Autor: Marah Jade
Banner: agentES DANKE
Beta Leserin: agentES
Rating: FSK 16
Genre: Romanze, Drama
Pairing: TIVA

Inhalt: Endlich ist es soweit, die lang ersehnte Hochzeit soll stattfinden, doch nicht für jeden ist dies ein Grund zum Feiern. Dies ist die FS zu „Ohne Wiederkehr“. Aber lest selber. TIVA mit ein klein bisschen Whump.

Disclaimer: Alles nur ausgeliehen: Alle Rechte an den Fernseh-Serien NCIS ihren Charakteren und Handlungssträngen gehören Donald P. Bellisario, Belisarius Productions, CBS und Paramount.
Die Story und die nicht in den Serien erwähnten Personen und Orte sind meiner Fantasie entsprungen. Mögliche Ähnlichkeiten mit lebenden Menschen oder realen Ereignissen sind reiner Zufall und nicht von mir beabsichtigt!!!

Diese Geschichte ist nicht für die freie Verbreitung im Netz vorgesehen. Sollte jemand Interesse daran haben diese Story auf anderen Seiten zu posten oder zu verlinken, bitte vorher bei mir melden!




Mein wirst du sein





1. Kapitel

Gibbs stand am Strand und sah in den Himmel. Die Sonne strahlte hell und warm, der Himmel war blau und nur vereinzelt war eine Wolke zu sehen. Es war ein Traumtag und trotzdem war für die frühen Abendstunden ein Unwetter angekündigt worden. Als er ein Quietschen hörte, lenkte er seine Aufmerksamkeit seiner Freundin Tabitha und Tonys Tochter Milena zu und sah ihnen beim Spielen zu. Im Moment jagte Tab Milena durch das Wasser. Ab und an hörte er ein Jauchzen, konnte aber nicht ausmachen, um wessen Stimme es sich handelte. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, während er die beiden beobachtete. Es grenzte an ein Wunder wie schnell Milena die schlimmen Geschehnisse der letzten Zeit verarbeitet hatte. Ein klein wenig beneidete er sie, für ihre kindliche Unbeschwertheit.

Der Wind fuhr ihm durch sein Haar und seine ursprünglichen Gedanken machten sich wieder breit. Sie waren auf Long Island, hier wollten Ziva und Tony heute heiraten. Gibbs fuhr sich mit einer Hand durch das Haar. Tony war für ihn wie ein Sohn und eigentlich sollte er sich für ihn freuen, aber tief in sich drinnen wusste er, dass irgendetwas nicht stimmte. Tony verschwieg ihm etwas. In den letzten Tagen war etwas passiert und je mehr Gibbs bohrte, umso mehr verschloss sich der jüngere Mann. Er würde also aufpassen müssen und seine Sinne waren seitdem angespannter denn je.

Aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie sich Mia an ihn heran schlich. Irgendetwas verbarg sie dabei hinter ihrem Rücken. Gibbs ließ sie in dem Glauben, dass sie es schaffte ihn zu überraschen und tat so als bemerke er sie nicht. Langsam ging er weiter den Strand entlang und seine Zehen spielten dabei mit dem Sand. Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht als er beobachtete, wie tollpatschig sich Milena bei seiner Verfolgung anstellte. Dann war sie plötzlich vor ihm. Mit strahlenden grünen Augen und vor Aufregung roten Wangen schüttete sie ihm eine Spieleimerladung Meerwasser entgegen.

„Du bist ja ganz nass, Onkel Jethro“, rief sie und bevor er nur seine Arme ausstrecken konnte, hatte sie sich schon umgedreht und brachte sich hinter Tabitha in Sicherheit.

„Na warte Fräulein, wenn ich dich kriege, leg ich dich über das Knie“, drohte er ihr, doch seine Augen verrieten die Lüge und er konnte sich das Lachen kaum verkneifen.

„Krieg mich doch, krieg mich doch“, quiekte sie und stürmte durch die Brandung vor ihm davon.

Ihr Onkel ließ sich das nicht zweimal sagen und nahm lachend die Verfolgung auf. Tabitha ging zurück zu den Strandlaken und beobachtete lächelnd die beiden. Es war so schade das Gibbs keine eigenen Kinder mehr hatte. Er wäre ein prima Vater gewesen.
Kurze Zeit darauf kam Jethro mit Milena unter dem Arm geklemmt zurück. Beide sahen sehr glücklich aus, waren aber mittlerweile durchnässt bis auf die Haut. Tab nahm Mia entgegen und gab ihrem Gunny dafür ein Handtuch. Während sie die Kleine trocken rubbelte, drehte sich Gibbs plötzlich um und spähte in die Dünen.

„Was ist?“, fragte seine Freundin unsicher.

„Mhmmm, wahrscheinlich nichts, aber ich hatte gerade so ein Gefühl, als wenn wir beobachtet werden.“

Nun sah Tabitha ebenfalls den Strand hinauf, konnte aber niemanden entdecken. Gibbs setzte sich neben sie.

„Komm, lass uns die letzte Stunde noch genießen, dann müssen wir zurück und uns für die Trauung vorbereiten“, sagte er, zog sie näher an sich und zusammen streckten sie sich auf dem Strandlaken aus. Gedankenverloren blickte er in den Himmel. Sein Bauchgefühl hatte ihn noch nie getäuscht und auch wenn es jetzt vergangen war, waren seine Sinne geschärft. Irgendwas war hier im Gange.

~~~***~~~

Langsam nahm er das Fernglas herunter. Es wäre ein leichtes für ihn gewesen, jetzt schon zuzuschlagen, aber sein Plan sah anderes vor und so beschränkte er sich fürs erste aufs Beobachten. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es an der Zeit war sich umzuziehen. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern und er konnte seinen Auftrag erfüllen.


TBC.....................
2. Kapitel


Nervös schaute Tony nun zum wiederholten Male in den Spiegel und nestelte an seinen Haaren herum.

„Boah Tony, deine Haare sehen super aus. Jetzt mach voran, sonst kommst du zu deiner eigenen Hochzeit zu spät“, völlig genervt stand McGee mit verschränkten Armen im Türrahmen zum Badezimmer und beobachtete seinen Freund, der immer noch nur in Boxershorts, Socken, aber schon mit Oberhemd vor dem Spiegel stand.

„Ich weiß Bambino, ich weiß“, murmelte Tony vor sich hin, drehte sich aber dann doch um und humpelte zurück ins Schlafzimmer. Vor zwei Wochen hatte man ihm seine Anbauteile, wie Ziva zu sagen pflegte, aus dem Bein entfernt. Der Bruch war gut verheilt und die Schmerzen, die ihn im Moment noch plagten, kamen von der Operation. Später, wenn alles verheilt war, würde vielleicht eine Wetterfühligkeit bleiben, aber ansonsten würde sein Bein wieder belastbar sein. Und das wurde auch langsam Zeit, denn die Aktenarbeit zu der ihn sein Boss, für mehr als ein Jahr gezwungen hatte, hing ihm zum Hals raus. Er war ein Field Agent und kein Schreibtischhengst. Er wollte wieder raus und sobald er den Stock los war, würde er die entsprechenden Prüfungen ablegen und dann stand dem hoffentlich nichts mehr im Wege.

„TONY, was ist denn nur los mit dir. Du sollst dich anziehen und nicht auf dem Sofa sitzen und grübeln. Wir müssen noch runter ans Meer und du brauchst dazu etwas länger.“ McGee fragte sich die ganze Zeit ob es so eine gute Idee gewesen war, ihn zu Tonys Aufpasser zu erklären. Vielleicht wäre Gibbs doch besser für diesen Job gewesen.

„Du hast recht“, kam es von dem Älteren und wie in Zeitlupe zog er seine Anzughose an. Bambino hatte ausnahmsweise wirklich mal recht. Er brauchte noch etwas länger zum Strand, aber er konnte einfach nicht seine Gedanken beisammen halten. Sie waren vor drei Tagen, sozusagen direkt aus dem Krankenhaus, auf Long Island bei seinem Vater angekommen, denn hier wollten sie heiraten. Alle, das hieß, das gesamte Team, bis auf Tom Main, der war überraschend nach LA ausgeliehen worden. Jetzt wo Tony wieder in den aktiven Dienst zurück konnte, war seine Vertretung nicht mehr von Nöten und schweren Herzen hatten sie Abschied genommen. So war das Team in seiner ursprüngliche Stärke, inklusive der angehörigen Partner sofern es welche gab, gestern angekommen. Dazu waren eigens Zivas Eltern aus Israel angereist und ein paar gemeinsame Freunde, mehr nicht. Sie waren keine große Gesellschaft, darum konnte man die Zeremonie auch gut am Strand abhalten. Gefeiert werden sollte dann später, im Haus eines Vaters.

Eigentlich sollte alles schön und harmonisch verlaufen, aber vor einer Woche hatte er im Krankenhaus eine SMS bekommen.

~Rückblick~

Als Tony das Handy vibrieren hörte, wachte er aus einem schönen Traum auf. Er hatte sich schon einmal nach Long Island geträumt. Ziva und er am Strand, sie in seinen Armen, in einem herrlichen weißen Brautkleid, mit Schleppe und Schleier. Eigentlich zu pompös für seine Ziva, aber es war ja auch sein Traum, dachte er leicht amüsiert, als er das Geräusch wieder hörte, dass ihn aus dem Traum gerissen hatte. Er zog sich in eine etwas bequemere Haltung und nahm sein Handy in die Hand, immer noch mit den Gedanken es könnte sich um eine SMS von Ziva oder Tim handeln. Freudig drückte er den Button zum Lesen der Nachricht.

Ich werde dir das Liebste nehmen!

Tonys Atmen stockte. Diese Worte hatten sich in sein Gedächtnis eingebrannt, denn er hatte sie schon einmal vor ein paar Monaten gehört. Sofort war die Erinnerung an Samuel und an Zivas und Milenas Entführung wieder da. Er merkte wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Plötzlich hatte er das Gefühl, die Wände in seinem Zimmer kämen auf ihn zu. Mit einer Hand angelte er nach dem Wasserglas, welches auf dem Nachttisch für ihn bereit stand und mit der anderen fuhr er sich an den Hals, weil er das Gefühl hatte, dass ihm die Kehle zugedrückt wurde.

Als sich nach ein paar Minuten sein Herz- und Pulsschlag wieder beruhigt hatte und sein Gehirn seine Tätigkeit wieder aufzunehmen bereit war, versuchte er die Telefonnummer zu finden, die die SMS versandt hatte. Doch leider hatte der Teilnehmer die Nummer unterdrückt. Nervös schaute er auf die Uhr. Eigentlich sollten Ziva und Mia schon da sein. Kurz überlegte er Gibbs anzurufen und ihm von der SMS zu erzählen, verwarf aber dann die Idee sofort wieder. Vielleicht war es ja nur ein Versehen oder jemand hatte sich einen üblen Scherz erlaubt. Noch einmal schaute er sich die SMS an. Nein, wie ein Versehen sah das nicht aus. Immerhin waren das genau Samuels Worte gewesen. Erneut warf er der Uhr einen Blick zu. Wo zum Henker blieben die Beiden nur. Sie waren schon fast eine halbe Stunde überfällig, dabei konnte er bei Ziva immer auf Pünktlichkeit bauen. Hastig schlug er die Bettdecke weg, zog seine Beine über den Rand und griff nach seinen Gehhilfen. Nichts hielt ihn jetzt noch im Bett. Nur in Boxershorts und seinem altem College T-Shirt machte er sich auf den Weg zur Tür, als diese kraftvoll aufgestoßen wurde und seine Tochter vergnügt ins Zimmer hüpfte.

„Daddy!“, begrüßte sie ihn. „Du glaubst nie was wir gerade erlebt haben. Auf der Straße waren überall Elefanten......“ Tony hörte ihr kaum zu. Seine Augen trafen Zivas Blick und da er in diesen nur Liebe aber keinen Ärger sah, fiel ihm ein Stein vom Herzen und er sah sie lächelnd an, während Mia vor ihm stand und weiter von ihrem Erlebnis erzählte.

Ziva zog eine Augenbraue hoch als sie ihn so im Zimmer stehen sah. „Was tust du hier? SO?“, fragte sie ihn und deutete auf seine nackten Beine.

„Oh“, machte er und erst jetzt fiel ihm auf, dass er gar keine Hose anhatte. „Ich....ich wollte euch abholen. Ich hab geschlafen und bin wohl etwas zu schnell aufgewacht“, versuchte er sich mit einem Lachen zu erklären.

Zivas Blick umschiffte leicht sein falsches Lächeln und fand seine Seele, egal wie tief er sie vor ihr versteckte. Vor ihr konnte er nichts verbergen. Sie kannte ihn einfach zu gut. „Tony? Was verbirgst du vor mir?“

Er schüttelte nur leicht den Kopf, immer noch von ihrem Blick gefangen. „Nichts. Ich habe nur schlecht geträumt. Das ist alles.“ Was ja auch nicht ganz gelogen war. „Und ihr ward zu spät.“ Das musste Erklärung genug sein und Ziva verstand den Hinweis. Sie lächelte ihn an und küsste ihn zärtlich.

Mia die inzwischen bemerkt hatte, dass ihr Vater ihr keine Aufmerksamkeit mehr schenkte, zupfte an seinem Shirt. „Daddy, du hörst mir gar nicht zu. Dabei war das doch so spannend“,  quengelte sie herum.

Ihr Vater sah sie an und legte ihr seine Hand auf die Haare. „Warte, gleich Milena. Lass mich erst zurück zum Bett, dann kannst du mir von den Elefanten erzählen.“

Seine Tochter schenkte ihm ihr schönstes Zahnlückenlächeln und während ihr Vater zurück humpelte, fing sie schon wieder mit ihrer Geschichte an.

~ Rückblick Ende ~

Später als die Beiden gegangen waren, hatte Tony noch in Israel angerufen. Doch David konnte ihn beruhigen. Der Entführer weilte noch immer in einer Gefängniszelle und nach Elis Worten würde er diese auch nicht mehr lebend verlassen. Kontakt zur Außenwelt hatte er keinen.

Vielleicht hatte sich doch nur jemand einen dummen Scherz erlaubt. Jedenfalls hatte er mit niemanden darüber gesprochen, zu groß war immer noch der Schock. Trotzdem waren seine Sinne seitdem bis aufs Zerreißen angespannt und er war stolz auf sich, dass scheinbar niemand ihm das ansah.

~~~***~~~

Ganz traditionell, wie es sich gehörte, durfte er die Braut nicht vor der Zeremonie sehen. Tony hatte den Abend mit seinem Vater, Tim und Ducky nebst Autopsie Gremlin, verbracht.
Milena hatte er gut versorgt, sie war bei Gibbs und Tabitha für die nächsten Nächte untergekommen und Ziva hatte die Nacht zusammen mit Abby und ihren Eltern im Hotel verbracht. Niemand war alleine, alle waren unter Beaufsichtigung. Nur für ihn war der Abend schrecklich gewesen. Tony hatte die ganze Zeit damit verbracht seinen Vater daran zu hindern, allen Anwesenden, seine Kindheitsgeschichten zu erzählen.

Jetzt stand er vor dem großen Spiegel und band seinen Schlips. Wieder wanderten seine Gedanken zu Samuel und der SMS. Seine Nummer war geschützt. Egal wer ihm die SMS geschickt hatte, er musste sich die Nummer besorgt haben, das war nicht so einfach und sprach dafür, dass die Mitteilung durchaus ernst zu nehmen war.  Vielleicht sollte er sich doch jemanden anvertrauen. Tony überlegte gerade ob er es Gibbs vor der Hochzeit oder erst nach der Zeremonie sagen sollte, als ihn Tims ungeduldiger Ruf aus seinen Gedanken riss.

„Tony, es wird Zeit“, kam es ungeduldig von dem jüngstem Team Mitglied und als er sah, das sich der Bräutigam wieder seinen Vorbereitungen widmete, ging McGee zum Fenster und sah hinaus.

Tony seufzte. Eigentlich war es üblich in seiner Familie im Curt zu heiraten. Aber er hatte es einfach nicht fertig gebracht, sich in so ein verstaubtes Kleidungsstück zu hüllen. Darum hatte er zusammen mit Tabitha einen modernen Anzug in einem dunklen Braun mit hellen cremefarbenen Nadelstreifen gekauft. Die Krawatte war ein Geschenk seiner Schwiegermutter und sie passte seltsamerweise hervorragend zu seinem Anzug. Im Nachhinein betrachtet, war der Kauf vielleicht doch nicht so der Zufallskauf gewesen, wie er es sich eingebildet hatte.

So, die Krawatte saß, jetzt noch schnell die Jacke und sie konnten los. Noch ein kurzer Blick in den  Spiegel. Alles saß perfekt. Langsam kam er auf Tim zu, der immer noch an der Türzarge lehnte. „Komm Bambino, auf in den Kampf.“

„Hast du nicht was vergessen Tony?“ fragte ihn Tim.

„Was? Die Ringe sind bei Gibbs und Milena auch, Ziva ist bei Abby. Also was, Tim?“

Dieser grinste und hielt ihm seinen Stock entgegen. „Den hier, oder?“

Das schwarze Monstrum, das ihm Abby verabreicht hatte, war um deuten besser als der braune, den er im Krankenhaus bekommen hatte, aber Stock blieb Stock. Widerwillig sah er auf den Gegenstand in Tims Händen. „Super, danke, dass du daran gedacht hast“, kam es genervt von DiNozzo, aber er kam artig zurück und nahm den Stock entgegen. Zusammen liefen sie in Richtung Strand.

TBC.......
3. Kapitel


„Oh, nein, nein auf keinen Fall werde ich so das Hotel verlassen. Nein, nein, nein, Abby, Hilfe Abby.....“, rief Ziva.

Nur Sekunden später wurde die Tür aufgerissen und die quirlige Kriminaltechnikerin steckte ihren Kopf hinein. „Was gibt es denn Ziva.... OHHHHH, ich sehe schon“, dabei warf sie der Hotel Friseuse einen vernichtenden Blick zu.

„Abby, bitte sag ihr, Sie soll mir dieses, dieses..... Vogelnest.....vom Kopf nehmen“, kam es von der Brünetten, dabei fummelte sie mit ihren Händen herum und bedachte die Friseuse mit tödlichen Blicken. „Und schick Sie weg, bevor ich Sie erschießen muss.“

Abbs ging auf die Friseuse zu und packte deren Equipment  zusammen. „Hier, ich denke das brauchen sie noch. Danke für ihre Arbeit, aber den Rest erledigen wir selber“, mit diesen Worten schob sie die verdutzte Frau aus dem Zimmer.
„Na dann wollen wir doch mal sehen, was wir da noch retten können.“

Ziva bekam von Abbys Arbeit kaum etwas mit. Sie war in ihre Gedanken vertieft. Die ganze Nacht hatte sie wach gelegen und gegrübelt. Eigentlich war sie heute am Ziel angekommen. Heute würde sie den Mann ihrer Träume heiraten.  Und trotzdem hatten sich plötzlich leichte Zweifel eingeschlichen. Irgendetwas bedrückte Tony in den letzten Tagen. Er grübelte zu oft, behielt Mia immer in Augennähe und besah selbst Ziva mit seinem seltsamen Beschützer Gesicht. Er verheimlichte ihr etwas, das spürte Ziva genau. Machte er sich Gedanken über ihre Zukunft? Wollte er die Hochzeit nicht mehr? Wenn seine Gedanken sich darum drehten, dann konnte sie sich ihm nur anschließen. Denn auch sie hatte das ein oder andere Bedenken. Würde es mit ihnen gut gehen? Würde Milena sie auch später, wenn sie etwas älter war, noch als Mutter akzeptieren? Würde ihre gemeinsame Liebe bestand haben? Sie gingen beide einem gefährlichen Beruf nach und das letzte Jahr war mehr als anstrengend gewesen. Erst der verpatzte Einsatz, Tonys Verletzung, ihre Entführung, das alles hatten sie überstanden. Sie liebte ihn und er hatte ihr schon mehr als einmal bewiesen, wie er zu ihr stand. Nachdenklich sah sie auf ihre Hand und spielte mit ihrem Verlobungsring. Tony war ein Kindskopf, der aber im letzten Jahr ziemlich erwachsen geworden war.

„Hey Ziva, du träumst. Na wie gefällst du dir jetzt?“, fragte Abby sie und trat vom Spiegel zurück.

Ziva traute sich kaum hoch zu sehen und es dauerte noch einige Zeit bis sie sich dazu ein Herz nahm, doch was sie dort sah, konnte nicht sie sein. „Oh Abby, das bin  ich nicht, das kann ich gar nicht sein“, sagte sie staunend in den Spiegel.

Leicht kringelten sich ein paar Haarsträhnen in ihrem Nacken und an den Schläfen. Der Rest war zu einer herrlichen Hochsteckfrisur zusammen gefasst. In einzelne Strähnen hatte Abby winzige Strasssteinchen eingesteckt. Ziva sah hinreißend aus. „So, jetzt noch dein Kleid und du bist perfekt. Mein Tiger wird begeistert sein. Du bist so schön Ziva“, teilte ihr Abby begeistert mit.

Ziva bestaunte ihr Spiegelbild und stand dann langsam auf um sich von Abby in das Hochzeitskleid helfen zu lassen.  Das Courtagenkleid bestand aus cremefarbener Rohseide und bestach durch seinen einfachen Schnitt. Es besaß weder eine Schleppe noch sonstige Aufpeppungen, außer einer zarten Seidenstickerei an der rechten Seite. Aber es passte zu ihrem Stil. Als einzigen Schmuck trug sie ihre Davidstern Kette mit den passenden Ohrringen.

Abby sah ihr über die Schulter in den Spiegel. „Weißt du, bei uns gibt es einen Brauch. Demnach soll die Braut genau vier Gegenstände mit sich führen: etwas Neues, etwas Altes, etwas Geliehenes und etwas Blaues. Das Alte und das Neue stehen für den Übergang in ein neues Leben, das Geliehene für das Glück, und die Farbe Blau für die Treue und Beständigkeit in der Partnerschaft“, Abby fuhr sich nachdenklich mit dem Finger über das Kinn. „Mhhmmm, das Alte könnte deine Kette sein. Das Neue..“, und damit hielt sie ihr ein kleines Geschenk hin. „Das Neue soll ich dir von Tony geben und das Gebrauchte und das Blaue bekommst du von mir“, dabei hielt sie ihr ein neckisches blaues Strumpfband hin. „Damit haben wir auch der Tradition genüge getan und jetzt bitte nicht weinen, denk an  dein Makeup, sonst muss ich noch einmal von vorne anfangen“, sagte sie flehend.

Ziva konnte nur mit Mühe ihre Tränen zurückhalten. Sie war im Moment einfach zu nah am Wasser gebaut. Sie schluckte schwer und sah ihre Freundin an. Sie war zu gerührt um etwas zu sagen, stattdessen öffnete die langsam Tonys Geschenk. Zum Vorschein kam ein schlichtes, schmales, goldenes Armband, das Abby ihr auch gleich umlegte. „Ich war zusammen mit Ihm beim Juwelier, aber ausgesucht hat es Tony ganz alleine. Wenn es dir nicht gefällt, können wir es auch zurückgeben“, teilte sie ihr mit.

„Nein, Abby. Es ist wunderbar.“ Vorsichtig, als wenn sie Angst hätte es zu zerstören, strich sie über die Kettenglieder.  Sie waren erst einen Tag und eine Nacht von einander getrennt und sie vermisste ihn jetzt schon.

Abby grinste von einem Ohr zum anderen, dann gab sie der Braut einen Kuss auf die Stirn. „Du bist wunderschön Ziva“, teilte sie ihr lächelnd mit. „Und ich zieh mich jetzt auch schnell um und dann können wir deine Eltern holen und uns auf den Weg zum Strand machen“, kam es von der quirligen Kriminaltechnikerin, sie lief schon auf die Tür zu und ließ eine immer noch sprachlose Ziva vor dem Spiegel zurück.

~~~***~~~

„Was meinen Sie Mr. Palmer, finden wir den Weg vom Herrenhaus zum Strand heute mal ohne Karte?“, fragte Ducky seinen Assistenten. Sie hatten das Glück gehabt ein Gästezimmer im Herrenhaus zubekommen und konnten sie so etwas mehr Zeit lassen.

Jimmy rollte mit den Augen, warf noch einen letzten Blick in den Spiegel und zog noch einmal seine Krawatte gerade.  

„Na kommen Sie schon Jimmy, wir dürfen nicht zu spät kommen.“

„Ja natürlich Dr. Mallard“, antwortete ihm sein Gehilfe pflichtbewusst und warf einen Blick auf seinen Chef. Er sah jünger aus als er war, so wie er lässig in seinem schwarzen Anzug an der Türzarge lehnte. Wie lange arbeitete er nun schon für den Doktor? Vier oder waren es tatsächlich schon fünf Jahre? Er hatte damals einen schweren Start gehabt. Sein *heiliger* Vorgänger Gerald, war von einem Terroristen angeschossen worden und hatte sich danach versetzen lassen, weil er mit dem Druck nicht mehr klar kam. Tja, und dann kam Jimmy, frisch von der Uni. Er hatte sich anfangs gar keine Chancen ausgemalt und doch hatte er den Doktor überzeugt und hatte bleiben dürfen. Jetzt gehörte er zum Stammteam und er war stolz darauf. Jimmy sah noch einmal auf seinen schicken, dunkelblauen Anzug und entfernte ein Staubkorn. Zum Bräutigam verband ihn eine besondere Freundschaft. Im Büro nannte ihn Tony immer nur abfällig *Autopsie Gremlin*, doch privat waren die beiden Männer gut befreundet. Und manchmal spielten sie auch im Büro ein Spiel, dann allerdings immer nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dann übernahm Jimmy kurz die Rolle eines Agenten und Tony die eines Frischlings. Aber das war eine Sache, von der nur die beiden Männer wussten. Heute würde sein Freund heiraten und zwar die Frau, die für ihn bestimmt war. Und er? Er hatte sich nach dem Debakel mit Michelle auf keine Frau mehr eingelassen,  zu tief saß immer noch der Schock über ihren Verrat. Er hatte sie geliebt, aber vielleicht hatte sie ihn auch nur benutzt. Klarheit darüber, würde er nicht mehr erlangen.

„Mr. Palmer, wird das heute noch was oder wollen Sie sich lieber weiter im Spiegel betrachten?“, fragte ihn da ein genervt klingender Ducky.

„Aber natürlich. Wir können“, kam es von seinem Gehilfen und er eilte schon auf ihm zu.

Der ältere Pathologe schmunzelte. Er hatte regelrecht sehen können, wie es in ihm brodelte. Jimmy war ein guter Junge. Manchmal noch unbeholfen aufgrund seiner Jugend, aber doch leitbar und lernwillig, vom Herzen her gut. Er würde ihm ein guter Nachfolger werden. Denn in der Beziehung machte er sich nichts mehr vor. Er hatte die längste Zeit seines Lebens hinter sich. Seine Pensionierung lies nicht mehr lange auf sich warten. Obwohl es ihm vor der Untätigkeit schon jetzt grauste. Vielleicht würde man ihn ja auch im Ruhestand noch für die eine oder andere Frage kontaktieren.  Aber für düstere Gedanken war heute kein Platz. Jetzt wurde geheiratet. Beschwingt drehte er sich um und folgte seinem Assistenten zur Treppe.

~~~***~~~

Die untere Halle wimmelte vor Menschen. Die Hilfskellner wurden gerade mit Uniformen versorgt. Der Hochzeitsausstatter und DiNozzos Haushälterin hatten alle Hände voll zu tun, die Männer einzuweisen. Etwas abseits stand ein Mann, der mit seinem Handy telefonierte. Doch seine Augen waren nicht bei der Sache und fixierten immer wieder die obere Etage. Gelegentlich schlich sich ein kleines Lächeln auf seine eigentlich dunklen Gesichtszüge.

~~~***~~~

„Sehe ich nicht hübsch aus?“, fragte ihn Milena, die sich vor dem Spiegel im Kreis drehte. „Wie eine richtige Prinzessin.“ Wieder drehte sie sich, dass die Rüschen ihres hellgelben Kleides nur so flogen.

Gibbs schmunzelte, sie sah wirklich niedlich aus, wie sie sich in ihrem tollen gelben Kleid, mit den passenden Lackschuhen im Kreis drehte. Tabitha hatte ihr einen Teil ihrer braunen, leicht lockigen Haare, nach hinten gesteckt, der Rest fiel ihr auf die Schultern. Mia war mittlerweile fünf Jahre alt und es würde nicht mehr lange dauern, dann würde sie das Kindergehabe ablegen. Das musste er sich wehmütig eingestehen.

„Onkel Jethro, jetzt sag doch was?“, ungeduldig, ganz wie ihr Vater, sah sie zu ihm auf.

Gibbs wollte ihr die Hand auf den Kopf legen, doch Mia tauchte schnell darunter her.

„Onkel Jethro pass doch auf. Meine Haare“, kam es vorwurfsvoll.

Was hatte er doch gerade noch gedacht, BALD? Nein, scheinbar war der Umwandlungs-Prozess schon im vollen Gange. Typisch Frau. Lachend fing er sie ein und nahm sie auf den Arm. Auch das würde er nicht mehr lange tun können. Sie wurde langsam zu groß für solche Sachen. „Du bist wunderschön und ich kann mich nur freuen, dass ich heute eine so tolle Frau an meiner Seite habe.“
Er hatte den Satz sehr ernsthaft gesagt und bei Milena verfärbten sich die Wangen rot. In dem Moment, wo er Mia wieder auf den Boden stellte, ging endlich die Schlafzimmertür auf und seine Gefährtin trat heraus. Tabitha sah umwerfend auf. Sie trug ein dunkelrotes, sehr elegantes, langes, schulterfreies Kleid. Ihre Füße steckten in farblich passenden hochhackigen Sandalen. Sie hatte sich ihre dunklen Haare erst kürzlich zu einem Bob schneiden lassen. Am Anfang hatte es ihrem Lebenspartner nicht gefallen, aber mittlerweile fand er sie damit extrem sexy. Und ohne, das er es verhindern konnte, pfiff er leise durch die Zähne.

„Wowww, ich muss mich korrigieren. Ich gehe heute mit zwei wundervollen Frauen auf die Hochzeit.“

Tab drehte sich einmal im Kreis, wie es schon Milena getan hatte. „Und? Gefalle ich dir?“, fragte sie ihn.

„Von gefallen kann hier keine Rede sein. Du siehst umwerfend aus. Ich bin sprachlos.“

Sie lächelte ihn an, kam auf ihn zu und legte ihre Lippen auf seine. Der Kuss war zärtlich und besagte alles, was nicht laut gesprochen werden konnte. Nur zaghaft lösten sie sich wieder voneinander.

Milena sah zu den Beiden hoch. In der Beziehung verstand sie die Erwachsenen nicht. Immer dieses ewige Knutschen. Was fanden die nur dabei? Sie hatte es schon selber einmal im Kindergarten ausprobiert, aber außer ein *Bahhh ist das nass* hatte sie nichts gespürt. Und dem kleinen Jungen war es genau so ergangen. Er hatte sich auch nur über den Mund gewischt und war dann ohne ein Wort weggelaufen.

„Tja, ich kann das Kompliment nur zurück geben. Gunny, der neue dunkelgraue Anzug steht dir hervorragend und ich könnte mir vorstellen, das du vielleicht später…..“, den Rest des Satzes flüsterte sie ihm ins Ohr. Das wiederum ließ ihn zuerst schwer schlucken und dann verheißungsvoll lächeln.

„Meine Damen? Fertig? Wir können also los?“ Er hielt Tab seinen Ellenbogen hin, in den sie sich einhakte und nahm Milena an die Hand. Zusammen gingen sie zum Aufzug. Unten wartete schon ein Taxi, dass sie zum Herrenhaus bringen sollte.

TBC........
4. Kapitel

Als sein Sohn ihn gefragt hatte, ob er hier auf Long Island heiraten dürfte, war Anthony Senior zuerst geschockt gewesen. Diese Frage wäre ihm nie in den Sinn gekommen und er konnte sich denken, wie viel Überwindung es seinen Sohn gekostet  hatte, danach zu fragen. Sie hatten nicht das beste Verhältnis zueinander, und gerade deswegen hatte er sofort zugestimmt. Denn immerhin war dies Juniors Geburtshaus. Hier hatte Tony die ersten glücklichen acht Jahre seines Lebens verbracht. Tja, bis seine Mutter gestorben war. Danach hatte er den größten Fehler seines Lebens begangen. Er hatte seinen eigenen Sohn auf Internate abgeschoben. Wenn er ehrlich zu sich war, hatte er sich einfach überfordert gefühlt. Er hatte mit dem pubertierenden Knaben nichts anfangen können. Ihre Beziehung zueinander war dadurch sehr eingefroren.

Seit Tonys Verletzung vor über einem Jahr, war vieles anders geworden. Sie hatte immer noch nicht das herzlichste Verhältnis, aber sie sprachen wieder des Öfteren miteinander. Damals, als Anthony beinah gestorben wäre, hatte er erst gemerkt, wie viel ihm sein Sohn bedeutete. Und als er plötzlich auch noch von jetzt auf gleich Großvater geworden war, wurde ihm erst bewusst, was er alles in Juniors Leben verpasst hatte. Agent Gibbs hatte ihm damals während eines Gespräches gesagt, Tony sei noch jung und er habe noch Zeit ihn kennen zu lernen. Aber ihm blieb nicht mehr genug Zeit im Leben um alles nachzuholen. Sein Herz machte ihm in letzter Zeit immer häufiger zu schaffen und die Prognosen sahen nicht sehr vielversprechend aus, aber er hoffte, dass er noch ein paar weitere Enkelkinder erleben würde.

Jetzt stand er hier in seinem besten Anzug vor der Anrichte in seinem Zimmer und besah sich die Kinderfotos seines Sohnes. Junior als Kleinkind auf dem Schoß seiner Mutter, nicht älter als Mia heute. Ein weiteres Bild zeigte ihn im Baumhaus hinter dem Haus. Dann ein Schnappschuss im Krankenhaus. Damals war er beim klettern vom Baum gefallen und hatte sich eine tiefe Platzwunde unterm Kinn zugezogen, die genäht werden musste. Die Narbe war auch heute noch gut sichtbar. Er hatte alles tapfer über sich ergehen lassen und war zwei Tage später schon wieder auf den Baum geklettert. Dann Junior in seinem Weltraumanzug. An diese Szene konnte er sich nur zu gut erinnern. Dieses Halloween Kostüm hatte sich Tony aus seinem neuen Skianzug gebastelt. Er hatte ihm dafür den Hintern versohlt. Heute konnte er über die tollkühne Art seines Sohnes nur noch schmunzeln. Dann ein Foto vom Abschlussball, umringt von Mädchen und ein weiteres, das ihn als Spieler seiner Football Mannschaft zeigte. Dann wurden die Zeitabschnitte größer. Das nächste Bild zeigte seinen Sohn auf der Veranda auf einer Liege. Damals ging er schon zum College. Eigentlich sahen sie sich zu dem Zeitpunkt kaum noch. Doch in dem Jahr hatte sich Tony beim Footballspiel das Bein gebrochen und den Sommer notgedrungen zu Hause verbringen müssen. Dann hatte Anthony sich für die Polizeischule und gegen die väterliche Firma entschieden und ihr Kontakt war fast völlig abgebrochen. Er hatte zwar im groben gewusst wo sein Sohn steckte, aber gesehen hatten sie sich Jahre nicht. Das nächste Foto zeigte ihn schon mit seiner kleinen Familie, im letzten Sommer hier auch Long Island, noch gezeichnet von seiner langen Krankheit. Junior war ein hübsches Kind gewesen und zu einem stattlichen, gutaussehenden Mann heran gewachsen. Und das musste er zugeben, er war stolz auf seinen Sohn. Das Highlight seiner Fotosammlung befand sich in seinem Portmonee, es war ein Bild an das Vater und Sohn nur gute Erinnerungen hatten und zeigte die Beiden beim Angeln an einem See. Fast liebevoll strich er über seine hintere Gesäßtasche.

Gestern Abend als sich seine Gäste zur Ruhe begeben hatten, hatte er leise Klavierklänge gehört. Der Flügel, der auf der oberen Empore stand, war ewig nicht mehr benutzt worden. Vorsichtig war er aus seinem Zimmer getreten und hatte der Melodie gelauscht. Er hatte gar nicht gewusst, dass Anthony noch Klavier spielte. Als Kind hatte er den Unterricht, zu dem ihn seine Mutter zwang, gehasst. Leise, um ihn nicht zu stören, hatte er sich ins Treppenhaus geschlichen und zugehört. Das Stück lief nicht rund, dafür fehlte es dem Spieler offenbar an Übung, aber in den Ohren des Vaters hörte es sich wunderbar an. Genauso leise wie er gekommen war, hatte er sich wieder in sein Zimmer zurückgezogen.

Anthony DiNozzo Senior blinzelte, um die aufsteigenden Tränen in den Griff zu bekommen. Er strich sich seine Anzugsjacke glatt. Heute war kein Tag zum verzagen. Heute sollte gefeiert werden. Er wischte sich die leichte Feuchtigkeit von den Wangen und ging herunter zum Empfangsbereich. Dort war unter der Aufsicht seiner Haushälterin schon der Catering dabei die Tische zu decken. Als er sich seinen Weg durch das Gewusel zu Tür bahnte, würde er von einem Kellner beinah umgerannt.

„Hoppla, nicht so schnell junger Mann“, sagte tadelnd.

„Entschuldigung Sir“, kam es von dem Mann und er strich sich seine Kellneruniform glatt.

„Seltsamer Akzent und doch kommt der mir irgendwie bekannt vor“, dachte sich Tonys Vater. „Haben wir uns schon einmal gesehen?“, fragte er ihn, denn er hatte zusammen mit seiner Haushälterin, jeden Kellner und jede Hilfskraft persönlich ausgewählt. Nichts sollte heute dem Zufall überlassen werden.

„Nein Sir, ich bin neu, Michael ist krank geworden und ich bin sein Ersatz. Das ist mein erster Tag heute.“

„Ohhmmmm, darum also. Und wie heißen Sie junger Mann?“, irgendwas weckte seine Neugier.

„Joshua Sir.“

„Gut Joshua. Ich hoffe man hat sie ausreichend in Kenntnis gesetzt? Ich möchte nicht das es heute zu Pleiten kommt.“

„Ja, Sir. Er wird alles genau nach Plan ablaufen.“

„Gut, dann lassen Sie sich nicht aufhalten. Ich muss jetzt auch weiter“, teilte Ihm Anthony Senior mit und verließ das Haus.

Joshua blickte ihn aus kalten schwarzen Augen nach. „Ja Sir, genaustens nach Plan. Sie werden schon sehen“, fügte er leise hinzu.

~~~***~~~

Ruth stand schon fertig angekleidet in ihrem blauen langen Kleid im Wohnraum der Hotelsuite. „Eli, warum bist du hier wenn es dir so zuwider ist?“, fragte sie ihren Mann, der immer noch im Morgenmantel, mit verschränkten Armen auf dem Sofa saß.

„Einer muss sie ja zum Traualtar führen und das ist meine Aufgabe. Aber deshalb muss es mir ja nicht gefallen, oder?“, dabei schaute er sie grimmig an.

„Ich bin mir sicher, Agent Gibbs wäre entzückt gewesen, diesen Part übernehmen zu können“, teilte ihm seine Frau angriffslustig mit.

Und genau da lag auch das Problem. Er wusste, dass Gibbs seiner Tochter väterliche Gefühle entgegen brachte und Eli David war ein extrem eifersüchtiger Mensch.

Er war es ja selber schuld. Warum hatte er sie nur nach Amerika geschickt? Er hätte sie in seiner Nähe behalten sollen. Dann hätte sie sich nicht in diesen Amerikaner verliebt. Dann hätte sie sich einen guten israelischen Mann gesucht. Aber es war nun einmal anders gekommen. Und wenn er ehrlich zu sich war, mochte er ihren sturen, draufgängerischen Fastehemann. Seit sie zusammen Ziva aus den Händen von Entführern gerettet hatten, hatte er Respekt vor ihm und dem restlichen Team.

„Jetzt steh auf und zieh dich an. Sonst schwöre ich dir, werde ich den ganzen Abend mit Tonys Vater tanzen und dich links liegen lassen.“

Aus den Augenwinkeln sah er sie an, wie ihre braunen Augen, in ihrem herzförmigen Gesicht, ihn kämpferisch anblitzten. Er schmunzelte versteckt. Sie war schon immer eine starke Frau gewesen, aber jetzt im Alter machte sie ihm manchmal Angst. Wobei das Alter ihr wirklich gut stand. Ihr Haar war nicht mehr so tief braun wie noch vor einigen Jahren, aber ihre Figur war immer noch mädchenhaft und auch sonst hatte sie kaum etwas von ihrer Anziehungskraft ihm gegenüber verloren. Schnell versuchte er abzuschätzen wie ernst es ihr mit der Aussage war. Er rümpfte kurz die Nase, stand dann aber doch auf und tat was sie von ihm verlangte. Es würde noch ein langer Tag werden.

~~~***~~~

Als es klopfte fuhr Abby vom Spiegel hoch. Wer konnte das jetzt sein. Sie hatte den ganzen Morgen damit verbracht Ziva zu beruhigen. Dabei war sie es, die Beruhigung brauchte. Sie würde gleich zusammen mit ihrem silberhaarigen Fuchs Trauzeuge sein. Abby war viel zu nervös um ruhig zu stehen. Sie hoffte nur, sie würde sich bei der Zeremonie benehmen können. Schnell lief sie zur Tür und machte diese auf.  „Timmy? Was machst du denn hier? Ist was mit meinem Tiger? Geht es ihm nicht gut? Du solltest doch auf ihn aufpassen!“, kam es vorwurfsvoll.


„Abby, Abby“, rief er dazwischen. „Es ist alles in Ordnung. Tony geht es gut und sein Vater, Palmer und Ducky passen auf ihn auf. Ich dachte du könntest vielleicht hier meine Hilfe gebrauchen?“, mit diesen Worten zog er sie in seine Arme und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Willst du deine Haare heute so lassen?“, fragte er und spielte dabei mit einem ihrer Zöpfe.

Abby atmete tief durch. Tim war ihr ruhender Pol. „Nein natürlich nicht. Ich habe nur nicht die Ruhe gefunden, daran etwas zu ändern.“

„Jetzt in ich ja da. Also los, mach dich fertig. Du hast nur noch eine Stunde.“  Er verzog kurz das Gesicht. Das hätte er vielleicht nicht unbedingt erwähnen sollen.

Aber Abby schien den letzten Satz überhört zu haben und fing gleich an ihre Zöpfe zu lösen. Ein paar Minuten später saß sie voll konzentriert vor dem Spiegel und steckte ihre Haare auf. Tim sah ihr gerne bei der Verwandlung von der quirligen Kriminaltechnikerin zum schönen Schwan zu. Als sie mit ihrem Make Up fertig war, das heute mal nicht nur aus Schwarztönen bestand, schenkte sie ihm ein warmes Lächeln und ging in den Schlafraum um ihr Kleid anzuziehen. Als sie ein paar Minuten später wieder um die Ecke kam, war die Verwandlung abgeschlossen. Ihr Kleid war lang und taubenblau und passte perfekt zu Tims gleichfarbiger Krawatte. Er hielt ihr die Hand hin. „Du siehst umwerfend aus.“

Sie tippelte auf ihren hohen Sandalen auf ihn zu. „Ich habe dich vermisst letzte Nacht.“

„Ich dich auf. Aber wir mussten ja beide Babysitter spielen“, flüsterte er ihr ins Ohr. Dann kramte er in seiner Hosentasche und hielt ihr ein kleines Kästchen unter die Nase. „Mach es auf!“

Abby nahm das Kästchen feierlich entgegen und öffnete es. Zum Vorschein kam ein silberner Ring in Form von zwei Händen die ein Herz hielten. „Oh Timmy!“, rief sie gerührt.

„Les die Inschrift“, sagte er.

Nervös drehte sie den Ring ins Licht, bis sie fand was er meinte. Dort stand in geschwungenen Lettern: *Für immer dein*. „Oh Timmy, das ist… das ist….so romantisch.“ Eine dicke Träne lief ihr über die Wange.

„Hey Abby, nicht weinen, denk an dein Makeup. Der Ring sollte dich glücklich machen, ich wollte nicht, dass du traurig wirst. Ich wollte dir erst einen Totenkopfring kaufen, aber der hätte nicht zu deinem tollen Outfit gepasst. Und da dachte ich, dieser wäre auch nicht zu spießig!“

„Ich bin glücklich, glaub mir“, gestand sie ihm unter Tränen. „Und er ist wunderbar.“

McGee reichte ihr sein Taschentuch und sie tupfte sich die Tränen von den Wangen. Feierlich nahm er den Ring aus ihren Händen und schob ihn unter Augenkontakt, auf ihren Ringfinger. „Für immer Dein.“ flüsterte er dabei.

„Für immer Dein, Tim“, war ihre leise Antwort.

TBC.......
5. Kapitel


Ein Hochzeitsausstatter hatte gute Arbeit geleistet und einen großen Pavillon, am Privatstrand des alten Herrenhauses, aufgebaut. Dieser war, ebenso wie der Weg vom Haus zum Strand, mit einem Dielenboden ausgestattet worden. „Damit die Damen keinen Sand in ihre Schuhe bekommen“, dachte sich Anthony Senior grinsend auf seinem Weg zum Pavillon. Die Geschäfte liefen wieder besser und er hatte sich bei der Hochzeit seines Sohnes mit der Ausstattung nicht lumpen lassen. Tony hatte ihm völlig freie Hand gelassen, doch eine Auflage hatte er bekommen. Es sollte schlicht werden. Kein übermäßiger Pomp. Kein Schnickschnack und erst recht kein Rosa. Wobei die letzte Aussage sich wohl eher gegen seine Enkeltochter richtete und als besonderes Attribut für Ziva bestimmt war. Er hatte sich jedenfalls an die Abmachung gehalten.

