Arm erheben um es ihr gleich zutun. Sie anfassen, berühren, sie spüren. Doch die Anstrengungen der letzten Wochen, forderten ihren Tribut und sein Arm lag weiter kraftlos auf dem Bett. Die Luft die ihm eh schon zu eng war, wurde schlagartig noch knapper. Ein neuer Schmerz fraß sich durch seine Brust und unweigerlich krümmte er sich zusammen. Ein einsetzender Hustenanfall hinderte ihn am Atmen. Er bekam einfach keine Luft mehr in seine Lungen. Fühlte es sich so an, wenn man erstickte? Luft, er brauchte Luft. Sein ängstlicher Blick fing den von Nat ein, dann war plötzlich ein Ärzteteam an seinem Bett, sein Kopf wurde nach hinten gedehnt, sein Hals gestreckt, er spürte einen Einstich und die Welt um Barton herum wurde wieder dunkel.

 

 

 

 

9. Kapitel

 

 

„Was zum Henker ist da gerade passiert?“, fragte Romanoff die leitende Ärztin aufgebracht. „Ich dachte das Serum hätte seine Arbeit getan?“

 

„Das hat es auch.“ Kam die Antwort von Dr. Fishburns schnell. „Vielleicht etwas zu gut:“

 

Fragend schaute Natasha zwischen der Ärztin und Banner hin und her. „Wäre einer von euch einmal so freundlich und würde mich aufklären?“, fragte sie und blickte besorgt zu ihren inzwischen wieder narkotisierten Partner herunter. Aufgrund der schlechten Sauerstoffwerte hatte man ihm eine Atemmaske aufgesetzt.

 

Stark, der sich die ganze Zeit leise mit Jarvis beratschlagt hatte, ergriff als erster das Wort. Irgendwie hatte er das Gefühl, das der rothaarigen Schönheit schuldig zu sein. „Die Nanoniten, mit denen wir diese multiplen Frakturen geheilt haben, haben scheinbar auch dafür gesorgt, dass sich sein ganzer Knochenaufbau verstärkt hat. Das ist bei Beinen und Armen nicht so schlimm…“ Als er Natashas Blick bemerkte, machte Tony automatisch einen Schritt rückwärts, sprach aber trotzdem weiter. „….die Beherrschung wird er wieder erlernen können, aber leider wurden auch die Knochen seines Brustkorbes verstärkt. Das lässt der Lunge wenig Platz zum Atmen.“ Jetzt war es raus. Resigniert sah er sie an. Tony hatte die ganze Zeit über befürchtet, dass da noch etwas auf sie lauern würde.

 

Überdeutlich hörte Romanoff die anstrengenden und pfeifenden Atemgeräusche ihres Teamkollegen. „Könnt ihr da nichts machen?“ Mit einem Seufzer setzte sie sich wieder auf den Stuhl, neben Clints Bett und nahm seine Hand in ihre. So vertraut, wie in all den letzten Stunden, doch eigentlich hatte sie gedacht das hinter sich zu haben.

 

Tony der sich wieder mit Jarvis und Banner in einem wissenschaftlichen Gespräch befand, schüttelte nur den Kopf.

 

„Seine Lunge wird damit klar kommen. Sie sucht sich ihren Weg und wird sich daran gewöhnen. Das ist jetzt nur, weil die Umstellung so plötzlich kam. Es dauert halt seine Zeit“, beantwortete Dr. Fishburn ihre Frage und nahm gleichzeitig Clint eine weitere Blutprobe ab.

 

„Zeit“, murmelte Natasha. Sie war noch nie ein geduldiger Mensch gewesen. Am liebsten würde sie die Zeit um mindestens fünf Wochen zurück drehen. Wenn sie sich an jenen Tag vor Bartons Abreise nicht gestritten hätten, vielleicht wäre dann alles anders gekommen? Nur beantworten konnte ihr diese Frage niemand.