~~~***~~~

Ziva und ihre Eltern näherten sich den Pavillon. „Mama, warte“, rief Ziva ihre Mutter zurück an ihre Seite.

„Was ist denn Schatz, wir sind eh spät dran“, kam es ungeduldig zurück.

„Ich glaube ich kann das nicht. Mir ist schlecht.“

Ruth runzelte die Stirn und drehte sich ihrer Tochter zu. „Das geht vorbei und ist normal und jetzt komm“, damit nahm sie ihren Weg wieder auf, doch ihre Tochter blieb einfach stehen. Ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen und fasste sich an die Stelle.

Eli näherte sich von hinten. „Du musst ihn nicht heiraten, mein Engel“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Komm, wir packen, reisen ab und alles ist für dich erledigt.“

Seine Stimme klang verführerisch wie ein Dämon, der ihre Seele kaufen wollte. Entsetzt drehte sie sich zu ihm um. „Papa, wie kannst du nur so etwas von mir denken.  Ich liebe Ihn. Also wirklich!“ Und plötzlich war ihre Übelkeit wie weggeblasen. Gefestigt durch diese Worte, lief sie ihrer Mutter hinterher und ließ ihren Vater zurück.

Eli fasste sich nachdenklich ans Kinn. Was hatte er denn nun schon wieder falsch gemacht. Gerade noch hatte sie von Flucht gesprochen und sobald er ihr zugestimmt hatte, wandelte sich ihr Gemüt um 180 Grad. Frauen, besonders seine eigenen, würde er wohl nie verstehen. Im geheimen wünschte er Tony viel Glück, er würde es brauchen können.

~~~***~~~

Mittlerweile waren alle Gäste da und vor ein paar Minuten war auch der Standesbeamte angekommen. Jetzt fehlte nur noch die Braut. Milena, die als Blumenkind fungierte, konnte vor lauter Aufregung nicht ruhig sitzen und flitzte mit ihrem Blumenkörbchen und Puppe im Arm zwischen ihrem Vater und ihrem Onkel Jethro hin und her. Tony saß staunend neben einer sehr ruhigen und gefassten Abby und bewunderte deren Verwandlung. Nervös spielte er mit seinem Stock zwischen seinen Beinen. Bis vor wenigen Minuten hatten sie alle zusammen gestanden, doch Gibbs warnender Blick hatte Tony zum sitzen bewogen. Er warf einen nervösen Blick auf die Uhr. Wo blieb Ziva? Was, wenn ihr etwas passiert war? Vielleicht hätte er die SMS doch nicht auf die leichte Schulter nehmen sollen. Nervös sah er wieder zum Zelteingang und fuhr mit dem Finger in seinen Hemdkragen. Warum musste das hier auch so heiß sein. Es gab kaum genug Luft um seine Lungen zu füllen. Er beobachtete seinen Vater, der sich, während alle gespannt auf die Braut und ihre Eltern warteten, um den Standesbeamten kümmerte. Langsam zog sich sein Magen zusammen. Wo blieben sie nur?

~~~***~~~

„Mommy, Mommy, endlich bist du da“, Milena sauste auf Ziva zu. Ihre Wangen waren vor Aufregung rot gefleckt. „Wir warten schon soooo lange.“

„Jetzt bin ich ja da und es kann los gehen“, kam es von der Braut. All ihre Bedenken und Beschwerden waren vergessen. Ihr Vater erschien neben ihr und hielt ihr seinen Arm hin. Abby nahm vor Ziva Aufstellung und Mia hüpfte vor Aufregung auf und ab. Ziva atmete noch einmal tief durch, nickte dann ihrem Vater zu und sie setzten sich, zu den Musikklängen, in Bewegung.

~~~***~~~
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Zivas Mutter auf ihn zu. Endlich durchfuhr es ihm. Tony gab seinem Vater ein Zeichen und der gab das Zeichen an den Musiker weiter. Als die ersten feierlichen Klänge ertönten, saßen alle Gäste auf den ihnen zugewiesenen Plätzen. Tony stand auf seinem Stock gestützt, mit Gibbs an seiner Seite, links vor dem Traualtar und wartete.

„Nervös?“, flüsterte ihm Gibbs ins Ohr.

„Sieh nur her“, sagte er leise und hielt seine Hand hoch, die deutlich zitterte.

Gibbs schmunzelte. „Das legt sich wieder.“

„Bist du dir sicher?“, fragte der Jüngere ängstlich.

„Klar, nach der dritten oder vierten Hochzeit“, kam es trocken zurück.

Tony warf seinem Boss einen verstörten Blick zu, doch dann hatte er sich wieder gefasst. „Na das werde ich ja dann nicht mehr erleben. Darf ich dich an dein Versprechen erinnern, das du mich erschießen willst, wenn ich Ziva verletze?“, konterte der Jüngere lachend und auch sein Freund fiel in das Lachen mit ein. Jetzt ging es Tony schon etwas besser. Dieses kleine Geplänkel mit Gibbs hatte den Knoten in seinem Magen gelockert.

Als alle aufsprangen und ihm die Sicht nahmen, wusste er dass es soweit war. Er atmete tief durch und drehte sich zum Eingang.

Als erstes sah Tony seine Tochter, die versuchte sich würdevoll zu bewegen und Abby als Brautjungfer. Und dann sah er sie, an der Seite ihres Vaters, auf sich zukommen. Von da an sah Tony nur noch Ziva. Seine wunderschöne Ninja, Kamikaze Ziva, gehüllt in einem Traum aus cremefarbener Seide, kam sie langsam auf den Traualtar zu.

Er war so gerührt, dass er fast seinen Einsatz, sie von ihrem Vater entgegenzunehmen, verpasst hätte und wurde erst durch Gibbs räuspern darauf aufmerksam. Mit seinem schönsten Lächeln streckte er Ziva seinen Arm entgegen und sie legte strahlend ihre Hand darauf. So traten sie zusammen vor den Altar. Der Standesbeamte fing an zu reden, doch Tony konnte sich nicht auf den einzelnen Wortlaut konzentrieren.

Die ganze Zeremonie hindurch sah er nur Ziva und hörte nur sie. Wie automatisch sprach er dem Beamten nach.

„Ich, Tony, nehme Dich, Ziva, zu meiner Frau. Ich verspreche, Dir von nun an treu zu sein, in guten und in schlechten Tagen, in Reichtum und Armut, in Gesundheit und Krankheit dich zu lieben und zu ehren, so lange wir beide leben. Dies ist mein feierliches Gelöbnis“, und dann hörte er Zivas Stimme.

„Ich, Ziva, nehme Dich, Tony, zu meinem Mann. Ich verspreche, Dir von nun an treu zu sein in guten und in schlechten Tagen, in Reichtum und Armut, in Gesundheit und Krankheit dich zu lieben und zu ehren, so lange wir beide leben. Dies ist mein feierliches Gelöbnis“, sagte sie und eine Träne lief ihr über die Wange. Aber auch um ihn war es nicht besser gestellt und Tony musste ein paar mal blinzeln um wieder eine klare Sicht zu haben.

Der Standesbeamte hob wieder seine Stimme. „Als äußeres Zeichen der Liebe stehen die Ringe“, dabei gab er Gibbs ein Zeichen, der nun nach vorne trat und den beiden das Tablett mit den Ringen hin hielt. Mit leicht flatternder Hand nahm Tony einen Ring auf und griff nach Ziva Hand.

„Ich möchte mit Dir Leben, dich achten und Dir vertrauen, Dir treu sein, Dich umsorgen“, dabei steckte er ihr den Ring auf den Finger.

Nun nahm Ziva mit zitternden Fingern seinen Ring und sprach: „Ich möchte Dich für mich haben, aber nicht nur an mich denken. Ich werde Dich immer lieben.“ Dabei steckte sie ihm mit bebenden Lippen den Ring auf den Finger. 

Dann sagte der Beamte plötzlich: „Sie dürfen die Braut nun küssen!“  Zärtlich zog Tony seine Frau in die Arme.

Ziva war während der Zeremonie damit beschäftigt gewesen, Tony zu beobachten. Er hatte sie nur staunend angesehen. Als der Zeitpunkt zu Ringübergabe kam, musste Gibbs ihn ein paar Mal ansprechen bevor er reagierte. Und auch danach hatte er wie automatisiert gehandelt. Ihn so fassungslos und ihr ergeben zu sehen, brachte ihr Herz in Nöten. Sie liebte ihn so sehr, das es schon beim atmen weh tat. Und jetzt, wo sie in seinen Armen lag, fühlte sie wie sie eins mit ihm wurde. Vergessen waren die Zweifel. Und für einen kurzen Augenblick gedachte sie, den Mann in ihren Armen nie wieder los zu lassen.

~~~***~~~

Abby suchte Tims Hand, während sie den beiden beim küssen zusah. Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen. Tim reichte ihr verstohlen sein Taschentuch. „Ach Timmy, ich bin so froh, dass das mit den beiden jetzt doch noch gut ausgegangen ist. Das ist ja so romantisch!“

Er legte seinen Arm um sie und zog sie näher. Er war gespannt was die Zukunft ihnen bringen würde, jetzt wo Regel 12 nur noch ein Schatten ihrer selbst war.

~~~***~~~

Tabitha sah hoch zum Traualtar, an dem noch immer ihr Gunny stand. Sie sah, wie er stolz seinen Stellvertreter und seine ihm jetzt anvertraute Ehefrau beim Küssen zusah. Gibbs hatte sich in dem letzten Jahr sehr verändert. Als sie für ganz zu ihm gezogen war, hatten sie zusammen das alte Schlafzimmer, in dem er seit Shannons Tod nicht mehr schlief, aufgeräumt und entrümpelt. Danach hatte sie den Raum als Gästezimmer eingerichtet. Auf dem Kaminsims standen jetzt Fotos aus glücklichen Zeiten. Bilder von Shannon und Kelly. Aber auch neuere Fotos von Mia und Tony. Und auch ein Bild von ihr und Jethro. In den Küchenschränken fand man nun Lebensmittel und das Haus sah schon lange nicht mehr aus, als lebe hier jemand nur für einen kleinen Augenblick. Frischer Wind war eingekehrt. Selbst Jackson, Gibbs Vater besuchte sie jetzt häufiger. Es war als wenn Jethro nach all den Jahren endlich Frieden gemacht hätte. Frieden mit sich, seiner Vergangenheit und Frieden mit der Welt. Shannon und Kelly waren weiterhin ein Teil von ihm, aber halt nur noch ein Teil vom Ganzen. Und Sie, Tabitha,  gehörte auch zum Ganzen. Glücklich lächelnd sah sie ihn nun auf sich zu kommen.

Gibbs zog seine Freundin in die Arme. „Was lässt dich so lächeln?“, fragte er sie leise.

„Ich bin glücklich mit dir“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Jethro schaute sie verliebt an. Bei seinen ganzen vorangegangenen Beziehungen hatte er immer versucht Shannon zu ersetzen und alle waren gescheitert. Jetzt war er mehr als glücklich mit einer Frau, die so gar nicht in dieses Schema passte, oder vielleicht harmonierte es gerade deswegen so gut zwischen ihnen. Sie würde er jedenfalls nicht mehr hergeben.

„Ich mit dir auch“, sagte er leise in ihr Haar und schloss seine Arme fester um sie.

~~~***~~~

Anthony DiNozzo Senior stand etwas abseits und betrachtete die Schlussszene der Zeremonie. Er hatte ein paar Mal Schlucken müssen um seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Warum musste man eigentlich auf Hochzeiten weinen? Eigentlich war es doch ein freudiges Ereignis. Aber trotzdem liefen seine Emotionen Amok. Aber er war Gott sei Dank nicht der Einzige. Er musste jetzt langsam sehen, dass er nach vorne, vor den Pavillon, kam. Gleich würde Junior und seine Frau sich auf den Weg machen. Milena würde davor her laufen und ihre Blumen streuen und alle würden sie Reis auf das frisch getraute Ehepaar werfen. Dann würden alle gratulieren und dann langsam zum Haus kommen. Ob der Catering alles richtig machte? Dann beruhigte er sich selber, seine Haushälterin würde schon aufpassen. Sie kannte seinen Hang zur Perfektion. Die Hochzeit sollte ja auch für alle unvergessen bleiben.

~~~***~~~

Augen dunkel wie Kohle, sahen vom Herrenhaus aus zum Strand. Langsam strich er seine Kellneruniform glatt. Gleich würde sich das frisch gebackene Ehepaar auf den Weg zum Haus machen. Dann würde es eine kurze Ansprache geben und man würde das Buffet eröffnen. Seine Zeit war gekommen. Er musste die letzten Vorbereitungen treffen. Heute war der Tag der Abrechnung. Der Amerikaner Anthony DiNozzo würde heute lernen, was es hieß zu verlieren. Über sein recht gutaussehendes Gesicht fuhr kurzzeitig ein Lächeln.

~~~***~~~

„Und? War es so schlimm wie du gedacht hast? fragte Ruth ihren Ehemann. Eli sah sie an, während sie vor dem Zelt Aufstellung nahmen.

„Schlimmer!“, brummte er.

Doch sie sah an seinen Augen, dass es ihm gefallen hatte. Er konnte seine Gefühle nur schlecht zeigen. Sie tätschelte seine Hand als Mia auf sie zugerast kam.

„Granny, Granny, hast du das gesehen? Ich hab Blumen gestreut und als sie alle waren bin ich nach hinten gelaufen und hab sie wieder aufgesammelt und weiter gestreut.“

Ruth grinste die Kleine an und wollte sich gerade zu ihr herunter beugen, als ihr Mann ihr zuvor kam und Milena auf den Arm nahm.

„Na kleines Fräulein? Das hast du gut gemacht“, sagte er und knuffte sie leicht in die Seite.

Mia hatte ihre anfängliche Antipartie gegen ihn nie abgelegt und bog sich so weit es ging, von ihm weg. Ihr ängstlicher Blick glitt zu Zivas Mutter.

„Hey, du hast doch keine Angst vor mir?“, fragte er sie.

Sie sah ihn aus dem Augenwinkel an und beschloss dann doch mit ihm zu reden. „Ein DiNozzo hat keine Angst“, dabei blieb sie aber von ihm abgewandt und Eli David lachte laut los. Mia hatte ihn noch nie lachen sehen, aber das zauberte lustige Falten in sein Gesicht.

„Na du bist mir ja die Richtige. Da dein Dad und meine Tochter jetzt verheiratet sind und du meine Frau eh schon Oma nennst…“ Er stockte kurz. „……also wenn du magst, kannst du mich Opa nennen.“ Sich hier mit dem Kind zu unterhalten, war ihm irgendwie peinlich und passte so gar nicht zu dem harten Mossad Direktor.

Mia sah ihn skeptisch an. Brauchte sie noch einen Grandpa? Sie hatte ja schon ihren und Grandpa Jackson. „Ich überleg es mir“, kam es zaghaft von der kleinen DiNozzo. „Darf ich jetzt bitte wieder herunter?“

„Klar“, sagte er, setzte sie wieder auf den Boden und sah sie auf ihren richtigen Opa zu hopsen. Ein bisschen enttäuscht, aufgrund ihrer vagen Begeisterung war er ja schon, als er eine Berührung am Arm spürte.

„Nicht traurig sein, sie ist noch klein und sie braucht ein bisschen Zeit um sich damit anzufreunden. Immerhin hast du bisher noch nie so richtig mit ihr gesprochen. Das kommt schon“, versuchte sie ihn aufzubauen. „Sei einfach nett und freundlich zu ihr, der Rest ergibt sich dann von selbst.“

„Wahrscheinlich hast du recht“, sagte er, sah aber doch traurig dem Kind hinterher.

~~~***~~~

Ducky wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Mister Palmer, haben sie den Reis?“, fragte er seinen Gehilfen, während sie zum Ausgang des Zeltes gingen.

„Den haben Sie doch einstecken wollen, Doktor!“, sagte dieser.

„Ich, Mister Palmer? Nein, Sie. Ich sagte stecken Sie den Reis ein“, kam es bestimmt von dem Pathologen.

Jimmy rollte mit den Augen, immer das Gleiche. Eigentlich dürfte er sich gar nicht mehr darüber aufregen. Aber es trieb ihn jedes Mal in die Verzweiflung. „Ich kann noch welchen besorgen gehen“, sagte er deshalb und wollte schon los, doch Duck hielt ihn zurück.

„Nein, lassen Sie, so schlimm wird das nicht werden. Es wird genug gestreut. Sie können hier bleiben.“ Seine Hand fuhr dabei in seine Jackentasche. „Oh, da ist ja der Reis, haben Sie mir den da rein geschmuggelt?“, fragte er grinsend.

Jimmy sah ihn zweifelnd an. War das jetzt der Beginn einer Alzheimer Krankheit? Oder wollte ihm der gute Doktor auf den Arm nehmen? Da klopfte Dr. Mallard ihm auf die Schulter.

„Nichts für ungut Jimmy. Nicht böse sein, aber ich konnte einfach nicht widerstehen. Meine Freunde nennen mich Ducky“, sagte er und hielt ihm die Hand hin. Es wurde langsam wirklich Zeit dem Jungen zu zeigen wie stolz er auf ihn war.

Für seinen Gehilfen kam es einem Ritterschlag gleich. Ergriffen nahm er die Hand entgegen. „Ducky!“, sagte er feierlich.

~~~***~~~

Tony schritt mit Ziva am Arm durch den Reisschauer. Danach mussten sie durch den Glückwunsch Marathon. Sein Vater nahm ihn in den Arm, was Tony immer noch unheimlich war. Gibbs legte ihm nur eine Hand auf die Schulter, doch das sagte mehr aus als so manche große Geste. Ducky und Palmer gratulierten, Abby rannte ihn fast um und die Davids waren zurückhaltend, wie immer. Die wenigen Freunde gratulierten ebenfalls und dann endlich konnten sie sich auf den Weg zum Haus machen.

„Danke“, sagte Ziva.

„Wofür?“, fragte ihr Ehemann verdutzt.

„Für all das hier“, antwortete sie und zeigte mit einer Geste um sich. „Und besonders dafür“, und sie hob ihr Handgelenk mit dem Armband. „Es ist wunderschön.“

Er grinste wie in kleiner Junge zu Weihnachten. „Ja? Es gefällt dir?“

„Oh ja und ich werde dir mein Geschenk später geben.“

„MMhmmm, später? Ja?“, fragte er und verzog anzüglich das Gesicht.

„Später darfst du es auspacken“, sagte sie und zog ihn zu sich herunter, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.

„Wowwww“, er schluckte. „Kann später nicht schon jetzt sein?“, fragte er und seine Wangen hatten sich leicht rot verfärbt.

„Du musst dich halt solange gedulden“, zischte seine Frau ihm ins Ohr.

Tony erschauerte. SEINE FRAU, welche Bedeutung doch diese zwei Worte hatten. Stolz sah er seine Frau an. Hatte er sie überhaupt verdient?

„Hey, ich rede mir dir! Mond an Tony, hörst du mich überhaupt noch?“, während sie sprach, schnippte sie mit zwei Fingern vor seinem Gesicht herum.

„Erde, aber das weißt du doch“, war alles was er sagte.

„WAS?“, fragte sie verwirrt.

„Na, es heißt Erde an… und nicht Mond. Aber das hatten wir doch schon ein paar Mal, das musst du doch eigentlich wissen.“

„Egal, wie es heißt, ich sagte dir, du sollst deinen Stock benutzen, nicht durch die Gegend tragen.“

Irritiert sah er auf seine Hand hinunter. Es war ihm gar nicht aufgefallen, dass er ihn nicht benutzte. Aber das war doch ein gutes Zeichen, oder? Sein Bein fühlte sich wunderbar an. Doch um ihr den Gefallen zu tun, ließ er artig den Stock zu Boden und machte sich mit ihr auf zum Haus.

TBC........
6. Kapitel


Endlich war der Zeitpunkt gekommen. All die Vorbereitungszeit, jetzt würde er die Früchte ernten können. Vorsichtig, darauf bedacht das niemand ihm dabei zusah, gab er ein Pulver in ein Sekt Glas. Dann stellte er es so hin, dass es in seinem Zuständigkeitsbereich war und machte sich mit den anderen Kellnern auf, um die ankommenden Gäste zu bewirten.

~~~***~~~

Drei Stunden später waren auch die letzten Gäste mit dem Buffet fertig. Anthony Senior war begeistert. Es hatte alles zu seiner vollsten Zufriedenheit geklappt und er hatte sich schon bei dem Catering Chef bedankt. Leise Musik erreichte gerade seine Ohren. Jetzt würde der gemütliche Teil folgen und sein  Auftritt stand bevor.

~~~***~~~

Tony hörte ebenfalls die Musik und hielt Ziva seine Hand hin. „Na dann, lass uns den Tanz eröffnen“, sagte der ihr.

Ziva schüttelte den Kopf. „Das solltest du nicht und das weißt du auch. Ich werde den ersten Tanz mit deinem Vater tanzen.“

„Ach komm schon, Ziva. Es ist ein langsamer Walzer, mir geht es gut und meinem Bein auch. Die wenigen Schritte wird es schon aushalten“, teilte er ihr grinsend mit und hielt ihr wieder die Hand hin.

Nur zögerlich legte sie ihre Hand in seine und ließ sich hochziehen. Doch kaum stand sie, fuhren Schmerzen durch ihren Unterbauch und nur mit Mühe konnte sie sich ein Stöhnen verkneifen. Benommen blieb sie an den Tisch gelehnt stehen und legte sich eine Hand auf den Bauch. Tony, der bemerkte dass sie ihm nicht folgte, drehte sich zu ihr um.

„Alles klar?“, fragte er besorgt.

Ziva versuchte die Schmerzen zu verdrängen und schenkte ihm ein Lächeln. „Ja, ich habe wohl nur schon etwas zuviel Sekt getrunken“, antwortete sie und ließ sich von ihm zur Tanzfläche bringen.

~~~***~~~

„Schau Onkel Jethro“, quiekte Mia. „Daddy und Mommy tanzen.“

„Was“, fuhr er auf und sah zur Mitte des Raumes. Tatsächlich. Hatten sie nicht was anderes ausgemacht. Immer machte DiNozzo seine Extrawürste. Gibbs wollte gerade auf die beiden los, als er Tabithas Hand auf seinem Knie spürte.

„Lass sie. Er weiß was er macht. Vertrau ihm“, und mit einem lächeln fügte sie hinzu. „Es ist seine Hochzeit.“

Seufzend setzte er sich wieder hin und warf ihr einen dankbaren Blick zu. Ja, was sollte auch schon groß passieren.

~~~***~~~

Tony drehte Ziva langsam im Kreis. Sie war leicht wie eine Feder und trotzdem machten sich die ungeübten Bewegungen in seinem Bein bemerkbar. Aber er biss die Zähne zusammen und ließ sich nichts anmerken. Plötzlich bemerkte er, dass sie taumelte. „Alles klar“, fragte er besorgt.

„Ja“, kam es von ihr. „Mir ist nur etwas schwindelig.“

„Willst du aufhören?“

„Nein auf keinen Fall. Es ist wunderbar.“

Wieder spürte er sie in seinen Armen erschauern. Dann legte sie plötzlich ihren Kopf an seine Brust.

„Oh Gott Tony, mir ist........ so..........ich...............“, stammelte sie und brach in seinen Armen zusammen. Zutiefst geschockt stand er mit ihr in den Armen auf der Tanzfläche, dann ließ er sie langsam zu Boden gleiten.

„Ziva hörst du mich?“, fragte er und schüttelte sie leicht. Plötzlich war Mia da und kniete neben ihm.

„Was hat Mommy denn?“, fragte sie leise und strich Ziva dabei über die Hand.

Tony war zu keiner Antwort fähig, aber das brauchte er auch nicht. Schnell waren Ducky und Palmer da und schoben ihn leicht zur Seite. Gibbs der nun ebenfalls aufgesprungen war, kam zu ihm herüber.

„Was ist passiert?“ fragte er seinen besten Ermittler.

„Ich, ich weiß nicht. Gerade haben wir noch getanzt und dann ist sie schon ohnmächtig zusammen gebrochen.“

Ducky dreht sich zu ihnen um. „Jethro, ruf einen Krankenwagen. Schnell“, dann kniete er sich zu Ziva herunter. „Na meine Teure, dann wollen wir mal sehen.“ Er fühlte ihren Puls der kaum noch vorhanden war. Ihre Atmung war unregelmäßig und flach. „Jimmy, hol etwas wo wir ihre Beine drauf lagern können. Ihr Kreislauf ist abgesackt.“ Palmer sprang sofort auf und lief los.

Tony kniete immer noch neben der am Boden liegenden Ziva und sah den beiden Ärzten bei der Erstversorgung zu. Wo blieb denn nur der Krankenwagen? Neben ihm fing Mia herzzerreißend an zu weinen.

„Was ist denn nur? Warum wacht Mommy denn nicht auf?“, rief Milena panisch.

Gibbs warf Tabitha einen Blick zu. Sie löste sich aus ihrer Starre und kam langsam auf Mia zu. „Komm Schatz, komm hier weg. Lassen wir die Ärzte arbeiten.“

„Ich will aber nicht gehen!“, rief die Kleine und schüttelte Tabs Hand ab, die sich ihr auf die Schulter gelegt hatte. „Ich lass sie nicht mehr alleine, ich will bei ihr bleiben.“ Dicke Tränen liefen ihr über die bleichen Wangen.

Gibbs riss jetzt der Geduldsfaden. „Milena, sieh mich an.“ Doch sie konnte den Blick nicht von Ziva abwenden. „Mia“, versuchte er noch einmal zu ihr durchzudringen und endlich sah sie ihn an. „Mia, du kannst bleiben, bis der Krankenwagen kommt, dann gehst du mit Tab in den Nebenraum. Okay?

„Nein!“, kam es trotzig von der kleinen DiNozzo. „Ich will mit.“

„Oh doch Fräulein. Wir fahren alle nicht mit, aber wir fahren später hinterher“, teilte er ihr mit und zog sie auf ihre Füße. „Und jetzt gehst du mit Tabitha, ich hör schon die Sirenen.“

Milena zog ihre Unterlippe zwischen die Zähne, so wie sie es immer bei Tante Abby sah. Dann ließ sie sich von Tab, unter lautem Schluchzen, aus dem Raum führen.

Tony bekam von seiner Umgebung so gut wie nichts mit, all seine Sinne waren auf Ziva gerichtet. Mit einem Auge hatte er mitbekommen, dass Tabitha mit Milena aus dem Zimmer gegangen war. Das war auch gut so, seine Tochter hatte wahrlich genug mitgemacht in der letzten Zeit.

„Jethro, wo bleibt der Krankenwagen? Wir verlieren Sie. Sie atmet kaum noch selbstständig.“

Abby hing in Tims Armen, der genauso fassungslos zu dem Geschehen auf dem Boden sah, wie der Rest der Gäste. Wie hatte das nur geschehen können. Sie hatte sich doch bis gerade eben noch gut gefühlt.

Tony bemerkte erst jetzt, dass Gibbs immer noch eine Hand auf seiner Schulter liegen hatte. Er schluckte schwer. Es konnte doch nicht sein, dass er Ziva am Tag ihrer Hochzeit verlor? Im Unterbewusstsein hörte er die Sirenen. Ein paar Minuten später war das Notfallteam vor Ort und übernahm Zivas Versorgung. Sie entrissen ihm seine Frau, legten ihr Zugänge, schlossen sie an diverse Apparate an und betteten sie auf eine Trage. Alles ging sehr schnell von statten und zeigte damit nur die Dringlichkeit an.

„Komm Tony“, hörte er plötzlich Gibbs Stimme. „Komm, wir fahren zu ihr.“

Warum war er nicht mit gefahren, fragte sich Tony im Stillen.

„Ducky ist mit, er kann ihnen die Situation besser beschreiben als du“, kam es da von seinem Boss und er spürte eine Hand unter seinem Ellenbogen um ihm hoch zu helfen.

~~~***~~~

Sie saßen kaum im Auto als Gibbs auch schon los fuhr. Tony hatte seinen Kopf in den Nacken gelegt und wappnete sich innerlich, für das ihm nun bevorstehende Gespräch.

„So DiNozzo, jetzt schieß mal los. Ich hatte schon die ganze letzte Woche so ein komisches Gefühl, das du mir was verschweigst. Also, was ist los?“

Tony wandte ihm den Kopf zu. „Ich habe eine SMS bekommen, mit Samuels Drohung.“

Gibbs stieg auf die Bremse. Der Ruck, der durch das Auto ging, war so heftig, dass Tony nach vorne katapultiert wurde und Gott für die Erfindung des Sicherheitsgurtes dankte.

„BOSS, ich ..“

„Boss, ich.. WAS, DiNozzo. Wann wolltest du es mir sagen?“, donnerte Gibbs Stimme.

Tony fuhr sich in seiner Verzweiflung durch das Haar. Hinter ihnen hupten die Autos, doch beide Agents ignorierten das vollkommen. „Es tut mir leid, Boss. Ehrlich, aber ich denke, ich habe versucht mir das ganze schön zu reden. Irgendwie habe ich gehofft, das es sich nur um einen Scherz handelt.“

Plötzlich klopfte es an der Fahrerscheibe. Gibbs blickte sich um und ließ die Scheibe herunter fahren. „WAS?“, brüllte er den Störenfried an. Dieser räusperte sich, trat einen Meter zurück und nahm scheinbar seinen ganzen Mut zusammen.

„Sir, Sie blockieren den Weg.“

Der Chefermittler bedachte den Mann mit einem seiner tödlichsten Blicke, dann drehte er ohne ein Wort zu sagen die Scheibe hoch und nahm die Fahrt wieder auf. Irgendwie konnte er Tony ja verstehen. Gibbs konzentrierte sich auf den Verkehr, während DiNozzo leise anfing zu erzählen.

TBC........
7. Kapitel


Abby hatte ihre nackten Füße auf die Sitzfläche des Stuhles gezogen und ihr Kinn auf die Knie gelegt. Dicke Tränen zerstörten ihr Make Up. Gedankenverloren hatte sie ihre Hochsteckfrisur gelöst und band ihre Haare nun wieder zu zwei Rattenschwänzen. Tim der neben ihr saß, hatte seine Hand auf ihren Rücken liegen und ließ diese kreisend darüber streichen.

Palmer saß an Abbys anderer Seite, sein Fuß lag wippend über seinem Knie. Anthony DiNozzo Senior war zu Hause geblieben. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Gäste nach Hause oder in ihre Hotels zu schicken und auch der Catering musste noch abgerechnet werden. Eli David wirkte ohne Ruth an seiner Seite seltsam verloren und Gibbs, der neben ihm saß, warf dem vor ihm auf und ab humpelnden Tony immer wieder einen Blick zu. Nach der zwanzigsten Runde war es vorbei mit seiner Geduld.

„Setz dich hin“, herrschte er seinen Stellvertreter an. „Es nützt Ziva nichts, wenn du dein Bein ruinierst.“ Er war nicht gut auf seinen Agent zu sprechen, das Gespräch im Auto hallte ihm immer noch nach.

Zu ersten Mal seit sie im Krankenhaus angekommen waren, blieb Tony stehen und sah zu seinem Boss. „Warum dauert das nur so lange?“

„Mrs. David und Ducky sind bei ihr im Schockraum. Sie werden uns sicher gleich sagen können was ihr genau fehlt und jetzt setz dich endlich hin.“ Den letzten Satz hatte er ziemlich brummig von sich gegeben.

Tony seufzte einmal schwer, setzte sich dann aber doch. Müde streckte er sein Bein aus, seine Hand fuhr dabei über seinen Oberschenkel und er konnte die noch frische Operationsnarbe heiß pochen spüren. Plötzlich schreckte er auf. „Milena?“

Gibbs schüttelte leicht den Kopf. „Ich habe Sie mit Tabitha bei deinem Vater gelassen. Ich dachte es wäre besser, wenn Sie nicht unbedingt alles mitbekommt. Sie hat in den letzten Monaten schon genug mitgemacht“, und mit einem Seitenblick zu Tony fuhr er fort: „Ihr alle habt genug mitgemacht.“

Tony, der seinen Kopf an die Wand gelehnt hatte, schreckte hoch als die Tür aufging und ein Arzt in Begleitung von Ducky und Ruth auf sie zukam.

„Mein Name ist Doktor Skinner. Ich bin der behandelnde Arzt von Mrs. DiNozzo. Wer von ihnen ist Mr. DiNozzo?“, und als er Tony aufstehen sah, fuhr er fort. „Bleiben Sie doch bitte sitzen, ich mache es kurz. Ihre Frau wurde vergiftet. Wir haben ihren Magen ausgepumpt. Der toxikologische Befund liegt noch nicht vor. Leider war das Gift schon zu weit verbreitet und hat zu einem akuten Nierenversagen geführt. Wir haben Sie im Moment an die Dialyse angeschlossen. Dabei wird ihr Blut von den Giftstoffen gereinigt. Mehr können wir im Moment nicht machen, wir müssen auf die Befunde warten, die das Gift bestimmen.“

DiNozzo war wieder aufgestanden. „Kann ich zu ihr?“, fragte er den Arzt. Er wollte zu Ziva. Tony hatte das Gefühl, wenn er nicht jetzt zu ihr kam, könnte es vielleicht gar nicht mehr klappen. Er wollte sie sehen, fühlen, ihr Sicherheit geben. Seiner Frau. Sein Verstand war wie in Watte gepackt. Plötzlich hörte er dumpf die Stimme des Arztes.

„Ja, können Sie, aber Sie schläft. Wir haben Sie für heute sediert, damit sich ihr Körper besser erholen kann.“

Als Tony an ihm vorbei wollte, hielt der Arzt ihn auf. „Wir wissen noch nicht welches Gift in ihrem Körper schlummert. Eine Niere ist fast vollkommen kollabiert und arbeitet nur noch zu 10%, die andere hat es nicht ganz so schwer getroffen. Wenn sich das Gift nicht binnen 24 Stunden abbaut, bin ich nicht sicher ob wir die eine Niere noch retten können.“ Als er das besorgte Gesicht des jungen Mannes sah, versuchte er ihn zu beruhigen. „Der Mensch kann auch mit einer gut funktionierenden Niere leben. Es gibt dann nur wenige Einschränkungen.“

„Danke Doktor, ich möchte jetzt zu ihr“, sagte er und wartete die Antwort es Arztes gar nicht mehr ab, sondern eilte einer Krankenschwester nach, die auf ihn gewartet hatte und ihn nun zu Zivas Zimmer brachte. Die letzten Worte, die der Arzt, dessen Namen er schon wieder vergessen hatte, ihm sagte, hallten in seinem Kopf nach. Nierenversargen, kollabiert, vergiftet. Und zum wiederholten Mal fragte er sich, wer Ziva vergiftet haben könnte. Das musste alles mit Samuel und den Drohungen per SMS zu tun haben. Mit der Erkenntnis wurde ihm auch eins klar, es war seine Schuld. Wenn er die Drohung ernst genommen hätte, wenn er sie eher mit seinem Boss besprochen hätte. Wenn….. Ohne seinen Schritt zu verlangsamen blieb er von jetzt auf gleich stehen. Die junge Schwester drehte sich zu  ihm um und sah ihn fragend an.

„Einen Moment bitte, ich muss eben was erledigen. Es geht schnell“, so schnell sein Bein es zuließ, humpelte er zurück zu der Gruppe Menschen und baute sich vor Eli David auf, der ihn fragend ansah. „Wo ist Samuel, Eli?“

„Da wo er hingehört. Ich habe vor ein paar Minuten erst in Israel angerufen. Samuel sitzt noch immer in der Gefängniszelle, in die wir ihn gesperrt haben. Er hat keinen Kontakt zur Außenwelt. Mit ihm kann es nicht zusammenhängen.“

„Doch, da bin ich mir sicher“, und Tony gab ihm sein Handy mit den Droh SMS.

David, der damals bei Samuels Drohung dabei war, sah sofort die Ähnlichkeit der Wörter. Das waren wirklich genau die Worte, die Samuel DiNozzo im Verhörraum zugerufen hatte. „Ich werde meinen Stellvertreter anrufen und ihn beauftragen seinen Background noch einmal abzuklopfen. Vielleicht haben wir etwas übersehen.“

Tony nickte und spürte plötzlich eine Hand auf seiner Schulter. „Geh jetzt zu ihr DiNozzo, ich kümmere mich hier um alles“, sagte Gibbs und schob seinen Freund wieder in Richtung der wartenden Krankenschwester.

~~~***~~~

Während Tony sich entfernte, sprach Gibbs den Arzt an. „Haben Sie schon eine Vermutung wie das Gift in ihren Körper gelangt ist?“

„Und Sie sind?“, fragte Doktor Skinner.

„Ein Freund und ihr Vorgesetzter, Special Agent Leroy Jethro Gibbs, vom NCIS Washington D.C.“, sagte er und hielt dem Arzt die Hand hin, die dieser sofort ergriff.

„Also, wenn mich nicht alle meine ärztlichen Sinne täuschen, dann hat Sie das Gift mit der Nahrung zu sich genommen. Der Schnelltest, den wir machen konnten, zeigte, dass die höchste Konzentration im Mageninhalt war. Also ist das am wahrscheinlichsten.“

„Über die Nahrung?“, fragte jetzt Ducky nach.

„Ja, kann es sein, dass Sie etwas anderes gegessen hat als die anderen Gäste der Hochzeit? Oder auch getrunken?“

Abby, die mit ihren zwei Rattenschwänzen einen seltsamen Kontrast zu ihrem eleganten Abendkleid bot, hatte sich erhoben und war zu ihrem Vorgesetzten getreten. „Der Sekt, Gibbs. Den bekamen wir doch einzeln serviert“, sagte sie und wischte sich ein paar widerspenstige Tränen weg.

„Stimmt“, pflichtete ihr nun auch Ducky zu. „Doktor, wenn wir ihnen das Glas und ihren Teller bringen, wäre ihnen damit geholfen?“

Der Arzt überlegte kurz. „Wissen Sie, seit den letzten Etatkürzungen, haben wir hier auf der Insel keinen Labortechniker mehr. Wir müssen immer alles zuerst nach New York schicken, aber ich habe bereits einen Dringlichkeitsvermerk an die Proben gehangen. Wenn wir allerdings die Proben direkt hätten, könnte das vielleicht schneller gehen. Ja, bringen Sie die Sachen her.“

In dem Moment hatte Gibbs schon ein Handy am Ohr und rief Tonys Vater an. „Hallo, Mr. DiNozzo? Ist der Catering Service schon weg? Nein? Gerade? Gut, halten Sie sie auf und bringen Sie uns Zivas Glas und Teller schnellstens ins Krankenhaus. Ja, bis gleich“, sagte er noch und legte auch schon auf.  

„Und Doktor? Um den Labortechniker müssen Sie sich keine Sorgen machen. Wir haben unsere eigene mit“, teilte Gibbs ihm mit und deutete auf Abby, die an seiner Seite stand.

~~~***~~~

Tonys Vater warf noch einen verstörten Blick auf das Telefon in seiner Hand. Dann hörte er das Geschirr klappern. Schnell machte er sich wieder auf ins Zimmer. „Bitte, aufhören“, rief er und als das Personal die Teller wieder hinstellte, fügte er hinzu. „Ich brauche den Teller meiner Schwiegertochter und ihr Glas. Der Rest kann dann weg.“ Nachdem er die Sachen eingetütet hatte, machte er sich auf den Weg in den Garten um Tabitha und Milena Bescheid zu geben, dass er ins Krankenhaus fahren würde.

~~~***~~~

So unauffällig wie möglich schlich Joshua sich vom Anwesen. Er hatte kurz noch seine Uniform ausgezogen und in einem Gebüsch versteckt. Scheinbar war sein Plan nicht ganz aufgegangen. Die ehemalige Mossad Agentin war nicht gestorben. Vielleicht hätte er ihr doch eine größere Menge verabreichen sollen. Jetzt musste er Plan B in die Tat umsetzen.

~~~***~~~

Traurig saß Mia auf der unteren Sprosse ihres Baumhauses. Ihr schönes Kleid hatte sie gegen eine kurze Jeans getauscht und ihre nackten Füße steckten in pinkfarbenen Sandalen. Langsam zog sich der Himmel zu und kündigte das schlechtere Wetter an. Milena fröstelte etwas und rieb sich über die nackten Arme. Tab telefonierte gerade mit ihrem Onkel. Immer wieder schmiss sie ihr einen Blick zu und wartete ungeduldig dass sie endlich auflegte. Als es dann endlich so weit war, hätte sie es beinahe verpasst. „Wie geht es Mommy?“, fragte sie schnell.

Tabitha seufzte während sie ihr Handy in die Hosentasche gleiten ließ, denn auch sie hatte sich bereits wieder umgezogen. „Sie schafft das, Mia. Sie wird wieder gesund. Dein Daddy ist jetzt bei ihr.“

„Kann ich sie auch besuchen?“, fragte die Kleine weinerlich.

„Heute nicht mehr, aber vielleicht Morgen. Wir werden sehen.“

„Grandpa ist doch auch hingefahren!“, sagte sie trotzig.

„Ja, aber nur weil er was hinbringen muss. Er kommt gleich wieder und er bringt auch die anderen wieder mit.“

„Mhhhmmm“, kam es von Mia und sie griff sich ihre Puppe und steckte sich die Finger in den Mund. Tab seufzte innerlich etwas lauter. Eigentlich hatte sie das schon abgelegt. Seit dem Abenteuer in Israel nuckelte sie nicht mehr an den Fingern. Dass sie damit wieder angefangen hatte, sprach nur dafür, dass der Schock wohl doch etwas zu groß für die Kleine gewesen war.

~~~***~~~

Die Krankenschwester warf dem jungen Mann der neben ihr her hinkte, immer mal wieder einen Blick zu. Er hatte Probleme mit seinem Bein, das hatte sie schon mitbekommen, aber ansonsten sah er großartig aus. Tadelloser Anzug, ein gutaussehendes Gesicht, tolle Figur und wahnsinnige Augen. Ein Mann ganz nach ihrem Geschmack. Leider hatte er im  Moment einen schweren Schicksalsschlag zu verdauen. Innerlich schüttelte sie mit dem Kopf. Am Tag der Hochzeit wurde seine Braut vergiftet und ob sie das Attentat unbeschadet überleben würde, stand noch nicht fest. Einen gefährlichen Beruf hatten die zwei schon. Beides Bundesagenten, jedenfalls war es das, was sie aus dem kurzen Gespräch aufgeschnappt hatte. Um ihr abenteuerliches Leben beneidete sie die beiden nicht. Dann waren sie an der Tür angekommen und sie öffnete sie ihm leise. „Bleiben Sie so lange Sie wollen. Auch wenn Sie schläft, Sie kann Sie spüren“, und aus einer sentimentalen Laune heraus legte sie ihre Hand auf seinen Arm. „Es tut mir echt leid. Rufen Sie wenn etwas ist oder Sie etwas brauchen. Ich bin im Schwesternzimmer.“ Sie sah ihn nicken und schloss hinter ihm wieder die Tür.


~~~***~~~

Gibbs warf David einen Blick zu, dann ging er wieder zu ihm. Ruth und Ducky standen immer noch mit dem Arzt zusammen und unterhielten sich. „David, ich weiß wir sollten die zuständige Polizei verständigen, aber es war meine Agentin und ihre Tochter. Ich denke wir sollten das auf unsere Weise regeln?!“, und als er Eli bestätigend nicken sah, drehte er sich zu den anderen um. „Tim, nimm Kontakt mit der hiesigen Polizei auf. Setz sie in Kenntnis, aber mach ihnen auch klar, dass wir den Fall selber übernehmen. Wir brauchen sie um das DiNozzo Anwesen zu bewachen“, sagte der Grauhaarige und drehte sich schon zu der Kriminaltechnikerin um. „Abby, sobald Tonys Vater mit den Proben hier ist, will ich das du dir ein Labor organisierst und die Spuren verfolgst. Wir brauchen das Gift, Abbs. Duck und Palmer, da es keine Leiche gibt, könnt ihr Abby bei der Giftbestimmung helfen“, und als ihn alle groß ansahen. „Worauf wartet ihr noch? Ihr habt es gehört, Ziva hat nicht mehr viel Zeit. Also macht euch an die Arbeit.“ Damit waren sie entlassen und Gibbs wandte seine ganze Aufmerksamkeit Eli David zu „Wir beide werden uns jetzt mit ihrem Büro in Tel Aviv in Verbindung setzen und den dunklen Fleck in Samuels Background finden. Aber vorher warten wir noch auf Tony und nehmen ihn mit.“ Besser als ihn hier zu lassen, fügte er in Gedanken hinzu. Bei DiNozzo wusste man nie und er wollte nicht, dass sein Stellvertreter auf eigene Faust los zog.

~~~***~~~

Unsicherheit überkam ihn als er den Raum betrat, in den man Ziva gebracht hatte. Seine starke Ziva, sie lag blass und leblos in einem für sie viel zu großen Krankenhausbett. Leise ging er auf das Bett zu. Vorsichtig nahm er ihre Hand in seine. Sie sah gespenstisch aus. Viele Stellen an ihrem Körper waren tief rot angelaufen. Der Kontrast zu ihrer im Moment eher bleichen Haut war extrem. Der Arzt hatte ihn ja vorgewarnt. Das Gift hatte dafür gesorgt das die kleinen oben liegenden Hautäderchen geplatzt waren. Dadurch war ihr Blut unter die Haut gelaufen. Es würde noch einige Zeit vergehen, bis ihr Körper das überschüssige Blut wieder abgebaut hatte. Sein Daumen kreiste über der weichen Stelle zwischen ihrem Daumen und ihrem Zeigefinger. Es war seine Schuld. Alles war seine Schuld. Kaum waren sie verheiratet, da musste Ziva schon um ihr Leben kämpfen. Wenn er Gibbs sofort Bescheid gegeben hätte, wäre es sicher anderes gekommen. Aber er war zu Eitel gewesen. Hatte gedacht, der Sache selber Herr zu werden. Aber so brachte es auch nichts. Dieses ganze wenn, hätte, aber… Der Killer wollte ihm das Liebste nehmen. Bei Ziva hatte er scheinbar versagt und sie wurde hier im Krankenhaus gut überwacht. An Milena durfte er nicht heran kommen, dafür würde Tony sorgen. Er musste ihn nur weg locken. Weg von allem das ihm lieb war. Die Luft wurde immer stickiger. Er musste raus, brauchte Luft zum atmen. Mühsam beugte er sich vor und gab ihr einen Kuss auf ihre gefühllosen Lippen. „Ich liebe dich, Ziva und ich werde dafür sorgen, dass er weder dir noch Mia zu nahe kommt.“ Zu mehr war er nicht fähig, zu stark war die Wut auf sich selbst in ihm.  Am liebsten hätte er auf irgendwas eingeschlagen. An der Tür warf er noch einmal einen Blick auf ihre leblose Gestalt, dann verließ er das Zimmer.

Die Schwester sah ihn mit großen Augen an. Damit hätte sie nun gar nicht gerechnet. Eher damit, dass man ihn als Dauergast auf dem Zimmer sehen würde. Sie wollte ihn gerade fragen ob was passiert war, als ein Blick in seine Augen sie davon abhielt.

Tony zog im Laufen seinen Kittel aus und warf ihn der Schwester entgegen. „Wo ist hier ein Nebenausgang, so dass ich nicht zurück ins Wartezimmer muss?“, fragte er sie schnell. Sie wies ihm den Weg und blieb kopfschüttelnd zurück. „Zu niemanden ein Wort, bevor Sie gefragt werden. Okay?“, und als er sie nicken sah, eilte er so schnell es ging Richtung Treppenhaus.

Treppen. Um Treppen hätte er sich früher nie Gedanken gemacht. Aber jetzt, nach seiner Verletzung sah das anders aus. Sein Oberschenkel pochte und die Operationsnarbe fühlte sich seltsam heiß an, während er immer zwei Stufen auf einmal nehmend nach unten eilte.  Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte er endlich den Ausgang. Dort blieb er erst einmal stehen und stützte die Hände auf die Knie um tief einzuatmen. Dann hinkte er zum Taxistand. Zuerst wirkten seine Schritte unsicher und unbeholfen, aber mit jedem weiteren Meter den er zurücklegte, wurde sein Schritt sicher und fest.  Die Blicke, die ihn verfolgten, spürte er wie Landmarken in seinem Rücken. Der Täter hatte seine Verfolgung aufgenommen.

TBC.......................
8. Kapitel


Gibbs hatte seinen rechten Fußknöchel über seinem linken Knie liegen. Langsam wackelte er mit dem Fuß auf und ab. Tony war nun schon über eine Stunde bei Ziva im Zimmer. Langsam wurde es für sie Zeit, hier konnten sie jetzt nichts mehr ausrichten. Ziva würde auf alle Fälle nicht vor morgen aufwachen. Nervös drehte er den halb vollen Kaffeebecher in seiner Hand. Tonys Vater war vor kurzem, völlig außer Atem, hier angekommen und hatte die Sachen Abby übergeben. Diese hatte mit Tims Hilfe geschafft ein Labor zu beschlagnahmen und hatte sofort mit der Auswertung angefangen. Ruth hatten sie zusammen mit Anthony Senior zurück zum Haus geschickt, so dass im Moment nur noch McGee, David und er vor Zivas Zimmer saßen. „Ich geh da jetzt rein“, sagte Gibbs und stand auf. „Er hat Zeit genug gehabt. Wir müssen sehen das wir den Täter bekommen.“ Als er in den Flur zu Zivas Zimmer kam, sah er von weiten die Schwester aus dem Zimmer seiner Agentin kommen. „Wie geht es Miss Da...., ich meine Mrs. DiNozzo?“, fragte er sie und bemerkte zum ersten Mal wie seltsam sich, der neue Name noch für ihn anfühlte.

„Sie schläft und ihre Werte haben sich nicht verschlechtert. Das ist in Anbetracht der Sache schon einmal ganz gut.“

„Ich muss mit ihrem Mann sprechen, würden Sie Agent DiNozzo bitte aus dem Zimmer holen? Dann brauch ich mich erst gar nicht umzuziehen.“

Die Krankenschwester warf ihm einen seltsamen Blick zu. „Ihr Agent ist schon vor einiger Zeit gegangen“, kam es zögerlich von ihr.

Gibbs blieb in der Bewegung stehen. „Vor einiger Zeit? Was heißt das genau?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.

Sie schluckte sichtlich. „Ich denke es ist jetzt 45 Minuten her? Ungefähr..“

„Sie haben ihn gehen lassen?“, herrschte er sie an.

„Ich wüsste nicht, was ich dagegen hätte machen sollen?“, sagte sie und ihre Stimme hatte einen leicht ängstlichen Klang angenommen, doch der Chefermittler hatte sich schon umgedreht und zum zweiten Mal an diesem Tag blieb sie verstört zurück.

~~~***~~~

„Wo soll es hingehen, Sir?“, fragte der Taxifahrer.

Tony der gedankenverloren auf sein Handy mit dem eingebauten GPS Chip schaute, blickte auf. Ja wohin eigentlich, fragte er sich nun selber. Er brauchte Zeit zum Nachdenken und Ruhe um seine Gedanken zu ordnen. Und er musste den Täter in eine von Mia entfernte Richtung lenken. Dann fiel im wieder der Ort ein, wo er sich damals nach dem Tod seiner Mutter versteckt hatte. Er sah den Taxifahrer an und nannte ihm die Adresse. Nach einem letzten Blick auf sein Handy, schaltete er es aus und ließ es aus dem Fenster fallen. So würden ihn seine Freunde nicht finden und für seinen Verfolger war die Spur gelegt. Wenn er sich opfern musste, um sie zu retten, dann sollte es halt so sein.

~~~***~~~

„Tony ist weg!“

„Wie weg?“, kam es von Tim und David fast gleichzeitig.

„Weg... ermittelt auf eigene Faust, wie ich ihn kenne“, sagte Gibbs und seufzte frustriert. „McGee, du hast doch garantiert irgendeinen Computer dabei und kannst sein Handy orten?“

„Ehhmm Boss? Ich habe nur mein Iphone. Das hat aber eine App, mit der man GPS Signale….“, bereitwillig wollte er gerade zur Erklärung ansetzen, aber als er den Blick seines Vorgesetzten bemerkte, zog er unbewusst schon einmal den Kopf ein. „…das willst du alles nicht wissen, ich weiß.“ Und schon fing er an auf dem kleinen Ding zu tippen. Kurze Zeit später runzelte Tim die Stirn. „Boss? Er ist vor dem Krankenhaus.“  

Der Blick den Gibbs ihm zuwarf, ließ McGee schon einmal von seinem Stuhl aufspringen. „Na voraus wartest du noch? Sieh nach und beeil dich“, sagte sein Boss und Tim beeilte sich, dem nachzukommen.

Kurz darauf hörte man wiederkehrende Schritte. „Boss?“

„Hast du ihn?“, fragte Gibbs sofort.

„Nein Boss, aber ich habe sein Handy gefunden, es lag auf dem Boden. Tut mir leid.“

Vor Wut trat Gibbs vor die Wand. Der Schmerz der darauf hin durch seinen Fuß und sein Bein hinauf schoss, lies ihn kurz, mit seinen Verwünschungen, inne halten. Mit verzerrtem Gesicht lehnte er sich an die Wand und entlastete den schmerzenden Fuß. Wie konnte Tony so etwas nur tun. Nicht nur das Tony ihm die Drohung verschwiegen hatte, dafür hatte er ja sogar noch Verständnis aufbringen können. Nein, jetzt benahm er sich auch noch wie ein Anfänger, brachte sich in Gefahr und schloss alle anderen aus. Wenn er ihn zwischen die Finger bekommen würde...... Er schwor sich, mit dieser Extratour würde er seinen Stellvertreter nicht so einfach davon kommen lassen.

Eli David konnte sich nun ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Das sah DiNozzo wieder ähnlich. Ein Alleingang.

Gibbs löste sich von der Wand und humpelte auf McGee zu. „Tim, du bleibst hier und lässt Ziva nicht eine Minute aus den Augen. Wenn du was zu essen willst, bitte eine Schwester dir was zu holen. Wenn du schlafen willst, verkneif es dir oder meine Rache wird über dich kommen.“

Tim würgte den Schluckreiz herunter. Seine Kehle war im Moment wie zugeschnürt. „Und wenn, Boss...“, stotterte er los.

„WAS?“, kam drohend die Stimme seines Vorgesetzten.

„Und wenn ich mal aufs Klo muss?“, vollendete er den Satz und verwünschte sich gleich dafür überhaupt die Frage gestellt zu haben.

Gibbs blickte sich im Raum um, konnte aber nichts Brauchbares finden. Dann blickte er auf den Kaffeebecher in seiner Hand und leerte ihn in einem Zug. „Hier, dann benutzt du das“, teilte er ihm gefühlskalt mit und im hinausgehen winkte er David zu, ihm zu folgen. McGees „geht klar Boss“, bekam er schon nicht mehr mit. Jetzt mussten sie versuchen Tony vor dem verrückten Mörder zu finden.

~~~***~~~

DiNozzos Verfolger startete ebenfalls seinen Wagen. Bisher hatte er es ihm wirklich einfach gemacht. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Aber wenn er schon an das Kind und an Ziva nicht rankommen konnte, warum sollte er Samuels Auftrag nicht an ihm selber ausführen. Leicht vor sich hin grinsend ordnete er sich in den fließenden Verkehr ein und nahm die Verfolgung auf.

~~~***~~~

„Meinen Sie,  es ist eine gute Idee, jetzt zu den Dünen hinauszufahren? Der Wetterbericht warnt schon den ganzen Nachmittag vor dem aufkommenden Sturm“, warnte der Taxifahrer und versuchte so ein Gespräch mit seinem schweigsamen Gast zu beginnen.

DiNozzo warf einen Blick aus dem Fenster. Wirklich, der Himmel hatte sich schon zugezogen und dunkle Wolken kündigten bevorstehende Regenschauer an. „Fahren Sie einfach weiter. Ich bin dort verabredet und werde erwartet“, damit war das Gespräch für ihn beendet und Tony beobachtete weiter den Verkehr hinter sich.

~~~***~~~

„Und? Was sagt ihr Büro?“, fragte Gibbs, auf dem Weg zum Auszug.

David kratzte sich am Kinn. „Mein Büro, Agent Gibbs, sagt, dass Samuel immer noch in seiner Zelle weilt“, teilte er dem Chefermittler mit und als er Gibbs empörtes Schnaufen vernahm, fuhr er fort. „Aber…“

„Mein Gott David. Machen Sie es doch nicht so spannend. Was aber?“, donnerte er.

Eli ließ sich von Gibbs herrischer Art nicht aus der Ruhe bringen. „Aber er hat einen Bruder. Halbbruder, um genau zu sein. Joshua Goldstern, gleiche Mutter, anderer Vater. Der Kontakt der Brüder war nie sehr stark, sie haben sich seit Jahren nicht gesehen, geschweige denn miteinander gesprochen. Das war wohl auch der Grund warum er aus dem Sieb gefallen ist.“

Gibbs warf David im gehen einen belustigten Blick zu. Aus dem Sieb gefallen, dachte er war auch ein guter Ausdruck.

Eli bekam von dem nichts mit. Er konzentrierte sich voll auf das, was der dem grauhaarigen Mann zu sagen hatte. „Ich kann Ihnen nicht sagen wie er es angestellt hat, aber irgendwie müssen die beiden Männer in Kontakt gekommen sein. Ich versteh das nicht. Samuel sitzt in Einzelhaft. Einmal am Tag kann er für eine Stunde an die Luft, aber auch da ist er separiert. Wie er es geschafft hat, kann ich nicht sagen.“

„Dann erklären Sie mir doch einmal, warum der Bruder plötzlich auf der Bildfläche erscheint. Warum hilft er Samuel, obwohl er kaum Kontakt zu ihm hatte?“, fragend sah er Eli an.

Dieser kratzte sich erneut verlegen am Kinn, dann sah es aus, als wenn er seinen ganzen Mut zusammennehmen musste. „Tja, das könnte daran liegen, dass Samuel ihm einen Auftrag gegeben hat. Joshua, Samuels Bruder, ist ein Auftragskiller.“ Neben sich hörte er ein Schnauben.

„Und das hat der große Mossad übersehen? Der Bruder eines verrückten Entführers ist ein Auftragskiller? DAS HAT DER MOSSAD ÜBERSEHEN??“, donnerte der Grauhaarige und blieb ruckartig stehen.

Eli verzog beleidigt das Gesicht, fasste sich dann aber sofort wieder. „JA, wir haben es übersehen und JA, er ist uns durch die Tücher gegangen und vor zwei Wochen nach Amerika ausgereist.“ So endlich war es raus und innerlich machte sich Eli auf einen heftigen Streit mit Gibbs gefasst. Doch es kam anders als erwartet.

Gibbs sah den Mossad Direktor an, als wenn er ihn zum ersten Mal wahrnehmen würde. „Ich mach das jetzt nicht gerne, David, das können Sie mir glauben. Aber es heißt Lappen und nicht Tücher, und er ist durchs Raster gefallen und nicht aus dem Sieb“, und während er genau Elis verwirrten Gesichtsausdruck studierte, konnte er sich das Grinsen nicht verkneifen. „Wissen Sie eigentlich wie ähnlich Sie ihrer Tochter sind?“, und noch immer grinsend, drehte er sich um. „Kommen Sie, lassen Sie uns Tony suchen, bevor der noch eine Dummheit begeht oder einem Auftragskiller begegnet. Ziva ist hier gut aufgehoben.“

~~~***~~~

Frustriert legte Abby ihren Kopf auf den Tisch. „Ich versteh es nicht, Ducky. Was kann das nur für ein Gift sein? Wir sind nun alle chemischen Gifte durch, dazu haben wir auch die bekannten pflanzlichen abgecheckt. Nichts…“, dann zog sie ihre Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. „Mir fehlt einfach Major Massenspektrometer.“

„Abigail nicht. Wir fangen einfach noch einmal von vorne an. Irgendwas haben wir übersehen“, sagte Ducky und legte ihr eine Hand auf die Schulter, als sich plötzlich Jimmy ins Geschehen einbrachte.

„Kann es nicht sein, das wir einfach nur im verkehrten Sortiment suchen? Ich meine, wenn es nicht chemisch ist und auch nicht pflanzlich, dann kann es doch eigentlich nur noch..???“, fragte er mit einem Grinsen so groß wie der Eifelturm.

Abby sprang auf und klatschte begeistert in die Hände. „…dann kann es nur noch tierisch sein. Jimmy, du bist ein Schatz“, und schon kam sie auf ihn zugestürmt und gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange und Palmers Grinsen wurde noch breiter.

~~~***~~~

Joshua musste vorsichtig sein. Die Gegend durch die sie fuhren wurde immer ruhiger und der Verkehr beruhigte sich ebenfalls. Er musste aufpassen, dass man ihn nicht sah, aber den Anschluss verlieren durfte er auch nicht. Langsam ließ er sich etwas zurückfallen.

~~~***~~~

Auf dem Weg zu seinem Wagen zog Gibbs sein Handy und wählte die Nummer von Tonys Vater. Nach einigem Klingeln wurde abgenommen. „Gibbs hier, Mr. DiNozzo, ist ihr Sohn bei Ihnen?“

Am anderen Ende war es kurz still. „Mein Sohn? Nein, ich dachte er wäre bei Ihnen und Ziva im Krankenhaus?“

„Nein, er ist von hier verschwunden ohne uns Bescheid zu geben wo er hin will. Wo könnte Tony sich verkriechen? Gibt es irgendeinen Ort, den er in Notsituationen aufsuchen würde?“

„Nein, nicht dass ich wüsste. Junior war ja ewig nicht mehr hier und davor war unser Verhältnis wie sie ja wissen nicht so gut.“ Tonys Vater überlegte und blickte dabei aus dem Fenster, plötzlich fiel ihm etwas ein. „Doch, warten Sie Agent Gibbs. Vielleicht gibt es doch einen Platz. Damals als seine Mutter starb .....“

TBC........................
9. Kapitel


Tony hatte den Taxifahrer bezahlt und hinkte schwerfällig die Düne hinauf. Sein Bein nahm ihm die ungewohnte Belastung übel und die frische Narbe spannt und brannte. Er folgte dem schmalen Pfad und versuchte dabei in kein Hasenloch zu treten. Irgendwann während der Fahrt, hatte er seinen Verfolger aus den Augen verloren. Der Typ schien ein Profi zu sein. Tony lief ein kalter Schauer über den Rücken. Der Wind hatte bedrohlich zugenommen und pfiff durch sein dünnes Sommer-Jackett.

Fast verloren, blickte er sich um. Diese Dünenlandschaft zog ihn sofort wieder in ihren Bann und fast automatisch wanderten seine Gedanken an den Tag seiner Kindheit zurück, an dem seine Mutter starb.

~Rückblick~


Fröhlich hatte sie ihn morgens zur Schule gefahren. Jetzt standen sie vor seiner Klasse und hatte eine Hand auf seiner Schulter liegen.

„Hast du auch deine Sportsachen?“

„Ja, Mom.“

„Dein Lunchpaket?“

„Mom, hör auf ich bin doch kein Baby mehr“, kam es entrüstet von dem Achtjährigen.

Sie hob ihre Hand unter sein Kinn und bevor er sich versah, hatte sie ihm schon einen Kuss gegeben. Hastig drehte er seinen Kopf weg und wischte sich, mit angewidertem Gesichtsausdruck, über die Wange.

„Mom, was soll das? Ich will nicht vor allen geküsst werden. Die anderen machen sich nur wieder lustig über mich.“ Jetzt hörte sich seine Stimme nicht mehr nur genervt an. „Ich hasse das und ich hasse dich, wenn du das machst“, rief er zornig und mit diesen Worten drehte er sich um und lief, ohne sie noch einmal anzusehen, in seine Klasse.

„Ich hole dich dann nachher wieder ab. Bis später, Tony“, rief sie ihm hinterher und ging mit schwingenden Hüften, zurück zu ihrem Wagen. Dabei lächelte sie vor sich her. Sie kannte ihren Jungen und sie wusste, dass er den letzten Satz nicht so meint hatte. Solche kleinen Dispute hatten sie häufiger mal, aber spätestens zum Abend würde aus ihm wieder der liebe Junge werden, der er war. Denn eins musste man Anthony lassen, er war nicht nachtragend. Genauso forsch wie sie zum Wagen gegangen war, fuhr sie auch los.

Über eine Stunde stand Tony in der brütenden Mittagssonne vor seiner Schule und wartete auf seine Mutter. Als es immer später wurde, machte er sich, voller Wut, zu Fuß auf den Heimweg. Ungefähr auf halber Strecke sah er schon die Blaulichter. Es hatte einen Unfall gegeben, sagten ihm die anderen Schaulustigen und auch Tony wollte einen Blick auf das Geschehen erhaschen und blieb fasziniert stehen.

Er brauchte einige Zeit bis er den Wagen erkannte, der dort total zerbeult auf dem Kopf lag. Wie von einem Faden gezogen, krabbelte der Achtjährige unter der Absperrung durch. Die aufhaltenden Rufe der anderen hörte er nicht. Langsam, wie ferngesteuert ging er auf den Krankenwagen zu. Innen herrschte reger Betrieb. Die Notärzte waren damit beschäftigt eine Frau am Leben zu halten, den Knaben der seitlich am Wagen stand, sahen sie nicht. Wie in Trance, vollkommen still und regungslos, stand er da und sah ihnen zu. Dass die Frau seine Mutter war, hatte er schon lange erkannt. Erst als das unregelmäßige Piepen sich in einen Dauerton verwandelte und einer der Ärzte kopfschüttelnd die Decke über die hübsche junge Frau zog, riss ihn das aus seiner Erstarrung und er schrie. Jetzt wurden alle auf den Jungen aufmerksam, aber als er einen Arzt auf sich zukommen sah, rannte er davon.

Tony rannte und rannte. Er sah kaum wohin er rannte, vor seinen Augen verschwamm alles. Tränen liefen ihm hemmungslos über die Wangen. Zuerst wusste er nicht wohin, doch seine Beine brachten ihn zwischen die Dünen ans Meer. Hier blieb er und machte sich Vorwürfe. Er hatte ihr gesagt, dass er sie hassen würde. Das waren seine letzten Worte gewesen. Aber er hasste sie doch gar nicht. Er brauchte seine Mutter. Er liebte seine Mom und er war so stolz auf seine, in seinen Augen schöne Mutter. Vielleicht träumte er nur und so kniff er sich in die Wange, aber außer das er einen kleinen Schmerz spürte, passierte nichts. Erschöpft, am Ende seiner Kräfte fiel er auf die Knie.

„Lieber Gott, lass mir meine Mommy. Ich war böse zu ihr. Bitte, bitte. Ich mach es auch wieder gut. Ich werde ab jetzt immer ohne zu murren zum Klavierunterricht gehen. Bitte lieber Gott, gib mir meine Mommy zurück.“

Wie ein Mantra wiederholte er die letzten Worte immer und immer wieder. Mittlerweile war es schon dunkel geworden, aber immer noch kniete Tony zwischen den Dünen und führte sein Gespräch mit Gott. Sein Gesicht war nass und doch hatte er das Gefühl keine Tränen mehr zu haben. Irgendwann schlief er erschöpft ein.

So fand ihn sein Vater. Er hatte den halben Tag, zusammen mit seinen Nachbarn, nach seinem Sohn gesucht. Ohne ein Wort hatte er das völlig erschöpfte Kind auf den Arm genommen und nach Hause getragen. Er übergab es der Haushälterin und schloss sich in seinem Arbeitszimmer ein. Dort blieb er bis zu Beerdigung. In den ersten Tagen verkroch Tony sich in seinem Zimmer. Mit keiner Leckerei war er heraus zu locken. Er saß am Fenster, schaute stumm zum Meer und sprach mit niemanden ein Wort. Seinen Vater sah er erst am Tag der Beerdigung wieder, als ihn dieser in sein Arbeitszimmer riefen ließ und ihm folgenden Rat erteilt:

„Reis dich zusammen Anthony, ich will gleich bei der Beerdigung keine Tränen und kein Gejammer von dir hören. Haben wir uns verstanden?“, und als er von dem völlig verängstigten kleinen Jungen ein Nicken bekam, fuhr er unbeirrt fort. „Ein DiNozzo weint nicht und bricht auch nicht zusammen. Merk dir das fürs Leben, Junior.“

Einen Monat später kam Anthony auf ein Internat.

~ Rückblick Ende ~




Irgendwie hatte er das Gefühl eines Deja Vu. Wieder sah er sich in der Verantwortung. Müde ließ er sich auf die Knie fallen und merkte erst jetzt wie sehr sein Oberschenkel dabei protestierte.

~~~***~~~

Abby kam auf nackten Füßen aus dem Labor gerannt. Sie hatte sich über ihr Abendkleid einen weißen Schwesternkittel gezogen. In ihrem Windschatten, aber bedeutend langsamer als sie, kamen auch Ducky und Palmer um die Ecke. „Gibbs, Gibbs, Gibbs!“, rief sie laut, dann war sie vor Zivas Zimmer angekommen und bremste abrupt als sie Tim davor sitzen sah. „DU? Wo ist Gibbs?“

Tim streckte seine müden Knochen. „Unterwegs, Tony suchen!“, versuchte er ihr zu erklären, aber sie ließ ihm keine Zeit, sondern bombardierte ihn sofort mit Fragen.

„Warum? Wo ist Tony? Warum ist er nicht hier? Was ist passiert? Geht es ihm nicht gut?“

„Abbs, mach langsam. Mit Tony ist alles in Ordnung. Der Boss meint nur, er würde vielleicht auf eigene Faust ermitteln und das will er auf alle Fälle verhindern. Und was tust du hier? Hast du was heraus gefunden?“

„Oh ja, wir wissen um welches Gift es sich handelt“, teilte sie ihm mit und drückte ihm mit einem Schmatzen einen Kuss auf den Mund. „Ich muss Dr. Skinner suchen. Bis später Tim und pass mir gut auf unsere Ziva auf“, und schon lief sie mit Ducky im Schlepptau weiter, während Jimmy sich zu McGee setzte.

„Und was ist es nun für ein Gift?“, fragte Tim interessiert.

Palmer der immer noch ein Dauergrinsen im Gesicht hatte, wandte sich nun Tim zu. „Ein tierisches und zwar das Gift einer Crotaliden“, und sichtlich mit sich zufrieden verschränkte er seine Arme.

„Was ist das denn für ein Tier?“, fragte Tim auch gleich.

„Das ist eine Crotalus scutulatus ssp. auch Klapperschlange genannt.“

„Aber wie? Sie ist doch nicht gebissen worden. Ich meine, das hätten wir doch gemerkt.“ Tim schüttelte mit dem Kopf.

„Wie? Mit dem Sekt. Er hat es ihr in den Sekt getan. So einfach war das“, erklärte Palmer.

In dem Moment kamen Abby, Ducky und Dr. Skinner zurück zum Zimmer. „Das ist das Beste was uns passieren konnte. Wir hatten hier letzte Woche ein Seminar über Schlangenbisse. Das Gegengift zu Demozwecken haben wir hier noch eingelagert. Wenn es jetzt schnell geht, hat Sie eine gute Chance“, klärte Dr. Skinner die Anwesenden auf und verschwand zusammen mit einer Schwester in Zivas Zimmer.

McGee zögerte nun nicht mehr länger. Schnell hatte er sein Handy gezogen und wählte Gibbs Nummer um ihn über den Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen.

~~~***~~~

Anthony Senior sah auf den Telefonhörer in seiner Hand. Mal wieder hatte der Chef seines Sohnes ohne ein Wort die Verbindung unterbrochen. Er wollte gerade das Telefon weglegen als es in seiner Hand wieder anfing zu schellen. „DiNozzo?“, meldete er sich.

„Hallo Mr. DiNozzo, hier ist Tim McGee. Ich rufe im Auftrag von Agent Gibbs an und wollte ihnen nur kurz sagen, dass Ziva sich auf dem Weg der Besserung befindet. Bei dem Gift handelt es sich um Schlangengift. Sie hat jetzt gerade das Gegengift bekommen und der Arzt ist zuversichtlich. Bitte sagen Sie es auch den anderen.“

Tonys Vater atmete tief durch. „Danke für die Information, Tim.“

„Nichts zu danken, Sir. Ich muss jetzt Schluss machen.“ Damit war die Verbindung unterbrochen.

Endlich hatten sie gute Neuigkeiten aus dem Krankenhaus bekommen und er machte sich sofort auf es den Anderen zu sagen.

~~~***~~~

Kurze Zeit später standen alle auf der Veranda und sahen Mia bei ihren Sandkastenspielen zu. Die Kleine saß müde zusammen mit ihrer Puppe am Rand und malte mit den Fingern Muster in den Sand.

Ruth stand mit verschränkten Armen vor DiNozzo Senior. „Warum hat ihr Sohn meine Tochter im Krankenhaus alleine gelassen und wo ist er jetzt?“

Diese Frage stellte sie ihm schon zum dritten Mal. Langsam konnte er ihr nicht mehr ausweichen. Außerdem wollte er nicht dass sie schlecht von seinem Sohn dachte.
„Okay Ruth, ich werde Ihnen gleich etwas erzählen, aber erst möchte ich, dass wir Milena ins Bett bringen. Ich denke der Tag war lang genug für Sie, außerdem wird es gleich anfangen zu regnen. Wir sollten alle reingehen.“

Tabitha nickte ihm zu und streckte die Hand nach Mia aus, die diese auch bereitwillig ergriff und sich hochziehen ließ. Müde trottete sie hinterher, aber plötzlich blieb sie wieder stehen und drehte sich um.

„Grandpa?“

„Ja mein Schatz?“

„Muss meine neue Mommy nun auch sterben? Bin ich dann wieder alleine?“, fragte sie leise und dicke Krokodilstränen bahnten sich ihren Weg.

„Wie kommst du denn darauf? Nein, ich habe das doch vorhin gesagt. Sie wird wieder gesund.“ Er schnappte sich die Kleine und nahm sie hoch. „Weißt du was, ich komm schnell mit nach oben und les dir noch eine Geschichte vor. Was hältst du davon?“

„Oh ja, das wäre toll.“ Müde kuschelte sie sich an seine Halsbeuge und steckte sich ihre zwei Finger in den Mund, während er sie nach oben brachte.

TBC...............................



Wie immer meine Bitte an euch. Hinterlasst doch bitte ein FB. Es muss nicht lang sein, es kann auch kritisch sein. Nur das kann mir helfen die Story zu Ende zu bringen. In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal.......
10. Kapitel


Tonys Vater stand in Mias Zimmer am Fenster und sah in der Ferne, wie der Wind das Meer aufschäumen ließ. So war das Wetter hier immer. Gerade noch hatten sie in der Sonne geschwitzt und im nächsten Moment zog sich der Himmel zu und ein Unwetter zog auf. Leicht amüsiert blickte er auf die Uhr. Milena war nun schon 10 Minuten im Bad. „Warum brauchten Frauen, egal welchen Alters, nur immer so lange?“, fragte er sich gerade, als wie aufs Stichwort die Tür aufging. Schnell war sie auf nackten Zehen an ihm vorbei gelaufen und ins Bett gekrabbelt. Ihr Opa zog sich den Stuhl ans Bett und klappte das ausgesuchte Buch auf.

„Welche Geschichte sollen wir heute lesen? Die von der Meerjungfrau oder die vom Schornsteinfeger?“, fragte er sie und blätterte schon einmal die ersten Seiten um.

„Das war doch einmal Daddys Zimmer, oder?“

Anthony Senior zog die Stirn in Falten. „Ja, warum?“

„Warum ist hier nichts was einem Kind Freude macht?“, fragte sie und sah ihn dabei aus großen Augen an.

„Das liegt daran, dass das Haus zwischendurch mal verkauft war und der damalige Besitzer kein Kinderzimmer brauchte.“

„Hat er Daddys Sachen alle weggeworfen?“

„Nein, wir haben sie beim Auszug weggeräumt, aber jetzt stehen sie in einer Kiste auf dem Speicher“, erklärte er ihr bereitwillig. „So mein Engel, welche Geschichte soll ich ….“

„Können wir die nicht holen?“, unterbrach sie ihn.

Ihr Großvater schlug das Buch zu und legte es auf ihr Nachtschränkchen. „Was ist daran jetzt so wichtig?“, doch als er ihr trauriges Gesicht sah, fügte er schnell hinzu. „Wir machen das morgen, okay?“ Doch da sah er schon die ersten Tränen fließen.

„Es ist nur…..ich hab nichts…..von ihm“, schluchzte sie in ihr Kissen. „Von Mommy hab ich die Kette, aber von Daddy hab ich gar nichts und wenn er nicht wiederkommt, dann bleibt mir nichts.“

Tonys Vater stand von seinem Stuhl auf und setzte sich auf die Bettkante, dann zog er sie in seine Arme. „Warte hier, ich hol die Kiste.“

Als er kurz darauf wieder ins Zimmer kam, saß sie immer noch weinend im Bett. Doch als sie die Kiste sah, hellte sich ihr Gesichtchen auf und voller Vorfreude stürzte sie sich darauf. Ihre kleinen Finger kramten zwischen alten Autos und Flugzeugen, zwischen vergilbten Baseballbällen und Taschenmessern. Zwischendurch hielt ihr ihr Opa immer mal wieder ein Teil hin, von dem er meinte, dass es etwas Besonderes darstellen könnte, aber Mia schüttelte nur den Kopf und kramte weiter. Es war als suche sie etwas Bestimmtes. Dann wurde sie plötzlich fündig und zog mit einem triumphierenden Grinsen einen kleinen mottenzerfressenen Affen aus der Kiste.

„Was ist das?“, fragte sie aufgeregt.

Anthony schmunzelte. „Den haben wir deinem Daddy als Baby geschenkt“, und mit einem Lächeln fügte er hinzu. „Den hat er immer mit ins Bett genommen. Bis er irgendwann zu alt dazu wurde.“ Gedankenverloren strichen seine Finger über das einst dichte Plüschfell. Er konnte sich noch genau daran erinnern, was Junior für ein Geschrei gemacht hatte, wenn sie das Ding mal vergessen hatten. Es kam ihm vor, als wenn das erst gestern gewesen war.

„Hat der einen Namen?“

„Mhmmm, wenn ich mich recht erinnere, hat Anthony ihn immer Peppo genannt.“

„Meinst du Daddy hätte was dagegen, wenn ich den nehme?“, fragte sie mit einem herzhaften Gähnen.  

„Nein, ich denke nicht. Aber jetzt solltest du schlafen.“ Er stellte die Kiste neben ihr Bett und  zog die Decke hoch.

Milena kuschelte sich ein und setzte Peppo neben Puppe. „Kommt Daddy wieder?“

Ihr Grandpa beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Dein Vater kommt immer wieder. Morgenfrüh ist er wieder da, du wirst sehen“, sagte er ihr und löschte das Licht, zog die Tür ins Schloss und hoffte in ständig das dem auch wirklich so wäre. Durch seine linke Seite schoss ein jeher Schmerz. Ärgerlich fuhr er mit der Hand zum Herz. Jetzt nicht. Dafür hatte er jetzt keine Zeit.  Er griff in seine Hosentasche und zog sein Nitrospray heraus.

~~~***~~~

Als er wieder nach unten kam, fand er die beiden Frauen im Wohnzimmer vor. An die Fensterscheiben prasselte der erste Regen. Mit einem leisen Stöhnen setzte er sich in einen Sessel. „Puh, ich wusste gar nicht, dass es so anstrengend sein kann ein Kind ins Bett zu bringen. Wissen Sie, ich habe so etwas noch nie gemacht. Das war mein erstes Mal.“

„Sie haben ihren Sohn nie zu Bett gebracht?“

Er zuckte mit den Schultern. „Nein, meine Frau hat das immer gemacht und als sie tot war, habe ich ihm gesagt, dass er schon groß ist und das alleine kann. Außerdem habe ich ihm im Anschluss an die Trauerzeit aufs Internat geschickt. Dort hat er die Selbstständigkeit gelernt.“

„Wie alt war Tony damals?“, fragte Tab skeptisch.

„Acht Jahre.“

„Mein Gott. Sie haben ihn mit acht Jahren weggeschickt?“, fragte Ruth entrüstet.

„So würde ich es jetzt nicht nennen, ich habe ihn zur Schule geschickt und ich wollte immer nur das Beste für ihn. Aber jetzt lassen Sie mich etwas weiter vorne anfangen.

~~~***~~~

„Oh mein Gott. Er hat seine sterbende Mutter gefunden. Wie schrecklich, das arme Kind“, sagte Tabitha mit Tränen in den Augen, wenig später.

„Ja“, sagte jetzt auch Ruth. „Das erklärt so einiges an seinem Verhalten. Ich will mich nicht anmaßen Sie anzugreifen, denn auch Eli und ich haben in der Erziehung viel falsch gemacht, aber ich denke, es ist wichtig, dass Tony erfährt, das Ziva nicht sterben muss. Haben Sie schon versucht ihn zu erreichen?“

Er nickte. „Und nicht nur einmal.“ Wieder nahm er sein Handy heraus und wählte die Nummer seines Sohnes, erreichte aber nur die Mailbox. Resigniert schob er es wieder zu. „Mailbox“, beantwortete er die fragenden Blicke der beiden Frauen.
„Ich werde ihn suchen gehen. Ich glaube ich weiß auch wo. Kann ich Sie beide hier alleine lassen?“, fragte er die Frauen.

Ruth nickte und klopfte auf ihre Tasche. „Ich weiß mich zu verteidigen und die Polizei hat das Anwesen doch unter Bewachung. Was soll da passieren? Gehen Sie ruhig und holen Sie Ihren Sohn heim. Wenn meine Tochter morgen aufwacht, möchte ich ihr nicht sagen müssen das er uns verloren gegangen ist.“

Anthony senior nahm seine Windjacke vom Haken und lief aus dem Haus zu seinem Wagen.

~~~***~~~

„Sind Sie sich sicher, dass wir hier richtig sind?“, kam es zum wiederholten Male von David.

Als Antwort knurrte Gibbs nur noch. Nein, sicher war er sich ganz bestimmt nicht. DiNozzo Senior hatte nur etwas von Dünen gesagt. Inzwischen waren sie schon drei oder vier dieser Sandhügel rauf und runter geklettert und mittlerweile meldete sich Gibbs alte Kriegsverletzung wieder und das sorgte nicht dafür, dass er bessere Laune bekam. Wenn er Tony in die Finger kriegen würde, würde er ihn die nächsten Jahre zu Aktenarbeit verdammen. Wie kam er nur auf die Idee sein Handy auseinanderzubauen. Wütend hielt er auf der nächsten Kuppe an und rieb sich sein schmerzendes Knie. Der Abend hatte sich deutlich abgekühlt, der Wind hatte empfindlich zugenommen und die ersten Regentropfen machten sich bemerkbar. Das angekündigte Unwetter stand schon in den Startlöchern.  Fröstelnd hielt er seine Jacke fest. Es wurde Zeit, dass sie ihn fanden, denn die Lichtverhältnisse waren schon lange nicht mehr die Besten und das letzte bisschen Tageslicht würde auch bald vergehen. Müde ließ er seinen Blick über die Dünenlandschaft streifen. Nichts zu sehen. Enttäuschung machte sich in ihm breit. Wieder nichts. Plötzlich stellten sich seine Nackenhaare auf. Dieses Gefühl….beobachtet zu werden…..Automatisch fuhr seine Hand zu der Waffe und im Stillen dankte er Gott dafür, dass er sie trotz Tabithas Protest heute Morgen mitgenommen hatte, dann drehte er sich langsam um. Aber auch hier sah er nichts, nur das Gefühl blieb.

~~~***~~~

Milena hatte sich leise aus ihrem Zimmer und in das ihrer Eltern geschlichen. Sie sehnte sich so nach deren Nähe, aber auch hier konnte sie sie nicht greifen. Langsam setzte sie sich auf die Fensterbank und blickte nach draußen. Da der Mond schien, musste es schon spät in der Nacht sein. Der starke Wind schlich durch den Baum und brachte die Äste zum tanzen. Traurig setzte sie ihre Puppe und Peppo neben sich. „Jetzt sind wir wieder alleine“, sagte sie leise. „Oh je Peppo nicht weinen. Du hast es vielleicht vergessen, aber wir DiNozzos weinen nicht. Du musst ganz stark sein, du schaffst das schon, genau wie ich“, fügte sie seufzend hinzu. Dann nahm sie Puppe und Peppo wieder auf und ging hinüber zum Bett. Sie legte sich auf die Seite auf der normalerweise ihr Daddy schlief und verkroch sich mit ihrem Gesichtchen in seinem Kopfkissen. Hier roch es so vertraut nach ihm und Minuten später war sie fest eingeschlafen.

~~~***~~~

Joshua blickte sich genervt um. Das wurde ja immer schöner. Zuerst war er mit DiNozzo alleine, dann waren plötzlich zwei weitere Gestalten aufgetaucht. Den Einen kannte er, dabei handelte es sich um Eli David, dem Direktor des Mossads. Zivas Vater um genau zu sein. Und der andere musste wohl mit DiNozzo ebenfalls vertraut sein, denn seine Flüche waren von sehr persönlicher Natur. Als er wieder Geräusche vernahm, wunderte es ihn nicht, auch noch eine dritte Person am Strand auszumachen. DiNozzos Vater bahnte sich ebenfalls laut rufend, seinen Weg durch die Dünenlandschaft. Das wurde ja immer besser. Joshua ignorierte seine Umgebung und schlich sich auf die letzten Meter an Tony ran. Jetzt war er so nah, dass er ihn atmen hören konnte. Langsam vor sich hin grinsend, überbrückte er den letzten Meter.

~~~***~~~

Abby lief vor Zivas Zimmer auf und ab. „Warum dauert das denn solange? Ich meine ihr das Gegenmittel spritzen und fertig. Oder, Ducky?“

Der alte Pathologe legte ihr beruhigend seine Hand auf den Arm. „Die Ärzte wissen schon was Sie machen. Vertrau ihnen.“ Und wie aufs Stichwort ging die Tür auf und ein glücklich lächelnder Dr. Skinner trat zu ihnen. Als Abby auf ihn zustürmen wollte, hob er die Hand und hielt sie mit dieser Geste fürs erste zurück. Sein Lächeln hörte aber nicht auf, sondern setzte sich fort. „Wo ist Agent Gibbs?“

„Den Täter fangen und spannen Sie uns nicht länger auf die Rolle. Wie geht es Ziva?“

Der Arzt genoss scheinbar seinen Auftritt und zog ihn absichtlich in die Länge. Bis Abby ihn böse anblitzte. Er konnte nur froh sein, das Gibbs nicht hier war. Der hätte ihn schon in den Erdboden gehauen. Sie wollte gerade die Stimme heben, als er von alleine anfing zu reden.

„Es geht ihr gut. Die Dialyse und das Gegengift haben gute Arbeit geleistet. Die eine Niere ist wieder zu 85%  arbeitsfähig und die zweite, schwerer geschädigte, erholt sich erstaunlich schnell. Ich denke, wenn wir sie morgen früh aufwecken, können wir Sie auch von der Dialyse nehmen. Bis dahin müsste sich die andere Niere auch soweit erholt haben, dass sie ihre Arbeit wieder selbsttätig aufnehmen kann.  Sie braucht dann noch etwas Erholung und Zeit, damit sich die Blutergüsse wieder abbauen können. Aber einen bleibenden Schaden wird sie nicht zurückbehalten. Ihre Nieren arbeiten schon jetzt wieder wie bei einem Durchschnittsmenschen. Das Gegengift kam gerade noch rechtzeitig.“ Dann blickte er Abby an und sein Lachen wurde noch breiter. „Sie können stolz auf sich sein.“

Abby lachte laut und glücklich auf. „Auf uns, Doc. Auf uns…“, damit zog sie Palmer und Ducky in eine feste Umarmung und schmiss auch Tim einen Handkuss zu.

~~~***~~~

Der Sturm hatte zugenommen und der Regen kam mittlerweile quer. Tonys leichter Anzug war schon lange durchnässt. Die starken Windgeräusche machten es ihm fast unmöglich sich auf seine Umgebung zu konzentrieren. Doch so ganz hatten ihn seine Field Agent Fähigkeiten noch nicht verlassen. Er bemerkte, dass sich Personen um ihn herum befanden. Er hörte zur rechten leise seinen Vater rufen und zur linken seinen Boss fluchen und Verwünschungen aussprechen. Leicht belustigt schüttelte er den Kopf. Der Teil seines Plans war schon mal gescheitert. Der Tag an dem er Gibbs austricksen konnte, musste erst noch erfunden werden. Dass er allerdings seinen Vater hier ausmachte, wunderte ihn wirklich. Tony hätte nie gedacht, dass die Dünen bei seinen alten Herren in Erinnerung geblieben wären. Aber davon musste er sich nun frei machen. Er brauchte alle seine Kräfte für den Verfolger. Wieder lauschte er in die Dunkelheit und hoffte, dass dieser seine Spur nicht doch noch verloren hatte.  Als er das leise Klicken einer entsicherten Waffe genau hinter sich vernahm, war er überrascht. Schnell, bevor er reagieren konnte, spürte er wie ihm die Pistole in den Nacken aufgesetzt wurde. „Wer sind Sie und was wollen Sie?“, fragte Tony mit einem Grinsen, sein Plan hatte scheinbar doch noch funktioniert.

„Wer ich bin? Sie können mich Joshua nennen. Was ich will? Ich habe den Auftrag bekommen Ihnen weh zu tun. Leider bin ich etwas in Zeitdruck, da der nächste Auftrag schon auf mich wartet. Sie haben es mir bisher verdammt einfach gemacht.“

„Dann erschießen Sie mich, dann haben wir es hinter uns und Sie können weiter“, kam es sarkastisch von Tony. Angestrengt versuchte er über seine Schulter zu blicken. Er musste Zeit gewinnen, Gibbs war hier irgendwo.

„Ich glaube Sie haben mich nicht verstanden. Ich soll Sie leiden lassen. Eigentlich wollte ich das damit erreichen, dass ich ihre Frau töte, aber leider war die Dosis zu gering. An ihre Tochter komm ich auch nicht heran. Den Polizeischutz zu umgehen ist mir einfach zu langwierig. Tja, aber Sie. Sie haben sich mir auf dem Serviertablett präsentiert und bevor ich es noch vergesse, ich weiß das hier noch ein paar Personen durch die Dünen streichen, aber Sie brauchen sich nicht anzustrengen… die entfernen sich wieder von uns.“

Konnte er ihm glauben oder war es eine Notlüge, um ihn gefügig zu machen? Zur Not musste er halt mit ihm alleine fertig werden. Tony kniete mittlerweile schon einige Zeit ohne sich zu bewegen. Langsam machten sich die OP Narbe bemerkbar. Vorsichtig versuchte er etwas Gewicht von seinem verletzten Bein zu nehmen, als der Druck der Waffe in seinem Nacken wieder fester wurde.

„Was auch immer Sie vorhaben, ich würde es lassen“, kam von hinten scharf der Befehl.