 

Als sie eine warme Hand auf ihrer Schulter spürte, blickte sie auf und sah geradewegs in Steves Augen. „Ruh dich etwas aus, Natasha. Ich passe auf ihn auf, du kannst mir vertrauen.“ Er sah ihren kritischen Blick zum Bett. „Es wird ihm nichts geschehen. Ich verspreche es dir.“

 

~~~***~~~

 

Sie hatte es wirklich versucht, doch der Schlaf wollte sich einfach nicht einstellen. Unruhig wälzte sich Natasha von einer Seite auf die andere. Das Bett schon völlig durchkämpft.

 

Immer wieder drehten sich ihre Gedanken um jenen Streit, der nicht lächerlicher hätte seinen können. Genervt von ihren eigenen Gedanken, schwang sie die Beine aus dem Bett, setzte sich auf den Rand und vergrub den Kopf in ihren Händen.

 

Rückblick

 

Sie hatten sich ausgiebig geliebt, wie es immer geschah wenn einer von ihnen nach längerer Abwesendheit zurück kam und noch immer lagen sie eng nebeneinander in Clints kleiner Koje auf dem Helicarrier.

 

„Was meinst du wie lange wird dein neuer Einsatz dauern?“, fragte sie ihn und strich dabei zärtlich über seine Brust.

 

„Mhm“, kam es von ihm genießerisch, während er sie mit seinem Schlafzimmerblick bedachte. „Laut Fury ein kleiner Job. Nichts Aufregendes. Ich schätze ich bin schneller wieder da als dir lieb ist“ Neckte er sie, drehte ihr Kinn in seine Richtung und gab ihr einen zärtlichen Kuss.

 

„Was du immer meinst“, kam es von ihr und kniff ihn geherzt in die Seite.

 

„Auuu“, jammerte er,  grinste sie aber frech an. „Warte mal“, sagte er, schob sie etwas von sich, stand auf und zog aus seinem bereits gepackten Seesack, ein kleiner schwarzes Kästchen. „Für dich!“

 

Auf Natashas Stirn bildete sich eine steile Falte, doch sie machte keine Anstalten das Kästchen anzunehmen. „Was soll das?“, fragte sie ihn dagegen scharf und vergessen waren die gerade noch zärtlichen Worte. „DAS, ist gegen unsere Abmachung.“ Nun stand sie ebenfalls auf und fing an sich anzuziehen.

Clint schnalzte mit der Zunge. „Du brauchst keine Angst haben, das ist kein Verlobungsring. Nur eine Kleinigkeit.“

 

Sie sah seinen bittenden Blick, mit dem er ihr das Kästchen herüber reichte. Sah sein schiefes Grinsen, das sie so an ihm mochte und seinen sexy Körper, der ihr noch völlig unverhüllt gegen überstand. Doch sie schüttelte nur den Kopf. „Selbst wenn es der größte Diamant wäre, ich will es nicht wissen. Und das weißt du.“

 

„Komm schon, Nat. Es ist nichts, nur in gut gewolltes Mitbringsel. Nicht mehr und auch nicht weniger. Es bedeutet nichts. “ In dem Moment wo die letzten Wörter seinen Mund verlassen hatten, wusste Clint das es ein Fehler war.

 

Seine Gespielin blieb wie angewurzelt auf dem Weg zur Tür stehen. „Ich nehme von niemanden Geschenke an“, flüsterte sie und ihre Stimme klang dabei kalt und gefährlich. „Und schon gar nicht von dir.“ Dafür bist du mir zu wichtig, setzte sie in Gedanken dazu, sprach es aber nicht aus. „Wenn es NICHTS bedeutet, dann schenk es  doch Maria Hill. Sie wird dir bestimmt danken.“ Noch immer hatte sie sich nicht zu ihm umgedreht, dafür aber die Tür erreicht. „Meld dich wenn du zurück bist“, sagte sie noch, öffnete die Tür und trat in den Flur.

 

„Scheiße“, entfuhr es Barton, während er ihr nur hinterher sehen konnte. „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ Wütend warf der das Kästchen aufs Bett. Welcher Teufel hatte ihn nur geritten. Er musste doch langsam wissen, wie Natasha bei Bedrängnis reagierte. Wütend auf sich selbst, zog er seine Trainingssachen  an. Er brauchte jetzt Bewegung. 

 

Bis zu seinem Abflug sahen sie sich nicht mehr, sie ging ihm gekonnt aus dem Weg. Trotzdem hatte es Clint geschafft ihr das kleine Kästchen aufs Zimmer zu schmuggeln. Natasha wusste noch immer nicht, wen er dafür bestochen hatte, aber am Tag seine Abreise, stand es plötzlich auf ihrem Bett. Zuerst hatte sie es entsorgen wollen, doch aus einer Laune heraus schob sie es ungeöffnet in ihre Nachttischschublade.

 

Jetzt hielt sie das kleine Kästchen wieder in der Hand und es lag schwer in ihren Händen. Natasha fühlte sich schuldig. Sie hatte sich noch nicht einmal von ihm verabschiedet. Traurig sah sie wieder auf das Kästchen und nahm allen Mut zusammen um es zu öffnen. Das Kleinod das sie sah verstörte sie gänzlich und Tränen schossen ihr in die Augen, so dass sie die goldene Kette mit dem kleinen Pfeil kaum erkennen konnte. Mit zitternden Händen öffnete sie den Verschluss und legte sich die Kette um. Während ihre Finger mit dem kleinen Pfeil spielten, überkamen sie reumütige Gedanken. Müde und am Ende ihrer Kraft, ließ sie sich zurück aufs Bett fallen und zog die Knie an den Körper. Mit bebenden Schultern und eine Hand an der Kette, ergab sie sich ihrem Gewissen. Sie hatte ihn definitiv nicht verdient.

 

 

 

 

10. Kapitel

 

Ein paar Stunden später saß sie, zwar nicht ausgeruht, dafür aber frisch geduscht wieder an Clints Bett. Gedankenverloren spielten ihre Finger mit der goldenen Kette und ihr Blick prüfte zum gefühlten tausenden male die medizinischen Apparate, die noch immer Clints Biorhythmus überwachten.

 

Sein Brustkorb hob und senkte sich im Klang der Maschine. Noch immer klang sein Atem schwer und stockend, aber die Blutgaswerte waren wieder gestiegen und mit einem erneuten Aussetzer war nicht zu rechnen. Die beiden Wissenschaftler und die Medizinerin hatten Recht behalten. Clints Körper stellte sich langsam auf das unausweichliche ein.

 

Natascha warf Stark und Banner, die etwas abseits über irgendwelche Unterlagen brüteten einen dankenden Blick zu. Zum ersten Mal bemerkte sie das die letzten Stunden auch an den Beiden nicht spurlos vorbei gegangen waren. Zuwenig Schlaf, zu viel Kaffee und andere Aufputschmittel, hatten ihre Zeichen hinterlassen und belustigt sah sie das Tony ein Gähnen unterdrücken musste. Der Tag war auch verdammt lang gewesen.

 

Eine Regung von Barton ließ sie wieder zum Bett schauen. Er träumte. Mit wachsender Beunruhigung sah Natasha, wie seine Augen unter den geschlossenen Lidern, einen unsichtbaren Tennismatch folgten. Ein Alptraum hatte ihn fest im Griff. Sie wusste dass er seinen Schlaf brauchte, gerade jetzt nach den ganzen Strapazen, aber dies war keine Erholung. Sanft legte sie ihre Hand auf seine Schulter und drückte langsam zu. Aufmerksam und wachsam, da sie aus jahrelanger Erfahrung wusste wie Clint auf solche Störungen reagierte.

 

„Hey, Farmboy. Lass los“, flüsterte sie und drückte seine Schulter etwas fester. „Clint!“, sagte sie noch einmal mit Nachdruck, weil er nicht auf ihre Stimme reagierte. „CLINT, aufwachen!“, rief sie schließlich und versuchte ihn wach zu schütteln.

 

Immer unruhiger wurden seine Bewegungen. Er versuchte sich gegen ihren Griff zu wehren. Bäumte sich auf und Natasha hatte ihr Mühe seinen Körper wieder in die Kissen zu drücken. Trotz aller Schwäche, hatte er noch immer eine immense Kraft.

 