„Dann verraten Sie mir, was Sie mit mir vor haben. Oder wollen Sie mich damit quälen, dass mir irgendwann hier die Muskeln versagen?“, fragte er respektlos und bekam dafür sofort einen derben Schlag in den Nacken, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Kurz versuchte er sein Gewicht mit dem anderen Bein aufzufangen, aber die noch nicht ganz verheilten Muskeln verweigerten ihm den Dienst und er fiel mit dem Gesicht in den Sand. Die Schmerzen in seinem Nacken kamen in Wellen und strahlten bis in seinen Rücken herunter. Sein Blickfeld zog sich zusammen und die Umweltgeräusche wurden immer leiser. Tony merkte, dass er kurz vor der Bewusstlosigkeit stand und versuchte diese mit aller Macht zu bekämpfen. Mühsam kam er wieder auf die Knie. „Okay Mr. Auftragskiller. Was wollen Sie nun mit mir machen?“ Hinter sich hörte er ein leises Lachen.

„Lassen Sie sich einfach überraschen.“


TBC..................................
11. Kapitel


Gibbs Handy schellte laut in der ansonsten stillen Nacht.  Mit einem Grummeln klappte er es auf und hielt es sich ans Ohr. „Ja?“

„Gibbs, Gibbs, Gibbs, ich bin es Abby. Du wirst es nicht glauben, aber Palmer, Ducky und ich….“

„Abby?!“, sagte er scharf.

„Ja ich weiß, das willst du alles gar nicht wissen. Also Ziva geht es gut. Das Gegengift tut seine Arbeit. Ihre Nieren arbeiten wieder und jetzt gib mir mal Tony, sein Handy ist immer noch aus.“

„Ich weiß Abbs, aber wir haben ihn noch nicht gefunden und von jetzt an herrscht Funkstille. Wenn was ist, melde ich mich. Verstanden?“, fragte er, aber eine Antwort wartete er nicht ab, sondern legte einfach auf.  

„Ging es um meine Tochter?“, fragte David und erntete ein Nicken.

„Ja, es geht ihr gut, sie haben das Gift bestimmen können und das Gegengift wirkt.“

Eli fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Gott sei Dank. Ich weiß nicht, was ich getan hätte wenn meine Tochter gestorben wäre“, kam es leise und erschüttert von ihm.

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Abbs schaute auf das Telefon in ihrer Hand. Langsam verflüchtigte sich ihr Lachen und dicke Tränen liefen wieder ihre Wangen. „Oh Gott, oh Gott, sie haben Tony noch nicht gefunden“, kam es immer wieder von ihr.

Tim zog sie in seine Arme. „Abby, sie schaffen das schon. Du wirst sehen. Tony ist ein Stehaufmännchen.“ Doch von der Kriminaltechnikerin hörte er nur ein leises Schluchzen.

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Gibbs hob einen Finger an seine Lippen und zeigte David damit an, ruhig zu sein. Er hatte was gehört und jetzt sah er auch den Schein einer Taschenlampe auf sich zukommen. Er verständigte sich mit Eli per Handzeichen, wie auf Kommando zogen sie fast gleichzeitig ihre Waffen, dann gingen die beiden Männer links und rechts in Deckung.

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Der Direktor des Mossads nickte Gibbs zu, während er hinter einer Sandböschung in Deckung ging. Er hatte sich freiwillig Gibbs Führung unterstellt.  Denn Eli hatte schon vor Monaten herausfinden können, dass es so am besten zwischen ihnen harmonierte. Mit der Zeit waren sie ein recht gutes Team geworden. Denn in ihrer aufbrausenden Art waren sich die beiden Männer gar nicht so unähnlich.

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Langsam lichtete sich sein Blickfeld und auch sein Gehör nahm wieder zu. Sein Unterbewusstsein hörte irgendwo in der Ferne ein Handy schellen. Im selben Moment in dem er spürte, dass die Waffenmündung von seinem Nacken  verschwand, spürte er auch, dass ihm etwas um den Hals gelegt wurde. Dann wurde auch schon zugezogen und er bekam kaum noch Luft. „Eine Drahtschlinge!“, schoss es ihm durch den Kopf. Instinktiv hatte er es geschafft zwei Finger seiner linken Hand, zwischen die Schlinge und seinem Hals zu bringen. Als Joshua jetzt erbarmungslos zuzog, spürte er wie sich der Draht langsam in seine Finger fraß und die Gelenke mit einem ekelhaften Geräusch brachen. Heißer, flüssiger Schmerz zog seinen Arm hoch. Seine Lungen schrien nach Sauerstoff und in seinem Genick knackte etwas hörbar, als sein Peiniger den Druck verstärkte.

„Mein Auftrag war es, dich leiden zu lassen…das ist hiermit geschehen. Dein Tot wird langsam von statten gehen, aber immer noch schnell genug, dass ich meinen Flieger bekomme.“ Aus seiner Stimme hörte man die Anstrengung heraus, die es ihm kostete, die Schlinge zuzuziehen.

Tonys Gesicht hatte sich derweilen rot-blau verfärbt. Seine Atmung war auf ein Minimum zusammengefallen, seine Lungen bekamen nicht genug Sauerstoff um seine Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Er bemerkte wie die Schmerzen in seiner Hand und seinem Genick nachließen, bis sie ganz aufhörten. Im ersten Moment begrüßte er die neue Unbeschwertheit, doch im nächsten wurde ihm klar, was das bedeutete. Er wollte jetzt nur noch eins, sich fallen lassen. Allen Schmerzen entgehen, keine Sorgen und Nöte mehr. Keine Gewissensbisse und auch keine Schuldgefühle. Die Schwärze nahm Überhang und sein Gesichtsfeld wurde schlagartig dunkler. In diese Dunkelheit schlichen sich Bilder. Bilder aus glücklichen Tagen. Bilder von Ziva und Milena. Lachend am Strand und Ziva in Paris. Dieses Foto bewahrte er ohne ihr Wissen in seiner Brieftasche auf. Tony wollte sich nicht aufgeben. Für diese beiden, seine Familie, lohnte es sich zu kämpfen. Er versuchte sich zu wehren, aber er kam einfach nicht mehr aus der knienden Position heraus. Dann konnte er die Starre durchbrechen und das Adrenalin das im Moment im Übermaß seine Blutbahn bevölkerte, verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Er verlagerte sein Gewicht auf ein Bein und trat nach hinten aus. Ein gedämpfter Stöhnlaut sagte ihm, dass er Joshua an einer empfindlichen Stelle getroffen hatte. Jetzt ging es um Sekunden und um alles oder nichts. Tony drehte soweit es ging seinen Oberkörper in seine Richtung und ließ sich dann mit Schwung gegen seinen Peiniger fallen. Im Fallen bemerkte er schon, dass sich die Schlinge lockerte und er wieder besser Luft bekam. Jetzt sah er auch wieder seine Umgebung. Doch die Erleichterung war nur von kurzer Dauer. Sein Atem ging stoßweise und abgehackt. Er versuchte, so viel Luft wie möglich in seine Lungen zu bringen, aber sein Hals war immer noch wie zugeschnürt und die Schlinge ließ sich nicht komplett entfernen. Hecktisch versuchte er sie von seinem Hals zu ziehen, aber sie war hinten irgendwie verharkt. Plötzlich hörte er wie Joshua unter murren wieder auf die Füße kam. Tony wollte ebenfalls aufstehen, aber dazu fehlte es ihm an Kraft. Er wollte schreien, aber er brachte nur ein Krächzen zustande. Aufgrund des andauernden Sauerstoffmangels verfärbten sich seine Lippen langsam blau und Blitze zuckten vor seinen Augen.  

„Du scheiß Amerikaner!“, fluchte Joshua hinter ihm lauter, als er es eigentlich wollte. „Du machst mir das Leben schwer.“ Bedrohlich kam er wieder auf den, am Boden liegenden Agenten zu.

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„Hände hoch“, zischte Gibbs dem Ankömmling zu, als dieser die Kapuze herunter klappte. „DiNozzo“, knurrte Gibbs. „Ist das eine Familienkrankheit, dass Sie nie machen können was ich sage?“, fragte er wütend Tonys Vater und ließ ihn gleichzeitig doch nicht zu Wort kommen. „Ich sagte Sie sollen auf die Frauen aufpassen und im Haus bleiben. Was davon haben Sie nicht verstanden, Mr. DiNozzo? Wir hätten Sie beinahe erschossen.“

Anthony Senior grinste ihn frech an. „Das hätten Sie nicht, denn Sie beide sind Profis und jetzt hören Sie auf herum zu strampeln wie ein Baby. Was meinen Sie, wie ich Sie gefunden habe? Sie waren nicht zu überhören mit ihren Verwünschungen die meinen Sohn betrafen. Ich brauchte einfach nur ihre Spur aufnehmen. Wissen Sie, ich bin ein guter Jäger und kann ganz gut Fährten lesen. Sie sind hier total falsch. Juniors Dünen sind weiter westlich“, teilte er den verdutzen Männern mit und übernahm die Führung.

Gibbs sah ihm verwirrt hinterher. „Herum strampeln wie ein Baby?“, fragte er Eli, doch dieser grinste ihn nur an und lief hinter DiNozzo Senior her. „Ich strampele nicht wie in Baby“, beantwortete er sich die Frage selber.
 
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Tony indessen kämpfte um sein Leben und bemerkte doch, dass seine Kräfte immer weiter nachließen. Lange würde er ihm nicht mehr standhalten können. Mühsam robbte er auf Händen und Knien über den Boden. An seine Rettung glaubte er nicht mehr, aber er wollte es Joshua auch nicht zu einfach machen. Langsam war auch wieder etwas mehr Leben in seinen Körper zurückgekehrt. Seine Lungen wurden wieder mit ausreichend Luft versorgt und auch die Schmerzen in seiner Hand kehrten mit einer Intensivität zurück, dass ihm davon beinahe schlecht wurde. Er versuchte an sein Messer in seiner Hosentasche zu kommen, aber seine linke Hand war zu nichts zu gebrauchen und auch seine rechte tat sich schwer. Doch endlich hatte er es zwischen die Finger bekommen und konnte es heraus ziehen.

Joshua sah die Versuche seines Opfers, aber er war schneller und trat ihm das Messer aus der Hand. Er hörte den Mann laut stöhnen, doch seine Aufmerksamkeit galt schon wieder der Schlinge. Sein Gegner machte es ihm nicht leicht und er musste mehrere Fußtritte einstecken, bevor er die Enden wieder fest im Griff hatte. „Ich sagte doch, dass du leiden wirst“, knurrte er kniend über Tony und zog die Drahtschlinge wieder stramm. „Dann muss ich halt etwas umdisponieren. Du lässt mir keine Wahl.“

Wieder wurde Tony die Luft abgeschnitten, doch diesmal hatte er es nicht geschafft seine Finger zwischen Draht und Hals zu bringen. Am Rande seines immer kleiner werdenden Blickfeldes sah er Blitze. Völlig verzweifelt und am Ende seiner Kräfte, bemerkte er noch wie Joshua ihn mit Hilfe der Schlinge wieder auf die Knie zerrte. Dann schlug die Nacht über ihm zusammen und riss ihn fort in den Strudel des Vergessens.

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Abby saß bei Tim auf dem Schoß und hatte ihren Kopf müde an seine Schulter gelehnt. Ducky und Palmer hatte sie mit einer Polizeieskorte zum Herrenhaus zurückgeschickt. Sie konnten jetzt hier eh nichts mehr tun und Ziva würde vor morgen früh nicht aufwachen. Abby hatte sich geweigert Tim alleine zu lassen und so hatte er sie einfach auf den Schoß genommen und beruhigend auf sie eingeredet. Sie nahm es immer besonders schwer, wenn etwas mit dem Team war, aber auch ihn beschlich diesmal ein Gefühl der Angst.

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Die junge Sozialarbeiterin beschlich schon seit Stunden ein ungutes Gefühl. Unruhig lief sie zwischen dem Kamin und der Couch hin und her. Sie wusste nicht was es war, aber irgendwas Dramatisches spielte sich gerade ab und sie machte sich Sorgen. Sorgen um Ziva, Sorgen um Tony, aber auch und vor allen um ihren Gunny. Als es an der Tür schellte, erschrak sie so, dass sie einen kleinen Quieklaut ausstieß. Ruth lächelte ihr beruhigend zu, während ein Polizist zur Tür ging um diese zu öffnen. Wie machte das diese Frau nur, fragte sich Tabitha zum wiederholten Male. Immerhin war ihr Mann auch unterwegs um den Täter zu stellen. Und sie saß da, als wenn sie zu einem Kaffeeklatsch eingeladen worden wäre. Völlig ruhig und entspannt, während Tabs Nerven im Takt der Uhr flatterten.

„Sie werden sich auch noch daran gewöhnen“, kam es da von Ruth.

Tab schüttelte sich leicht. „Nie!“, antwortete sie mit bebender Stimme.

„Doch, wenn nicht wird ihre Beziehung daran zerbrechen. Vertrauen Sie Ihrem Mann?“

„Natürlich, mein Leben, wenn es sein muss.“

„Na sehen Sie, das ist doch schon einmal ein Anfang. Vertrauen Sie darauf, dass er das Richtige für uns alle tut“, kam es von der älteren Frau.

Tab wollte gerade etwas darauf erwidern, als die Haushälterin mit dem Pathologen und seinem Gehilfen zurückkam. Beide waren vom Regen durchnässt. Ducky blieb an der Tür stehen und schüttelte seinen Hut aus.

„Mein Gott, was für ein Wetter. Das erinnert mich an meine Zeit in Indien. Wenn es dort einmal anfing zu regnen, dann….“

„Wie geht es meiner Tochter?“, unterbrach ihn Ruth, die seine Vorliebe für lange ausschweifende Geschichten mittlerweile kannte.

„Entschuldigen Sie meine Selbstsucht, Ruth. Mit Ziva ist alles soweit in Ordnung. Es geht ihr ganz gut. Ihre Nieren arbeiten wieder selbstständig“, teilte er den beiden Frauen mit und schlug dabei stolz Jimmy auf die Schulter, der daraufhin ein dümmliches Grinsen aufsetzte. „Das haben wir meinem jungen Vertreter hier zu verdanken. Er hat Abigail und mir den richtigen Denkanstoß gegeben.  Aber jetzt erzählen Sie doch erst einmal was sich in der Zwischenzeit hier zugetragen hat?“, fragte Ducky gespannt.

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Milena fuhr sich über die Augen, irgendwas hatte sie geweckt. Müde streckte sie sich, als sie Stimmen im Flur vernahm. Leise schlüpfte sie aus dem Bett und öffnete die Tür. Auf Zehenspitzen schlich sie sich ans Treppengeländer. Onkel Duckys Stimme hallte bis zu ihr hoch und sie konnte ihn problemlos verstehen.

„Tja, unser Anthony hat mal wieder eine große Dummheit begangen und will es mit dem Auftragskiller alleine aufnehmen. Gibbs ist ihm nach und hofft ihn in den Dünen zu finden. Aber Jimmy und ich haben auf der Karte nachgesehen, das ist ein riesiges Areal. Ich hoffe nur er kommt noch rechtzeitig bei ihm an.“

„Oh mein Gott. Tonys Vater ist auch unterwegs zu den Dünen. Er meint zu wissen, wo sein Sohn stecken könnte“, das war Tante Tabithas Stimme und sie klang ganz aufgeregt.

Als nächstes hörte Mia Jimmys Stimme. „Na dann Ducky, können wir nur warten und hoffen, dass der Mörder Tony nicht vorher findet.“

„Was soll das heißen Jimmy? Anthony ist ein ausgezeichneter, ausgebildeter Special Agent. Er weiß sich zu wehren“, kam es von Ducky und für einen Moment bereute er es schon dem Jungspund erlaubt zu haben ihn beim Spitznamen zu nennen.

Doch Jimmy ließ sich nicht beirren. „Tony ist im Moment in einer Notsituation. Ich bin mir nicht sicher, ob er rational handelt oder doch emotional.“

Milena hatte genug gehört. Sie wusste zwar nicht, was Jimmy mit dem ratioding und emoding meinte, aber ihr Daddy steckte in Schwierigkeiten, das hatte sie verstanden. Nur warum keiner von den Anwesenden ihm half, verstand sie nicht. Okay, ihr Onkel, Grannys böse blickender Mann und ihr Grandpa waren schon auf dem Weg zu ihm. Aber kam es in einer Notsituation nicht auf jede Hilfe an? Ihr Entschluss stand fest. Wenn sie ihm helfen wollte, musste sie sich beeilen. Sie wusste wo diese Dünen waren. In ihrem letzten Urlaub hatte er ihr die gezeigt. Sie waren mit dem Auto hingefahren, aber soweit konnte das gar nicht entfernt sein. Genauso leise wie sie zur Empore geschlichen war, schlich sie nun wieder zurück zu ihrem Zimmer und zog sich über ihren Schlafanzug eine Jacke und Sandalen an die Füße. Dann machte sie sich auf zu Grandpas Büro und holte von dort eine Taschenlampe. Seit ihrem Urlaub mit ihrer Freundin Taljah auf der Insel, wusste sie wo hier im Haus die Lampen aufbewahrt wurden. Wie sie aus dem Haus kam, ohne dass man sie erwischte, wusste sie auch schon. Draußen sollten Polizisten stehen, die würde sie austricksen müssen. Sie machte den Reißverschluss ihrer Jacke zu, stopfte sich Puppe und Peppo darunter und zog sich die Kapuze über den Kopf. Mit einem Grinsen im Gesicht öffnete sie das Fenster, welches ihr fast von einer Windböe aus der Hand gerissen wurde und kletterte am Rosenspalier nach unten. Den Weg hatte ihr ihr Vater bei ihrem letzten Urlaub gezeigt. So war auch er als Junge ein paar Mal ungesehen aus dem Haus gekommen. Vorsichtig und leise damit sie den Wachmännern nicht auffiel, sprang sie den letzten Meter nach unten. Mit einem unterdrückten *Mmpff* landete sie weniger geschickt mit ihrem Po auf dem nassen Rasen. Das war doch höher gewesen, als es aufgesehen hatte. Schnell machte  sie eine kleine Bestandsaufnahme. Arme, Beine, Po, alles schien noch heil zu sein. Dann rappelte sie sich auf, stemmte sich gegen den Sturm und rannte den Weg zum Strand hinunter.

TBC...............................
12. Kapitel


Er hatte die Führung übernommen, weil er der Einzige war, der sich hier auskannte, und einen strammen Schritt vorgelegt. Er versuchte dem Wetter zu trotzen und marschierte gegen Sturm und Regen. Längst waren sie alle bis auf die Haut durchnässt. Aber jetzt konnte es nicht mehr weit sein, oder seine Erinnerungen spielten ihm einen Streich. Plötzlich spürte er einen schmerzhaften Stich in der linken Seite, die Luft blieb ihm weg und benommen, taumelnd, fasste er sich ans Herz.

Eli, der als nächstes folgte, näherte sich ihm schnell von hinten und bevor DiNozzo in die Knie gehen konnte, fasste er ihm schnell unter die Achsel. „Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte er besorgt.

Tonys Vater machte sich schnell wieder los und schüttelte den Kopf. „Nein, nein, nur eine falsche Atemtechnik. Man wird halt nicht jünger“, sagte er grinsend und nahm seine Position wieder auf.

„Warum haben Sie angehalten?“, wollte Gibbs wissen als er zu David aufschloss.

„Ich weiß nicht so recht, aber kann es sein, dass Tonys Vater Herzkrank ist?“

Gibbs sah ihn an und warf dann einen Blick in Seniors Richtung. „Keine Ahnung. Wenn ja, dann weiß es auch Tony nicht.“ In dem Moment sahen sie ihn beide taumeln und fast augenblicklich sackte er in die Knie. Sofort liefen sie zu ihm. Gibbs ließ sich mit laut knackenden Knie auf die Erde fallen und sprach ihn an.

„Mr. DiNozzo? Machen Sie jetzt keinen Quatsch. Hören Sie, Sie müssen wieder aufwachen“, dabei schlug er ihn leicht gegen die Wange. „Sie wissen doch, ein DiNozzo kippt nicht um.“ Diesen Satz konnte er sich jetzt doch nicht verkneifen.  Als er Tonys Vater blinzeln sah, beruhigte er sich wieder etwas.

Mit einem Stöhnen schlug er die Augen auf. Er musste in paar Mal blinzeln, weil der Regen ihm ins Gesicht prasselte.  „Was ist denn passiert?“, fragte er leicht verwirrt.

„Ich dachte das erzählen Sie uns jetzt“, konterte Gibbs und half dem älteren Mann in eine aufrechte Position. „Was ist mit Ihrem Herzen?“

Vorsichtig bewegte Anthony seinen Arm, die Schulter und den Brustmuskel und hielt dabei schmerzhaft die Luft an. Jedes Mal wenn er einen Anfall hatte, verspannte sich seine linke Seite für ein paar Tage. Das war zwar nicht so schmerzhaft wie der eigentliche Anfall, aber es behinderte ihn doch ungemein. „Es geht mir gut. Danke“, war alles was er darauf sagte.

„Es geht Ihnen nicht gut“, kam es da von David. „Sie sind kurzatmig und Ihre linke Seite schmerzt. Ein Herzanfall kann es nicht gewesen sein, darum tentiere ich zu einer Herz Rhythmus Störung?“, und als er Tony Seniors geschocktes Gesicht sah, war ihm klar, dass er den Nagel getroffen hatte. „Ich habe also recht. Es zahlt sich immer aus mit einer Ärztin verheiratet zu sein“, erklärte er in Gibbs Richtung.

„OKAY Mr. DiNozzo, wann gedachten Sie uns diese Kleinigkeit zu erzählen?“, fragte der Grauhaarige mit zorniger Stimme.

„Ich wüsste nicht, was Sie das angehen sollte“, antwortete er und hielt Gibbs eine Hand hin damit dieser ihm auf die Beine helfen konnte, doch dieser hatte sich schon abgewandt.

David zog ihn dann letztendlich auf die Füße. „Gut alter Mann, aber jetzt gehen Sie es etwas ruhiger an. Sie gehen jetzt zurück zu Ihrem Wagen und sagen uns wie wir Tony finden. In welche Richtung müssen wir und wie weit ist es noch?“

„Ich komme mit!“, sagte er und stampfte ihnen wieder voraus. Doch sein Schritt war nicht mehr so stramm wie vor dem Anfall und seinen schmerzenden Arm hatte er in die Jackentasche gesteckt.

David sah ihn mit gerunzelter Stirn hinterher. „Der ist ganz schön stur“, rief er laut Gibbs zu, um sich wegen des Sturms verständlich zu machen.

„Na dann wissen Sie ja jetzt woher Ihr Schwiegersohn das hat“, sagte dieser mit einem Schmunzeln während ihm die Regentropfen über die Nase liefen und nahm ebenfalls den Weg wieder auf.

~~~***~~~

Ruth und die anderen saßen im Wohnzimmer und warteten auf Neuigkeiten. Doch das leise Scheppern, das sie immer wieder wie im Takt hörte, machte sie neugierig. Sie lief dem Geräusch nach und als sie die Treppe nach oben erreicht hatte, wurde sie von einem Polizisten aufgehalten, der ebenfalls auf das Geräusch aufmerksam geworden war.

„Ma´m, lassen Sie mich vorgehen. Wer weiß, was da oben lauert“, sagte er leise und ging vor ihr die Stufen hoch. Ruth blieb zurück und wartete, dann hörte sie ihn rufen. Schnell lief sie die Stufen hoch.

„Ja?“

„Die Kleine ist weg“, sagte ihr der junge Beamte, deutete auf das Fenster und hatte schon sein Funkgerät vor dem Mund, um nach Auffälligkeiten zu fragen.

Ruths erster Gedanke war eine Entführung, aber dann bemerkte sie die fehlende Jacke und das Mias Lieblingsschuhe fehlten und schnell fasste sie eins und eins zusammen. „Sie muss uns belauscht haben“, dachte sie. Dann war sie wahrscheinlich jetzt auf dem Weg zu ihrem Vater. Sie ließ den Polizisten zurück und rannte nach unten zu den anderen und zu ihrem Handy. Sie musste es schnell Eli sagen, dass die Kleine nun ebenfalls in den Dünen unterwegs war.

~~~***~~~

Als sein Handy schellte, war er kurz verwirrt, doch dann schob er es hoch. „David?“

„Ich bin es. Eli, Mia ist ausgerissen. Wahrscheinlich ist sie auf der Suche nach ihrem Vater“, sie seufzte einmal tief. „Es tut mir leid, aber wir waren unaufmerksam.“

Der Direktor des Mossad sagte kein Wort mehr sondern schob nur ruhig die Lade wieder zu. „Gibbs? Wir müssen kurz reden.“

„Warum?“, sie mussten schreien, um sich bei dem Sturm verständlich zu machen.

„Tonys Tochter ist zu den Dünen unterwegs. Sie ist zu Hause weggelaufen. Meine Frau hat gerade angerufen. Sie haben es gerade erst bemerkt, wissen aber nicht wie lange sie schon unterwegs ist.“

Gibbs sagte nichts, sondern stöhnte nur gequält. Ihm blieb auch nichts erspart. Sie waren während eines Unwetters, in ihren besten Anzügen, mit einem herzkranken Fremdenführer, durch unbekanntes Gebiet unterwegs, auf der Suche nach seinem Stellvertreter, der sein Handy weggeworfen hatte, um nicht gefunden zu werden. Weil er es sich in den Kopf gesetzt  hatte, es mit einem Auftragskiller, der seine Frau vergiftet hatte, alleine aufzunehmen. Und als wenn das alles noch nicht genug Verwirrungen in ihr Leben gebracht hätte, kam ihnen nun vielleicht bei der Suche ein fünf Jahre altes Mädchen zuvor, die ebenfalls durch den Sturm tapste. Wenn die Lage hier nicht so ernst gewesen wäre, hätte er gelacht. Aber so blieb ihm das Lachen im Hals stecken.

~~~***~~~

Während Ruth noch mit ihrem Mann telefonierte, waren die anderen schon dabei einen Plan zu schmieden.

„Ich geh sie suchen. Sie kann noch nicht weit gekommen sein“, sagte Ducky und wollte schon seinen Hut aufsetzen, doch Jimmy hielt ihn zurück.

„Nein Doktor, das werden Sie nicht. Schauen Sie nur raus, draußen tobt ein Unwetter und ich bin nicht nur jünger, sondern auch durchtrainierter. Ich werde Mia suchen.“ Kurz war er über seine eigene Courage überrascht, doch dann hatte er sich schnell gefasst und nahm seine Jacke vom Haken. Er hatte schon fast die Tür erreicht als er Dr. Mallards Stimme vernahm.

„Jimmy?“

„Ja Doktor?“

„Verlaufen sie sich nicht Junge!“

Jimmy grinste ihn an und zog die Tür hinter sich wieder zu. Gegen den Sturm, machte er sich auf den Weg zum Strand.

~~~***~~~

Tonys Vater blieb so schlagartig stehen, dass David, der ihm auf dem Fuß folgte, beinahe in ihn hinein gelaufen wäre.

„Was ist denn jetzt schon wieder“, herrschte er den alten Mann an.

„Wir sind da. Hier habe ich ihn damals gefunden, Agent Gibbs. Hier zwischen den Dünen“, sagte Tony Senior und ignorierte dabei vollkommen den grummelnden Direktor des Mossad.

„Also gut, wir trennen uns. Wer ihn zuerst gefunden hat, meldet sich.“ Wegen dem Wetter und dem starken Wind konnten sie kaum etwas sehen, geschweige denn hören. Die Luft war elektrisch aufgeladen und voller aufgewirbeltem Sand. Eigentlich war überall Sand. Selbst zwischen den Zähnen knirschte es empfindlich. Sie waren alle bis auf die Haut durchnässt und der Wind pfiff kalt durch ihre dünnen Sommeranzüge.

„Nein, ich meinte genau hier.“

Gibbs sah sich um. „Aber hier ist niemand“, kam es von ihm frustriert. „Waren wir die ganze Zeit auf der falschen Spur? Gibt es noch einen anderen Ort?“ Doch Tonys Vater schüttelte nur seinen Kopf.

„Nein, wir sind hier richtig. Er war hier.“

Gibbs hatte so langsam genug. Er hatte genug von Tonys Alleingängen, er hatte genug von dem Wetter. Plötzlich sah er im Sand etwas aufblitzen. Schnell hatte er die paar Meter bis dahin überbrückt. Der Sturm musste mittlerweile seinen Höhepunkt erreicht haben, denn die Böen hatten an Kraft verloren, nur der Regen prasselte noch immer in gleicher Stärke über den Strand. „Sie haben recht. Er war hier“, rief er den Männern zu und hielt Tonys Messer hoch. Er hatte es ihm zu seinem 35zigsten Geburtstag geschenkt. Es war eine Kopie seines eigenen und bedeutete Tony viel. Nie würde es das Messer freiwillig zurücklassen. Er musste es im Kampf verloren haben. Nur wo war er jetzt? Gehetzt wanderte sein Blick über den Strand, doch sehen konnte er in der Dunkelheit nicht viel. David kam zu ihm und schüttelte den Kopf.

„Nichts. Ich bin den Strandabschnitt abgegangen, hier ist er nicht.“

„Nicht mehr, aber wo ist er dann?“

David hob den Kopf zum Meer.

„Nein“, resigniert nahm er den Blick auf. „Ich weigere mich das zu denken.“ Mühsam kam er aus der Hocke hoch. „Tony ist nicht tot. Wir suchen weiter!“

Tonys Vater hatte das Gespräch der beiden Männer mitbekommen. Die Schmerzen in seiner Seite machten ihn langsam mürbe. Sein Sohn sollte tot sein? Nein, nicht vor ihm. Kalter Schweiß lief ihm über das Gesicht in den Hemdkragen. Seine klammen Finger suchten in seiner Jackentasche nach dem Nitrospray. Es würde zwar die Ursache nicht bekämpfen, aber es würde die Symptome etwas lindern. Denn aufs Altenteil schieben lassen, wollte er sich nicht, immerhin hatten sie seinen Sohn noch nicht gefunden. Und jetzt wo Milena ebenfalls in den Dünen abhanden gekommen war, wurde jede Hand gebraucht.

Eine Stunde später hatte der Wind wieder zugenommen und ein Gewitter zog über dem Meer auf.

„Das hat doch keinen Sinn mehr“, schrie Eli gegen den Sturm. Er wollte zurück zum Herrenhaus, etwas Warmes und Trockenes anziehen, etwas essen, schlafen und dann konnten sie ja morgen früh die Suche wieder aufnehmen. Er war regelrecht erschlagen und hatte das Gefühl gleich hier im Stehen einschlafen zu können, nur zugeben vor dem Marine würde er es nie und nimmer. Anthony Senior ging es ähnlich. Auch er war durchgefroren und dazu kam noch seine Herzschwäche. Das Nitrospray hatte zwar geholfen, aber die Verspannungen machten ihm immer noch zu schaffen, so dass er trotz der Kälte in Schweiß gebadet war.  Gibbs sah die beiden Männer an und erfasste die Situation mit einem Blick. Tonys Vater musste aus dem Wetter raus und der Grauhaarige war sich nicht sicher, ob er noch in der Lage sein würde sein Auto zu fahren. Er hatte Schweiß auf der Stirn und tiefe Ränder unter den Augen. Seine Lippen hatte er zwischen den Zähnen eingeklemmt. Alles Zeichen von körperlicher Schwäche.

„Ja, Sie haben recht“, brüllte er zurück. „Sehen Sie zu, dass Sie zum Auto kommen.“

„Und Sie?“, fragte Tonys Vater.

„Ich laufe den Strand entlang zurück und hoffe Mia zu finden. Ich kann Sie hier draußen nicht alleine lassen. Sie ist erst fünf Jahre.“ Wenn er sich vorstellte, was dem Mädchen hier draußen alles passieren könnte, lief es ihm kalt den Rücken runter.

Kurz darauf hatten sie sich geeinigt und Jethro setzte seinen Weg am Strand fort, auf der Suche nach Milena.

~~~***~~~

Ängstlich sah Mia sich um. Sie war jetzt schon eine ganze Zeit am Strand unterwegs, aber von dem Dünengebiet war immer noch nichts zu sehen. Gott sei Dank hatte sie die Taschenlampe mitgenommen, denn es war hier so dunkel, dass sie trotz Lampe schon ein paar Mal auf Steinen oder Muscheln umgeknickt war. Ihre Sandalen anzuziehen war keine gute Idee gewesen. Alle paar Schritte hatte sie das Bedürfnis stehen zu bleiben und die Schuhe zu leeren, die sich immer wieder schmerzhaft mit Muschelstückchen füllten. Als das Gewitter losging, war es mit Milenas Mut vorbei. Laut aufheulend hockte sie sich auf den Strand hinter ein altes Fischerboot und handelte mit Gott um ihr Leben. Völlig reglos, mit tief in ihr Gesicht gezogener Kapuze, blieb sie einfach sitzen und dicke Tränen der Verzweiflung liefen ihr über das Gesicht. Sie wollte doch ihren Daddy retten und jetzt verkroch sie sich aus Angst unter einem Boot.

TBC........
13. Kapitel


Wo konnte sie nur sein? So schnell war auch ein kleines quirliges Mädchen nicht und trotzdem konnte Jimmy sie einfach nicht mehr finden. Mittlerweile war er schon zwei Stunden unterwegs. Die Dünen hatte er gerade erreicht, aber von Mia war nichts zu gesehen. Jimmy fragte sich gerade ob er umkehren sollte, als er eine Gestalt auf sich zukommen sah. Milena? Nein dazu war die Person zu groß. Im nächsten Moment erkannte er Gibbs, der im Laufschritt auf ihn zu kam.

„Agent Gibbs“, rief Jimmy gegen den Sturm.

Gibbs zögerte. Von allen Personen hätte er am aller wenigsten Jimmy Palmer hier erwartet.
„Was tun sie hier draußen?“, rief er zurück, hielt aber nicht an, sondern trabte an Palmer vorbei. Dieser drehte sich um und fiel in sein Tempo ein. Zusammen trabten sie  nun wieder in Richtung des Herrenhauses.

„Ich wollte Milena suchen, aber sie ist wie vom Erdboden verschluckt.“

„Wohl kaum. Sie ist ein kleines Mädchen und keine Hexe. Sie kann  nicht einfach verschwinden. Haben sie bei den Häusern da oben gefragt?“

Geschockt sah Jimmy sich um. Häuser? Da waren Häuser? Die hatte er bei seiner Suche gar nicht wahrgenommen.

~~~***~~~

„Was ist denn heute nur mit dir los, Sheila? Ist es das Wetter, das dich so unruhig macht?“, fragte sie die Hündin, die zum wiederholten Male vom Fenster zur Tür hin und her lief und jaulte. Margret Summer seufzte und zog sich ihre Regenjacke an, sie trennte sich heute nur schwer von dem Kamin, der eine herrliche Wärme in das kleine Strandhaus brachte. „Na dann komm mein Mädchen. Machen wir noch einen Spaziergang. Nur diesmal werden wir wahrscheinlich beide nass“, sagte sie schmunzelnd und dachte dabei an den Morgen an dem sie mit der Hündin schon einmal am Meer gewesen war. Sheila bekam nie genug vom Wasser. Zur Not nahm sie auch eine Pfütze. Hauptsache es war nass. Lächelnd tätschelte sie der Golden Retriever Hündin den Kopf. Margret wohnte nun schon seit einem Jahr auf der Insel, aber an das ständig wechselnde Wetter und die heftigen Stürme hatte sie sich immer noch nicht gewöhnt. Sie war nach dem plötzlichen Unfalltod ihrer Eltern in deren Häuschen ans Meer gezogen. Dafür hatte sie ihren zwar gut bezahlten, aber nicht geliebten Job bei einem New Yorker Bankhaus aufgegeben. Hier auf der Insel hatte sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckt und ein paar Sachbücher über Hundeführung und Erziehung geschrieben. Das Glück war ihr holt gewesen und die Bücher waren ein Renner geworden. Seitdem lebte sie von dem Gehalt einer freien Buchautorin. Das war zwar nicht viel, aber Margret war noch jung und brauchte zum Leben nicht viel. Sie öffnete die Tür und schnell wie der Wind war der Hund draußen und schon bald war nur noch seine Rute zu sehen. Margret lehnte sich an die Tür und wartete, doch dann hörte sie Sheila unentwegt bellen. Irgendwas musste da passiert sein. Sie zog die Tür hinter sich zu und stellte sich dem Wind entgegen.

~~~***~~~

Mia spürte eine nasse Berührung. Blind vor Angst, quiekte sie kurz auf und krabbelte schnell weiter unter das Boot. „Lieber Gott. Bitte, bitte, lass das nicht die Seejungfrau sein. Ich will keinen Schwanz“, betete sie laut vor sich hin, als sie etwas bellen hörte. Kurz darauf hörte sie die Stimme einer Frau.

„Sheila, Sheila, aus. Bei Fuß. Was soll das denn du Ungeheuer. Komm jetzt her.“

Milena rutschte noch mehr in sich zusammen. Ungeheuer? Hier gab es Ungeheuer? Was sollte sie nur tun.

„Na hallo, wer bist denn du?“, hörte sie da plötzlich ganz nah eine Frauenstimme.

Hörte sich das wie eine Meerjungfrau an? Sie klang sehr freundlich, aber vielleicht sollte sie doch lieber im Schutz des Bootes bleiben. Ängstlich zog sie die Kapuze tiefer, als sie die nasse Berührung wieder spürte. Jetzt wagte sie es doch die Augen zu öffnen.

„Du bist ja ein Hund!“, kam es erstaunt von ihr.

„Ja, das ist Sheila und sie würde dich gerne begrüßen. Magst du da heraus kommen?“, fragte die freundliche Stimme wieder.

Als der Hund sie wieder nass, aber freundlich ins Gesicht stupste, konnte Mia sich nicht länger zurückhalten und kletterte unter dem Boot hervor. Die vermeintliche Meerjungfrau entpuppte sich zu einer normalen jungen Frau, an der nichts unheimlich war.

„Na, das ist also Sheila“, dabei streichelte sie dem Hund über die Schnauze. „Und mein Name ist Margret, aber wenn du willst, kannst du mich Maggie nennen.“

„Darf ich sie auch streicheln?“, fragte Mia.

„Klar, komm her. Hast du schon einmal einen Hund gestreichelt?“

„Nein, noch nie, nur schon ein paar Mal die Katze meiner Freundin. Mein Dad hat eine Ellarie gegen Tiere“, erzählte sie ihr traurig.

Margret lächelte. „Dein Dad hat also eine Tierhaarallergie? Mhhmmm das kann sehr schlimm sein, weißt du. Da kann man sehr krank durch werden. Aber komm her. Du kannst sie hinter den Ohren streicheln, das hat Sheila gerne.“

„Ihr Fell ist ganz weich“, sagte sie staunend. „Und nass“, kam es dann kichernd dazu.

„Tja, ich denke nass sind wir alle. Wie ist eigentlich dein Name?“

„Milena, aber alle nennen mich Mia.“

„Okay, Mia. Siehst du da oben die Lichter? Da wohnen Sheila und ich. Hast du Lust mit uns zu kommen? Ich habe noch ein paar Cookies von heute Nachmittag und dort ist es schön warm und trocken“, sagte sie und hielt ihr die Hand hin.

Unsicher sah Milena die Hand an, dann ergriff sie sie und ließ sich mitziehen. Es würde bestimmt nicht schaden, wenn sie ihren Rettungsversuch ein bisschen verschieben würde. Ihr Magen knurrte schon die ganze Zeit und sie freute sich auf ein bisschen Wärme.

~~~***~~~

„Siehst du, hier wohnen wir“, sagte Maggie nachdem sie die Tür aufgeschlossen hatte. „Und jetzt musst du raus aus den nassen Sachen. Ich hole dir ein Handtuch und ein Shirt von mir und bring dann auch gleich die Cookies mit. Magst du einen Kakao?“

Mia nickte begeistert und sah der freundlichen Frau nach. Schnell öffnete sie ihre Jacke und zog Puppe und Peppo hervor. Die Sandalen hatte sie schon ausgezogen und vor dem leicht prassenden Kamin gestellt. Jetzt ließ sie ihre Jacke fallen und stand etwas verloren neben dem großen Hund. „Hey, Sheila. Weißt du, ich hätte auch gerne so einen Hund wie dich.“ Vorsichtig streckte sie ihre Hand aus und streichelte den Hund wieder hinter den Ohren, so wie es ihr Maggie gezeigt hatte.

Margret stand schon in der Tür und besah sich das Schauspiel, wie das kleine Mädchen, das höchstens fünf oder sechs Jahre alt sein konnte, nur bekleidet mit einem rosa Schlafanzug, sich mit ihrem Hund unterhielt. „So, da bin  ich wieder“, sagte sie laut um sich bemerkbar zu machen. Trotzdem ruckte Mias Kopf in ihre Richtung. „Komm, du ziehst dich jetzt schnell aus und ich rubbel dich trocken.“

Ein paar Minuten später saß Milena in ein viel zu großes T-Shirt gehüllt, mit einer Decke über den Schultern vor dem Kamin auf dem Boden und knabberte an einem Keks. Der Kakao hatte ihr gutgetan und sie wieder ein bisschen aufgetaut. Trotzdem war ihr immer noch kalt und sie konnte ein leichtes Zittern ihrer Finger nicht verhindern. An ihre Seite hatte sich Sheila gekuschelt und schlief nun seelenruhig vor sich hin.  

„Von wo bist du hergekommen, Mia?“, fragte sie da Maggie.

„Aus Washington“

„Den ganzen Weg alleine?“

„Nein, mit Mommy und Daddy. Wir sind zu Grandpa gefahren und sie haben heute Morgen geheiratet.“ Wieder biss sie ein Stück des Plätzchens ab. Das schmeckte aber auch verdammt gut.

„Wie heißt dein Opa, Milena?“

Die Kleine überlegte kurz. „Wie wir“, antwortete sie dann mit einem fragenden Blick und Müdigkeit machte sich langsam bei ihr bemerkbar.

Maggie lachte laut auf. „Na das ist doch einmal ein origineller Nachname.“

„Wo sind denn deine Eltern?“

„Mommy ist tot, Ziva ist im Krankenhaus und hinter Daddy ist ein Mörder her“, und während sie sprach, fielen ihr immer wieder die Augen zu. Müde steckte sie sich zwei Finger in den Mund und presste ihre Puppe und das Äffchen fest an sich. Die Wärme des Kamins und die kuschelige Decke zeigten Wirkung, sie sackte gegen den Hund und war im Nu eingeschlafen.

So richtig schlau aus ihrem Gequassel wurde sie nicht. Maggie wartete noch ein paar Minuten, damit sie auch wirklich fest schlief, dann nahm sie das Kind hoch und brachte sie in ihr Bett. Nachdem sie sie fest zugedeckt hatte und ihr noch die feuchten Haare aus der Stirn gestrichen hatte, ging sie ins Wohnzimmer zurück und holte sich das Telefon. Die Kleine war definitiv ausgerissen und bestimmt waren ihre Eltern schon in heller Aufregung. Sie wollte gerade die Polizei verständigen, doch wie so häufig bei diesen Stürmen war die Leitung tot und ein Handy konnte sie sich im Moment,  als freie Buchautorin, nicht leisten. Also würde sie den Sturm abwarten müssen.

~~~***~~~

War er tot? Doch spürten Tote Schmerzen? Wahrscheinlich nicht, denn seine verletzte Hand und sein Hals schmerzten teuflisch. Während er noch versuchte sein Gehirn zur Mitarbeit zu überreden, erwachte sein Körper letztendlich vollständig und jagte eine Schmerzspitze nach der anderen in sein Gehirn. Unterbewusst bekam er mit, dass er nicht mehr am Strand lag. Er hörte zwar immer noch den Wind rauschen, aber er spürte ihn nicht mehr, also musste er sich innerhalb eines Hauses befinden. Er öffnete die Augen, schloss sie aber gleich wieder, weil das helle Licht ihn blendete. Die Schlinge um seinen Hals war weg, aber seine Atemwege waren immer noch verengt und seine Zunge fühlte sich geschwollen an. Trotzdem konnte er seine Lungen wieder mit genug Luft versorgen, doch der daraufhin  einsetzende Schluckreflex badete seinen Hals in flüssiges Feuer und er musste ein Würgen unterdrücken.

„Haaaaaaaaa, du bist wieder wach. Wusste ich es doch, dass dich so eine Kleinigkeit nicht umbringen wird.“

Tony versuchte sich aufzusetzen, bemerkte aber erst jetzt, dass seine Hände hinter seinem Rücken gefesselt waren. Unbewusst fing er an die Fesseln zu dehnen, doch im nächsten Moment wurde er von hinten gepackt und auf die Beine gehoben. Eine Kette wurde ihm durch die Fesseln gezogen und dann hing er schon mit nach hinten gedrehten Armen an der Wand. Seine Schultern protestierten heftig gegen die unnatürliche Haltung und er musste sie soweit es ging entlasten, in dem er sich auf die Zehenspitzen stellte.

„Nicht sehr bequem, ich weiß, aber was anderes war in der Kürze der Zeit nicht aufzutreiben“, dabei zog Joshua die Luft durch seine Zähne. „Es war ein Glück, dass ich diese leer stehenden Ferienhäuser gefunden habe. Du bist ganz schön schwer, weißt du das?“, fragte er, wartete aber keine Antwort ab. „Ich habe meinen Plan geändert. Jetzt habe ich Zeit für dich und die Deinen“, er lachte gehässig auf. „Während du hier hängen wirst, werde ich mich zunächst noch einmal um deine Frau kümmern und dann werde ich mir deine Tochter holen.“

Tony wollte ihn anschreien, sollte er doch ihn töten, aber er bekam kein Wort heraus. Die seltsamen Töne die seinen Mund verließen, hörten sich eher wie tierische Grunzlaute an. Er versuchte es noch einmal, aber seine Kehle fühlte sich an, als wenn ihm flüssiges Pech langsam die Stimmbänder herunter lief. Noch immer hatte ihm dieser Joshua nichts von seinem Auftraggeber gesagt. Noch immer war Tony der Zusammenhang unbekannt.

„Tja, dachte ich es mir doch. Aber du hättest ruhig schreien können, hier ist niemand in der Nähe. Ich gebe dir den Rat nicht einzuschlafen. Solltest du das Spiel mit der Gewichtsverteilung verlieren, dann macht es Knack und deine Schultern brechen. Also immer schön auf den Füßen bleiben. Ich beeile mich auch.“ Lachend, zufrieden mit seinem Monolog, drehte er sich um und verließ den Raum.

DiNozzo blieb nichts anderes übrig als sich seinem Schicksal zu stellen, doch schon Minuten später, spürte er die Last seines Gewichtes in den Beinen und seine Oberschenkelmuskulatur verkrampfte sich zusehends.

~~~***~~~

Maggie sah auf die Uhr. Langsam wurde es auch für sie Zeit ins Bett zu gehen. Sie ging noch einmal zum Fenster und sah nach dem Wetter, aber draußen tobte immer noch der Sturm und die Wellen brandeten an den Strand. Solange es so blieb, würde auch die Telefonleitung nicht funktionieren. Resigniert schloss die den Vorhang wieder und ging auf leisen Sohlen Richtung Schlafzimmer. Als sie die Tür öffnete, konnte sie sich ein Schmunzeln nicht verdrücken. Ihre Hündin hatte es sich zu den Füssen der Kleinen gemütlich gemacht.

„Hey, du weißt, dass das verboten ist, runter vom Bett“, befahl sie ihr leise und zog gleichzeitig an ihrem Halsband. Widerstandslos folgte der Hund ihrem Befehl. Maggie beugte sich über Milena und wollte ihr die herunter gestrampelte Decke wieder hochziehen, als sie bemerkte wie sehr der kleine Körper glühte.  Mit hochgezogenen Augenbrauen legte sie ihr eine Hand auf die Stirn. Fieber. Und nicht zu wenig. Sie zog die Decke hoch und ging  zurück in die Küche um ein Thermometer zu holen. Wenig später saß sie wieder auf der Bettkante und wartete auf das Piepen des Gerätes.

„Oh Kleine. Da hast du dir ja ganz schön was eingefangen“, sagte sie leise mehr zu sich und ging wieder in die Küche um kaltes Wasser für Wadenwickel zu holen. Als sie den Raum wieder betrat, sahen sie zwei fieberverhangene Augen an.

„Mir ist so kalt“, kam es mit leiser Stimme von Milena.

„Ich weiß, das kommt vom Fieber. Du warst zu lange nass und kalt und hast dir wahrscheinlich eine Erkältung geholt. Ich mach dir ein paar Wadenwickel, dann geht es dir morgen früh schon wieder besser.“ Nachdem sie sie versorgt hatte, machte sie noch Tee und brachte ihr eine Tasse voll. „Hier Kleines, du musst was warmes Trinken.“

Mia nahm die Tasse entgegen. Dicke Tränen liefen ihr über das erhitzte Gesicht. „Ich will meinen Daddy“, schluchzte sie herzzerreißend.

„Ich weiß, aber ich kann ihn dir leider nicht herbei zaubern. Versuch zu schlafen. Nur noch ein paar Stunden, dann wird es schon wieder hell. Wenn es dir dann wieder besser geht, gehen wir ihn zusammen suchen“, sagte sie und versuchte ihr somit Mut zu machen, doch Mia war schon längst wieder eingeschlafen. Maggie steckte die Decke fest und löschte das Licht. Sie hoffte, dass es sich wirklich nur um eine Fieberreaktion auf die Erschöpfung handelte. Kleine Kinder neigten ja schnell zu Fieberschüben. Sollte morgen früh die Temperatur nicht wieder gesunken sein, würde sie einen Arzt holen müssen und auf alle Fälle die Polizei verständigen, sobald die Leitung wieder funktionierte.

TBC........................
14. Kapitel


Kalte Schauer krochen ihm über den Rücken, seine Windjacke klebte nass an seinem Körper und Jimmy fragte sich die ganze Zeit, wie Gibbs das Ganze nur aushielt. Er lief schon länger, nass, nur mit seiner Jacked Jacke bekleidet am Strand entlang. Er war viel älter, schien aber keine Müdigkeit zu kennen. Es würde jetzt nicht mehr lange dauern, dann würde schon wieder die Sonne aufgehen. Sie hatten gerade wieder einen Strandhausbesitzer aus dem Bett geholt. Aber auch hier hatte niemand ein kleines Mädchen gesehen. Gibbs war immer schweigsamer geworden und Jimmy wusste, dass das kein gutes Zeichen war. Gibbs hatte schon die nächste Tür erreicht. Mit seiner Dienstmarke in der Hand stand er davor und wartete, dass die Tür aufging. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie eine fragende Stimme hörten.

„Ja? Was gibt es denn?“

„Bundesbeamte, bitte öffnen Sie die Tür. Wir haben ein paar kurze Fragen“, antwortete Gibbs und hielt seine Marke so dass man sie durch die Fliegentür sehen konnte.

Eine ältere Frau öffnete, mit verschlafenem Gesicht die Tür. „Wissen Sie eigentlich wie spät es ist?“

„Ja Ma´m, tut mir leid. Aber wir suchen ein kleines Mädchen. Braune lange Haare, grüne Augen, fünf Jahre. Ihr Name ist Milena oder Mia. Haben Sie sie gesehen?“

Die Frau warf den beiden durchnässten Männern einen skeptischen Blick zu. Dann seufzte sie kurz und trat von der Tür zurück. „Kommen Sie erst einmal ins Trockene.“

Nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatte, führte sie die Beiden ins Wohnzimmer vor den noch leicht prasselnden Kamin. „Ich hol Ihnen erst einmal ein Handtuch. Möchten Sie Kaffee oder Tee?“

„Ein Kaffee wäre nicht schlecht“, kam es von dem Grauhaarigen.

„Schwarz oder mit Milch?

„Stark und Schwarz“, kam es wieder von ihm.

Als sie Palmer einen fragenden Blick zuwarf, wurde dieser auch wieder aktiv. „Mit Milch und Zucker. Danke.“

Kurze Zeit später kam sie mit dem Gewünschten wieder. Nachdem die Männer sich etwas getrocknet hatten und ihre Jacken vor dem Kamin gehangen hatten, machten sie es sich auf dem Sofa gemütlich. Gibbs konnte nicht bestreiten, dass ihm die Pause gelegen kam. Er war nicht mehr der Jüngste und die Nacht lag ihm schwer im Magen. Er nahm einen Schluck von dem schwarzen Gebräu und genoss kurz den Geschmack und die Wärme.

„So, dann erzählen Sie einmal was es mit dem Kind auf sich hat?“, bat ihre Gastgeberin freundlich.

Der grauhaarige Agent umriss ihr kurz, was es mit ihrer Suche auf sich hatte und zeigte ihr zum Abschluss noch ein Foto von Mia.

„Nein, tut mir leid“, sagte sie und reichte ihm das Bild zurück. „Ich habe die Kleine nicht gesehen. Aber versuchen Sie es doch mal beim Summer Haus. Vielleicht kann man Ihnen da weiter helfen?“

Gibbs hatte sofort seine Tasse auf den Tisch gestellt und war aufgesprungen. Jimmy tat es ihm jetzt nach, jedoch wesentlich langsamer. Er trennte sich nur ungern von dem warmen Feuer und der heimeligen Gemütlichkeit.

„Vielleicht, wir werden sehen. Erklären Sie mir bitte wie wir da hinfinden, dann machen wir uns gleich wieder auf den Weg“, sagte er und langte nach seiner Jacke.

Ihre Gastgeberin geleitete sie noch zur Tür und wünschte ihnen Glück, dann verschloss sie die Tür wieder hinter ihnen. Endlich hatten sie einen Hinweis, dem es sich lohnte nachzugehen. Und noch etwas Gutes hatte der Aufenthalt ihnen gebracht. Zum einen waren ihre Jacken nicht mehr ganz so nass, sie hatten etwas Warmes im Bauch und der Regen hatte merklich nachgelassen.

~~~***~~~

Im Herrenhaus war auch langsam Ruhe eingekehrt. Den beiden Frauen hatte Tonys Vater ein Gästezimmer zugewiesen. Eli David und der Gerichtsmediziner hatten sich allerdings  geweigert ins Bett zu gehen und hatten sich zu einer Partie Schach ins Wohnzimmer zurück gezogen. Anthony Senior hatte es vorgezogen, seinen müden und schmerzenden Körper ins Bett zu legen. Immer noch quälte ihn seine linke Seite. Einen so schweren Anfall hatte er noch nie gehabt und das machte ihm Angst. Er wollte noch nicht sterben, dazu hatte er noch zu viel zu erledigen. Aber er musste es in Zukunft langsamer angehen. Sein Körper zeigte ihm seine Grenzen. Mit einem wohligen Gefühl streckte er sich aus und lauschte dem abflachenden Wind, der durch die alte Eiche wehte. Gibbs würde Junior finden. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Chefermittler ohne seinen Stellvertreter und Freund wiederkommen würde. Eher würde er in den Dünen übernachten und auch von Palmer, der ausgezogen war, Milena zu suchen, hatten sie nichts Erfreuliches gehört. Nicht mehr lange und die Sonne würde wieder aufgehen. Die Nacht war kurz gewesen. Er warf einen letzten Blick aus dem Fenster. Die Wolken hatten sich verzogen und man konnte die Sterne sehen. Der Sturm und der Regen hatten sich gelegt und man sah am Himmel schon die ersten Vorankündigungen auf den bevorstehenden Tag.

~~~***~~~

Die Sonne kroch schon langsam über die Dünen. Gibbs schüttelte sich wie ein nasser Hund, als sie das Haus der Summers erreicht hatten. Der Regen hatte zwar mittlerweile aufgehört, aber sie waren immer noch durchnässt. Palmer erreichte als erster die Tür und hatte schon geschellt. Schneller als sie dachten, wurde ihnen die Tür geöffnet und ein nicht erfreutes Knurren war zu vernehmen. Unwillkürlich wich Jimmy ein paar Schritte zurück. Gibbs hatte schon seine Waffe gezogen und auf das Tier gerichtet.

„Bundesagenten, bitte öffnen Sie die Tür.“

„Moment“,  hallte es da von drinnen und langsam wurde der Riegel entfernt. „Platz Sheila. Das sind Freunde.“

Als sich die Tür öffnete, schaute den Agenten eine junge Frau mit krausen blonden Locken entgegen. Sie mochte höchstens Mitte zwanzig sein und wohnte hier vollkommen alleine, schoss es Gibbs durch den Kopf. Aber sie schien gut bewacht zu werden, bemerkte er mit einem Blick zu dem Hund zu ihren Füßen. Sie sah nicht verschlafen aus, vielleicht hatten sie ja Glück.

Gibbs räusperte sich. „Ich bin Special Agent Leroy Jethro Gibbs, wir sind vom NCIS, das heißt …..“

„Naval Criminal Investigative Service. Ich weiß Agent Gibbs“, sagte sie und hielt ihm ihre Hand entgegen. „Ich bin Margret Summer.“

Als er sie fragend ansah, schenkte sie ihm ein Lächeln und erklärte ihm ihr Wissen. „Mein Dad war Soldat bei der Navy. Leider hatten meine Eltern letztes Jahr einen tödlichen Autounfall. Aber warum sind Sie hier?“

„Wir suchen ein kleines braunhaariges Mädchen, fünf Jahre alt. Sie heißt…“

Wieder unterbrach sie ihn. „Milena? Unterwegs in einem rosa Schlafanzug und mit einer Puppe und einem Affen?“

Gibbs konnte sich ein Grinsen jetzt nicht verkneifen. „Den Affen hat sie mir noch nicht vorgestellt, aber der Rest hört sich nach Mia an. Grüne Augen?“

Nun lächelte auch Margret. „So grün wie Meertank.“

„Okay, das ist sie.“

„Darf ich fragen in welcher Beziehung Sie zu Ihr stehen?“ Noch immer hatte sie die Männer nicht herein gelassen.

„Ich bin Ihr Onkel. Sie ist uns leider davon gelaufen und hat sich alleine auf die Suche nach Ihrem Vater begeben.“

Jetzt gab Maggie die Tür frei und fasste ihren Hund am Halsband. Die Aussage des älteren Mannes deckte sich mit dem Kauderwelsch der Kleinen. „So was in der Art hat Sie mir auch erzählt. Kommen Sie herein. Sie schläft und sie hat Fieber.“

„Schlimm?“, fragte Gibbs.

„Ich weiß noch nicht. Vor einer Stunde lag es bei 39,5 Grad. Ich hab Ihr Wadenwickel gemacht. Kinder fiebern schnell“, fügte sie erklärend hinzu.

„Können wir sie bitte sehen?“

„Aber natürlich doch, kommen Sie mit.“ Leise öffnete sie die Schlafzimmertür. Doch Milenas Haltung hatte sich nicht verändert. Noch immer lag sie auf dem Rücken und hatte einen Waschlappen auf der Stirn.

„Ich schau sie mir mal genau an, Agent Gibbs“, sagte Jimmy während er schon Mias Decke herunterzog und ihre Temperatur  prüfte.“

„Und Sie sind wer?“, fragte ihn die junge Frau.

„Oh, entschuldigen Sie bitte. Mein Name ist Jimmy Palmer. Ich bin Path… ich meine, ich bin Arzt und arbeite ebenfalls für den NCIS“, erklärte er ihr, ließ sich dabei aber nicht von seiner Arbeit abhalten. Dass er eigentlich Pathologe war, wollte er ihr erst einmal verschweigen. Und Arzt stimmte, Pathologie war ja nur sein Fachbereich. Als Jimmy ihr die Wadenwickel abnehmen wollte, schlug Milena die Augen auf.

„Hey Süße. Wie geht es dir?“

„Nicht gut. Mir ist so warm, Jimmy“, flüsterte sie. Das Sprechen strengte sie an und ihre Augen fielen wieder zu. „Und meine Ohren tun weh.“

„Na dann lass mich mal sehen“, und an Gibbs gewandt fuhr er fort. „Kann ich mal kurz Ihre  Taschenlampe haben, Agent Gibbs?“

Der Grauhaarige nickte und lief ins Wohnzimmer, wo er die Lampe auf dem Tisch stehen gelassen hatte.

Während Jimmy auf die Lampe wartete, prüfte er noch einmal Mias Temperatur. „Knapp unter 40 Grad, mein Schatz, das ist viel zu hoch.“

Müde öffnete sie wieder ihre Augen. „Spielst du wieder mit Daddy Räuber und Gendarm, darf ich da mitspielen?“

Jimmy schmunzelte. „Nein Süße, heute nicht, aber das nächste Mal bestimmt.“ Sofern sie Tony lebend fanden und es überhaupt ein nächstes Mal geben würde, dachte er finster. Dann war Gibbs mit der Lampe wieder da.

Nachdem er Mia noch ein paar neue Wadenwickel gemacht hatte, deckte er sie wieder zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Alles wird wieder gut. Mia.“ Doch das hatte sie wahrscheinlich schon nicht mehr mitbekommen, denn sie war schon wieder eingeschlafen.

Margret führte sie wieder zurück ins Wohnzimmer und Jimmy hatte zum ersten Mal Gelegenheit, sich ihre Gastgeberin genau anzusehen. Sie war keine Schönheit, aber sie war sehr hübsch. Ihr Haar kräuselte sich in wilden Locken, wie er es bei einer Frau noch nie gesehen hatte. Er überlegte gerade wie lang so eine Strähne wohl wäre, wenn man die Locken herauszog, als er einen plötzlichen Schmerz am Hinterkopf spürte und daraufhin in der Bewegung komplett erstarrte.

Gibbs funkelte ihn böse an. „Konzentriere dich aufs Wesentliche Jimmy, sonst bekommst du gleich noch eine Kopfnuss. Also noch einmal. Was fehlt Milena?“, fragte ihn Gibbs.

Jimmy riss die Augen auf und fuhr sich mit der Hand über den schmerzenden Hinterkopf. Er hatte noch nie eine von Gibbs Kopfnüssen bekommen. Diese einzufangen und abzufangen war eigentlich Tonys Job. Seine Aufgabe war es, Leichen zu obduzieren und gegebenenfalls sich mit Duckys Geschichten herum zu plagen. Leicht verwirrt sah er den Agent an. „Soweit ich das sehen konnte, hat sie eine Mittelohrentzündung. Ein paar Tage Ruhe und ein Antibiotikum und das ist wieder behoben.“

Maggie, die dem Spektakel belustigt zugesehen hatte, wurde aus ihren Gedanken gescheucht als der Agent sie wieder ansprach.

„Warum haben Sie nicht die Polizei verständigt?“

„Oh das Festnetz ist wegen des Sturms ausgefallen und ich besitze kein Handy.“ Entschuldigend zuckte sie mit den Schultern.

Der Grauhaarige nickte ihr zu. „Kann ich eben noch einmal auf ihrer Terrasse telefonieren?“

„Aber natürlich doch. Sheila, komm her. Platz!“ Brav trottete der Hund, der gerade noch die Tür bewacht hatte auf sie zu und legte sich zu ihren Füssen nieder. Gibbs warf Jimmy noch einen warnenden Blick zu, dann trat er durch die Tür nach Draußen.

~~~***~~~

Mit einem gurgelnden Laut fuhr er aus einem Albtraum hoch. Bei der ruckartigen Bewegung schoss Schmerz wie flüssiges Feuer durch seine Arme, Schultern und den Nacken. Tony erstarrte. Keuchend versuchte er wieder Herr seiner selbst zu werden. Wie hatte er nur in dieser Haltung einschlafen können? Er konnte sich nicht erinnern. Tony wusste nicht mehr wie lange er nun schon hier hang. Immer noch war es in dem Haus stockfinster. Wann war Joshua gegangen? Waren es schon Stunden? Oder erst wenige Minuten. Er versuchte sein Gewicht kurz zu verlagern, aber seine Oberschenkel waren zu verkrampft und die OP Narbe protestierte laut. Er konnte seine Hände nicht mehr spüren und Galle kroch langsam seine verengte Speiseröhre hoch. Seine Lage war aussichtslos und er selber hatte sich und was viel Schlimmer war, seine Familie in diese Situation gebracht.


TBC..........
15. Kapitel


„AAHhhrr“, entfuhr es Tim, als sich Abby leicht auf seinem Schoß bewegte. Die quirlige Kriminaltechnikerin hatte die halbe Nacht so schlafend verbracht. Jetzt hatte er kein Gefühl mehr in seinen Beinen. Als das Telefon plötzlich schellte, schreckte sie aus ihrem Schlaf auf und sprang von seinen Beinen. Tim konnte nur mit Mühe einen schmerzhaften Schrei unterdrücken. Doch Abby bekam das gar nicht mit, weil sie wild in ihrer kleinen Unterarmtasche nach dem Störenfried suchte. Wie konnte eine so kleine Tasche, nur so voll sein, schoss es McGee durch den Kopf, während er versuchte, wieder Leben in seine Beine zu bringen.

„Gibbs Gibbs Gibbs, endlich rufst du an. Habt ihr Tony gefunden? Wie geht es ihm? Kann ich ihn sprechen?“

„Noch nicht, aber du musst jetzt schnell etwas erledigen“, dröhnte es aus dem Hörer. „Such dir einen Computer und klink dich bei uns ein. Ich brauch eine Personensuche. Margret Summer. Vater angeblich Navy Soldat. Schaffst du das sofort?“, und ohne ihre Antwort abzuwarten, „Ich bleibe so lange dran.“

Abby sah kurz auf das Telefon und wollte gerade los, als sie sah, dass McGee schon unterwegs zur Schwesternkanzel war. Kurze Zeit später hatten sie die von Gibbs gewünschten Daten.

„Guten Morgen, mein silberhaariger Fuchs, ich denke so viel Zeit haben wir“, aber als sie von dem Agenten nur ein knurrendes „Abbs“ hörte, beschränkte sie sich auf das Wesentliche. „Margret Summer, 25 Jahre, unverheiratet, geboren in New York, hat Ihren Bachelor of Finance an der Universität mit Auszeichnung bestanden. Anschließend musste Sie sich keinen Job suchen, ein Bankhaus trat auf Sie zu.  Vater, Jonas Summer, Colonel Navy Streitkräfte, Mutter Laura Summer, geborene Ingalls. Beide Eltern bei einem Autounfall verstorben. Die Tochter hat darauf ihren Bankjob gekündigt und lebt im Moment auf Long Island als freie Buchautorin. Alles unbeschriebene Blätter und was hat das jetzt mit Tony zu tun?“

„Nichts Abby, aber Sie passt im Moment auf Milena auf. Ich wollte nur wissen, ob ich Ihr vertrauen kann. Was neues von Ziva?“

Stirnrunzelnd dachte Abby über das Gesagte nach. „Gut, alle Werte sind seit gestern Abend wieder OK. Sie werden sie gleich aus dem künstlichen Koma holen. Was sollen wir ihr sagen und warum passt eine Fremde auf Tonys Tochter auf?“

Gibbs schmunzelte ins Telefon, es war ihm klar gewesen das er sie nicht so schnell abwimmeln konnte. „Sag ihr die Wahrheit, aber mit Bedacht. Und sag ihr, dass wir alles im Griff haben.“

„Gibbbss? Hör sofort auf drum rum zu reden. Wo ist Mia?““

„Das würde jetzt zu lange dauern. Wir müssen los, Tony suchen“, und damit hatte er schon aufgelegt und die Leitung war tot. Abby sah noch auf das Handy in ihrer Hand, als sie auf die Stimme des Arztes aufmerksam wurde.

„Miss Sciuto, Agent McGee? Wir würden Mrs. DiNozzo jetzt gerne aus ihrem Schlaf holen. Ist ihr Mann schon gefunden? Oder möchten Sie noch jemand anderen informieren? Es wird ungefähr zwei Stunden dauern.“

„Danke Doktor“, sagte Abby und überließ es Tim, Zivas Eltern anzurufen. In ihr machte sich gerade eine seltsame Art von Trauer breit. Tony war immer noch nicht gefunden, wahrscheinlich hatte ihn der Auftragskiller geschnappt. Mit Mia stimmte auch etwas nicht. Und auch ihr grauhaariger Fuchs hatte sich geschwächt angehört. Was für ein Chaos, dabei hatte die Tage auf der Insel so schön angefangen.

~~~***~~~

Als Gibbs Margrets Haus wieder betrat, saßen die beiden jungen Leute zusammen am Küchentisch und unterhielten sich angestrengt. Wie es bei dieser Generation so üblich war, waren sie schon zum vertrauten DU übergegangen. Palmer hatte sich in eine Decke gewickelt und hielt eine Tasse in seinen Händen. Sie waren so in das Gespräch vertieft, das sie den wiederkehrenden Agent gar nicht bemerkten.

„Ja, das musst du dir vorstellen“, sagte Jimmy gerade lachend. „und dann kam Mias Vater hinzu und alles verstummte..“

„Hast du es dir gemütlich gemacht?“, fragte Gibbs und seine Stimme donnerte durch den Raum.

Jimmy sprang wie ein erwischter Schuljunge auf, die Flüssigkeit in seiner Tasse schwappte über und spritze auf die Tischplatte. „OH Agent Gibbs, Maggie war so freundlich..:“

„Maggie also?“, fragte Gibbs nach.

„Ich meine natürlich Miss Summer. Sie hat Kaffee gekocht“, stammelte er herum, doch Gibbs ignorierte ihn völlig.

„Ich habe gerade mit Abby telefoniert. Ziva geht es wieder ganz gut, Sie holen Sie gerade aus dem künstlichen Koma. Ich muss jetzt zurück. Vielleicht hat Tonys Vater schon etwas über seinen Sohn gehört. Du bleibst mit Mia hier“, und dann wandte er sich an ihre junge Gastgeberin. „Miss Summer, kann ich unsere Milena und meinen..“, er warf Palmer einen abschätzenden Blick zu. „.. jungen Begleiter in ihrer Obhut lassen. Ich schicke dann einen Wagen vorbei.“

„Kein Problem. Die Nacht ist sowieso vorbei.“ Freundlich sah sie zu Jimmy herüber.

Gibbs wollte schon zur Tür, als ihm noch etwas einfiel. „Miss, sollte er zudringlich werden, dann sagen Sie es mir. Ich werde Ihn mir dann vorknöpfen.“ Ihm waren die Blicke von Tonys Autopsie Gremlin nicht entgangen.

Margret sah von einem Mann zum anderen. „Ähmm, ich werde es mir merken, Sir.“

Doch der Grauhaarige hatte sich schon umgedreht und war grinsend doch die Tür verschwunden.

~~~***~~~

Langsam wurde Ziva wieder wach. Ihr Bauch schmerzte wie nach einem Zusammenstoß mit einer Herde Elefanten. Was war passiert? Verstört sah sie sich um. Wo war sie hier? Das letzte an das sie sich erinnern konnte, war der Eröffnungstanz mit Tony auf der Tanzfläche. Dann hatte sie plötzlich Schmerzen bekommen und jetzt? Wo war sie jetzt. Weiß und Gelb, sie hatten einen IV Anschluss am Arm. Ein Krankenhaus, ohne Frage. Aber warum? Verwirrt legte sie sich eine Hand auf die Augen. Die waren ganz verklebt. Was war nur geschehen?

„Ziva?“, hörte sie da eine Stimme. „Hey Zivvvvvaaa, du bist wieder da.“ Und schon wurde sie in eine innige, knochenbrechende Umarmung gezogen.

„Abby? Abby? Langsam. Warum bin ich hier?“, fragte sie leise, ihre Stimme war belegt, so als wenn sie tagelang nicht gesprochen hätte.

„Du bist wie immer schneller als normal.“

„Das heißt was?“, fragte die junge Frau.

„Das heißt, dass du gerade erst das Gegenmittel bekommen hast und eigentlich noch zwei Stunden schlafen solltest. Wir haben deinen Eltern Bescheid gesagt, sie kommen gleich vorbei, um nach dir zu sehen.“ Erst jetzt fiel Ziva auf das auch McGee anwesend war.

„Abby, was ist hier los? Warum bin ich hier und wo ist Tony?“

Die Kriminaltechnikerin setzte sich zu ihr aus Bett und nahm ihre Hand. „Du wurdest mit Schlangengift vergiftet, deine Nieren sind kollabiert, na ja, jedenfalls fast, aber jetzt arbeiten sie wieder recht gut. Tja, und Tony… Gibbs sucht ihn. Wir haben seine Spur verloren. Er wollte sich ganz alleine diesem Auftragskiller stellen“, hier machte sie eine hilflose Geste. „Gibbs wird ihn finden“, kam es zuversichtlich von ihr.

Ziva hatte mit Entsetzen zugehört. Nahm das alles nie ein Ende. Mussten sie sich immer neuen Gefahren stellen. War in den letzten Jahren nicht schon genug passiert? Langsam hob sie ihre Hand mit dem IV Anschluss hoch. „Was für ein Auftragskiller, Abby?“

„Ich weiß nur das Tony, als er im Krankenhaus lag, eine SMS bekommen hat und das Samuel wohl seinen Bruder beauftragt hat euch umzubringen.“

„Ich habe es doch gewusst. Ich wusste, dass er mir was verschweigt. Er war so seltsam in den letzten Tagen. Immer auf der Hut. Nie entspannt. Ich hätte ihn darauf direkt ansprechen sollen. Ist mit Mia alles in Ordnung?“

„Oh ich denke schon. Bin mir aber nicht sicher, denn Gibbs ist auch so komisch.“

Ziva schwirrte der Kopf. All diese unausgesprochenen Probleme. Sie musste das jetzt erst einmal verdrängen, um selber wieder klar zu kommen. „Was sind das alles für blaue Flecken?“

„Das kommt vom Gift. Die kleinen Adern sind geplatzt und haben die Haut mit Blut unter spült. Das vergeht aber wieder. Es ist auch schon viel weniger geworden. Was tust du da?“, fragte die Kriminaltechnikerin verwirrt. Sie beschlich eine böse Vorahnung.

„Wonach sieht es aus Abby? Ich löse den IV. Hab ich ein paar Sachen hier?“

„Ziva nein“, rief die Technikerin bestürzt. „Das darfst du nicht. Gestern wärst du beinah gestorben…“

„Mag sein, aber jetzt geht es mir wieder gut. Also hab ich Kleidung hier?“

„Nur dein Hochzeitskleid.“

„Gut, hol mir die Entlassungspapiere und das Kleid und dann bestell ein Taxi.“ Mittlerweile hatte sie sich die Nadel gezogen und ihren Oberkörper von den Elektroden befreit. Etwas benommen war sie schon, als sie sich auf die Bettkante setzte und leichter Schwindel machte sich breit. So bekam sie das öffnen der Zimmertür gar nicht mit.

„Hallo, ich bin Dr. Skinner, ihr behandelnder Arzt. Was gedenken Sie da zu tun?“

„Ich entlasse mich, Doktor. Meine Werte sind doch wieder ok, sagten Sie doch, oder?“

„Sie leben noch und ihre Werte sind wieder ganz passabel, aber ich sagte nicht okay. Ich kann Sie noch nicht entlassen, wir müssen erst ganz sicher…“

„Sparen Sie sich die Worte und holen Sie die Papiere. Hinter meinem Mann ist ein Auftragskiller her und ich werde nicht hier herum liegen und zusehen wie er seinen Auftrag erfüllt.“ Sie atmete tief ein und stellte sich auf die Füße. Da ihre Beine nicht unter ihr zusammenbrachen, festigte das nur ihren Entschluss. Etwas unsicher machte sie sich auf zum Bad und erschrak beim Blick in den Spiegel. Ihr Gesicht sah nicht anders aus als ihre Arme und Beine. Es schimmerte in allen Farben, von dunkel Lila bis hin zu hellem Gelb. Ihr Bauch fühlte sich an wie nach einen Marathonlauf. Nur mit Müde erledigte sie ihre Toilette, fit fühlte sie sich noch lange nicht, aber untätig hier bleiben wollte sie auch nicht. Sie fasse ihre Haare zusammen und aus Ermangelung eines Haargummis, machte sie sich auf halber Höhe einen Knoten. Dann zog sie das von Abby gebrachte Hochzeitskleid wieder an und strich über die zarte Seidenstickerei auf ihrer Hüfte. Es war alles so schön gewesen und jetzt wurde Tony vermisst und ein Auftragskiller war in Samuels Namen hinter ihnen her. Sie fasste sich und öffnete die Tür.

Dr. Skinner stand ihr gegen über. „Ich werde ihre Entlassungspapiere nicht unterzeichnen.“

„Gut dann entlasse ich mich wirklich selber. Sind das die Papiere?“, und als er nickte, nahm sie den Kulli von ihm entgegen und unterschrieb. „Abby, Tim, wir gehen. Zuerst ins Hotel, wir müssen uns umziehen.“

Der Arzt hielt sie am Arm zurück. „Sie müssen viel Trinken, damit ihre Nieren auch weiter richtig arbeiten. Ich weiß sie haben Ärzte in der Familie, die sollen ihre Werte checken und wenn sie schmerzen im Bauchraum bekommen, rufen Sie sofort an, oder kommen Sie vorbei.“

„Danke Doktor“, sagte Ziva und ging Tim und Abby nach. Sie hatten schon fast den Ausgang erreicht, als ihr ein Mann auffiel, der ihr seltsam bekannt vorkam. Sie überlegte noch wo sie ihn schon einmal gesehen hatte, als er im nächsten Moment auch schon im Aufzug verschwand. Plötzlich sah sie auf ihr Handgelenk. „Mein Armband Abby? Wo ist mein Schmuck?“, sagte sie, als sie bemerkte, dass auch ihre Kette und die Ohrringe fehlten.

„Den haben sie dir bestimmt abgenommen. Wahrscheinlich hat deine Mutter ihn sichergestellt, oder Ducky.“

„Ja, wahrscheinlich hast du recht“, sagte Ziva wieder etwas beruhigt.

~~~***~~~

Tony fühlte sich krank und schwach. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Sein rechtes Bein schmerzte, das vertraute Gefühl des alten Bruchs war wieder da. Seine Schultern bestanden nur noch aus flüssiger Lava, seine Hände dafür waren vollkommen gefühllos. Er stand immer noch vorn über gebeugt auf den Zehenspitzen. Zum einen wünschte er sich das Joshua endlich wieder kommen und es zu ende bringen würde. Zum anderen wünschte er ihn weit fort. Fort von Ziva und Milena.

Erinnerungen wurden wach. Mia, die mit einem frechen Grinsen auf ihrem Gesicht und mit einem nassen Lappen bewaffnet sich ins Bett schlich, um ihm auf die grausamste Art zu wecken die er kannte. Milena wie sie nach dem Kindergarten und nach dem Genuss von zu viel Schokolade, seinen Dienstwagen voll gebrochen hatte. Immer wieder drehten sich seine Gedanken um diese Augenblicke. Mal schön, mal weniger schön, gerade so wie sie kamen. Sie halfen ihm mit seiner Gefangenschaft umzugehen. Sie verkürzten die Zeit bis Joshua sich wieder um ihm kümmern würde und daran wollte er nun gar nicht denken. Lieber erinnerte er sich an Ziva, wie sie ihn damals auf der U.S.S Seahawk, zusammen mit Gibbs besucht hatte. Ihr Haar trug sie, wie Tony es liebte, in weich fallenden Locken, offen. Dieses Lächeln auf ihrem Gesicht würde er nie vergessen. Oder der Moment als er aus dem Koma erwachte. Sie war das erste das er sah. Sie war immer da, wenn er sie brauchte. Wenn er hätte schreien können, hatte er es getan.

Stöhnend bewegte er sich kurz. Wenn er nicht gleich seinen rechten Oberschenkel entlasten könnte, würde er unter ihm zusammenbrechen. Vorsichtig versuchte er seine zitternden Muskeln zur Mitarbeit zu überreden, doch die kaum genesene Beinmuskulatur wollte ihm einfach nicht mehr gehorchen und sein rechtes Bein sackte unkontrolliert unter ihm zusammen. Der Schmerz der darauf durch seine Schultern schoss, war grausam und nicht länger auszuhalten. Die Dunkelheit die sich ruckartig über ihn senkte, nahm er gerne an.


TBC..........................
16. Kapitel


Von dem Sturm der letzten Nacht war nichts mehr geblieben, bemerkte Gibbs als er den Strand herunter joggte. Hier und da fand er neues Treibholz am Strand, aber der Himmel leuchtete wieder in einem Blau das einfach unbeschreiblich war. Jethro war müde. Das Alter nagte auch an seinen Knochen und eine Nacht ohne Schlaf steckte auch er nicht mehr so einfach weg. Es gab keinerlei Hinweispunkte, wo Joshua seinen Stellvertreter hingebracht haben könnte. Sofern er ihn wirklich noch am Leben gelassen hatte. Sollte er ihn irgendwo am Strand verscharrt haben, würden sie Tonys Leiche vielleicht nie finden. Aber daran wollte der Chefermittler nun nicht denken.

Als er ein paar Minuten später das Haus erreichte, glaubte er seinen Augen nicht zu trauen. Er erhöhte kurzfristig sein Tempo und sprintete die Treppen zur Veranda hoch.

„Ziva? Was machst du hier?“

„Euch helfen meinen Mann zu finden“, kam es schwach von ihr, während sie sich am Geländer festhielt. Sie hatte es im Haus nicht mehr ausgehalten. Sie brauchte dringend frische Luft. Doch die wenigen Schritte hatten ihr schon gezeigt, dass sie noch lange nicht wieder bei Kräften war. Leicht zittrig stand sie nun an der Reling und sah zu ihrem Boss auf.

„Du gehörst in ein Krankenhaus. Du siehst schrecklich aus.“, war alles was er dazu sagte.

Ziva seufzte und hob eine Hand um sich über die Augen zu fahren. Sie hasste sich dafür, wie schwach sie sich fühlte und wie sehr ihre Hand doch zitterte. „Ich habe es im Krankenhaus nicht mehr ausgehalten. Ich musste da raus. Also hab ich mich auf eigene Verantwortung entlassen. Und bevor du Abby oder Tim die Hölle heiß machst, sie haben versucht mich aufzuhalten, aber ich wollte davon nichts hören. Wir wollten uns gerade ein Taxi suchen, als meine Eltern im Krankenhaus ankamen.“ Erwartungsvoll sah sie ihren Boss an. Instinktiv hatten sich ihre Schultern nach oben gezogen und sie machte sich bereit ihm Paroli zu geben. Doch diesmal überraschte er sie.

„Komm her, dir ist kalt“, sagte er, zog seine Jacke aus und legte ihr diese um die Schultern. Dann zog er sie in eine feste Umarmung. Ziva bog ihr Gesicht an seine Schulter und ließ ihren, bis jetzt tapfer zurückgehaltenen Tränen freien Lauf. Gibbs blickte über ihre Schulter zum Fenster und sah Eli auf der anderen Seite, mit einer Tasse in der Hand, dem Schauspiel interessiert folgend.

„Komm Ziva, lass uns reingehen, sonst erschießt mich dein Vater noch bevor wir Tony gefunden haben.“

Sie löste sich von ihm, schenkte ihm ein kleines Lächeln und blickte nun ebenfalls zum Fenster, doch David hatte sich bereits zurückgezogen. Gibbs legte ihr seinen Arm um die Hüfte, half ihr so unauffällig zurück ins Wohnzimmer und zu einem Stuhl. Drinnen herrschte ein wenig Chaos. Abby flog auf ihn zu, kaum dass er Ziva losgelassen hatte. Tränen hatte sie scheinbar keine mehr und Worte auch nicht. Dennoch war ihre Umarmung mörderisch. McGee nickte ihm zu. Die Davids standen bei ihrer Tochter und Eli hatte besitzergreifend eine Hand auf ihrer Schulter liegen. Sein Blick, mit dem er Gibbs bedachte, war alles andere als freundlich. Tonys Vater und Ducky saßen noch am Frühstückstisch und unterhielten sich leise. Mittlerweile waren alle umgezogen, bis auf ihn. Tabitha kam sofort auf ihn zu als sie ihn ausmachte.

„Endlich. Ich hab mir Sorgen gemacht“, sagte sie leise.

Gibbs erschauerte. Zärtlich nahm er sie in den Arm und genoss ihre Wärme, die sie mitbrachte.

„Wie geht es Mia? Ihr habt sie gefunden?“

„Ja, sie ist krank, aber Palmer ist bei ihr“, sagte er leise und wandte sich dann an Tonys Vater der am Tisch saß und ebenfalls auf Informationen wartete. Er war immer noch etwas blass um die Nase. „Würden sie so freundlich sein und einen Wagen zu dem Haus der Summers schicken und Milena und Palmer abholen lassen. Die Kleine hat sich eine Mittelohrentzündung eingefangen. Ich möchte nicht, dass sie so draußen herum läuft.“

„Natürlich, Agent Gibbs“, sagte Tonys Vater und zog sein Handy. „Was neues von meinem Sohn?“

„Nein, er ist wie vom Erdboden verschluckt“, frustriert fuhr er sich durchs Haar. „Haben Sie eine Karte von der Gegend?“ Während der ganzen Zeit hatte er die Frau in seinen Armen, deren Hand beruhigend über seinen Rücken strich, nicht los gelassen.

„Ja, ich werde sie suchen“, sagte Tony Senior und rief einen Mietwagen Service an.

„Komm mit hoch, Gibbs. Mr. DiNozzo war so freundlich uns ein Gästezimmer zur Verfügung zu stellen. Unsere Koffer sind schon gebracht worden. Zieh dich um, du bist ganz kalt.“

„Ja.“ Widerstandslos ließ er sich von ihr zur Treppe führen. Er verspürte eine plötzliche Müdigkeit in den Knochen und wollte nur noch unter die Dusche.  

~~~***~~~

Sie standen alle um die Karte, die Anthony Senior ohne Rücksicht auf die Wandvertäfelung einfach an diese genagelt hatte. Ein großer roter Kreis symbolisierte den Ort an dem sie das Messer gefunden hatten. Im Umkreis von 1 km war keine Bebauung. Wo konnte er ihn in der Kürze der Zeit nur hingebracht haben. Auf dem Tisch stand Tims Laptop, mit dem er sich gerade in einen Militär Satelliten hackte. Aber bisher war er an der Firewall gescheitert. Für eine offizielle Anfrage fehlte die Zeit und die entsprechenden Formulare. Direktor Vance, der mittlerweile informiert war, hatte übergeschäumt vor Wut und DiNozzo und seine Extratouren mehr als deutlich verwünscht, doch im Endeffekt hatte er ihnen seine Hilfe angeboten, aber alle wussten das die Mühlen der Behörden nur langsam liefen.

~~~***~~~

Tabitha saß auf dem Bett und sah durch die Tür ihrem Lebensgefährten beim Duschen zu. Er sah so müde aus, wie er sich da unter der Dusche, mit beiden Händen an der Wand, abstützte. Die erneute Sorge um Tony hatte ihn schlagartig um Jahre altern lassen. Als die Tür der Kabine aufging und er wenig später nur mit einem Handtuch um die Hüften auf sie zu kam, schenkte sie ihm ein zauberhaftes Lächeln.

„Komm, leg dich hin, du musst dich etwas ausruhen“, sagte sie und klopfte einladend neben sich auf das Bett.

„Ich habe keine Zeit.“

„Doch, die musst du dir jetzt nehmen. Es nützt Tony nichts, wenn du einen Herzanfall bekommst.“

Er sah sie grinsend an und zog eine Augenbraue hoch. „Da musst du dir, glaube ich, bei jemand anderen mehr Sorgen machen.“

„Ich mach mir aber Sorgen um dich. Du bist jetzt seit mehr als 24 Stunden wach, bist bei einem Sommersturm unterwegs gewesen und du bist müde. Eine Stunde, Gunny. Komm schon.“, besorg sah sie ihn an.

Langsam setzte er sich auf das Bett und lies sich nach hinten fallen. „Okay, eine Stunde Tabby.“ Unter einen leisen Stöhnlaut, den er aber nicht unterbinden konnte, zog er seine Beine auf Bett und rutschte zu ihr herüber. Sie hatte ja Recht, er war müde. So müde und alt  hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Die Sorge um Tony kostete ihm viel Kraft. Als er jetzt neben ihr lag, sah er ihr ins Gesicht. Seine Hand spielte mit ihrer. Sie war noch so jung. War es richtig, das sie sich an ihn alten Bastard hing. Sie konnte noch so viel vom Leben habe, doch sie hatten ihn gewählt. Mit all seinen Macken und Problemen. Seine Hand wanderte höher, strich kurz über ihre Wange und spielte dann mit einer ihrer kurzen dunklen Haarsträhnen.

„Halt mich, halt mich einfach nur fest“, flüsterte er in ihr Ohr. Er hatte kaum noch Kraft seine Augen aufzuhalten, so müde war er plötzlich. Er spürte gerade noch wie sie ihre Arme um ihn schloss und ihn an sich zog.

Das geflüsterte „Immer“, war das letzte das er hörte.