„CLINTON FRANCES BARTON!“, schrie sie ihn an. „Wach auf, verdammt noch mal.“

 

Plötzlich blickte sie in seine Augen, doch scheinbar war er noch nicht richtig bei Bewusstsein. Jedenfalls schaute er sich hektisch in dem kleinen Raum um und versuchte sich krampfhaft aufzusetzen.

 

„Sssshhttttt, Clint nicht….Du bist in Sicherheit.“

 

Noch immer schien es als wenn er durch sie hindurch sah. Mittlerweile lag Natasha schon fast ganz auf ihm. Aus dem Augenwinkel sah sie Banner und Stark auf sich zukommen. Bereit ihr zur Seite zu stehen, doch sie schüttelte nur leicht mit dem Kopf.

 

„Wir kommen klar“, rief sie ihnen zu und wandte sich gleich wieder ihrem Partner zu.

 

„Clint bitte, bleib ruhig liegen.“

 

Als sein Körper sich wieder aufbäumte und sie ihn kaum noch zu halten konnte, löste sie ihre Hand, ballte sie zur Faust und schmetterte sie ihm ins Gesicht. Sofort wurde er ruhiger und schloss die Augen.

 

„Ich bin es Natasha, du ist in Sicherheit“, sagte sie mit zitternder Stimme und um einiges lauter, in der Hoffnung endlich zu ihm durchzudringen.

 

Als er jetzt wieder die Augen öffnete, waren sie zwar immer noch schmerzverhangen, aber sein Blick wirkte klarer. Langsam zog sie sich von ihm zurück. Immer noch bereit sich sofort wieder auf ihn zu stürzen, sollte das Theater von vorne beginnen.

 

„Nat?“, hörte sie ihn fragen und alleine seine Stimme zu hören, so schwach, brüchig und nach Luft ringend, versetzte ihr einen Stich ins Herz.

 

„Ja, ich bin hier“, wisperte sie und zum zweiten Mal an diesem Tag ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf.

 

Jetzt war es seine Hand die ihre streichelte. Seine Stimme die zwar heißer klang, aber trotzdem versuchte sie zu beruhigen.

 

„Nicht weinen, ich schulde dir so viel.“

 

Sie ging nicht auf seine Worte ein, ignorierte das Gesagte, zog ihre Hand aus seinem Griff und legte sie auf die Kette an ihrem Hals. Wütend über ihren erneuten Gefühlsausbruch wischte sie sich die Tränen vom Gesicht.

 

„Ich habe das Gefühl, als wenn ich plötzlich doppelt so viel wiegen würde.“ Hörte sie Clints Stimme und sah wie er mit den Fingern seiner rechten Hand spielte. „Es ist alles so schwergängig.“

 

„Ich weiß“, sagte sie nur und nahm seine Hand wieder in ihre. „Aber du wirst dich daran gewöhnen.“ Grinsend sah sie zu den beiden Wissenschaftlern herüber. „Sie werden dir später ihr Hexenwerk genau erklären, aber zuerst sag mit was du geträumt hast?“

 

„Ich weiß nicht mehr“, sagte er ausweichend und sah wieder auf seine Hand, die noch immer warm in ihrer lag. „Habe ich jetzt Superkräfte?“, versuchte er mit einem Grinsen sie Situation zu überspielen.

 

„Clint….!“, versuchte es Natasha noch einmal und sah ihn streng an. Sie wusste genau, dass er etwas vor ihr verbarg. Niemand steckte Folter so ohne weiteres weg.  „Wenn es was mit deiner Entführung zu tun..“

 

„NEIN. Hat es nicht.“ Sichtlich verstimmt drehte er den Kopf von ihr weg, überlegte es sich dann aber doch anders, fasste sich vorsichtig ans Kinn und grinste sie an. „Hab ich dir schon einmal jemand gesagt, dass du eine verdammt, harte, Rechte hast!“

 

Jetzt konnte sich auch Natascha ein Lächeln nicht mehr verkneifen. „Scheinbar hast du deinen Humor wiedergefunden.“

 