Tab hielt ihr Versprechen ein und weckte ihn nach einer Stunde wieder auf. Besorgt sah sie zu wie er sich aus dem Bett gequälte und wieder nach unten ging, um die Suche zu koordinieren.

~~~***~~~

Sie waren so vertieft über die Karte, dass sie das Schellen der Türglocke beinahe überhört hätten. Tonys Vater stand auf und ging zur Tür um den Besuch zu empfangen, aber seine Haushälterin kam ihm zuvor und hatte den Besuch schon ins Haus gelassen. Anthony Senior dankte dem Mietwagen Fahrer und begrüßte seine neuen Gäste.

„Guten Morgen Mr. DiNozzo, gibt es schon was neues?“, fragte der junge Mediziner während er seine Jacke auszog.

„Hallo Jimmy, die Anderen sind im Wohnzimmer und auf dem Tisch im Saloon steht noch Frühstück für Sie bereit.“, sagte er während er auf die junge Frau in seiner Begleitung zuging, die die schlafende Mia auf den Armen trug.

„Hallo, Miss Summer? Ich bin ….“

Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Ich weiß, Sie sind Mr. DiNozzo.“

„Kennen wir uns?“, erwiderte er grübelnd.

Sie lächelte immer noch. „Aber sicher. Ich bin Maggie Summer.“

Er überlegte kurz, dann konnte er sich plötzlich an die wilden blonden Locken erinnern. „Mein Gott, die kleine Maggie? Du bist groß geworden Kind“, kam es ungläubig.

„Danke für das Kompliment.“ Sie lachte hell und klar aus. „Ich wusste gar nicht, dass sie wieder hier wohnen? Ich dachte das Haus wäre verkauft?“ Noch immer hatte sie das Kind auf den Armen.

„Ja, aber ich habe es vor einiger Zeit zurück gekauft.“ Er legte ihr mitfühlend die Hand auf den Arm. „Ich habe das mit deinen Eltern gehört, es tut mir leid. Es trifft immer die falschen Leute.“

„Schon okay. Es war schlimm, aber ich habe gelernt damit zu leben.“

Er nickte ihr zu. „Ich sollte dir nun erst einmal meine Enkelin abnehmen“, sagte er und streckte ihr die Hände entgegen.

„Ihre…? Ich meine Mia ist….. Tonys Tochter? Jimmy hat nicht mit einen Wort erwähnt wie Milenas Vater heißt. Oh Gott“, fügte sie lächelnd hinzu und fuhr sich jetzt, wo sie das Gewicht des Kindes los war, über die Augen. „Ich hätte die Ähnlichkeit sehen müssen“, sagte sie kopfschüttelnd und sah wieder zu dem schlafenden Kind herüber. „Diese Augen, stimmt, wie ihre und die ihres Sohnes. Wissen Sie, dass ich ihren Sohn geliebt habe, nein, das ist eigentlich nicht richtig. Ich habe ihn vergöttert, er war der Traum meiner Kleinmädchen Träume, mein Held, meine erste große Liebe“, fügte sie grinsend hinzu.

Er runzelte nur die Stirn. „Wie das? Du warst doch noch ein Kind.“

„Ich weiß, aber auch kleine Mädchen können sich verlieben.“ Als sie seinen verwirrten Blick sah, erzählte sie weiter. „Ich weiß es noch wie heute. Es war das Jahr in dem er den Sommer hier bei Ihnen verbrachte, weil er sich beim Football verletzt hatte. Er ging ja schon aufs College und kam mir so perfekt und männlich vor. So anders als die Jungen in meiner Schule. Ich habe mich, wenn ich an ihrem Haus vorbei kam, immer hinter dem Gebüsch vor der Terrasse versteckt und ihn heimlich beobachtet. Dann habe ich die Augen geschlossen und mir vorgestellt wie es wäre, seine Freundin zu sein. Ich sah uns am Meer spazieren, oder durch die Stadt flanieren. Ich habe mir vorgestellt wie es wohl wäre, ihn zu heiraten, Kinder mit ihm zu haben und wie sie wohl aussehen würden“, hier lächelte sie ihn an. „Tja und dann kam der Tag an dem Dolly sich verkletterte. Ich hatte sie mitgenommen, obwohl meine Eltern es verboten hatten und wie es der Teufel wollte, hatte sie sich losgerissen und war auf den Baum vor ihrem Haus geklettert. Ich habe sie gerufen, gelockt, aber sie kam einfach nicht mehr alleine runter und ich hatte solche Angst es meinen Eltern zu beichten.“

„Dolly?“, fragte er nach.

„Unsere Hauskatze. Im Geschirr durfte sie immer mal wieder raus. Tony hatte mein Weinen gehört und kam auf mich zu. Im ersten Moment habe ich gar nicht verstanden was er von mir wollte. Doch dann ist er kurzer Hand in den Baum geklettert, trotz seines schlimmen Beines. Aber er hat mir Dolly wieder herunter gebracht und ihr zusammen mit mir, das Geschirr wieder angelegt. Ich war so glücklich und er war mein Held. Als er mir dann noch erzählte, dass er auf Katzenhaare allergisch reagieren würde, war es ganz um mich geschehen und ich habe mich in ihn verliebt. Können sie sich nicht mehr erinnern, dass ich von da an häufiger mal bei Ihnen auf der Terrasse war und ihm Gesellschaft leistete?“, kam es schwärmerisch von ihr.

„Oh doch, ich kann mich an ein zwölfjähriges Mädchen, mit wilden Locken und einer Zahnspange erinnern“, lachte er.

„Ohhhhh, Tony hat mich wohl auch so gesehen, oder?“, fragte sie lächelnd.

Ihr Gegenüber schmunzelte noch immer. „Ich denke schon. Wir haben uns damals nicht viel unterhalten. Wir hatten unsere Differenzen. Er wollte zur Polizeischule, ich wollte dass er in die Firma einsteigt. Sobald er wieder einigermaßen beweglich war, ist er schon wieder abgereist. Danach habe ich ihn lange nicht mehr gesehen. Aber jetzt komm mit Maggie und lass uns ins Wohnzimmer gehen. Mein Angebot zum Frühstück steht und Mia muss ins Bett“, mit diesen Worten ging er an ihr vorbei und öffnete ihr die Tür. Sofort kam Ziva auf sie zugeeilt und wollte ihm das Kind aus den Armen nehmen, doch ihr Schwiegervater schüttelte nur stumm den Kopf.

„Setz dich erst hin Ziva, du bist zu schwach und sie ist zu schwer.“

Maggie sah die junge Frau nicken, dann setzte sie sich und streckte die Arme wieder aus. Mia war durch die Stimmen geweckt worden.

„Mommy?“, fragte Mia leise.

„Ich bin hier Schatz. Alles wird wieder gut.“ Ziva presste die Kleine an sich und wiegte sich mit ihr hin und her.

„Ich hatte so eine Angst, dass ich euch nicht wiedersehen würde“, kam es von dem Kind.

„Psst, versuch noch ein bisschen zu schlafen. Das Fieber muss noch fallen.“ Auf dem Weg zurück hatten sie schon Medikamente für sie besorgt, denn das Fieber war immer noch sehr hoch.

Maggie musterte die Frau aufmerksam. Sie war höchstens fünf oder acht Jahre älter als sie, aber sie hatte scheinbar das Glück gehabt, Tony erst im erwachsenen Alter kennenzulernen, dachte sie mit Bedauern. Die Zeichen des Schlangengiftes standen ihr noch ins Gesicht geschrieben, denn es hatte eine ungesunde Farbe, irgendwo zwischen Gelb- und Grüntönen, angenommen und sie hatte tief dunkle Ränder unter den Augen. Tonys Vater stellte Maggie gerade vor, doch diese ging schon auf Ziva zu. Sie wollte die Frau, die ihren Helden geheiratet hatte, unbedingt näher kennenlernen.

„Ich bin Margret Summer, aber alle nennen mich nur Maggie“, sagte sie und streckte ihr eine Hand entgegen. „Und Sie sind Mias Mommy?“, fragte sie lächelnd.

Traurige Augen sahen sie an, doch nach kurzem Zögern nahm sie die Hand entgegen. „Ich bin Ziva.“

„Ich habe ihre Tochter gestern am Strand gefunden und mit zu mir genommen.“

„Danke.“ Ziva sah zu ihr hoch. „Ich, nein, wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn sie irgendwann einmal….“

Doch die junge Frau schüttelte den Kopf. „Nein, nicht dafür. Ich bin schon vor langer Zeit belohnt worden. Ich war einmal die Freundin Ihres jetzigen Mannes“, grinste Maggie sie an. „Aber keine Angst, ich war damals 12 Jahre alt und er zwanzig. Er sah nicht dasselbe in mir, wie ich in ihm.“ Als sie Zivas fragenden Blick sah, fügte sie hinzu: „Ich erzähl es ihnen später mal.“

Ein älterer Mann kam auf sie zu und legte der Kleinen seine Hand auf die Stirn. Das war der Pathologe des Teams, Ducky oder Dr. Donald Mallard. Jimmy hatte sie am Morgen über alles was sie wissen musste aufgeklärt. Er hatte ihr die einzelnen Personen so genau beschrieben, dass sie sie auch ohne Vorstellung erkannt hätte.

„Ziva du solltest dich zusammen mit Mia etwas hinlegen. Ihr braucht beide Erholung.“

Doch die Angesprochene schüttelte nur stur den Kopf. „Nein, aber Mia braucht Schlaf. Ich bring sie ins Bett und dann sehen wir zu, das wir Tony finden.“ Energisch stand sie zusammen mit dem Kind in ihren Armen auf. Eine andere junge Frau mit schwarzen Zöpfen, Abby, wie sie dank Jimmy wusste, eilte auf sie zu und nahm ihr die Kleine aus den Armen. Zusammen verließen die Frauen das Wohnzimmer.

~~~***~~~

Joshua legte das Fernglas wieder weg. Es war zum verrückt werden. Erst verpasste er Ziva im Krankenhaus und dann musste er tatenlos mit ansehen, wie die Kleine wieder im Haus verschwand. Das Anwesen war von mehreren Polizeibeamten umstellt und im Haus selber befanden sich die ganzen NCIS Agents. Seine Chance an die Kleine zu kommen, hatte er leider verspielt, also konnte er hier auch seine Zelte abbrechen und sich wieder um Tony kümmern. Mal sehen wie es dem Agent heute Morgen so ging.

~~~***~~~

Tony pustete und versuchte so auch den letzten Tropfen Wasser wieder aus der Nase zu bekommen, denn er war gerade unsanft von einer kalten Dusche geweckt worden. Langsam beruhigte sich auch seine Atmung wieder. Noch immer war seine Zunge geschwollen und lag ihm wie ein Fremdkörper im Mund. Seine Atmung erfolgte fast ausschließlich durch seine Nase. Er versuchte sich so wenig wie möglich zu bewegen um seine eh schon überdehnten Schultergelenke nicht unnötig zu strapazieren. Joshua kam jetzt lachend auf ihn zu.

„Ich habe eine gute und eine schlecht Nachricht. Welche willst du zuerst hören?“ Als er von Tony keine Antwort bekam, „Du willst also nicht mit mir reden? Gut, dann entscheide ich. Mhhmm mal sehen.“ Dabei lief er im Kreis um Tony herum. „Gut oder schlecht…. Ich kann mich einfach nicht entscheiden. Willst du mir nicht doch helfen? Nein? Gut also fangen wir mit der schlechten Nachricht an. Ich habe deine Tochter gesehen und es geht ihr gar nicht gut. Sie hat hohes Fieber und keiner weiß warum. Mhmm immer noch keine Reaktion?“, fragte er, griff in die Haare seines Opfers und riss den Kopf nach oben. Tony keuchte auf. „Gut dann jetzt die gute Nachricht. Deine Frau ist tot. Sie starb eigentlich viel zu schnell und zu einfach. Ihr Herz war einfach nicht stark genug.“

„N..e..IN!“, kam es krächzend von dem Agent. Diese paar Silben reichten aus, die Schmerzen in seinen Hals erneut anzufachen.

„Tja, da muss ich dich leider enttäuschen. Weil ich mir schon dachte, dass du dich weigerst mir zu glauben, habe ich dir einen Beweis mitgebracht. Kennst du das hier?“ Immer noch hielt er ihn an den Haaren gepackt.

Tonys Herz verkrampfte sich. Was er vor seinen Augen baumeln sah, war wirklich Zivas Schmuck. Ihr neues Armband, die kleinen Ohrringe, die sie von ihm zu Weihnachten bekommen hatte und viel wichtiger, ihre Kette. Die hatte sie als kleines Mädchen von ihrer Mutter bekommen. Die legte sie noch nicht einmal zum Duschen ab. Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, während er versuchte seine Sinne beisammen zu halten. War sie wirklich gestorben an den Folgen des Giftes? War er Witwer, ohne richtig verheiratet gewesen zu sein? Was würde aus Milena, wenn auch er den Tag nicht überleben würde? Würde sie in ein Heim kommen, oder würde Gibbs sie bei sich aufnehmen? Sein Kopf schwirrte. Ihm lag so viel auf der Zunge, aber er brachte kein Wort heraus.

TBC...........................
17. Kapital


Abby trug Milena nach oben. Als die beiden Frauen sie auszogen, um ihr einen frischen Schlafanzug anzuziehen, wurde sie wach und sah sich mit Fieber verhangenen Augen um.

„Mommy?“

„Ja Schatz, ich bin hier“, antwortete ihr Ziva.

„Mein Ohr tut so weh“, kam es weinerlich von der Kleinen.

„Ich weiß Süße, mach mal deinen Mund auf. Du musst noch deine Medizin schlucken, dann wird es bald besser werden.“

Gehorsam öffnete sie ihren Mund und ließ sich von den beiden Frauen die bitteren Tropfen einflößen.

„Baahhhh, der schmeckt aber nicht“, jammerte sie und verzog das Gesicht.

Ziva zog die Decke wieder fest um sie herum und legte ihr Puppe in den Arm. „Ich weiß, aber was helfen soll, schmeckt nie.“

„Ich brauch auch Peppo“, erklang Mias Stimme schon schlaftrunken.

„Peppo?“, verwirrt sah Ziva sich um und sah dann Abby an, aber auch die wusste damit nichts anzufangen.

„Daddy Äffchen“, sagte Mia erklärend und streckte ihr Hand aus.

Ziva zog das mottenzerfressene Plüschtier aus dem Karton, in das sie es vorhin leicht angewidert geworfen hatte. „Daddy Äffchen, also?“, fragte sie Mia und warf Abby einen belustigten Blick zu.

„Ja, Grandpa hat ihn mir gegeben, damit ich auch was von Daddy habe“, während sie sprach, spielte sie mit ihrer Kette.

Das wiederum brachte Ziva ihren eigenen Schmuck in Erinnerung. Sie musste unbedingt gleich ihre Mutter nach dessen Verbleib fragen.

„Das war ja mal wieder klar. Ein Äffchen für den kleinen Affen. Da hatten sich ja scheinbar die Richtigen befunden.“ Doch kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, überkam sie sogleich ein schlechtes Gewissen. Sie machte hier Scherze über sein altes Plüschtier und er kämpfte vielleicht um sein Leben, wenn er noch darum kämpfen konnte. Ziva schluckte schwer und gab Tonys Tochter das gewünschte Tier. „Jetzt schlaf weiter, damit du schnell wieder gesund wirst“, sagte Ziva und küsste ihre Stieftochter auf die Stirn. Doch Milena bekam das schon nicht mehr mit. Sie hatte ihre Finger in den Mund gesteckt und das Äffchen ganz fest an sich gezogen, so war sie schnell eingeschlafen und leise verließen die beiden Frauen das Zimmer.

~~~***~~~

„Ich fass es nicht. Ich kann es nicht glauben. Da hatte der  Kerl noch die Unverschämtheit mit mir zu reden? In meinem eigenen Haus?“

Ungläubig sah Tonys Vater zum wiederholten Male zu dem Bild, das auf Tims Laptop zu sehen war. Davids Büro hatte das Foto gerade herüber geschickt und es zeigte den Auftragskiller, Samuels Halbbruder.

„Schleicht sich hier ein, als Kellner verkleidet, um die Familie meines Sohnes zu zerstören. Der Kerl war mir gleich so unsympathisch. Und dann dieser seltsame Akzent. Ich wusste ich kannte den, aber ich konnte ihn nicht zuordnen.“ Wütend schlug er sich in die Hand.  

Ziva, die gerade wieder mit Abby den Raum betrat, sah sich nun ebenfalls das Bild an. Die Erkenntnis, dass sie diese Augen schon einmal gesehen hatte, beflügelte sie sofort. „Das ist der Mann aus dem Krankenhaus. Daher kam er mir so bekannt vor. Er war hier Kellner.“

„Wann hast du ihn gesehen?“, fragte der Silberfuchs.

„Heute Morgen, als wir das Krankenhaus verlassen haben.“

„Das bedeutet für uns eins, er muss noch in der Nähe sein. Also ist Tony auch noch nicht tot. Denn wenn es so wäre, dann gäbe es ja keinen Grund mehr ihn zu quälen. Aber wo ist er? Wo zum Teufel hat er meinen Agenten hingebracht? Was haben wir übersehen?“ Nachdenklich sah er wieder auf die Landkarte.

Maggie, die die ganze Szene diskret verfolgte, trat jetzt ebenfalls näher. Der Strand, die Dünen, aber wo war hier..?“ Aufgeregt sah sie sich um. „Da fehlt was!“

„Wie meinst du das?“, harkte Jimmy nach und stellte sich wie rein zufällig genau neben sie.

„Auf der Karte. Hier schaut.“ Nun hatte sie auch die anderen erreicht. Jeder schenkte ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit.  „Hier ist der Strand und dort sind die Dünen“, kam es von ihr triumphierend.

Gibbs drehte sich zu ihr um. „Sagen Sie uns etwas, was wir noch nicht wissen. Für Schabernack habe ich jetzt keine Zeit“, donnerte seine Stimme.

Margret, die in den vergangenen Stunden von Jimmy in die Gepflogenheiten jedes einzelnen Teammitglieds eingewiesen worden war, ließ sich von seiner Ungeduld nicht aus dem Konzept bringen und fuhr unbeeindruckt fort. „Okay, wo ist die Bauruine? Die fehlt auf ihrer Karte.“ Zu Demonstrationszwecken hatte sie die Arme vor der Brust verschränkt.

„Maggie, von welcher Bauruine sprichst du?“, fragte DiNozzo Senior.

„Ach ja, das können Sie ja nicht wissen. Das war in der Zeit, in der Sie nicht mehr hier wohnten. Sie liegt ungefähr hier.“ Mit ihrem Finger fuhr sie einen Kreis auf der Karte.

„Ja, das wäre nah genug um ihn da so schnell unterzubringen. Warum ist uns die Ruine nicht aufgefallen?“, fragte Gibbs.

Margret strahlte ihn an. „Sie haben damals nur die Kellergeschosse fertig bekommen. Das fällt kaum auf und die Natur hat schon ganze Arbeit geleistet. Wenn man es nicht weiß, sieht man es nicht so einfach. Es sollte ein großer Ferienpark werden, aber irgendwie ist dem Bauherren dann das Geld aus gegangen.“

„Gut, wir haben endlich eine Spur. McGee, hol dir das zuständige Policedepartment ans Telefon, Sie sollen Goldstern in die Fahndung nehmen.“ Tim hatte sich schon umgedreht um zu telefonieren, als Gibbs Stimme ein weiteres Mal erklang. „Und Tim, wir brauchen Schutzwesten.“

„Geht klar, Boss.“ Wieder wollte er das Telefon hoch nehmen, doch weiter kam er nicht.

„Und eine Wärmebildkamera, aber ansonsten sollen sie sich zurückhalten, ich will keinen in der unmittelbaren Nähe der Bauruine sehen. Fehlt noch, dass eine unbeabsichtigte Bewegung Joshua auf uns aufmerksam macht.“ Er kratzte sich am Kopf. „McGee, worauf wartest du noch. Wolltest du nicht telefonieren? Wir haben nicht ewig Zeit.“

„Ja, Boss“, sagte dieser und nahm endlich ohne Unterbrechungen sein Handy ans Ohr.

„Miss Summer, zeichnen Sie uns bitte den genauen Punkt der Bauruine ein“, wandte dich Gibbs an Maggie.

Sie stand immer noch an der Karte und grübelte über den richtigen Punkt nach, dann nahm sie den ihr gereichten Stift und zog einen Kreis. „In etwa hier.“ Sie hörte von der Seite ein Schnaufen.

„In etwa? Miss, IN ETWA ist mir so Scheiß egal wie...“, fauchte Gibbs sie an, doch Maggie hob die Hand um ihn zu stoppen.

„Ich verbessere mich, Agent Gibbs. Der Standort ist HIER.“ Bestimmt tippte sie mit ihrem Finger auf die Karte.

Ohne ein Wort zu sagen, sah er sie durchdringend an, dabei nahm er einen Schluck von seinem Kaffee, der ihm gerade von der Haushälterin gereicht worden war. Margret hielt seinem Blick stand. So leicht war sie nicht zu schocken. Da musste er schon stärkere Geschütze auffahren. Ihr kleines Machtduell, wurde allerdings von McGee unterbrochen.

„Boss, ich habe hier den zuständigen Chief für dich, er ist nicht so ganz mit unseren Forderungen einverstanden“, sagte Tim und reicht Gibbs das Telefon.

„Gibbs“, brummte er in den Hörer.

„Hier ist Chief Thanner, wie kommen Sie dazu, einfach über meine Mittel und meine Leute verfügen zu wollen? Sie sind hier nicht in Washington. Hier haben Sie keine Weisungsbefugnis.“

„Jetzt hören Sie mir einmal zu“, kam es gefährlich leise von dem Grauhaarigen. „Der Vermisste Agent ist ein Bundesagent. Er gehört wie wir zum NCIS, da haben wir sehr wohl Weisungsbefugnis. Wir haben Sie um Ihre Hilfe gebeten. Wollen Sie uns diese verweigern?

Unbewusst zog McGee schon einmal den Kopf ein. Immer wenn Gibbs leise und sachlich wurde, stand er kurz vor der Explosion.  

„Natürlich nicht. Ich habe Ihnen ja auch schon meine Männer zur Bewachung des Grundstückes gesandt. Aber wenn Sie jetzt mit meinen Materialien die Ruinen stürmen wollen, will ich mit meinen Männern dabei sein“, kam es nicht weniger bestimmt von dem Polizeichef.

„Erpressen lassen wir uns noch lange nicht, nur damit das klar ist.“ Er hielt mit einer Hand das Handy ein Stück vom Ohr weg. „McGee, hol mir den Direktor an die andere Leitung und mach so ein Konferenz Ding daraus.“ Dann wandte er sich wieder an den Chief, kurz darauf klackte es in der Leitung und Vance meldete sich.

„Agent Gibbs, wie geht es Miss Dav.. ich meine Mrs. DiNozzo?“

„Einigermaßen Direktor. Können Sie bitte dem hiesigen Polizeichef die Dringlichkeit meines Anliegens erklären? Danke Direktor Vance.“ Mit einem leichten Grinsen nahm Gibbs das Telefon wieder runter und sie hörten alle via Lautsprecher das Telefonat zwischen Chief Thanner und Vance mit an. Ein paar Minuten später schien die Angelegenheit ausgefochten und der Grauhaarige nahm das Telefon wieder hoch.

„Okay“, sagte in dem Moment Vance. „Ich werde mit Außenministerin Clinton sprechen, vielleicht gibt es doch noch eine Möglichkeit für ihren Sohn. Ich halte Sie auf dem Laufenden. Agent Gibbs?“

„Ja Direktor?“

„Chief Thanner wird Ihnen gleich einen Wagen mit der gewünschten Ausrüstung schicken, inklusive Wärmebildkamera. Holen Sie Agent DiNozzo da raus.“ Damit war die Leitung unterbrochen.

„Chief, Sie haben es gehört, wir warten.“ Die Antwort hörte Gibbs nicht mehr, da auch er sein Handy zu klappte. Jetzt konnten Sie nur auf den Wagen warten und hoffen, dass dieser noch rechtzeitig ankommen würde. Sein Bauchgefühl schickte ihm eine Spitze nach der nächsten. Die Gefahr war greifbar und doch nicht abzuwenden. Resigniert strich er sich durchs Haar und ging langsam nach Draußen auf die Terrasse. Er musste einfach mal für ein paar Minuten alleine sein.

~~~***~~~

Tabitha sah wie ihr Freund das Zimmer verlies. Leise um die Anderen in ihren Vorbereitungen nicht zu stören, ging sie ihm nach. In der Türzarge blieb sie stehen und beobachtete ihren Gunny.

„Hey“, sagte sie leise und schlang von hinten ihre Arme um die Hüften.

„Selber Hey“, antwortete er ihr und legte seine Hand auf ihre gefalteten Hände über seinem Bauch. „Was ist?“

„Das wollte ich eigentlich dich fragen. Du machst dir Sorgen um Tony.“ Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. „Ich habe auch Angst um ihn. Aber ich fürchte auch um dein Leben und ich weiß nicht, ob ich die richtige Frau für dich bin. Ich bin nicht taff, sondern ängstlich. Schau dir nur Ziva an. Sie gehört eigentlich in ein Krankenhaus. Aber sie ist hier. Hier, um ihren Mann zu suchen. Ich weiß nicht ob ich die Kraft dazu aufbringen könnte. Schau nur“, dabei streckte sie ihm eine ihrer Hände entgegen. „Siehst du wie ich zittere? Alleine der Gedanke daran, dass du verletzt werden könntest.“ Sie schüttelte sich leicht. „Du brauchst eine mutige Frau. Eine, die auch mal für dich in die Bresche springen kann. Ich weiß nicht, ob ich das kann.“

Noch immer stand er mit dem Rücken zu ihr und spürte ihre Wärme und ihren Atem an seinem Ohr. Langsam drehte er sich nun in ihrem Griff um und schloss ebenfalls seine Arme um Sie. „Mir wird nichts passieren und du bist genau die Frau, die ich so lange gesucht habe. Bitte Tab, verlasse mich nicht. Bleib bei mir. Ich weiß nicht, ob ich das verkraften könnte.“ Er atmete tief durch, zog ihren vertrauten Duft ein und seine Stimme klang flehend. „Ich brauche keine Amazone, alles was ich brauche ist ein bisschen Normalität. Jemanden, mit dem ich auch mal über das normale Leben reden kann. Ich möchte mit dir alt werden. Du bist das Beste was mir in den letzten Jahren passiert ist.“ Sein Griff war immer fester geworden und eine Hand hatte er in ihrem dunklem Haar vergraben. Langsam bog er ihren Kopf näher zu sich heran. „Wenn wir das hier überstanden haben, sollten wir einmal unsere Familienplanung überlegen“, sagte er leise, während er ihr kleine Küsse auf die Augen, die Stirn, die Wangen, die Nase und den Mund gab.

„Was?“, fragte sie etwas aus dem Konzept gebracht.

„Ich meine ein Kind. Du kommst so wunderbar mit ihnen zurecht und auch ich hätte gerne ein Kind von dir. Eines mit deinen dunklen Wuschelhaaren und …“

„Deinen Augen“, ergänzte sie seinen Satz. Dann erhellte ein Lächeln ihr Gesicht. „Wir werden darüber nachdenken, wenn du wieder in einem Stück und ungelocht, zurück gekehrt bist.“ Sie griff an ihrem Hals und löste die kleine Kette mit ihrem Sternzeichen, dann legte sie sie ihm um den Hals. „Trag Sie, sie soll dich beschützen und bring sie mir wieder. Ich häng an ihr“, fügte sie mit einem frechen Grinsen hinzu.

Jethro ließ seinen Blick über sie schweifen. Dann zog er sie wieder in seine Arme und ihre Lippen trafen sich zu einem leidenschaftlichen Kuss. Tabitha schmiegte sich in seine Umarmung. Sie war vielleicht für eine solche Beziehung nicht geboren, aber sie würde in sie hineinwachsen. Der Liebe wegen, konnte sie alles schaffen.

~~~***~~~


„Na Tony, hast du den Schock verdaut? Wie ist es zu wissen, seine Frau auf dem Gewissen zu haben? Und vielleicht auch noch sein Kind?“, fragte Joshua. „Immer noch so stumm? Okay, dann wollen wir doch einmal sehen, ob dich das hier zum Reden bringt.“

Völlig überraschend zog er an den Ketten die Tony in seiner Haltung hielten. Seine Arme wurden weiter nach hinten gerissen, seine Schultern überdehnten sich, die Schmerzen schossen durch seine Arme und sein Oberkörper dehnte sich noch etwas weiter dem Boden zu. Nur mit Mühe konnte er einen Schrei verhindern. Sein Peiniger machte gerade die Kette wieder fest. Dann packte er ihn an den Haaren und riss seinen Kopf in den Nacken. Die ruckartige Bewegung sorgte dafür, dass die Strangulationswunde an seinem Hals wieder anfing zu bluten.

„Schei…ß..ker…l“, brachte er mühsam krächzend hervor. Was aber wohl keine gute Wahl gewesen war, denn Joshua zog daraufhin die Kette noch eine Öse höher. Der Ruck ging durch seinen gesamten Körper und sein rechtes Schultergelenk gab ein übelkeitserregendes Geräusch von sich. Mittlerweile stand er nur noch auf den Zehenspitzen und versuchte krampfhaft das Gleichgewicht zu halten. Sein rechter Oberschenkel zitterte unkontrolliert aufgrund der ungewohnten Haltung und Belastung. Der junge Agent hatte nur noch ein Bestreben, Joshua sollte schnell machen. Dann würde er den Schmerzen entkommen können, doch er wusste dass er ihm diesen Gefallen nicht tun würde.

TBC.............................
18. Kapitel


Es dauerte noch nicht einmal eine Stunde, bis der Wagen der Polizei bei ihnen hielt und sie mit allem Nötigen versorgte. Während Gibbs, McGee und Eli sich mit Schutzwesten und Waffen einkleideten, näherte sich Ziva ihrem Boss und streckte ebenfalls die Hand nach einer Weste aus, doch Gibbs legte seine Hand auf ihren Arm und hielt sie so davon ab.

„Was wird das?“

„Ich komme mit.“

„Nein.“

„Gibbs, bitte. Ich muss mit. Ich muss zu Tony und ich habe medizinische Kenntnisse.“ Sie blinzelte, um die aufkommenden Tränen zurück zu halten.

„Nein, du bist nicht in der Verfassung, dich mit mir zu streiten. Setz dich hin, bevor du umkippst. Ducky wird uns begleiten.“

Als Eli sah, wie seine Tochter Kampfstellung einnahm, schaltete er sich ein. „Du kommst nicht mit und wir haben keine Zeit zum diskutieren.“

„Ihr habt Tony in Israel auch mitgenommen, obwohl er kaum laufen konnte.“

„Tony ist nicht mein Sohn.“ Sein Tonfall war so eisig, wie ihn Ziva schon lange nicht mehr von ihm gehört hatte.

Ziva streckte sich, doch Eli wandte ihr schon den Rücken zu. Sie kochte innerlich. Wie konnte er ihr nur so etwas antun. Wie konnte er nur so etwas sagen. Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrer Wange.

„Ziva meine Liebe, er meint es nicht so. Geh rein, kümmere dich um Mia und die anderen. Wir bringen dir Anthony zurück“, sagte der alte Pathologe zu ihr.

Sie nickte stumm, sagen konnte sie nichts. Niemals hätte sie ihre Gefühle in Worte fassen können. Es rauschte in ihren Ohren und der Druck auf ihren Kopf nahm immer mehr zu. Sie spürte, wie ihr Tabitha einen Arm um die Schultern legte und sie zurück ins Haus brachte. Wie aus der Ferne hörte sie Gibbs nach Tim rufen. „Hey Elfenkönig, seid ihr jetzt fertig mit schmusen?“ Sie hörte Abby flüstern: „Pass auf dich auf Tim. Für immer dein!“ Und sie hörte auch Tims Antwort: „Für immer dein, Abby.“ Sie spürte Ducky, der ihr im vorbeigehen kurz noch einmal die Schulter drückte. Dann hörte sie nur noch die Wagentüren und die immer leiser werdenden Geräusche, bis die Nacht über ihr zusammenschlug und sie in Tabs Armen zu Boden ging.

~~~***~~~

Eli sah bewusst nicht in den Rückspiegel. Er wusste genau, wenn er sie da hinten stehen sah, würde er dem Fahrer befehlen umzudrehen und sie mitzunehmen. So war es besser. Besser für sie und auch für ihn. Trotzdem zerriss es ihm das Herz, sie so zu sehen. Seine starke Tochter. Er schloss kurz die Augen um sich selbst wieder in den Griff zu bekommen. Dann überprüfte er zum wiederholten Mal die Verschlüsse seiner Weste.

~~~***~~~

„Jimmy“, rief Abby laut. „Jimmy verdammt, beweg deinen Arsch hierher“, rief sie dann lauter. „Wo steckt der denn?“, fragte sie laut in die Runde. „Hey Ziva. Wach werden, los“, dabei schlug sie der jungen Frau leicht auf die Wange. Mittlerweile waren schon alle da, auch Ruth kniete nun neben ihrer Tochter und suchte nach ihrem Plus, als auch Palmer endlich angerannt kam.

„Was ist passiert?“, fragte er atemlos.

„Was passiert ist? WAS PASSIERT IST? Wo warst DU?“, schrie Abby ihn an, dann fiel ihr Blick auf seinen Hals und sie verstand. „Hahh, der Herr hatte ein Date? War es wenigstens schön?“, fragte sie und deutete auf den gut sichtbaren Knutschfleck.

„Abby es ist nicht so wie es…“

Sie funkelte ihn aus zusammen gekniffenen Augen an. „Du hast geknutscht und Ziva hätte hier sterben können.“

„Abby bitte...“

„Geschenkt Palmer, jetzt kümmere dich um Ziva und nenn mich nicht mehr Abby, das dürfen nämlich nur Freunde.“

Zusammen mit den Frauen trugen sie Ziva hinein zum Sofa. Ruth hatte das Kommando an sich genommen, nach dem sie gesehen hatte wie aufgeregt der junge Mediziner war.

„Abby, holen Sie ihr bitte ein Glas Wasser. Jimmy, Ihr Kreislauf ist im Keller, holen Sie etwas, was wir unter Ihren Beinen lagern können.“ Nachdem alle ihren Anweisungen Folge leisteten, setzte sie sich auf die Sofakante und schlug ihrer Tochter wieder leicht auf die Wangen. „Ziva, aufwachen.“ Es dauerte nicht lange und die Augen der Brünetten gingen langsam auf.

„Mama? Was ist passiert?“, fragte Ziva verwirrt.

„Du bist ohnmächtig geworden. Du hättest noch etwas im Krankenhaus bleiben sollen. Das war einen Schnapsidee, dass du dich so früh schon entlassen hast“, sagte Ruth streng und schüttelte den Kopf dabei. „Wann hast du das letzte Mal etwas getrunken? Du weißt, dass du viel trinken musst?“

„Ich weiß nicht? Im Krankenhaus? Aber es geht mir wieder gut“, sagte Ziva und wollte aufstehen.

„Oh nein, du bleibst hier liegen, bis du die Flasche geleert hast und dann gehst du hoch und legst dich zu Mia. Es bringt Tony nichts, wenn du uns hier umkippst.“

Sie wollte protestieren, aber es fehlte ihr die Kraft, so nickte sie nur und nahm das Glas vom Tisch, als ihr plötzlich wieder der Schmuck einfiel. „Mama? Hast du meinen Schmuck im Krankenhaus bekommen? Meine Kette und das neue Armband?“

Ruth hatte die Augenbrauen zusammen zuzogen. „Nein Schatz. Niemand hat daran gedacht. Vielleicht hast du ihn dort vergessen?“, fragte sie ihre Tochter.

„Nein. Dort war er nicht mehr.“ Damit niemand ihre bewegten Gesichtszüge sehen konnte, legte sie sich einen Arm über die Augen. Wo war nur ihr Schmuck geblieben?

~~~***~~~

Eine Stunde später lief Abby vor dem Kamin einen Kreis in den Teppichboden. Ruth hatte es sich am Tisch gemütlich gemacht und las in der Zeitung. Tabitha stand stumm an der Terrassentür, hielt sich selbst umarmt und beobachtete im Stillen die ältere Frau. Maggie und Jimmy saßen zusammen draußen auf der Terrasse und Tonys Vater hatte sich auf Anraten des jungen Arztes hingelegt und Ziva war zwar unter Protest, aber dann doch freiwillig zu Milena nach oben gegangen.

„Wie macht sie das nur?“, flüsterte Tabby.

„Was?“, harkte Abby nach und stoppte in ihrem Lauf.

„Na Ruth, wie kann Sie nur so ruhig sein. Mein Herz flattert im Sekundentakt und ich sehe immer zur Tür.“

„Mich musst du das nicht fragen, ich kann das auch nicht“, und damit nahm sie ihre Runde wieder auf.

„Lass das doch bitte bleiben, du machst mich nur noch nervöser.“

Abby bremste. „Das kann ich nicht. Wenn ich nervös bin, dann muss ich mich bewegen. Aber okay, weil du es bist, hör ich mit dem Laufen auf.“ Sie setzte sich auf die Fensterbank neben Tab und wackelte dann mit ihren Beinen.

~~~***~~~

Draußen kuschelte sich Margret an Jimmy, während er ihr von Tony und Milena erzählte.

„Mein Gott, da hat er ja viel mitgemacht im letztem Jahr“, sagte sie. „Und mit seinem Kopf ist jetzt wieder alles in Ordnung?“

„Ja, die Werte waren wohl gut, habe ich gehört und Blutverdünnung nimmt er schon lange nicht mehr.“

Maggie schüttelte den Kopf. Tony war für sie immer ihr Held gewesen. Sie konnte ihn sich gar nicht krank und gebrechlich vorstellen und sie würde es ja nicht zugeben, aber sie war sehr auf den neuen, älteren Anthony DiNozzo gespannt.

„Jimmy?“

„Ja?“

„Wenn das hier alles vorbei ist, werden wir uns dann mal wieder sehen?“

Sein Herz hüpfte auf der Stelle eine Etage höher. Freudig sah er sie an. „Wenn du das möchtest?“

Sie schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. „Sonst hätte ich nicht gefragt. Bitte erzähl mir was von dir. Erzähl mir was Persönliches.“

„Von mir? Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin das dritte Kind....“, plötzlich sah er auf seine Armbanduhr. „Oh, ich muss rein. Dr. Mallard reißt mir den Kopf ab und von Abby will ich gar nicht sprechen, wenn ich das vergesse. Ich hab ihm versprechen müssen, jede Stunde nach den beiden zu sehen.“ Schnell stand er auf und eilte ins Haus.

~~~***~~~

Zaghaft klopfte er an die Tür zu Zivas Zimmer.

„Komm rein Jimmy“, hörte er ihre Stimme.

„Hey, wie geht es euch?“, fragte er schüchtern und kam auf das Bett zu, auf dem die junge Agentin saß.

„Es geht mir gut. Danke. Der Schlaf hat geholfen und ich denke Mias Fieber ist gefallen. Sie glüht nicht mehr so sehr.“

„Lass mal sehen“, sagte der junge Mediziner, beugte sich über das schlafende Kind und klemmte ihr das Thermometer unter den Arm. Dann schaute er ihr, mit seinem Otoskop, in die Ohren. „Mhmmm, das sieht ja echt gut aus, die Entzündung ist schon etwas zurück gegangen.“ Dann piepte auch schon das Thermometer und Milena wachte auf. „ Du hattest recht, Ziva. Das Fieber ist gefallen. Nur noch 38,5, aber immer noch zu hoch.“ Jimmy bemerkte, dass Mia ihre Augen aufschlug. „Hallo Kleine, na wie geht es dir heute?“

„Gut“, sagte sie müde, dann lauschte sie. „Das hört sich hier alles so komisch an.“

Jimmy lächelte sie an. „Das kommt von der Mittelohrentzündung. Wenn deine Ohren wieder verheilt sind, dann hörst du auch wieder normal. Das wichtigste ist schon einmal, dass dein Fieber nicht mehr so hoch ist. Noch ein oder zwei Tage Bettruhe und du kannst schon wieder herum tollen.“ Zu Ziva gewandt fuhr er fort. „Im Augenblick bitte kein Haarwaschen und wenn sie unter die Dusche muss, solltest du ihr Watte in die Ohren stecken, damit kein Wasser hinein kann. Das gleiche gilt, wenn sie nach draußen geht. Im Moment immer die Ohren bedecken.“

„Ist Daddy schon da?“, fragte Milena verheißungsvoll und schaute dabei von Ziva zu Jimmy und umgekehrt.

„Noch nicht Kleines, aber dein Onkel holt ihn dir zurück. So und nun musst du den blöden Medizinsaft noch einmal schlucken. Ich weiß, dass der ekelhaft schmeckt, aber er scheint bei dir gut anzuschlagen. Also Mund auf.“ Mia schluckte den Saft und schüttelte sich.

Jimmy fuhr ihr mit der Hand über die Haare. „Jetzt schlaf noch ein bisschen, dann vergeht die Zeit schneller.“ An Ziva gewandt: „Hast du schon die Flasche Wasser geleert, die ich dir gebracht hatte?“

„Ja“, teilte sie ihm mit.

„Gut, dann bring ich dir gleich die nächste. Du weißt, jede Stunde einen Liter und wenn du nicht auf Toilette kannst, musst du mir das sofort sagen. Das ist wichtig. Deine Nieren sind immer noch angeschlagen und vergiss deine Tabletten nicht.“ Es fiel ihm nicht leicht so streng mit ihr zu reden, aber sie war krank und er Mediziner. Jimmy wollte auf keinen Fall, dass während Dr. Mallards Abwesenheit ihre Nieren erneut kollabierten. „Wenn etwas sein sollte, ich bin unten hinterm Haus“, und grinsend fügte er hinzu: „bei Maggie.“

Ziva nickte ihm lächelnd zu und zog Mia wieder fester in ihre Arme. Sie suchte Halt bei dem schon wieder halb schlafenden Kind. Auch sie wollte Tony zurück, konnte es aber nicht so einfach sagen, wie seine kleine Tochter.

~~~***~~~

„Da, da sind die Ruinen“, sagte Tim und parkte das Auto am Straßenrand.

Gestern waren sie daran vorbei gelaufen. Durch das Unwetter hatten sie die Bauruine gar nicht wahrgenommen. Doch heute bei strahlendem Sonnenschein, lag sie gut sichtbar vor ihnen. So nah, dachte Gibbs. So nah waren Sie ihm heute Nacht schon gekommen und hatten ihn trotzdem nicht gefunden. Er überprüfte, genau wie die anderen, noch einmal den Sitz seiner Weste, dann entsicherte er seine Waffe und gab Tim die Anweisung, die Wärmebildkamera in Betrieb zu nehmen. Bei der vierten Kellerruine wurden sie fündig und sahen zwei Wärmesignaturen. Das hieß schon einmal eins, Tony lebte. Ein leichtes Glücksgefühl machte sich in Gibbs breit. Aber noch war es für Freudensprünge zu früh. Sie mussten zunächst da rein und dann mit einem lebenden Tony wieder heraus. Danach würden sie weitersehen.

„Duck, du bleibst im Wagen, bis ich dich hole. Keine Alleingänge.“

„Natürlich nicht Jethro“, kam es von dem alten Pathologen, aber er holte schon einmal seine Arzttasche aus dem Fußraum und stellte sie griffbereit neben sich.

Gibbs und die anderen nickten sich zu. Ab jetzt würden sie sich nur noch mit Handzeichen verständigen. Schnell, aber doch leise liefen sie auf das Gebäude zu und suchten den Eingang.  

~~~***~~~

„Okay“, sagte Joshua nach einem Blick auf seine Uhr. „Ich muss mich jetzt von dir verabschieden. Meine Zeit in Amerika ist mal wieder rum. Es war nett dich kennengelernt zu haben und es hat mir Spaß gemacht, mit dir zu arbeiten.“ Langsam ging er zu dem Harken an dem die Ketten hingen, nahm sie ab und ließ sein Opfer wieder auf die Füße kommen.

Zum ersten Mal seit Stunden stand Tony wieder aufrecht auf seinen Beinen. Seine Schultern schmerzten und seine Beinmuskulatur musste mit dem ungewohnten Gewicht klar kommen. Jetzt konnte sich sein Körper auf die kleineren Wunden konzentrieren und so spürte er auch wieder seine gequetschten Finger und die Strangulationswunde am Hals. Aber er stand aufrecht und fragte sich, ob Joshua nun eine Kugel in seinen Schädel jagen würde, doch dieser spielte nur mit der Kette und ließ den Braunhaarigen dabei nicht aus den Augen.

„Bequemer, oder?“, fragte er sein Opfer.

Tony beschränkte sich aufs nicken, da er noch immer keinen verständlichen Ton über seine Lippen brachte. Viel bequemer, fügte er in Gedanken hinzu. Aber was hatte Joshua vor. Warum wollte er es ihm plötzlich bequem machen?

Joshua indessen sah wieder auf die Kette in seiner Hand. Dann warf er DiNozzo wieder einen Blick zu und zog die Kette mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft nach unten. Tony erwischte diese Maßnahme völlig unerwartet. Seine Arme wurden wieder hinter seinem Rücken nach oben gerissen. Diesmal aber nicht langsam und Stück für Stück, sondern mit brutaler Gewalt. Automatisch beugte sich sein Oberkörper wieder nach vorne und seine Stirn berührte kurzfristig seine Knie. Die stehende Position konnte er nicht mehr einhalten und seine Füße verloren die Bodenhaftung. Seine Schultern schrien empört auf, wie irrsinnig schoss der Schmerz durch die gequälten Gelenke. Dann gab seine rechte Schulter ein Übelkeit erregendes Geräusch von sich. Es war, als wenn ein Stahlkabel reißen würde. Der Schmerz schnellte so schnell durch seinen Körper, dass ihm keine Zeit zum Schreien blieb und sich nur Sekunden später die Dunkelheit über ihn senkte. Seine letzten Gedanken galten Ziva und Milena. Wenn Joshua recht behalten würde, würde er sie gleich wiedersehen.

TBC.......
19. Kapitel


„Sorry, aber ich konnte einfach nicht widerstehen“, sagte der Killer grinsend und befestigte die Kette wieder am Harken. Langsam ging er wieder auf sein Opfer zu und holte seine Waffe hervor. Jetzt würde er die Kugel zwar nicht mehr spüren, aber Joshua wollte auch einmal gnädig sein. Seine Finger krallten sich in Tonys braunen Haaren und er bog langsam seinen Kopf zurück. Dann setzte er die Waffe auf und drückte….

Mit einem lauten Krachen flog die Tür auf und Gibbs, Eli und McGee stürmten den Raum.

„Bundesagenten, die Waffe weg“, brüllte Gibbs ihm entgegen und sein Blick schweifte kurz über Tonys Körper.

Verwirrt sah der Auftragskiller ihnen entgegen. „Wie haben Sie mich gefunden?“

McGee hielt die Kamera hoch, die er noch um den Hals trug.

„AAAHHH, die Technik hat Einzug gehalten. Respekt“, sagte er und verstärkte seinen Griff in Tonys Haaren.

„Ich sag es nicht noch einmal, lassen Sie die Waffe fallen“, kam es indessen wieder von dem Grauhaarigen. Noch immer war der Raum finster und er konnte nur mit Mühe Tony an der Decke hängend ausmachen. Doch das, was er sah, machte ihm Angst. Sein Freund hing immer noch bewegungslos. Demnach schien er bewusstlos zu sein. Seine Arme waren seltsam verdreht und am Hals schien er zu bluten.

„Ich denke nicht, dass ich das tun werde. Ich habe versagt. Auch wenn Sie mich jetzt erschießen, irgendwann wird Samuel den nächsten Killer auf ihn ansetzen. Er wird Mittel und Wege finden. Seien Sie sich da sicher und Sie können nicht überall gleichzeitig sein. Vielleicht wird er einen tödlichen Autounfall erleiden, oder aber, er wird im Urlaub aus heiterem Himmel ertrinken. Wir sind da sehr erfinderisch.“ Lächelnd zog er langsam den Finger durch und Gibbs und David schossen fast gleichzeitig.

Gibbs sah mit Befriedigung das durch die Wucht des Aufpralls ihrer Kugeln, der Killer nach hinten gerissen wurde und der Schuss der sich auf seiner Waffe noch gelöst hatte, ohne Schaden anzurichten neben Tony in den Boden schlug.

Tim raste auf Joshua zu und fühlte seinen Puls. „Er ist tot Boss“, rief er dem Chefermittler zu.

„Tim hole Duck her und er soll seine Tasche nicht vergessen. Er wird  sie brauchen“, rief er seinem Agent zu und lief zu Tony. Die wenigen Meter zu seinem Agent schienen Stunden zu dauern und seine Gedanken spielten verrückt. Lebte er noch? Im nächsten Moment hätte er sich am liebsten selbst eine Kopfnuss verpasst. Warum wollte Joshua ihn sonst erschießen? Tony lebte und nur das zählte. Als er seine Hand ausstreckte, um seinen Puls zu fühlen, zitterten seine Finger so stark, dass er kurz eine Faust machen musste, um sich selbst zu beruhigen. Dann suchte und fand er sofort seinen Plusschlag. Gut, er lebt, schoss es ihm durch den Kopf. Jetzt hatte er auch einen Beweis.

Während McGee zum Wagen zurück lief, riss Eli die Fensterverdunklung herunter, kurz darauf flutete helles Sonnenlicht, durch Oberlichter, in den kleinen Kellerraum und Gibbs machte sich an der Kette, die seinen Agent hielt, zu schaffen, als Ducky schon atemlos den Raum erreichte.

„Vorsichtig herunterlassen, Jethro“, rief ihm der Gerichtsmediziner zu. „Tim, lös seine Handfesseln, aber vorsichtig, mit seiner Schulter stimmt etwas nicht. Siehst du die Beule da hinten? Sie scheint aus dem Gelenk gesprungen zu sein.“ Gibbs hielt seinen Freund fest, als McGee die Fesseln löste, dann ließ er sich mit ihm in den Armen zu Boden gleiten. Fachmännisch machte sich der Mediziner an die Arbeit, während Gibbs seinen Agent leicht auf die Wange schlug.

„Hey Tony. Aufwachen hörst du. Ziva und Mia warten auf dich. Es geht ihnen gut. Komm schon, es ist vorbei. Mach die Augen auf.“ Und wie auf Kommando flatterten die Augenlider, aber seine Augen öffneten sich nicht. Gibbs bemerkte sofort, wie sich Tonys Körper versteife. „Ruhig. Ich bin es, Gibbs. Er ist tot. Joshua kann dir nicht mehr weh tun.“ Beruhigend strich er seinem Freund durch die zerzausten Haare. „Versuch deine Augen zu öffnen, Tony.“ versuchte es Gibbs ein weiteres Mal.

Tony kam langsam wieder zu sich und mit dem Bewusstsein kamen auch die Schmerzen zurück.  Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn und lief an seinen Schläfen herunter. Er fühlte, dass jemand seinen Körper abtastete, hatte aber weder die Kraft noch den Willen sich dagegen zu wehren. Jeder Muskel und jede Sehne seines Körpers schien plötzlich eine geheimnisvolle Verbindung zu seiner rechten Schulter zu haben. Der Schmerz flammte auf, wenn er nur den kleinen Zeh bewegte. Selbst sein angestrengtes Atmen sendete einen Schmerzimpuls nach dem anderen durch seinen Körper. Bei der letzten Aktion war irgendwas in ihm gerissen, das hatte er ganz deutlich gespürt. Wieder versuchte er die Augen zu öffnen und zu seiner eigenen Überraschung gelang es ihm diesmal auch. Er musste ein paar Mal blinzeln, bis sich sein Blick geklärt hatte, dann erkannte er seinen Boss, der ihn besorgt anblickte.

„Hey DiNozzo, da bist du ja wieder“, sagte dieser mit einem Lächeln.

Tony wollte gerade etwas erwidern, als Ducky sich seiner Schulter widmete und durch seinen Arm ein feuriger Schmerz schoss, der ihn laut aufkeuchen ließ.

„Jethro, seine Schulter ist ausgerenkt. Wir müssen Sie wieder einrenken, sonst können wir ihn hier nicht wegbringen. Zieh ihn gleich auf mein Kommando in eine sitzende Position. Dann musst du seinen Oberkörper so festhalten, das ich den Arm wieder einrenken kann“, an Tony gewandt fuhr er fort: „Anthony mein Junge, ich muss das jetzt tun und das wird kein Spaziergang. Es wird verdammt wehtun.“

Nicht gut, dachte sich der Braunhaarige. Aber viel mehr Schmerzen als jetzt konnte es ja kaum noch geben.

„Wenn der Arm erst einmal wieder im Gelenk sitzt, dann werden die Schmerzen erträglicher werden“, erklärte der ältere Mann in aller Seelenruhe weiter.

Na das hörte sich schon besser an, dachte sich DiNozzo und versuchte zu nicken, aber selbst das tat weh und so blinzelte er, um sein verstehen zu zeigen.

Ducky nickte Gibbs zu und bevor sich Tony versah, saß er aufgerichtet zwischen Gibbs Beinen und lehnte an seiner Brust. Sein Atem ging keuchend ein und aus. Mit der linken Hand umklammerte er den ausgerenkten rechten Arm. Die erste Hürde war geschafft. Gibbs hatte ihn von hinten mit seinem Arm umschlungen und presste mit dem anderen Tonys Kopf gegen seine Brust.

„Du schaffst das“, flüsterte er ihm leise ins Ohr.

Dann machte sich Ducky ans Werk. Vorsichtig hob er Tonys Arm hoch, was den jüngeren Mann dazu brachte, zischend Luft zu holen und sich auf die Unterlippe zu beißen. Tim, der mit besorgtem Blick etwas abseits stand, durchwühlte plötzlich seine Jackentaschen. Als er das Gesuchte gefunden hatte, kniete er sich neben Tony nieder.

„Hier, beiß da drauf. Das hilft in deinen Filmen doch auch immer“, sagte er grinsend und schob dem Verletzten ein kleines schwarzes Leder Notizbuch zwischen die Zähne.

„Okay Anthony, dann fangen wir jetzt an.“ Vorsichtig hob er den rechten Arm wieder an und streckte ihn langsam und behutsam nach vorne und ein wenig zu Seite. Schon das nahm eine geraume Zeit in Anspruch.

Ducky gönnte Tony eine Pause und ließ den Jüngeren wieder zu Atem kommen. „Bereit? Jetzt wird es etwas anstrengend. Ich drücke den Ellenbogen zurück und ziehe dein Handgelenk über deine Brust. Ich weiß, das hört sich unmöglich an, aber vertraue mir einfach und schau nicht hin. Sieh zu Gibbs, mein Junge.“, sagte Ducky keuchend. Das Einrenken war auch für ihn Schwerstarbeit. An Gibbs gewandt fuhr er fort: „Jethro, es wird gleich ganz schrecklich knirschen. Lass ihn auf keinen Fall los.“

„Sieh mich an. Komm schon, schau zu mir“, sagte Gibbs und löste so die Starre, die seinen Stellvertreter gefangen hielt. Zu ersten Mal seitdem Ducky seinen Arm angehoben hatte, wandte Tony den Blick ab und sah seinen Boss an. Der Schmerz machte ihn langsam mürbe. In dem Moment knirschte es gefährlich und Gibbs umklammerte den jüngeren Mann noch fester, der sich plötzlich wild aufbäumte. Tony hatte seine Augen fest geschlossen und auf das Buch gebissen. Ducky hatte recht gehabt. Die akuten Schmerzen ließen schon nach und Gibbs zog ihm das Buch aus dem Mund.

„So ich denke das war es“, Duckys Blick blieb an DiNozzos gekrümmten Fingern hängen. Vorsichtig befühlte er die Hand des jüngeren Mannes. „Was hast du nur damit angestellt?“, sinnierte er vor sich hin, während seine Finger über die kleinen Gelenke strichen.

Vorsichtig bewegte Tony seinen Arm und war erstaunt, dass der Schmerz aushaltbar war. Duck, der das Bestreben des Agents mitbekommen hatte, hielt seinen Arm wieder fest. „Vorsichtig. Ich werde dir gleich den Arm an deinen Körper binden, das sollte ihn solange stützen, bis wir im Krankenhaus angekommen sind.“

„N...i..n“, krächzte DiNozzo und schloss vor Schmerz die Augen. Er hätte es gerne lauter gesagt, aber seine Stimme ließ ihn immer mehr im Stich und seine Stimmbänder schienen sich in flüssige Lava verwandelt zu haben.

„Doch Anthony, du musst die Schulter röntgen lassen. Es können Sehnen beschädigt sein, oder vom Knochen kann etwas abgesplittert sein.“

„N....n“, immer mehr Silben gingen ihm verloren. Lange würden das seine Stimmbänder nicht mehr mitmachen. „Z…i…a?“, dabei warf er seinem Boss einen fragenden Blick zu.

Gibbs verstand auch ohne viele Worte. „Es geht ihr gut, sie ist schon wieder aus dem Krankenhaus raus.“ Dass sie sich selbst entlassen hatte, wollte er ihm lieber verschweigen. „Ich konnte sie kaum daran hindern mit zu kommen. Sie wollte unbedingt dabei sein.“ Bei dem letzten Satz konnte sich Gibbs ein Grinsen nicht mehr verkneifen.

„M….a?“, er hasste sich selbst dafür, dass seine Stimme so schwach klang und er versuchte sich zu räuspern, was sich aber als keine gute Idee herausstellte und seine Stimmbänder nur noch mehr quälte.

„Milena ist krank, aber es ist nichts Schlimmes. Weißt du, dass sie ganz alleine bei einem Unwetter aufgebrochen ist, um dich zu retten? Das Ende vom Lied war, dass sie gerettet werden musste. Tony, sie ist definitiv deine Tochter“, sagte er schmunzelnd, doch in seiner Stimme konnte man die Sorge hören.

„Anthony, du solltest nicht so viel sprechen. Ich denke er hat eine Stahlschlinge benutzt. Hast du Schmerzen beim Sprechen? Und nur nicken mein Junge, okay?“ Und Tony nickte.

„Beim Schlucken und Luft holen auch?“ Wieder nickte der jüngere Mann. „Wahrscheinlich ist dein Kehlkopf gequetscht. Aber Gott sei Dank hast du es geschafft deine Finger zwischen die Schlinge und deinen Hals zu bekommen. Auch wenn du dir dabei die Finger gebrochen hast, aber immer noch besser als wenn er es geschafft hätte deinen Kehlkopf einzudrücken. Dann müsste ich dir jetzt einen Luftröhrenschnitt machen. Aber so hast du noch einmal Glück gehabt. Die Wunde am Hals wird verheilen, aber ich kann dir nicht versprechen, dass davon keine Narbe zurück bleibt. Es tut mir leid, mein Junge.“ Während der ganzen Zeit hatte er ruhig weiter gearbeitet und bedeckte gerade eine extrem blutende Stelle an seinem Hals mit einer sterilen Mullkompresse.

„Lass ihn uns erst zu Ziva bringen. Zum Röntgen kann er auch noch morgen oder übermorgen, Duck. Versorg ihn soweit, dass wir ihn hier raus bringen können. Den Rest kannst du dann im Haus machen. “

„Jethro, er muss ins Krankenhaus. Eine falsche Bewegung und die Schulter könnte wieder aus dem Gelenk springen. Zwei seiner Finger sind gebrochen, sie müssen gerichtet werden. Sein Kehlkopf und seine Stimmbänder sind gequetscht. Sein Genick könnte ein Peitschensyndrom haben.“ Resigniert schüttelte Ducky mit dem Kopf.

„Also nichts, was du nicht auch behandeln könntest“, grinste Gibbs seinen Freund an.

Ducky seufzte resigniert und machte sich daran, Tonys Arm mit elastischen Binden an seinem Körper zu fixieren.

Der Grauhaarige indessen zückte sein Handy und wählte Abbys Nummer.

TBC...........................
20. Kapitel


Zum wiederholten Male in dieser letzten Stunde zog Abby ihr Handy aus der Tasche. „Ich dachte ich hätte vielleicht das Schellen überhört“, sagte sie, doch ihr Blick verriet die Lüge. Es beruhigte sie einfach das Teil in der Hand zu halten. Sie wollte es gerade wieder wegstecken, als plötzlich ihr Klingelton erklang. Vor Schreck hätte sie beinah das Telefon fallen lassen. Völlig ehrfürchtig stammelte sie: „Ich wusste es, ich habe den sechsten Sinn“, dann zeigte sie Tab, die neben ihr saß das Display und klappte das Handy auf.

„Hey Bossman, das wurde aber auch Zeit. Habt ihr Tony? Geht’s ihm gut? Ist der Kerl tot? Mit dir und Timmy auch alles okay?“ Die Fragen sprudelten nur so aus ihr heraus und sogar Tabitha konnte die Stimme ihres Lebenspartners hören, der versuchte sie zu unterbrechen.

„Abby, ABBY, STOPP. Es geht uns allen gut. Tony ist verletzt, aber er wird es packen. Wir bringen ihn jetzt heim“, und schon war die Leitung unterbrochen.

Kurz, knapp, bündig, so kannte sie ihren Silberfuchs. Sie wollte sich gerade zu Tab wenden, doch Tabitha war schon aufgestanden und lief lächelnd in Richtung Wohnzimmer.

„Ich konnte mithören, ihr wart ja laut genug. Komm, lass es uns den anderen sagen.“

~~~***~~~

Belustigt klappte Gibbs sein Telefon zu. Jetzt wo er Tony, zwar angeschlagen aber lebend in seinen Armen hatte, ging es auch mit seiner Laune wieder bergauf. Er wusste, dass er noch einmal mit seinem Stellvertreter reden musste, aber das hatte Zeit und konnte auch noch ein paar Tage warten. Als er Tony in Ketten vorgefunden hatte, war seine Wut fürs erste verraucht. Ducky war in der Zwischenzeit mit dem Verbinden fertig geworden und war dabei, seine Sachen einzuräumen. Gibbs drückte sich hinter Tony an der Wand hoch, da er plötzlich etwas schimmern gesehen hatte. An der Leiche bückte er sich und suchte den Boden ab. Dann wurde er fündig und zog Zivas Schmuck hervor. Grinsend hielt er diesen Tony vor die Nase. „Was meinst du, würde Sie den vermissen?“, fragte er schelmisch, da er genau wusste, wie sehr die junge Frau an der Kette hing. Sein Agent versuchte sich ebenfalls mit einem Grinsen, welches ihm aber nur leidlich gelang. Dann streckte er mit zitternden Fingern die Hand nach dem Schmuck aus und steckte ihn anschließend in seine Hosentasche.

„Kannst du laufen?“, fragte Gibbs seinen Agent. Dieser nickte, Jethro hielt ihm seine Hand hin und zog ihn langsam nach oben. Tony stand wie ein Grashalm im Wind, dann beugten sich langsam seine Knie und nur Gibbs Arm, den er seinem Mann um die Hüften legte hinderte diesem daran zu Boden zu gehen. Zusammen liefen sie langsam zum Wagen.

~~~***~~~

Am liebsten hätte Tony seinen Kopf festgehalten, der gefährlich auf seinen Schultern hin und her flatterte, aber Gibbs hatte sich seinen unverletzten Arm über die Schultern gezogen und da Duck seinen anderen angebunden hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als auf seine erschlaffte Halsmuskulatur zu vertrauen und zu hoffen, dass sein Kopf an Ort und Stelle blieb. Kurz machte er eine Bestandsaufnahme. Jetzt wo der Schulterknochen wieder an seinem Platz war, waren die Schmerzen gut auszuhalten. Seine Hand pochte dafür umso eindringlicher und sein Hals war ihm ein einziges Martyrium. Er konnte unter Schmerzen atmen, aber kaum schlucken. Die geschwollene Zunge und der gequetschte Kehlkopf hinderten ihn am sprechen. Schreiben konnte er mit der Hand wahrscheinlich auch längere Zeit nicht. Wie sollte er sich nur gleich verständlich machen. Aber es war ja bisher auch gegangen. Sein Boss hatte auch ohne große Worte verstanden, dass Tony in kein Krankenhaus wollte. Denn er wusste genau, würde er da heute einen Schritt hinein wagen, würden sie ihn nicht mehr gehen lassen und das wollte er auf alle Fälle vermeiden. Ziva wartete daheim auf ihn. Er war unsäglich müde, seine überstrapazierten Beinmuskeln drohten bei jedem Schritt zu versagen und die OP Narbe am Oberschenkel klopfte aufgrund der langen Belastung. Aber er war glücklich, glücklich das Ziva und Mia lebten, glücklich das Gibbs ihn gefunden hatte und glücklich überhaupt wieder nach Hause zu kommen. Der Weg zum Wagen nahm kein Ende und bei jedem Schritt schwanden seine Kräfte. Die letzten Meter musste Gibbs ihn mehr tragen, als das Tony noch fähig war zu laufen. Keuchend erreichten sie das Auto und Gibbs ließ ihn auf der Beifahrerseite einsteigen. Erst jetzt bemerkte er, wie steif seine Beine waren und dass er sie kaum zur Mitarbeit überreden konnte.

~~~***~~~

Gibbs half seinem Freund in den Wagen und legte ihm mitfühlend die Hand auf die Schulter, dann schwang er sich hinter das Steuer und warf noch einen Blick in den Rückspiegel zur Rückbank, wo die anderen drei saßen. Auch auf ihren Gesichtern sah man Freude und Erschöpfung aufgrund der anstrengenden Nacht. Es wurde Zeit das sie nach Hause kamen.

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Tony war während der Fahrt immer wieder eingeschlafen. Nur am Rande bekam er mit, wie Ducky im Auto einen zweiten Versuch unternahm, Gibbs zu überreden,  ihn in ein Krankenhaus zu bringen. Doch sein Boss blieb standhaft und hatte sich nicht von seinem Weg abbringen lassen. Tony konnte es hinterher nicht mehr beschwören, aber er hatte den Verdacht, dass sein Boss betont langsam fuhr und versuchte Schlaglöchern auszuweichen.

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„Jimmy, lass mich endlich vorbei. Sie muss es wissen“, kam es von Abby und sie versuchte Palmer mit ihrem Gibbs-Blick nieder zu starren, was ihr nur leidlich gelang.

„Nein, sie ist vorhin erst eingeschlafen. Wir sollten sie schlafen lassen, sie braucht den Schlaf.“

„JIMMY!?“, sagte Abby bedrohlich.

Der junge Mediziner schluckte. Auf keinen Fall wollte er sich die Kriminaltechnikerin zum Feind machen. „Abby, Ducky bringt mich um, wenn er das hier erfährt!“, erwiderte er darauf und hoffte auf ihr Verständnis.

„Besser er als ich. Ich kenn nämlich ganz scheußliche Arten der Tötung….“

„Was sollte ich erfahren?“, unterbrach da plötzlich Zivas Stimme von der Treppe her.

Abby strahlte Ziva an und hüpfte an Palmer vorbei, nicht ohne ihm einen weiteren bösen Blick zu zu werfen. „Ziva, Ziva, Ziva, sie haben Tony und sind schon auf dem Weg zurück“, kam es glücklich von ihr und sie eilte auf die Brünette zu. Diese hatte schon ihre Arme ausgestreckt und drückte Abby fest an ihr Herz. Der Stein der ihr gerade von der Seele fiel, war für sie laut und deutlich zu hören. Die Geräusche eines näher kommenden Autos, holten die beiden Frauen zurück in die Wirklichkeit.

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„Hey DiNozzo, aufwachen, wir sind da“ Gibbs schüttelte seinen Mann kurz an der unverletzten Schulter. „Meinst du, ich trag dich rein? Wenn das so ist, fahren wir doch noch ins Krankenhaus“, grummelte der Grauhaarige vor sich hin.

Tony blinzelte ins helle Sonnenlicht des neuen Tages. Jetzt war er auf den letzten Metern doch noch fest eingeschlafen. Mühsam brachte er seine Beine aus dem Wagen und ergriff Elis Hand um sich aus dem Auto ziehen zu lassen. Sie hatten gerade die Verandastufen erreicht, als Ziva und Abby aus dem Haus geeilt kamen. Eli sah seinen Schwiegersohn von der Seite an, so als schätze er ab, ob Tony in der Lage war alleine zu stehen, dann zog er sich mit einem Grinsen zurück und überließ seiner Tochter ihren Mann. Abby, die ebenfalls auf Tony zugehen wollte, wurde von Tim abgefangen und in eine feste Umarmung gezogen. Nach leichten Protesten und einigen leisen, ermahnenden Worten ließ sie sich jedoch wieder ins Haus ziehen.

~~~’***~~~

So schnell Ziva konnte, kam sie auf ihn zu und flog das letzte Stück in seinen Arm, den er lächelnd nach ihr ausstreckte. Auch Ziva lächelte und hatte ihre Arme um Tonys Hüften geschwungen, ihr Kopf lag auf seiner unverletzten Schulter. Mehr wollte sie erst einmal nicht. Sie brauchte einfach nur seine Nähe, das Wissen dass er das alles genau wie sie überlebt hatte.  Ihre Hände wanderten einfach nur über seinen Körper und Tony tat es ihr gleich, zufrieden auch sie lebend vorzufinden. So standen sie einige Minuten da, bis sein schwacher Oberschenkel unter ihm nachgab und er Ziva unter Stöhnen, mit auf den Boden zog. Sie löste sich etwas von ihm, um ihn in Augenschein nehmen zu können. Ihr Blick scannte seinen Körper. Soweit sie sehen konnte, war er nicht geschlagen worden, trotzdem war sein Hals und Teile seines Gesichtes blau angelaufen. Dann fand sie die Ursache für die Verfärbung und ihre Finger strichen zitternd über den Verband, der an einer Stelle schon wieder durchgeblutet war. Sie registrierte wie knapp er mit dem Leben davon gekommen war und sie ihn vielleicht hätte verlieren können. Sein rechter Arm war an seinem Körper fixiert, seine rechte Hand war angeschwollen und zwei Finger schienen gebrochen zu sein. Weiter unten konnte sie keine neuen Verletzungen ausmachen. Er war verletzt, aber er lebte und das war die Hauptsache, der Rest würde mit der Zeit wieder verheilen. Plötzlich veränderte sich ihre Gemütsfassung, sie boxte ihm gegen die scheinbar unverletzte Schulter und sah mit Genugtuung wie er schmerzhaft das Gesicht verzog, dann sprang sie wütend auf die Füße.

„Weißt du eigentlich, was du uns mit deinem Alleingang angetan hast? Was meinst du, wie ich mich gefühlt habe, als ich wach wurde und du nicht an meiner Seite warst. Als ich erfahren musste, was dein Gehirn sich wieder zurecht gesponnen hatte?“ Wütend lief sie vor ihm auf und ab und ihre Arme redeten mir ihr.

Tony sah ihr mit großen Augen zu. Gerade war sie noch das zärtliche und fürsorgliche Kätzchen und im nächsten Augenblick verwandelte sie sich wieder in die alte Ziva und zeigte ihre Krallen.

„Und Milena? Denkst du eigentlich einmal an deine Tochter? Was meinst du, warum sie sich ganz alleine aufgemacht hat dich zu suchen?“ Ihre Augen sprühten Funken in seine Richtung und er konnte darauf nichts erwidern, sondern sah ihr nur erschrocken zu und zuckte im selben Moment zurück, als Ziva sich wieder vor ihm auf die Knie fallen ließ. Doch jetzt waren ihre Augen wieder zärtlich und sie legte ihm eine Hand auf die Wange. Glücklich schenkte sie ihrem verdutzten Ehemann ein Lächeln und langsam, sehr vorsichtig nahmen ihre Lippen die seinen gefangen.

Der Kuss war nicht fordernd, sondern zärtlich und Tony hätte sie gerne länger geküsst, aber da seine Zunge immer noch um das Dreifache geschwollen war, beließ er es erst einmal dabei. Sich ihrer Liebe bewusst, schaute er auf die Frau in seinem Arm. Ihr Gesicht und die nackten Arme wiesen überall noch gelbgrüne Flecken auf, welche aber langsam schon zu verblassen schienen. Er wollte wissen, wie es ihren Nieren ging, wie krank Mia war und auch sonst hätte er ihr gerne so viel gesagt. Dass er so glücklich war das sie lebte, dass er sie liebte und es ihm leid tat, das die Hochzeitsfeier so ins Wasser gefallen war, aber noch immer konnte er nicht richtig sprechen. Kurz kniff er die Augen zu, bevor er sich räusperte und der Schmerz seine Stimmbänder entlang lief.

„Zi….a i…h“, resigniert schloss er wieder den Mund. Das hatte einfach keinen Sinn. Er legte seine Stirn an ihre und atmete, so tief wie es seine angeschlagene Lunge zuließ.

„Pssst Tony, nicht sprechen. Durch die Strangulation ist dein Kehlkopf wahrscheinlich gequetscht. Es dauert einige Zeit bis das heilt.“ Sie sah auf seinen rechten Arm und grinste ihn frech an. „Das wird eine verdammt harte Zeit für dich werden.“ Dann war plötzlich ihre Fröhlichkeit wie weg geblasen. „Ich hatte so eine Angst um dich.“ Als er wieder Anstalten machte, den Mund zu öffnen, legte sie ihm einen Finger auf die Lippen. „Pssst, ich weiß. Lass mich reden. Ich liebe dich, so sehr dass es mir beinah das Herz gesprengt hat, als mir Tim und Abby im Krankenhaus mitteilten, dass der Kerl dich gefangen genommen hatte. Von da an war ich kaum noch ich selber.“ Sie sah herunter auf seine Hand, die sie in ihrer hielt. „Als sie dann auch noch sagten, dass Mia ausgerissen war um dich zu suchen, hatte ich Angst, dass ihr mich beide verlassen würdet.“ Als sie den Druck auf ihren Fingern bemerkte, sah sie ihn aufmerksam an. „Mia?“, fragte sie und als er nickte fuhr sie fort: „Es geht ihr gut, sie schläft viel, aber das Fieber ist schon gefallen. Sie hat eine Mittelohrentzündung.“ Als sie sein besorgtes Gesicht sah, legte sie ihre Hand an seine Wange. „Das haben viele kleine Kinder. Es ist nicht so schlimm, Tony“, erklärte sie ihm.  „Komm, meinst du, du kannst noch einmal aufstehen, damit wir hier vom Boden weg kommen? Der ist immer noch ganz schön nass von dem Unwetter heute Nacht.“ Mit diesen Worten stand sie auf und hielt ihrem Mann die Hand entgegen.

~~~***~~~

Gibbs hatte strickt allen befohlen drinnen auf die Beiden zu warten, um ihnen etwas Privatsphäre zu lassen. Abby maulte zwar etwas, aber dem Blick ihres Silberfuchses widersetzte sie sich nicht.

~~~***~~~

Tony Senior saß vor dem erloschenen Kamin in einem großen Sessel. Den ganzen Morgen über hatte er so ein Beklemmungsgefühl beim Atmen. Seufzend kramte er das Nitrospray hervor. Wenn die Sache hier überstanden war, würde er die ausstehenden Untersuchungen über sich ergehen lassen. Es lohnte sich noch für ihn zu leben.

~~~***~~~

Eli stand im Schatten der Vorhänge und beobachtete seine Tochter, die in den Armen ihres Mannes lag. Die Tasse Tee, die er in der Hand hielt, war schon lange nicht mehr heiß, aber zum Trinken war er nicht gekommen. Jetzt sah er gerade, wie DiNozzo zum zweiten Mal hintereinander versuchte aufzustehen, aber kurz darauf mit seiner Tochter wieder auf dem Boden landete.

„Das kann man ja nicht mehr mit ansehen“, murmelte er vor sich hin und stellte mit einem lauten Knall seine Tasse auf die Fensterbank. Als er sich abwandte und zur Tür gehen wollte, wurde er von seiner Frau aufgehalten.

„Was hast du vor Eli?“, fragte sie und nagelte ihm ihren Zeigefinger an die Brust.

„Ich erschieße ihn jetzt, dann haben wir es alle hinter uns.“ Doch als er ihr entsetztes Gesicht sah, sagte er versöhnlich: „Ich helfe den Beiden rein. Was befürchtest du denn?“

Doch seine Frau strich ihm an der Stelle, an dem sie ihn vorher mit dem Finger gerammt hatte, leicht lächelnd über die Brust. Sie hatte es immer gewusst, tief in ihm steckte ein weicher, versöhnlicher Kern und an manchen Tagen ließ er ihn frei. Heute war scheinbar so ein Tag. Das war einer der Hauptgründe, das sie noch immer bei ihm war und so nickte sie ihm lächelnd zu.

TBC........................................
21. Kapitel

Tony war am Ende seiner Kräfte. Die Begrüßung war herzlich, aber kurz ausgefallen, da er sich kaum noch auf den Füßen halten konnte. Mit zwei Mann hatten sie Tony nach oben in sein Zimmer gebracht. Ducky würde gleich kommen und die nur notdürftig verbundenen Wunden weiter behandeln. Im Augenblick waren sie alleine und Tony lag halb liegend, halb sitzend auf dem Bett. Ziva machte sich daran ihm beim Ausziehen zu helfen. Ein Hemd trug er Gott sei Dank nicht mehr, trotzdem war das Ausziehen sehr anstrengend für ihn und seine Augen waren schmerzumwölkt. Als sie ihm die Hose von den Beinen ziehen wollte, klirrte es in ihrer Nähe.

„Der Schmuck“, schoss es Tony durch den Kopf.

Schnell hatte Ziva sich gebückt und die Teile aufgehoben. Dann sah sie ihren Mann fragend an. „Wie bist du denn daran gekommen? Ich habe die Sachen schon vermisst.“ Dankbar und gerührt schloss sie die Hand darum.

Tony machte mit der Hand eine Bewegung, die ihre Aufmerksamkeit forderte. „Gi…bs“, krächzte er und setzte in Gedanken ein „Ich erzähl es dir später“, dazu. Ziva legte sich die Kette sofort wieder um den Hals und legte nur das Armband auf den Nachttisch. Darum würde sie sich später kümmern.

Wenig später saß er nur noch in Boxershorts bekleidet auf dem Bett. Wirklich gut, fühlte er sich nicht. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet und er hatte die Augen fest zugekniffen, als könnte er so den Schwindel einfach ausblenden. Ziva stand besorgt vor ihm. Zum ersten Mal saß sie das ganze Ausmaß seiner Verletzungen. Durch den Verband an seiner Schulter schimmerten blaue Flecken. Aber auch seine andere Schulter war rund um das Gelenk leicht geschwollen und die Haut war auch dort blau grün verfärbt. Zärtlich fuhr sie mit den Fingern über seine Schulter, dabei biss sie sich auf ihre Unterlippe. Es tat ihr so unsäglich Leid, das das alles passiert war. Ihn hier so verletzt sitzen zu sehen, brach ihr das Herz.

Tony, der ihre Seelenpein bemerkte, hatte langsam ihre Hand von seiner Schulter genommen und zu seinem Mund geführt, jetzt setzte er auf jede Fingerspitze einen kleinen Kuss. Dann sah er an ihr vorbei zum Bad. Als sie seinen Blick bemerkte, folgte sie diesem.

„Du willst duschen? Jetzt?“, ihr Mann nickte ihr langsam zu und machte Anstalten aufzustehen. „Okay.“ Sie wusste genau, wenn Ducky mit Tony fertig war, würde er wahrscheinlich wieder reif für die Dusche sein, aber sie wollte ihm das bisschen Ehre nicht nehmen. Besorgt lief sie hinter ihm her, immer bereit ihn aufzufangen, doch halten würde sie ihn heute nicht mehr, dazu war ihr Körper noch zu geschwächt. Im Bad angekommen schlüpfte sie ebenfalls aus ihrer Kleidung und half ihm dann unter die Dusche.  Sie hatte keine erotischen Absichten, sie wollte einfach nur sicher sein, das er auch auf seinen Füßen blieb und ihr nicht noch in der Dusche umkippte.

Sie hatten es gerade wieder zurück zum Bett geschafft, als es auch schon an der Tür klopfte.
Geschwind zog sich die junge Frau noch ein Shirt über den Kopf und öffnete dem älteren Mediziner die Tür, während sich Tony langsam auf die Bettkante setzte.

„Na mein Junge, wie ich sehe, hast du dir erst einmal eine Dusche gegönnt? Und ihre habt meine Verbände dran gelassen! Gutes Mädchen“, sagte er in Zivas Richtung. „Dann wollen wir mal sehen.“ Vorsichtig schnitt er den Halsverband auf und schnalzte dabei mit der Zunge. „Er war ganz schön brutal?“ Was klang wie eine Frage, schien aber eher als Feststellung gedacht zu sein. Er zog die alten Mullkompressen ab und desinfizierte die Wunde noch einmal gründlich, bevor er neue Kompressen auflegte und den Hals wieder verband. „Da wird eine Narbe zurück bleiben“, sagte er kopfschüttelnd und besah sich als Nächstes Tonys OP Narbe. „Schmerzen im Bein?“, fragte er ihn und fingerte an der Narbe herum, die dick und rot abstach.

Tony sah ihn an und eine leichte Verzweiflung machte sich auf seinem Gesicht bemerkbar. Wie sollte er sich nur verständlich machen? Dann nickte er, zeigte auf die frische Narbe und anschließend schüttelte er den Kopf. Für Tony war es klar, was er damit mitteilen wollte, doch Ducky und Ziva sahen ihn fragend an. Sie verstanden ihn einfach nicht. Resigniert schloss er die Augen. „Nic..ht schli...er  als zuv..r!“, krächzte er und zuckte vor Schmerzen zusammen.

Duck legte ihm seine Hand auf die Schulter. „Nicht sprechen Tony.“

Der jüngere Ermittler warf dem Pathologen einen bösen Blick zu. Wie sollte er sich verständlich machen, wenn er nicht sprechen durfte oder konnte. Das war ja einerlei. Er spürte, wie Ziva sich neben ihn setzte und seine Hand in ihre nahm.

„Ich denke, Tony wollte uns mitteilen das sein Bein sich nicht anders anfühlt als vor dem allen. Richtig Tony?“

Gott sei Dank, wenigstens schien Ziva ihn zu verstehen und er nickte ihr dankbar zu.

„Wenn das so ist, will ich dich daran auch nicht länger quälen, sondern mir deine Hand ansehen. Hast du noch anderswo Schmerzen?“, fragte er erneut, doch diesmal schüttelte Tony nur den Kopf. „Also nein“, sagte er und wickelte den nassen Verband an der Schulter ab. „Am besten legst du dich kurz hin, dann können wir deine Schulter mit einem Kissen stützen. Versuch deinen Arm nicht zu viel zu bewegen, egal was gleich passiert“, sagte er und legte vorsichtig ein Kissen unter Tonys rechte Schulter. Dann streckte er langsam den Arm gerade aus und beobachtete dabei genau das Gesicht es jüngeren Mannes.

Tony war selbst überrascht, dass das Bewegen des Armes und der Schulter ihm kaum noch Schmerzen bereitete und wartete auf die Dinge, die Duck jetzt mit seinen gekrümmten Fingern anstellen wollte.

Ziva, die beim Mossad eine medizinische Grundausbildung absolviert hatte, wusste was nun folgen würde. Sie rutsche hinter Tony und nahm seinen Kopf auf ihre Knie. Seine Hand hielt sie dabei weiterhin  fest umschlossen, dann nickte sie Ducky zu.

Und bevor Tony sich besah, hatte Ducky schon einen seiner Finger lang gezogen und den überstehenden Knochen wieder begradigt. Der junge Mann schnappte nach Luft und verstärkte den Griff um Zivas Hand. Oh verdammt tat das weh, dachte  sich Tony und konnte nur mit Mühe ein Wegziehen seiner Hand verhindern. Ziva beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Das war der erste, den zweiten schaffst du auch noch“, flüsterte sie in sein Ohr und strich ihm beruhigend durch die Haare.

Doch Tony zogen da ganz andere Dinge durch den Kopf. Eigentlich hatte er für heute genug. Vielleicht hätte er doch in ein Krankenhaus fahren sollen, da hätte er wenigstens ein Schmerzmittel bekommen, aber so.... Tony zuckte zusammen und stöhnte laut auf. Seinen schmerzenden Hals, bemerkte er gar nicht mehr. Die Schmerzen, die seinen Arm hochschossen waren so dominant, dass ihm leicht schlecht wurde. Während er noch seine Lage überdacht hatte, hatte sich Ducky an das Richten des zweiten Fingers gemacht und ihn damit völlig überrascht.

„Tut mir leid mein lieber Junge, aber du wolltest es ja auf die harte Tour. Der zweite Finger war etwas komplizierter. Aber jetzt hast du es überstanden“, sagte er und tätschelte Tonys Bein, während er dabei die beiden Finger auf ein dünnes Brettchen legte und mit Mullbinden verband. „Trotzdem werden wir Morgen ins Krankenhaus fahren. Ich möchte, dass deine  Schulter geröntgt wird und deine Hand auch. Nicht auszudenken, wenn deine Finger steif werden sollten“, während er sprach, hatte er Tonys Verband fertig gestellt und legte den Arm wieder vorsichtig auf Tonys Bauch.

Ziva hatte immer noch eine Hand in Tonys Haaren. „Wenn er Morgen früh aufstehen will, dann soll er die Schlinge hier tragen. Das ist bequemer als wenn ich ihm den Arm wieder fixiere. Und so wenig wie möglich bewegen. Und er soll nicht so viel sprechen, sonst können die Stimmbänder nicht heilen.“  Da Tony seine Augen immer noch geschlossen hatte, sprach der alte Pathologe zu Ziva. „So jetzt lass ich euch wieder alleine. Wenn was sein sollte, ich bin unten. Im Moment habt ihr den Luxus, drei Ärzte im Haus zu haben. Dann nutzt es auch und Ziva?“

Sie sah ihn fragend an. „Ja Ducky?“

„Vergesse nicht, dass du jede Stunde einen Liter Wasser trinken musst. Das ist  wichtig, sonst bist du schneller wieder im Krankenhaus als dir lieb ist.“ Als er sie nicken sah, schloss er die Tür hinter sich.

„Du kannst deine Augen jetzt wieder öffnen, er ist weg“, sagte sie schmunzelnd.

Tony öffnete erst eins, dann das nächste Auge und schaute  sich aufmerksam im Raum um, lächelnd streckte er nach Ziva eine Hand aus. „M....a?“, krächzte er.

Seine Stimme klang in Zivas Ohren immer schlimmer. Sie legte ihm wieder einen Finger auf die Lippen. „Nicht sprechen, du hast Ducky gehört.“ Er nickte und versuchte aufzustehen. Ziva drückte ihn mit einer Hand wieder nieder. Sie selbst fühlte sich noch schwach, aber Tony war gegen sie ein Lämmchen, dachte sie grinsend. „Bleib liegen, ich hol sie.“ Schnell stand sie auf und verließ den Raum.

Kaum war die junge Frau aus der Tür, verzog er schmerzhaft sein Gesicht und drehte sich etwas auf die linke Seite, um die rechte zu entlasten. Dann legte er die gesunde Hand auf die gebrochenen Finger und strich sanft darüber. Der Schmerz schoss kurz, aber heftig durch seine Hand. Wie konnten zwei so kleine Finger nur so weh tun. Als er Geräusche auf dem Flur hörte, versuchte er krampfhaft seine zerknitterte Stirn zu glätten. Mia sollte nicht sehen, dass er Schmerzen hatte. Mühsam und schmerzhaft kämpfte er sich in eine sitzende Position und zog sich an die Rückwand des Bettes.

~~~***~~~

Eli stand draußen an Mias Baumhaus und telefonierte schon seit fast einer Stunde. Ruth beobachtete ihren Mann nun schon geraume Zeit. Da er Hebräisch sprach, nahm sie an, dass er mit seinem Büro telefonierte. Verstehen konnte sie aber nichts, dafür war er zu weit weg.  Sie warf einen Blick herüber zu Gibbs und sah, dass auch ihm Davids Telefonat aufgefallen war. Jetzt wo Tony wieder da war, war die seltsame Starre von allen abgefallen. Im Haus herrschte wieder das geschäftige Treiben, das ihr auch schon vor der Hochzeit aufgefallen war. Die jungen Leute saßen draußen auf der Terrasse. Tim musste zum x-ten Mal die Geschichte von Tonys Befreiung erzählen. Ducky und Gibbs beratschlagten gerade, wie sie am besten Tony zum Krankenhaus brachten und Anthony Senior saß etwas blass in seinem Sessel vor dem Kamin. Um ihn machte sich Ruth ein paar Gedanken. Mit so einem Schwächeanfall war nicht zu spaßen und da er bereits für Notfälle ein Nitrospray bekommen hatte, wusste er mehr, als er allen anderen bereit war zu erzählen. Eli und sie hatten sich vorgenommen noch eine Woche zu bleiben, dann würden sie wieder nach Israel fliegen. Auch dort ging ihr Leben weiter.

~~~***~~~

Leise, um sie nicht zu wecken, öffnete Ziva die Tür zu Mias Zimmer. Doch ihre Vorsicht war umsonst. Milena saß im Bett und unterhielt sich gerade mit ihrer Puppe. Verdutzt blieb Ziva im Schatten der Tür stehen. Leise und unauffällig lauschte sie den kindlichen Ergüssen.

„Siehst du Puppe, das ist Peppo. Ich hatte gestern gar keine Zeit euch vorzustellen. Peppo, das ist Puppe“, sagte sie feierlich und führte die beiden Küsschen gebend zusammen.  „Peppo gehört Daddy“, dann hörte sie scheinbar ihrer Puppe zu. „Ich weiß nicht Puppe. Ich hab Daddy ja gestern nicht mehr gefunden. Vielleicht ist er ja schon im Himmel bei den Engeln“, erklärte sie traurig ihrer Gefährtin.

Ziva hatte genug gehört. Schwungvoll öffnete sie die Tür. „Hallo Engelchen, wie lange bist du denn schon wach?“, fragte sie gleich, setzte sich auf die Bettkante und legte ihr die Hand auf die Stirn.

„Mommy“, kam es freudig und Milena krabbelte auf Ziva zu und ließ sich in die Arme nehmen. „Noch nicht lange, ein bisschen nur. Puppe hat sich gefragt, wer das pelzige Tier im Bett ist.“

„Mhmm, dein Fieber scheint gefallen zu sein. Tun dir die Ohren noch weh?“

Mia schüttelte den Kopf. „Nein, nur manchmal. Ist aber nicht mehr so schlimm.“

„Meinst du, du bist schon wieder so fit, das wir beide einen Ausflug machen können?“, fragte sie geheimnisvoll.

„Immer, wo gehen wir hin? Zu Sheila?“

„Sheila?“, fragte Ziva verwirrt.