„Ich arbeite daran“, kam es von ihm und müde schloss er seine Augen. Die kurze Zeit des Dialogs hatte ihn schon wieder völlig erschöpft.  

 

„Schlaf Clint, dein Körper braucht die Erholung und es ist auch schon spät“, hörte er noch seine Partnerin sagen, dann hatte ihn der Schlaf eingeholt.

 

 

 

11. Kapitel

 

 

Jetzt war er schon seit Stunden wach, starrte an die Decke und wartete, mehr oder weniger geduldig darauf sein kleines Krankenzimmer verlassen zu dürfen. Es war einfach zu still in diesem kleinen Raum und diese Stille zerrte an seinen Nerven. All der Trubel und die Hektik  von Gestern waren passe. Clint wollte die Stille durchbrechen, er wollte es herausschreien. Ich bin hier und ich lebe. Er wollte Kraft aus diesem Satz schöpfen, Freude auf dem Wissen, das seine Lunge noch Luft pumpte, das er dem Koma getrotzt und Starks Miniroboter überlebt hatte, aber selbst dazu fehlte es ihm an Kraft. So schloss er einfach die Augen und versuchte den Kopfschmerz zu ignorieren, der hinter seiner Stirn hämmerte.

 

Noch immer war er teilweise verkabelt, da sich seine Lunge mit der Umstellung weiterhin schwer tat. Gestern, gegen Abend, war er zum ersten Mal über einen längeren Zeitraum aufgewacht. Dabei hatte er seine Ärztin kennen gelernt und zusammen mit Stark und Banner, hatte sie ihn über seinen Gesundheitsstand aufgeklärt. Jedenfalls, über das was es so aufzuklären gab.

 

Den ganzen technischen Kram hatte Barton sich angehört, und gleich darauf wieder vergessen. Das körperliche war da schon interessanter. Verstärker Knochenbau, erhöhter Metabolismus und dadurch bedingt eine schnellere Heilung. Das hörte sich doch schon mal gut an. Zwar keine wirklichen Superkräfte… aber auch nicht schlecht… Plötzlich war er ein kleiner Captian geworden. Dümmlich, vor sich hin grinsend überlegte Clint wie oft er sich schon bei seinem riskanten Beruf, eine Verletzung zugezogen hatte und wie lange die Rekonvaleszenz jedes Mal gedauert hatte. Das alleine, ließ ihn die Mini Roboter und sein unfreiwilliges dazutun, als willenloses Versuchskaninchen, vergessen.

 

Angestrengt versuchte er sich in eine bequemere Position zu bringen, aber sein überschwerer Körper, verweigerte noch immer weitgehend die Mitarbeit und nach ein paar erfolglosen Versuchen, blieb er einfach so wie er war, liegen. Seine Muskeln waren noch zu schwach und nicht an das plötzlich verdoppelte Gewicht gewöhnt. Selbst der Griff zum Plastikbecher war anstrengend - von dem Gewicht des Bechers samt Arm, ganz zu schweigen.  

 

Mit einem Grinsen im Gesicht nahm er wahr das sich die Tür zu seinem Zimmer öffnete und Romanoff eintrat.

 

„Hey“, sagte er leise.

 

„Hey Farmboy“, kam es von ihr zurück. „Wie geht es dir heute?“

 

Clint hob den Kopf vom Kissen, alleine dabei sah man ihm schon deutlich die Anstrengung an und versuchte wieder nach dem Wasserglas zu greifen. „Alles bestens.“, log er aber seine fröhlich aufgesetzte Mine konnte nicht über seinen miserablen Zustand hinweg täuschen. Noch immer war er kurzatmig und tiefe schwarze Ränder zierten seine Augen.  

Es zerriss ihr das Herz ich so zu sehen, so schwach und hilfsbedürftig. Für sie war er immer der Stärkere. Damals bei ihrem ersten Aufeinandertreffen, als sie noch Feinde waren, auf verschiedenen Seiten standen und kämpfen. Er hatte sich an sie gehängt, hatte sie verfolgt und das obwohl sie ihm eine schwerwiegende Wunde zu gefügt hatte. Barton dachte nicht ans Aufgeben. Hartnäckig und Zielstrebig war er ihr trotz hohem Blutverlust gefolgt und hatte sie letztendlich auch schachmatt gesetzt. Seitdem bewunderte sie ihn für seine Starrköpfigkeit.

 

Als Tasha sah, wie er mit seinem Becher kämpfte, war sie schnell an seiner Seite und reichte ihm das Glas, das er dankbar annahm.

 

„Du musst hier nichts beweisen!“

 

Seufzend nahm er einen Schluck. „Ich weiß, aber ich habe das Gefühl unter einem Betonteil zu liegen…“ und zu atmen.“

 

„Banner sagt…..“

 

„Ich weiß was Banner sagt“, unterbrach er sie knapp. „Spätestens Morgen oder Übermorgen oder aber auch erst nächste Woche…. Blah, blah, blah.. Ich kenn die Prognosen.“ Seine Worte, härter als beabsichtigt. „Aber du kennst mich Natasha. Geduld ist nicht meine Stärke. Ich habe keine Zeit um hier still zu warten.“ Resigniert schloss er die Augen.

 

Mit einer leichten Grimasse setzte sich Natasha seitlich auf sein Bett und nahm seine Hand in ihre. Beruhigend fuhr sie mit ihrem Daumen über seinen Handrücken, wie sie es so häufig in den letzten Stunden getan hatte. Froh diese einfache Bewegung überhaupt noch machen zu können. Froh über Starks Alleingang mit den Nanonieten. Froh über das Schicksal das ihr den Mann nicht genommen hatte den sie ……liebte? Verwirrt über ihre eigenen Gedanken schüttelte sie leicht mit dem Kopf…. Der Schlafentzug und die Sorgen um ihn, hatten scheinbar auch ihren Verstand verwirrt. Was war schon Liebe!?

 

Diesmal war es die Rothaarige der ein Seufzer entwich. Sie musste dringend ihren Kopf freibekommen. „Weißt du schon wann du hier rauskommst?“, versuchte sie das Thema zu wechseln.

 

Plötzlich schoss wieder Leben in ihren Partner, mit einem ächzen setzte er sich im Bett auf und rieb sich durch die kurzen braunen Haare. „Sobald der Doc…“, dabei deutete sein Blick zur Sichtscheibe des Nebenraums. „…..ihr Okay gibt und ich hoffe das das nicht mehr lange dauert.“ Wieder strich er sich durchs Haar. „Ich werde verrückt hier, ich muss hier raus, Tasha! Wenn ich noch einmal in Starks selbstgefällige Mine schauen muss, garantiere ich für nichts mehr.“

 

Sie nickte ihm zu und dachte doch, dass sie ihn am liebsten für die nächsten Tage noch ans Bett fesseln würde. Clint machte nicht den Eindruck jetzt schon alleine klar zu kommen.

 

„Vielleicht…“, sagte er da und zog ihre Gesicht in seine Richtung. „…vielleicht können wir uns die nächsten Tage bei dir oder mir einschließen und einfach etwas relaxen?“ Fragend, fast bittend sah er sie an. Scheinbar war er sich seines Zustandes selbst bewusst.

 

So gerne sie das auch wollte, musste sie ihm doch einen Korb geben.

 

„Ich würde ja gerne, aber ich habe gerade einen Auftrag von Fury bekommen.“ Ihre Finger strichen über seine Wange.

 

„Was gibt es so dringendes?“, fragte er und sie konnte an seinem Gesicht ablesen, das ihm alleine der Gedanke daran nicht gefiel.

 

„Hydra hat irgend so einen Supersoldaten aus dem Hut gezaubert. Irgendwas aus alten russischen Zeiten, deshalb schickt Fury mich auch ins Spiel. Wir wissen noch nicht  viel mehr, außer dass er maskiert ist und hat einen metallenen Arm hat. Steve ist schon los. Er ist schon länger an dem Fall dran.“  Und hat das nur unterbrochen um dich zu retten, fügte sie in Gedanken dazu, sagte aber nichts weiter. Barton ging es so auch schon dreckig genug, da wollte sie nicht auch noch ein schlechtes Gewissen erzeugen. „Zwei paar Augen sehen halt mehr als eins!“

 

„Schade. Ich hatte gehofft…“ Clint ließ den Satz unvollendet.

 

„Ich weiß. Wir holen es nach.“ Mit einem entschuldigenden Blick rutschte sie näher an ihn heran, beugte sich über ihn und küsste ihn zärtlich.

 

„Mhmm“, kam es genießerisch und Clint legte etwas umständlich seine Arme um ihre Taille, um sie noch näher an sich zu ziehen, sie zu riechen, zu spüren. Gerade jetzt nach seinem „Abenteuer“ lebte er viel bewusster, keiner wusste wann es das letzte Mal war. Als ihr Shirt verrutschte sah er verwunderte, dass sie sein Geschenk trug. Mit leicht zitternden Fingern, an denen nicht seine Schwäche schuld war, griff er nach dem kleinen goldenen Anhänger in Form eines Pfeils. „Du trägst sie?“

 

Natasha legte ihre Hand über seine an ihrem Hals. „Sie gefällt mir.“ Mit diesen Worten nahm sie ihre Hand zurück und zog ihr T-Shirt wieder gerade, so dass es die Kette verbarg. „Ich muss mich noch umziehen, der Flieger wartet nicht.“ Mit einer lässigen Handbewegung schob sie eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.

Clint mochte es wenn sie das tat. Sie wirkte dann so weiblich und zerbrechlich, dass sein Beschützerherz schneller schlug. Verflogen war seine eigene Schwäche und er war froh eine Decke über seine Beine zu haben, die einen Teil von ihm verdeckten. „Wir holen es nach?“, rief er ihr nach und sah sie lächelnd die Tür schließen.

 

>>Sie trug sie. Sie trug seine Kette. <<

 

Vergnügt kreuzte er die Arme hinter seinem Kopf und stellte verwundert fest, dass er das schon wieder fast schmerzfrei konnte.

 

 

 

 

 

Epilog

 

 

Eine Woche später………………….

 

Noch immer hatte Clint seinen Körper nicht völlig unter Kontrolle und gerade der vermehrte Knochenaufbau in seinen Beinen, bereitete ihm momentan die meisten Probleme. Aber er macht täglich Vorschritte. Mal größere, mal kleinere.

 

Wenn er zurück dachte an die ersten Stunden nach seinem Aufwachen, als er noch nicht einmal in der Lage gewesen war, seinen Kopf alleine zu heben, überkam ihm immer noch ein Schauer.

 

Doch Gott sei Dank hatte sich das nach kurzer Zeit eingespielt. Sein Oberkörper, die Arme und Hände, all das beherrschte er nun wieder selbstständig. Seine Atmung klang noch etwas schwer und er war kurzatmig, da sich seine Lunge erst an den beschränkten Raum gewöhnen musste, der ihr nur noch zur Verfügung stand. Aber auch diese Werte wurden von Tag zu Tag besser.

 

Seit drei Tagen hatte sich sein Gesundheitszustand soweit gebessert, dass es ihm erlaubt wurde mit einem leichten Training zu beginnen. Auch wenn seine Beine ihn noch nicht richtig trugen und seine Knie, steif und unbeweglich waren, stellte er sich verbissen der Aufgabe.

 

Laut Dr. Fishburn lag der Fehler an zu viel gebildeter Knorpelmasse zwischen den Gelenken. Banner und Tony arbeiteten bereits mit Hochdruck an der Lösung des Problems. Sollten sie keinen chemischen Cocktail zusammenbrauen können, würde man sich der Gelenke in ein paar Tagen operativ annehmen und das war keine Erfahrung die Clint unbedingt erleben wollte. Also wartete er geduldig und hoffte inständig, dass die beiden Wissenschaftler auch dieses Hindernis  umschifften.

 

Körperlich ging es ihm also schon wieder soweit ganz gut, doch seelisch hatte er seine Entführung und die anschließenden Folterszenen noch nicht verdaut.

Tagsüber und solange er nicht die Augen schloss, war alles gut, war er fast wieder der Alte, machte Witze und nervte in gewohnter Weise seine Kameraden. Doch nachts, oder wenn er in seinem kleinen Apartment zur Ruhe kam, dann kamen die Erinnerungen an die Folter und Erniedrigungen die er ertragen musste. An die Schmerzen und Qualen und in ihm wuchs täglich mehr ein Hass auf Personen an die er sich nicht mehr rächen konnte.  Also versuchte er so gut es ging, das dunkle, schwarze, das in ihm wuchs zu unterdrücken und zu überspielen.

 

Mit einer geschmeidigen Bewegung griff Clint nach hinten, zog einen Pfeil aus seinem Köcher, legte an und schoss in einer Bewegung. Wie an einem Faden gezogen traf der Pfeil genau die Mitte der ca. 100 Meter entfernten Zielscheibe. Schon hatte er wieder den Arm erhoben um zum nächsten Pfeil zu greifen, als ihn ein Neuankömmling zögern ließ.

 

„Hallo Legolas, das klappt doch schon wieder ganz gut.“

 

„Stark“, knurrte Clint und vollendete seine Bewegung. „Ich hoffe du bringst positive Nachrichten, sonst verschwinde. Ich habe keine Zeit für Smalltalk.“ Unbeirrbar flog der Pfeil ins Ziel.

 

Langsam umrundetet der Millionäre den Bogenschützen. Er sagte nichts, stand einfach nur grinsend da, die Hände tief in seinen Jeans Hosentaschen vergraben.

 

Clint sah Tony mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Sag schon!“ Forderte er.

 

Diese zog mit einem noch breiteren Grinsen eine Hand aus der Tasche und hielt Barton eine kleine grünlich schimmernde Glasampulle hin. „Wir waren fleißig.“ 

 

Zögernd streckte Clint seine Hand aus und nahm die Ampulle an sich. „Muss ich mir wegen der Farbe irgendwelche Gedanken machen?“, kam es skeptisch von dem Bogenschützen, während er den kleinen grünen Flacon ins Licht hielt und genau geäugte.

 

Starks Gesicht verzog sich zu einem wirklich herzhaften Lachen. „Ich wusste dass du das sagst.“ Lachend schlug er Clint auf die Schulter. „Jervis fürs Protokoll: Banner schuldet mir noch 50 Mäuse… er hat verlooorrrren.“

 

Clint war die Sache noch immer nicht geheuer. „Keine Nebenwirkungen?“

 

Jetzt wurde der Wissenschaftler wieder ernst. „Nein. Wir haben es quer getestet. Alles funktioniert wie es soll. Sobald wir es injiziert haben, nehmen meine kleinen Helferlein ihre Arbeit aus und schalten sich danach selbstständig wieder ab. Alles wie gehabt.“ Und grinsend fügte er hinzu: „Nur besser.“

 

„Wie lange wird es dauern?“

 

„Vierundzwanzig Stunden maximal. Danach bist du wieder voll einsatzfähig sein.“

 

„Gut.“ Barton schob sich den Bogen über die rechte Schulter und reichte Tony die Ampulle zurück. „Mach´s“, sagte er, drehte sich schwerfällig zu ihm um und stakste in Richtung Ausgang. „Ich bin diese Bewegungsunfähigkeit leid.“

 

Tony, der sichtlich mit sich und der Welt zufrieden schien, ging immer noch grinsen neben Barton her. „Und danach, feiern wir“, sagte er mehr zu sich selbst, als zu dem grimmigen Bogenschützen. Stark war bereit noch genau die 24 Stunden zuwarten, die das Serum benötigte und er hoffe inständig, das die Zeit für Romanoff und Steve ausreichen würde ihren Auftrag zu beenden, wenn nicht, dann hätten sie halt Pech gehabt. Er brauchte einfach mal wieder etwas positive in Leben. Und was gab es positiveres, als die Rückkehr eines tot geglaubten Teamkollegens, dachte er leise vor sich hin pfeifend.

 

 

~~~ E N D E~~~

 

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