„Der Hund, der mich im Sturm gefunden hat.“

„Ach ja, der Hund. Aber nein, zu dem gehen wir im Moment noch nicht.“

Geschwind war die Kleine aus dem Bett und wollte auf nackten Füßen Richtung Tür, doch Ziva hielt sie auf. „Halt, erst Pantoffel an und zieh dir den Morgenmantel über. Ich will nicht, dass dein Fieber wieder steigt“, wies sie die Kleine an und nahm sie anschließend an die Hand. Zusammen verließen sie das Zimmer.

~~~***~~~

Sie hatten es ja nicht weit bis zum Nachbarzimmer. Als Mia merkte, dass Ziva vor dem gemeinsamen Zimmer stehen blieb, sah sie sie mit großen Augen an und ihre Mommy nickte ihr lächelnd zu und öffnete die Tür. Mia warf zuerst einen zaghaften Blick ins Zimmer, aber als sie dann ihren Vater an der Rückwand des Bettes gelehnt sitzen sah, war sie nicht mehr zu halten.

„Daddy“, quietschte sie los und raste auf ihn zu. Bevor Ziva sie aufhalten konnte, war sie schnell wie der Wind auf das Bett gekrabbelt und hatte schon ihre Arme um seinen Hals geschmissen. Ziva, die in der Tür stehen geblieben war, verzog aus Mitgefühl mit ihrem Mann ebenfalls schmerzhaft das Gesicht. Aber Tony hatte sich schnell wieder gefangen, umarmte seine kleine Tochter mit seinem gesunden Arm und drückte sie fest an sich.

„Daddy, ich habe dich in der Nacht überall gesucht. Aber ich konnte dich einfach nicht finden und dann kam ein Gewitter und die Meerjungfrau wollte mich mit ihrem kalten Schwanz ins Meer locken, aber dann kam Sheila und hat sie verjagt. Peppo und Puppe waren auch dabei  und ich wollte sie streicheln, hinter den Ohren und dann bin ich im Haus der Frau eingeschlafen und dann....“ Ihr Redefluss war kaum zu  stoppen, doch dann fiel ihr plötzlich auf, dass ihr Vater keine Antwort gab. Verblüfft sah sie von ihm zu Ziva und wieder zurück. Erst jetzt fielen ihr die Verbände auf und sie rutschte etwas von ihm weg. „Warum sagst du nichts?“, fragte sie zaghaft.

Ziva lächelte sie an. „Dein Dad kann im Moment nicht sprechen. Sein Hals ist verletzt. Kannst du dich noch an deine Halsschmerzen erinnern, da konntest du doch auch nicht mehr sprechen. So, nur noch etwas schlimmer. Das wird aber wieder“, erklärte sie ihr.

„Ehrlich?“, fragte Mia misstrauisch.  

„Ehrlich!“, sagte Ziva und hoffte, dass dem auch so wäre.

„Gut“, kam es von der Kleinen. „Dann kann ich dir ja alle Geschichten die ich kenne erzählen. Oder ich berichte dir von meiner Kindergartengruppe. Mmmm“, nachdenklich fasste sie sich ans Kinn. „Ich weiß jetzt gar nicht wo ich anfangen soll?“

Ziva sah Tonys gehetzte Blicke und schmunzelte bei dem Anblick der Beiden. Mia hatte es sich zwischen seinen Beinen gemütlich gemacht und wollte gerade eine ihrer Geschichten zum Besten geben, als sie plötzlich wieder aufsprang, sodass sie mit ihrem Hinterkopf an die Schulter ihres Vaters stieß. Sein schmerzhaftes Schnauben bekam sie nicht mehr mit, so schnell war sie aus dem Zimmer gerannt.

Tony hatte seine Hand zur Schulter geführt, rieb den schmerzenden Punkt, als sie auch schon wieder um die Ecke gestürzt kam. Diesmal war Ziva schneller und fing sie im Lauf ein.

„Halt, nicht so schnell. Dein Dad ist verletzt. Langsam, hörst du“, und als Mia feierlich  nickte, ließ sie sie wieder los und die Kleine schlich auf Zehenspitzen zum Bett zurück.

„Daddy schau, kennst du den noch? Das ist Peppo. Jedenfalls hat das Grandpa erzählt. Darf ich den behalten?“ Sie hatte ihren Kopf leicht schräg gelegt und sah ihn mit ihren grünen DiNozzo Augen an.

Tony nahm ihr das Äffchen aus den Fingern. Langsam kamen längst verdrängte Erinnerungen  hoch. Ja, er erinnerte sich nur zu gut an Peppo. Als Kind hatte er dieses Stofftier geliebt. Doch irgendwann war er zu alt geworden für so ein Gehabe und er hatte bis heute nicht mehr an Peppo gedacht. Es wunderte ihn, dass sein Vater ihn aufgehoben hatte. Seine Finger fuhren über das mottenzerfressene Fell. Dann nickte er ihr zu.

„Danke, danke. Peppo und Puppe passen auch ganz toll zusammen“, erklärte ihm seine Tochter und machte es sich wieder zwischen seinen Beinen gemütlich. Ihr Vater legte seinen funktionierenden Arm um sie und zog sie eng an sich heran. Dann hob er die Hand und winkte Ziva zu sich.

TBC.........
22. Kapitel


Die Sonne war schon vor ein paar Stunden aufgegangen. Ziva lag, völlig bekleidet, auf der Seite im Bett und beobachtete Tony und seine Tochter beim Schlafen. Sie waren alle drei zusammen im Bett eingeschlafen, aber kurz nach vier Uhr hatte Milena angefangen im Schlaf zu weinen. Tony hatte davon nichts mitbekommen, aber Ziva war sofort wach geworden und hatte die Kleine in ihre Arme gezogen. Mia wurde gar nicht richtig wach, beruhigte sich aber gleich und schlief noch in ihren Armen wieder ein. Die Brünette legte sie zurück neben ihren Vater. Von da an war an Schlaf nicht mehr zu denken. Liebevoll beobachtete sie ihren frisch angetrauten Ehemann. Selbst im Schlaf waren seine Gesichtszüge aufgrund der Schmerzen verkrampft. Leichte Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Er hatte seit gestern Abend seine Lage nicht verändert, er lag immer noch auf dem Rücken und ein Kissen stützte seine rechte Schulter. Ziva warf einen Blick zur Uhr. Langsam würde sie ihn wecken müssen, wenn sie noch in Ruhe frühstücken wollten. Ducky hatte es sich in den Kopf gesetzt, sie und Tony so schnell als möglich ins Krankenhaus zur Untersuchung zu bringen. Am liebsten hätte er das schon gestern Abend gemacht, aber Gibbs wollte Tony etwas Erholung gönnen und sie hatte fleißig, um Duckys Wohlwollen zu bekommen, Liter für Liter Stilles Wasser und Tee getrunken. Jetzt streckte sie ihre Hand aus und strich ihm zärtlich über die Wange. „Hey Tony, aufwachen. Wir müssen gleich los.“

Unerwartet öffnete er seine tiefgrünen Augen sofort.

„Wie lange bist du schon wach?“, fragte sie ihn und wusste sofort, dass er ihr die Antwort schuldig bleiben würde.

Er hob die Hand und machte eine Bewegung, die alles aussagen konnte, aber Ziva nahm das mal als ein „schon länger“ und lächelte ihm zu. Ab jetzt würde sie versuchen die Fragen so zu stellen, dass ein einfaches Nicken von ihm ausreichte. „Hast du noch starke Schmerzen?“ Wieder ein nicken. Weiter brauchte sie auch nicht fragen, den Rest konnte sie sich selber zusammen reimen. „Komm, schaffst du es alleine ins Bad?“ Wieder nickte er und sah dann an ihr vorbei zur Dusche. „Oh nein, heute Morgen nicht. Wenn alles okay ist, dann machen wir das nach dem Untersuchungstermin. Einverstanden?“ Er wiegte leicht den Kopf, nickte aber dann. Vorsichtig nahm er seinen Arm vom Kissen, stützte ihn mit der gesunden Hand und zog die Beine über den Bettrand. Ziva sprang schnell auf und hielt ihm die Hand hin, um ihm hoch zu helfen, dann sah sie ihm besorgt hinterher. Sie hoffte nur, dass im Krankenhaus wirklich nichts schwerwiegendes gefunden werden würde und machte sich daran, Milena zu wecken.

~~~***~~~

Mias Appetit war mit dem Fallen des Fiebers wieder erwacht und Susan, die Haushälterin, ließ es sich nicht nehmen Vater und Tochter soweit es in ihrer Macht stand, zu verwöhnen. Für Milena gab es ihre heiß geliebten Pancakes und für Tony eine Suppe ohne Einlage, weil er im Moment noch nichts anderes schlucken konnte. Und selbst da, waren es nur wenige Löffel, die er zu sich nahm. Bei jedem Schluck den er tätigte, kam es ihm vor als wenn er gleichzeitig ein Messer mit hinunter würgte. Außerdem tat ihm jeder Knochen seines Körpers weh, was seinen Appetit nicht gerade anfachte. Die hübsche junge Frau, die wenig später mit einem großen Hund in der Tür stand, hätte er beinahe nicht wiedererkannt. Die kleine Zahnlücken-Maggie, schoss es ihm durch den Kopf und er hätte sich gerne für ihre Hilfe bei der Rettung seiner Tochter bedankt, aber leider brachte er immer noch kein verständliches Wort heraus. Bei Margret schien sein Dank aber auch so anzukommen, denn sie strahlte ihn unverwandt an und setzte sich dann wie selbstverständlich neben Jimmy. Mia unterdessen ließ sich auf die Knie fallen und kraulte Sheila wieder hinter dem Ohr, was diese sich nur zu gerne gefallen lies. Tony sah indessen wieder zu seinem Autopsie-Gremlin herüber. Auch bei ihm würde er sich noch einmal ausführlich bedanken müssen und bei der Gelegenheit würde er auch gleich einmal nach dem rechten in Sachen Maggie fragen. Irgendwas schien zwischen den Beiden abzugehen, dachte er schmunzelnd.

~~~***~~~

Ziva saß jetzt schon einige Zeit im Wartebereich des Krankenhauses, neben ihr saß Mia und zappelte mit den Beinen und daneben saß ihr Boss, der die Kleine mit einem Fingerspiel beschäftigte. Sie waren gleich nach dem Frühstück losgefahren und Gibbs hatte alle Hände voll damit zu tun gehabt, Abby davon abzuhalten, mitzukommen. Sie hatte zwar etwas getrotzt, sich dann aber seinem Blick gefügt. Viel lieber hätte es Ziva gesehen, wenn Tonys Vater sich dazu durch gerungen hätte mitzukommen. Ihre Mutter hatte ihr ihre Bedenken, bezüglich seines Herzens geäußert, aber der alte Herr hatte seinen Sohn nur in die Arme gekommen, ihm während seines Monologes viermal Junior genannt und sich vehement geweigert mitzukommen.

Wieder sah Ziva zur Tür. Warum dauerte das nur so lange, fragte sie sich. Ihre Untersuchung war schnell abgeschlossen gewesen und Dr. Skinner war mit ihren Ergebnissen mehr als zufrieden. Ihre Nieren arbeiteten wieder im Normalbereich eines durchschnittlichen Menschen und es waren keine Langzeitschäden zu befürchten. Aber sie würde in der nächsten Zeit jede Woche einmal zur Kontrolle zum Arzt müssen. Auch Mia war von einem Ohrenarzt untersucht worden. Aber auch hier konnte nichts Schlimmeres wie eine bereits abklingende Mittelohrentzündung festgestellt werden. Sie würde noch ein paar Tage ihre Medikamente nehmen müssen, aber in einer Woche sollte alles überstanden sein. Ziva bewunderte ihren kindlichen Elan. Gestern hatte sie noch hohes Fieber gehabt und heute hatte sie schon wieder nur Unfug im Kopf. Zum wiederholten Male zeigte ihr der Grauhaarige wie sie ihre Finger halten musste, um den Faden richtig abnehmen zu können. Ziva bewunderte auch ihren Boss für seine Geduld, die ihr im Moment gänzlich abhanden gekommen war.  

„Was machen die mit Daddy?“, fragte sie ihren Onkel.

„Oh ich weiß nicht, aber ich denke sie untersuchen ihn die ganze Zeit.“

„Muss er hier bleiben?“, Mia erinnerte sich noch mit Grauen an die Zeit, in der ihr Vater schon einmal im Krankenhaus hatte liegen müssen.

„Onkel Ducky wird das nicht zulassen. Wir nehmen ihn wieder mit nach Hause.“

„Bestimmt?“

„Großes Indianer Ehrenwort“, sagte er feierlich und hob dabei seine Hand ans Herz. Eine Geste, die Ziva schmunzeln ließ. Ihr Boss konnte gut mit Kindern umgehen. Es war eigentlich eine Schande das er keine eigenen mehr hatte. Aber mit Tabitha war ihm eine neue Chance geschenkt worden und man würde sehen was die Zukunft brachte.

„Komm Mia, wir suchen mal die Cafeteria. Ich brauch einen Kaffee und du sagst sicher nicht nein zu einem Eis?“, fragte er die Kleine und riss Ziva damit aus ihren Gedanken.

„Oh das wäre ganz klasse, Onkel Jethro“, sagte sie und sprang schon von ihrem Stuhl herunter, als ihr plötzlich was einfiel. „Sollen wir dir was mitbringen, Mommy?“

„Nein Danke Ihr zwei“, mit diesen Worten nickte sie Gibbs dankend zu und sah den Beiden hinterher. Warum dauerte das nur so lange. Was, wenn sich der alte Bruch verschoben hatte. Immerhin waren ihm der Marknagel und die Platten erst vor einer Woche entfernt worden und sie hatte beobachtet, dass er schlimmer hinkte als zuvor. Sorgenvoll warf sie wieder einen Blick auf die immer noch geschlossene Tür. Sie wollte gerade aufstehen um sich etwas die Beine zu vertreten, als endlich die Tür zum Behandlungsraum aufging und Ducky in Begleitung eines weiteren Arztes auf sie zukam. Von Tony fehlte allerdings jede Spur.

„Mrs. DiNozzo?“, sprach der Arzt sie an.

Noch immer kam ihr der Name, im Zusammenhang mit ihrer Person seltsam fremd vor. Unsicher sah sie den Arzt an und wappnete sich schon innerlich der Nachrichten, die er ihr überbringen würde. Duckys verschlossener Gesichtsausdruck sagte ihr alles. „Ja, das bin ich.“

Der Arzt hielt ihr die Hand hin. „Mein Name ist Dr. Walther. Ich bin der zuständige Arzt“, sagte er und setzte sich neben sie.  „Wissen Sie, Ihr Mann hatte großes Glück. Sein Kehlkopf und die Stimmbänder wurden schlimm gequetscht. Wir haben den Hals gescannt. Es wird einige Tage dauern bis er wieder problemlos sprechen kann, aber seine Stimmbänder werden wieder verheilen. Wenn die Schlinge ihn nur ein wenig weiter unten erwischt hätte, dann wäre er erstickt. Das dem nicht so ist, hat er seinen Reflexen und seinen Fingern zu verdanken. Sie haben die Schlinge von ihrer Hauptarbeit abgehalten. Die Brüche an den Fingern sind von einfacher Natur und wurden bereits gut gerichtet. Überhaupt hat ihr Pathologe hervorragende Arbeit bei der Erstversorgung geleistet. Die linke Schulter wurde arg strapaziert und die Sehnen und Bänder überdehnt. Mehr ist Gott sei Dank nicht passiert. Und ab jetzt benötige ich ihre Mithilfe. Die rechte Schulter ihres Mannes hatte eine Luxation, das heißt die Gelenkkugel wurde aus der Schulterpfanne gesprengt. Dabei wurde die, für die Stabilität des Schultergelenks wichtige Gelenklippe, die Labrum, abgerissen. Dieser Abriss führt zu einer bleibenden Instabilität der Schulter. Dann genügen bereits harmlose Alltagsbewegungen um eine erneute Ausrenkung auszulösen. Ebenso ist ein vorzeitiger Verschleiß des Gelenkknorpels möglich.“ Hier machte Dr. Walther bewusst eine Pause um der jungen Frau Zeit zu geben über das Gesagte nachzudenken und erst als er Ziva nicken sah, fuhr er fort: „Diese gefürchteten Spätfolgen lassen sich schonend, sicher und risikoarm mithilfe einer Schulterarthroskopie vermeiden.“ Wieder wartete er auf ihr Zeichen.

„Und was wollen sie jetzt damit sagen?“, fragte ihn die Brünette.

„Noch vor einigen Jahren gehörten Schulteroperationen zu den besonders risikoreichen Eingriffen und die erzielten Ergebnisse waren häufig nur mäßig befriedigend. Durch die Arthroskopie ist es jedoch möglich, die Beweglichkeit vollständig wiederherzustellen und die Stabilität des Schultergelenks auch langfristig sicherzustellen. Außerdem sind mit ihr weniger Risiken verbunden. Aufgrund der minimal-invasiven Schnitttechnik sind die postoperativen Schmerzen geringer, die Rekonvaleszenz ist kürzer und das Gelenk ist wieder rascher belastbar. Bei der OP wird dann die Gelenklippe mit einer hauchdünnen Nadel wieder angenäht.“ Abwartend sah er sie an.

„Wann wollen Sie operieren?“, fragte sie den Mediziner.

Dr. Walther druckste etwas herum. „Es ist zwar nur eine Schlüsselloch Operation, aber die Voraussetzung ist, dass dieser technisch sehr anspruchsvolle Eingriff von einem Spezialisten durchgeführt wird, der über eine fundierte Erfahrung auf dem Gebiet der  Schulterarthroskopie verfügt und genau da liegt das Problem. Wir haben leider keinen Spezialisten und auch nicht die notwendige Ausstattung. Darum müssen wir ihren Mann in ein Krankenhaus nach New York verlegen. Wir haben bei der dortigen Orthopädie schon um einen Termin nachgefragt, und man hat uns einen OP Termin für morgen früh zugesagt. Wir haben Glück, denn auf dem Dach steht ein Helikopter bereit, der einen Schwerstverletzten nach New York bringen soll, da könnte ihr Mann mitfliegen.“

Ziva schluckte vernehmlich.  So hatte sie sich den Untersuchungstermin nicht vorgestellt und sie wollte sich auch nicht schon wieder von Tony trennen. „Wie lange müsste er in der Klinik bleiben?“, fragte sie schweren Herzens.

„Oh wenn alles zur Zufriedenheit abläuft, dann können Sie ihn morgen nach der Narkose, ich denke mal am späten Nachmittag oder am frühen Abend, wieder mitnehmen.“

„Wie ginge es dann weiter?“, fragte sie nach.

„In den ersten Wochen nach dem Eingriff müsste er eine Armschlinge zur Entlastung des Schultergelenks tragen. Der  Heilungsprozess wird durch eine Physiotherapie unterstützt, die auf eine immer weitere Steigerung der Beweglichkeit abzielt. Ab der sechsten Woche ist die Schulter wieder normal belastbar, ab der zwölften Woche ist dann auch wieder Sport möglich.“

Sie nickte dem Arzt zu. „Weiß er es schon?“

„Ja und er ist nicht begeistert, kann ich ihnen sagen. Genau darum benötige ich auch ihre Hilfe. Denn wenn er sich wirklich gegen eine Operation entscheidet, dann kann ihm, zum Beispiel beim Hochheben seiner Tochter, der Arm auskugeln. Ich bin mir nicht sicher, dass er sich dieses Risikos bewusst ist. Außerdem kann ich den Helikopter nicht aufhalten. Er muss wenn, jetzt mit. Bitte reden Sie ihm gut zu. Sie haben 15 Minuten Zeit.“

Zum ersten Mal mischte sich nun Ducky ein. „Ziva meine Liebe, unser Anthony hat wohl auf stur geschaltet. Versuch ihn bitte umzustimmen. Das ist kein Bänderriss, der auch so wieder verheilt. Ich habe es mir ja gleich gedacht. Ich hätte schon gestern auf ein Krankenhaus bestehen sollen.“, fügte er, mehr an sich selber gerichtet, hinzu.

„Worauf hättest du bestehen sollen?“, hörten sie da eine Stimme hinter sich.

„Das wir ihn gestern schon in ein Krankenhaus hätten bringen sollen, Jethro“, kam es von dem älteren Mediziner, doch als sein Freund ihn verständnislos ansah, setzten sie ihn schnell in Kenntnis.

Milena hatte sich still und leise auf einen Stuhl gesetzt. Also musste ihr Vater doch wieder im Krankenhaus bleiben, dabei hatte Onkel Jethro ihr doch was anderes versprochen.  

Ziva stand bereits, als sie sagte: „Wo ist er?“

„Kommen Sie mit, ich bringe Sie zu ihm“, kam es von dem Mediziner und sie folgte dem Arzt.
„Wenn er Probleme macht, sag mir Bescheid. Dann rede ich mit ihm“, rief ihr Gibbs hinterher, doch Ziva winkte nur ab. Sie würde das schon schaffen. Immerhin war sie bei ihrer Mutter in die Lehre gegangen und kannte sich mit Tonys Sturkopf mittlerweile ganz gut aus.

TBC...............................
23. Kapitel


Als Ziva den Raum in der Notaufnahme betrat, lag Tony mit hoch gestellten Kopfteil auf einem Bett. Erschöpft lehnte sein Kopf an den Kissen. Sein rechter Arm steckte in einer Schlinge und seine beiden Finger hatten einen Gipsverband bekommen, der an seinem Handgelenk endete. Mit dem linken Arm hielt er unterstützend den rechten. Der Verband um seinen Hals war entfernt worden und nur die offenen Stellen waren noch von Pflastern bedeckt. Die rote Strangulationsnarbe hob sich von seinem ansonsten eher bleichen Gesicht ab. Er hatte dunkle Ränder unter den Augen, die heute früh noch nicht so sichtbar waren. Sein Hemd war offen und lag nur über seinen Schultern. Das Haar war durch geschwitzt, was zum einen an der Wärme hier im Zimmer liegen konnte, zum anderen aber, was wahrscheinlicher war, an der eben durchgestandenen Prozedur, die er über sich hatte ergehen lassen müssen.

Als sein Blick den ihren traf, erhellte sich sein Gesicht, nur um sich Sekunden später wieder zu verdunkeln. Oh nein, waren seine ersten Gedanken. Diesen Gesichtsausdruck hatte er im Hause David nur zu häufig gesehen. Betont langsam schüttelte er den Kopf, hielt dabei aber ihren Blick fest. NEIN, er würde in kein Krankenhaus mehr gehen und NEIN, er würde sich auch nicht operieren lassen, sagte dieser Blick. Er kniff leicht die Augen zusammen und wartete auf die Reaktion seiner Frau. Doch Ziva sagte nichts, während sie sich dem Bett näherte. Vom Nachttisch nahm sie einen Lappen und wusch ihm die Schweißperlen von der Stirn, dann gab sie ihm an der Stelle einen Kuss. Verwirrt sah Tony zu ihr auf. Die Begrüßung hatte er sich jetzt doch anders vorgestellt. Immerhin hatte er sich bereit erklärt mit ins Krankenhaus zu kommen und er wollte unbedingt wissen wie es Zivas Nieren ging. Doch sie lies ihm keine Zeit sich verständlich zu machen.

„Du weißt was passiert, wenn du dich nicht operieren lässt?“ Zufrieden sah sie sein Nicken. „Und du weißt auch noch, wie viel Schmerzen du hattest als die Schulter aus dem Gelenk sprang?“

Als wenn er das jemals vergessen könnte. Alleine der Gedanke genügte, das ihm der Schweiß auf die Stirn trat.

Wieder sah sie sein Nicken. „Gut. Dann kann ich dir jetzt eine gute Nachricht geben. Je häufiger es passiert um so weniger wird es weh tun und das einrenken kann ich dann übernehmen. Theoretisch weiß ich wie das geht“, fügte sie mit einem kleinen sadistischem Lächeln hinzu.

Wieder dieser Gesichtsausdruck. Tony lief ein Schauer über den Rücken und sein Blick schwang zwischen Stur und Ängstlich hin und her.

„Willst du weiterhin mit Mia Helikopter spielen?“ Sie fragte ihn fast belanglos und sah ihn aber aufmerksam an.

Klar wollte er. Milena liebte das Spiel, genauso wie er, aber langsam wurde sie leider zu groß dazu. Er sah seine Frau mit hochgezogenen Augenbrauen an und nickte er langsam zu. Worauf wollte die hinaus?

„Willst du wieder arbeiten?“ Diese Frage kam provokativ von ihr.

Die Arbeit war sein Leben. Er wurde jetzt schon irrsinnig, wenn er an die kommende Ausfallzeit dachte. Er langweilte sich immer so schnell zu Hause.

Ziva deutete seinen Blick richtig. „Du fliegst jetzt mit und lässt dich operieren und Mia und ich holen dich morgen ab und dann verbringen wir unseren Urlaub zusammen. So wie es geplant war und danach werden wir sehen. Ich spreche mit Gibbs. Okay?“

Der Blick den er ihr zuwarf, kam von der Seite und war mehr als skeptisch. Nichts war OKAY. Immerhin war das seine Schulter die aufgeschnitten werden sollte. Er hatte genug von solchen Operationen.

„Ich kann ihn auch gleich holen Tony? Er sitzt im Wartebereich, wenn du…“, während sie sprach drehte sie sich schon wieder um zur Tür, als sie hinter sich ein Krächzen vernahm. Mit einem Grinsen im Gesicht blieb sie stehen. Bevor sie sich wieder zu ihm umdrehte, versteckte sie ihr Lächeln und kam wieder auf sein Bett zu. Ziva beugte sich vor und gab ihm nun einen zärtlichen, aber auch sehnsüchtigen Kuss auf den Mund. Dieser Mann würde sich noch einmal mit seiner Sturheit ins Grab bringen. „Ich sage dann dem Arzt Bescheid.“ Wieder gab sie ihm einen Kuss auf die Lippen. „Und danach“, flüsterte sie in sein Ohr. „Holen wir alles nach. Immerhin hast du noch nicht dein Hochzeitsgeschenk bekommen“, sagte sie mit verheißungsvoll klingender Stimme, so dass er schwer schlucken musste, während ihr Finger langsam über seinen Oberkörper nach unten strich.

~~~***~~~

Während Tony im Rollstuhl zum Helikopter auf das Dach gefahren wurde, saß Mia rücklings  auf seinem Schoß und sah ihrem Vater in die Augen. Seinen gesunden Arm hatte Tony ihr um die Hüften gelegt, um sie auf seinen Knien zu halten.

„Ich will nicht das du gehst, Daddy“, kam es trotzig von der Kleinen. „Onkel Jethro hat mir versprochen das wir dich heute wieder mitnehmen können.“ Wütend warf sie ihrem Onkel einen Blick aus grün-blitzenden Augen zu. Die Schwester die den Rollstuhl schob grinste von einem Ohr zum anderen. Die Kleine und ihr Vater waren in ihrer Verzweiflung einfach zu drollig.

Tony warf Ziva einen Hilfe suchenden Blick zu, doch bevor sie sich einschalten konnte, waren sie schon auf dem Dach angekommen. Dann ging alles ganz schnell. Gibbs nahm Milena von den Beinen seines Stellvertreters und Tony wurde in den Hubschrauber geholfen.

Wenig später standen Gibbs mit Mia auf dem Arm und Ziva an seiner Seite auf dem Landedeck des Krankenhauses und sah dem weg fliegenden Hubschrauber nach. Mia winkte noch immer dem Heli hinterher. Sie hatte es schwer aufgenommen, dass sie sich wieder von ihrem Vater trennen sollte, aber die Aussicht ihn Morgen schon wieder abzuholen, hatte sie wieder etwas versöhnt. „Kommt, lasst uns nach Hause fahren. Ich denke Abby würde es uns nicht verzeihen, wenn wir sie nicht umgehend in Kenntnis setzen“, sagte er grinsend und stellte Milena auf den Boden.

~~~***~~~

Die Fahrt am anderen Morgen, nach New York war ohne Zwischenfälle verlaufen. Sie hatten den Express Way genommen und Gibbs hatte es sich nicht nehmen lassen, sie auch jetzt wieder zu fahren. Im Endeffekt war es der jungen Frau auch ganz recht gewesen, denn sie fühlte sich immer noch etwas schwach. Während Gibbs jetzt auf der Suche nach einem Coffein Dealer war, wartete Ziva auf einen Arzt. Mia stand vor einem Aquarium im Wartebereich und begutachtete die Fische. Leise zählte sie die sieben Fische durch und ihre kleinen Finger zählten dabei mit.

„Eins, zwei, drei, vier, fünf, zehn, äääähhhhmm, zwanzig.“ Dann schoss sie auf Ziva zu. „Mommy da sind zwanzigtausend Fische drin“, erklärte sie stolz.

Ziva zuckte kurz zurück. Was war das denn? Zwanzigtausend? „Engelchen. Das sind nur sieben Fische.“

Mia legte den Kopf schief. „Sieben?“, fragte sie verwirrt und blickte verdutzt wieder zum Aquarium.

Die junge Frau schmunzelte hinter vorgehaltener Hand. Mias Erzieherin hatte schon einmal gesagt, das sie Probleme mit Zahlen hatte. Andere Kinder konnten in den Alter schon bis 10 oder auch weiter zählen. Bei Mia reichte es gerade bis zu den fünf Fingern ihrer Hand. Ziva wollte es ihr gerade erklären, als sie von einer Ärztin angesprochen wurden.

„Mrs. DiNozzo?“

„Ja.“

„Ich bin Dr. Roberts. Ich habe die Operation durchgeführt.“ Als die Ärztin Zivas besorgten Blick bemerkte, fuhr sie beruhigend fort: „Ihr Mann hat die OP gut überstanden und ist schon vor einer Stunde aufgewacht. Ich denke in ein paar Stunden können wir ihn schon entlassen. Wenn Sie möchten, bringe ich Sie zu ihm.“ Freundlich nickte sie der jungen Ehefrau zu.

„Danke, das wäre nett“, sagte Ziva, rief Mia zu sich und stand auf, um der Medizinerin zu folgen.

~~~***~~~

Als sie das Zimmer betraten, saß Tony mit hochgestelltem Kopfteil im Bett und zappte mit der freien Hand durch die Fernsehkanäle, die andere steckte wieder in einer Schlinge.

„Daddy, wir sind dahaaaa……!“, ertönte Mias Ruf und Tony drehte seinen Kopf in ihre Richtung.  Müde Augen, aus denen die Narkose noch nicht ganz verschwunden war, schenkten ihnen ein abgekämpftes Lächeln. Ziva hielt Milena fest an der Hand während sie auf sein Bett zugingen. Sie wollte es vermeiden, dass sich die Kleine wieder auf ihn stürzte. Zärtlich gab sie ihm einen Begrüßungskuss und setzte dann auch Mia auf das Bett damit sie ihnen Vater begrüßen konnte.

„Mr. DiNozzo, ich habe schon mit Ihrer Frau gesprochen. Die OP ist gut verlaufen. Sobald der Tropf durch ist und Sie sich fit genug fühlen, können wir Sie entlassen. Ich werde Ihnen dann noch schmerzlindernde Medikamente mitgeben und ein Antibiotikum.“ Sie überprüfte den Tropf gerade, dann sah sie ihn wieder an. „Wie sieht es im Moment mit Schmerzen aus?“, fragte ihn die Ärztin und auch Ziva sah ihren Mann aufmerksam an, doch Tony schüttelte den Kopf. „Gut, dann stimmt die Medikation. Ich komme in einer Stunde wieder, dann sehen wir weiter“, teilte sie ihnen mit und öffnete in dem Moment die Tür, als Gibbs das Zimmer betreten wollte. Lächelnd schlängelte sich die Ärztin an dem Grauhaarigen vorbei und dieser hielt beschützend seinen Kaffee hoch. Dann kam er schnell auf das Bett seines Agents zu.

„Na DiNozzo? Alles gut überstanden?“, fragte er grinsend und nahm einen großen Schluck seines bitteren Gebräus.

Tony, der sich immer noch nur krächzend verständlich machen konnte, verzichtete auf eine Antwort, ließ langsam die Fernbedienung sinken und wollte gerade den Ton des Fernsehers ausstellen, als Ziva ihm die Bedienung schnell aus der Hand zog.

Aus dem Augenwinkel hatte sie das Gebäude, welches nun groß auf dem Bildschirm zu sehen war, erkannt und den Ton lauter gemacht. Gebannt sah sie zum Fernseher und lauschte der Berichterstattung.

„In den frühen Morgenstunden hat sich im Ayalon Gefängnis in Ramle, im Osten von Tel Aviv, ein Drama abgespielt. Das Feuer, das auf der untersten Etage des Hochsicherheits Gefängnisses ausbrach, wütete ohne Einhalt und wurde erst spät entdeckt. Zurzeit fanden auf der Etage Renovierungsarbeiten statt und sie war bis auf eine Zelle leergezogen. Für den verbleibenden Insassen kam leider jede Hilfe zu spät. Wie es zu dem Brand kam, wird momentan noch ermittelt, man nimmt aber schon jetzt an, das es sich um einen Kurzschluss in der Elektrik handelte…“


Ziva drückte den Standby Knopf und sah Tony und Gibbs mit großen Augen an. Sie brauchten gar nicht den Namen des ums Leben gekommenen Insassen preisgeben. Sie wussten auch so, wer in den Flammen gestorben war. Sie sah kurz zu Mia, aber sie schien das Ganze unberührt zu lassen und sie spielte weiter mit ihrer Puppe am Fußende von Tonys Bett. „Ist das Zufall?“, fragte sie ihren Boss.

Gibbs nahm einen weiteren Schluck seines Kaffees, legte den Kopf etwas schief und kniff ein Auge kurz zusammen. „Frag deinen Vater, Ziva.“

„Du meinst…“, verwirrt sah sie ihn an.

„Frag deinen Vater.“ Wiederholte er noch einmal und nahm noch einen Schluck.

Ziva hielt Milena ihre Hand hin. „Komm, wir sehen mal was die Cafeteria uns zu bieten hat.“ Mia ergriff die Hand und ließ sich vom Bett in den Flur ziehen. Im hinausgehen sah Gibbs noch wie die Brünette ihr Handy zog.

~~~***~~~

Gibbs ließ sich auf den Stuhl neben das Bett fallen und sah seinen Agent streng an. Tony wurde es immer ungemütlicher und er rutschte etwas ungehalten hin und her.

„Eigentlich wollte ich dich die ganze Angelegenheit erklären lassen, aber in Anbetracht der Lage und da ich weiß, dass das mit deiner Stimme noch ein wenig dauern wird, habe ich mir gedacht, dass es gar keine schlechte Idee ist, unser Gespräch schon heute zu führen.“ Wieder nahm er einen Schluck Kaffee und ließ ihn genießerisch über die Zunge fließen. „Weißt du, ich bin sinksauer. Sauer auf dich, nicht weil du deine Familie beschützen wolltest, nein, ich hätte auch nichts anders von dir erwartet. Ich bin sauer, weil du mir nicht genug Vertrauen entgegen bringst, dass du mich nicht mit einbeziehst. Habe ich dich schon einmal im Regen stehen lassen?“ Als Tony den Mund öffnete, hob Gibbs einen Finger und er klappte ihn wieder zu. „Nein, ich denke nicht. Du bist kein junger Spund mehr, dem ich in den Arsch treten kann, wenn er Bockmist baut. Du bist mein Stellvertreter und als solcher hast du nicht nur an dich, sondern auch an das Team zu denken.“ Wieder machte er eine Pause und sah seinen Agent dabei durchdringend an.

Tony wäre am liebsten im Boden versunken.

„Ich werde langsam zu alt dafür, dich immer wieder aus irgendeinem Sumpf zu ziehen. Das muss aufhören.“ Resigniert strich er sich durch das Haar. „Ich hab gestern noch lange mit Direktor Vance geredet und er hat mir die Pistole auf die Brust gesetzt. Deine Alleingänge sind nicht mehr tragbar. DU bist als Senior Agent nicht mehr tragbar.“

Tonys Herz rutschte in die Hose. Was folgte nun? Wurde er degradiert? Wurde ihm der Posten des Stellvertreters entzogen? Er machte sich auf alles gefasst, aber was er dann hörte, verschlug ihm auch die letzten Töne zu denen er sich noch im Stande sah.  

„Am besten sage ich es dir gleich, Vance hat vorgeschlagen dich zu feuern.“ Als er die geschockten Augen seines Agents sah, milderte er seine Aussage. „Aber ich konnte ihn davon abbringen und habe deine Versetzung ausgehandelt.“

Tony saß nur da und sah ihn groß an. In seinem Kopf lief alles durcheinander. Er war nicht mehr fähig einen klaren Gedanken zu fassen. Was ging es Vance an, was in seinem Urlaub passierte? Wo sollte er jetzt hin?  Wieder zur See? Seine Familie nur alle 3 Monate für ein paar Tage sehen? Nein, darauf würde er sich nicht einlassen. Nach Spanien? Das Angebot hatte er damals abgelehnt, aber diesmal war er nicht in der Situation etwas ablehnen zu können. Müde schloss er die Augen und wartete auf den Henkerspruch.

„Mit sofortiger Wirkung wirst du für ein halbes Jahr an das FBI ausgeliehen. Fornell ist bereits informiert und er wird dich unter seine Fittiche nehmen.“ Als er sah, wie sehr es seinem ersten Mann zusetzte, fuhr er fort. „Dein alter Posten bleibt in der Zeit unbesetzt. Tony, ich will keinen anderen als dich auf diesem Posten. Haben wir uns verstanden. Sehe es als Chance.“ Während Tony seinen Blick auf seine eingegipsten Finger richtete und nicht mehr fähig war aufzuschauen, trank sein Boss einen großen Schluck und beobachtete seinen Agent.

Tonys Kopf schwirrte. Weg vom Navy Yard. Weg von allem was er liebte. Zum FBI. Zu diesen Leuten. F B I. Fornell. Oh Gott. Was sollte er dort. Sein Zuhause war der NCIS und das hatte er sich selbst versaut. Ein halbes Jahr zu den Men in Black hätte er besser verkraftet als zum FBI zu müssen. Sacks, fiel ihm da sofort wieder ein. Wie würde die Zusammenarbeit mit ihm werden? Sie konnten sich bisher kaum riechen. Jetzt sollte er mit ihm zusammen arbeiten? Es würde ein verdammt langes halbes Jahr werden. Tony schluckte schwer und kniff kurz vor Schmerz die Augen zu, als seine Stimmbänder sich verkrampften. Wenn es nicht gegen seine eigene Regel verstoßen würde, denn ein DiNozzo weinte ja nicht, dann würde er am liebsten seinen Tränen freien Lauf lassen. So blieb ihm aber nichts anderes übrig, als weiterhin auf seine Finger zu starren und zu hoffen, dass er seine Emotionen in den Griff bekam.

Gibbs ließ seinen ersten Mann nicht aus den Augen. Er sah, wie sehr der mit sich selber rang. Langsam stand der Grauhaarige auf und legt Tony einen Finger unter das Kinn und zwang ihn so, ihn anzusehen. „Hey, so schlimm ist es ja auch wieder nicht. Nur ein halbes Jahr. Es hätte schlimmer für dich kommen können“, fügte er mit einem leichten Grinsen hinzu. „Erst einmal hast du noch zwei Wochen Urlaub, dann musst du noch mit deiner Schulter aufpassen und dein Bein ist ja auch noch nicht in Ordnung. Bis du wieder zum arbeiten kommst, vergehen bestimmt noch ein paar Wochen. Ducky meint sogar, vielleicht musst du noch einmal zu einer Reha Maßnahme. Und wer weiß was noch alles passiert. Nur solltest du dich in der nächsten Zeit vielleicht nicht im Büro blicken lassen. Wir wollen ja keine schlafenden Hunde wecken. Oder?“ Aufmunternd hatte er seinem Mann eine Hand auf die Schulter gelegt.

Mit schwerem Herzen nickte Tony ihm zu. Auf seinen Boss konnte er sich halt immer verlassen. Das Team hatte schon an einem Ausweichplan gearbeitet, während er noch mit seinem Schicksal gehadert hatte.  Und was war schon ein halbes Jahr FBI. Die Zeit würde er doch auf einer Arschbacke absitzen. Aus dem Augenwinkel bekam er mit, wie sein Boss in seiner Hosentasche kramte und ihm dann einen Gegenstand vor die Nase hielt.

„Das hast du in den Dünen verloren. Ich dachte, du hättest es gerne zurück?“, fragte ihn Gibbs mit einem Grinsen.

Sein Messer. Das hatte er schon fast aufgegeben. Nie im Leben hätte er gedacht, es noch einmal in den Händen zu halten. Dankbar und ehrfürchtig nahm er es in die linke Hand. Dieses Messer hatte er einmal von seinem Boss zum Geburtstag bekommen. Es lag ihm viel an diesem Teil. „Da..k.e, für al…le..s“, krächzte er schwach. Tony wusste nicht was ihm das nächsten halbe Jahr bringen würde, aber er wusste das er sich auf seinen Boss verlassen konnte.

Dieser sah ihn tadelnd an. „Du sollst doch deine Klappe halten, DiNozzo.“ Dann sah Gibbs auf die Uhr. „Dein Tropf ist durchgelaufen. Ich geh mal die Ärztin holen, dann können wir nach Hause“, sagte er und verschwand schon durch die Tür.

~~~***~~~

Sie hatte Mia in der Cafeteria ein Eis gekauft und für sich selber eine Tasse Tee, dann hatte sie sich wieder in den Wartebereich gesetzt  und während Milena zum wiederholten Male die Fische zählte, wählte Ziva die Nummer ihres Vaters.

„Shalom Papa, hast du heute schon die Nachrichten gesehen?“, fragte sie ihn sofort, als er abnahm und am anderen Ende der Leitung wurde es ruhig.

„Ja. So ist es besser für alle Beteiligten.“

„Dann hast du wirklich deine Hände im Spiel gehabt!“, kam es von ihr.

„Ein Unfall in der Elektrik. Unfälle passieren nun mal.“

„Ja, Unfälle passieren“, erwiderte sie leise. „Danke, Papa.“

„Nicht dafür, Engelchen. Shalom Ziva.“

Ziva lief ein kleines Lächeln über das Gesicht. Da war er wieder. Ihr Kosename aus längst vergessenen Zeiten. „Shalom Papa“, sagte sie und unterbrach die Leitung.

TBC................................
Epilog


Ziva saß auf einem vom letzten Sturm angeschwemmten Baumstamm und beobachtete Tony wie er mit hochgekrempelten Hosenbeinen durch die leichte Brandung hinkte. Zwei Wochen waren jetzt vergangen. Zwei Wochen der Heilung und der Erholung.

Tonys Versetzung oder Ausleihe war für alle ein Schock gewesen. Aber am schlimmsten hatte es Abby getroffen. Für sie brach eine Welt zusammen. Jetzt hatte sie ihren Tiger wieder und nun sollte sie ihn für ein halbes Jahr fort geben. Das sah sie nicht ein, auch konnte und wollte sie keine Verfehlung bei ihm feststellen und sie schwor an dem Direktor heimlich Rache zu nehmen. Irgendwas würde ihr schon dazu einfallen und in Gedanken hatte sie schon ihre Vodoopuppe zur Hand genommen. Das einzige das sie wieder etwas versöhnlich gestimmt hatte, war die Aussicht dass Tony in D. C. bleiben würde. Somit konnten sie sich wenigstens nach der Arbeit sehen.

Ihre paar geladenen Freunde hatten sich schon lange verabschiedet und auch ihre Eltern hatten sie vor einer Woche zum Flughafen gebracht. Schmunzelnd dachte Ziva an den Tag zurück.

„Warum kannst du nicht hier bleiben?“, fragte Mia zu xten Mal ihre Granny.

Und während Ziva am Steuer mit den Augen rollte, antwortete ihre Mutter ruhig und gefasst, zum wiederholten Male: „Weil dein Großvater arbeiten muss. Und ich muss auch im Haus nach dem rechten gehen.“ Dabei strich sie der Kleinen, die im Kindersitz zwischen ihrem Mann und ihr auf der Rückbank des Wagens saß über die Wange.

„Dann lass doch den Mann weg fliegen“, sagte Milena mit einen trotzigem Blick zu dem finsteren Gesellen neben ihr.

„MILENA“, kam da die strenge Stimme ihres Vaters von vorne. „Jetzt reicht es aber.“ Seine Stimme klang immer noch rau und heiser, aber es waren wieder alle Silben zu verstehen.

Mia zog ihre Unterlippe hoch und drückte auf die Tränendrüse. Eine Hand fuhr zu ihrem Ohr und sie sah mit Tränen in den Augen zu ihrer Oma. „Bitte bleib doch, ich bin doch noch krank“, jammerte sie.

Ihr Vater drehte sich mit zusammen gebissenen Zähen, auf seinem Sitz, zu ihr um. Die Bewegung tat seiner Schulter nicht gut, aber er wollte trotzdem seiner Tochter Einhalt gebieten. „Schluß jetzt“, presste er heraus, bevor er sich stöhnend wieder zurück drehte und seine gesunde Hand unter seinen verletzten Arm legte. Mia sah ihn mit großen Augen an, gab aber das Gequengeln erst einmal aus. Als sie am Flughafen ankamen und vor dem Gate auf den Aufruf des Fluges warteten, fing Mia wieder damit an.

„Warum mußt du denn weg?“, fragte sie und dicke Tränen liefen ihr über die Wangen.

Ruth fuhr ihr über die nasse Wange. „Ich komme ja wieder. Spätestens zu deinem Geburtstag.“ Versuchte sie sie lächelnd zu trösten.

„Bitte Granny, flieg nicht. Du kannst bestimmt bei Opa wohnen, sein Haus ist doch groß genug.“

Ruth sah ihren Mann grinsend an. „Na da hätte dein andere Opa sicher etwas dagegen.“

Eli der sich etwas abseits mit seinem Schwiegersohn unterhielt, schaltete sich nun zum ersten mal ein. „So, so, und mich willst du wohl gar nicht mehr sehen?“, fragte er sie, hockte sich vor ihr auf den Boden und schnell hatte er ihr das Daddy Äffchen aus dem Arm genommen.

Sofort fuhr ihr kleine Hand dem Stofftier hinterher und erschreckt sah sie Zivas Vater an. Was würde er mit dem armen Tierchen nur anstellen, dachte Mia schockiert. Doch der Mann überraschte sie, in dem er ihr das Äffchen, mit einem Lachen, wieder in die Arme drückte. Zum ersten Mal besah sie ihn sich etwas genauer. So unheimlich sah er gar nicht aus. Und immerhin war er zusammen mit Onkel Jethro losgezogen und hatte ihren Daddy gerettet. Konnte so ein Mann böse sein? Und er was der Daddy ihrer Mommy. Das durfte sie ja auch nicht vergessen. Ihr kleiner Kinderverstand arbeitete auf Hochtouren. Unsicherheit machte sich in Milena breit. Was wenn sie ihm die ganze Zeit mit ihrem Verhalten weh getan hatte? Sie schluckte einmal schwer, dann ging sie mutig die wenigen Schritte auf ihn zu. Von dem warmen Gefühl durch tränkt das sie genau das richtige tat, legte sie ihm die Arme um den Hals. „Ich hab dich lieb Opa. Und du kannst auch gerne bei uns bleiben“, sagte sie und schmiegte sich an ihn.

Eli wusste im ersten Moment nicht wie er sich benehmen sollte und warf seiner Frau einen Hilfe suchenden Blick zu. Doch diese lächelte ihn nur aufmunternd zu und so schloss er einfach seine Arme um das kleine Mädchen. „Ich hab dich auch lieb, Engelchen. Und du musst mir eins versprechen. Wenn wir jetzt gleich weg sind, dann musst du gut auf deine Eltern achten. Versprichst du mir das?“, fragte er sich ernsthaft.

Und mit der selben Ernsthaftigkeit, nickte Milena andächtig. „Ich pass auf sie auf Opa, ganz bestimmt.“



Noch immer musste Ziva bei den Gedanken daran lächeln. Der Knoten zwischen Ihrem Vater und ihrer Stieftochter schien ein für alle male geplatzt zu sein. Diese Umstand hatte sie alle Glücklich gemacht. Sogar Tony, der dem ganzen doch leicht Eifersüchtig gegenübergestanden hatte.

Das Team war noch ein paar Tage geblieben, aber nun auch abgereist und somit blieben ihnen zusammen noch ein paar Tage um ungestört zu flittern. Das gemietete Hotelzimmer hatte sie allerdings abgesagt. Sie waren im Haus seines Vaters geblieben und da sich Susan, seine Haushälterin und auch Maggie nur zu gerne mit Milena beschäftigten, blieben ihnen nun wirklich ungestörte Tage übrig.

Ziva strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Heute herrschte hier am offenen Meer ein starker, aber warmer Wind. Sie rutschte etwas auf dem Baumstamm herum, um eine neue bequemere Position zu finden. Die grüngelben Hämatome waren schon lange verpasst und ihre Haut war wieder makellos. Eine Hand fuhr allerdings unwillkürlich zu ihren Bauch und das Gefühl ihn schützen zu wollen nahm plötzlich in ihr zu. Die letzte Kontrolle im Krankenhaus hatte nichts Besorgnis erregendes ergeben. Ihre Nieren arbeiteten wieder zu aller Zufriedenheit und Langzeitschäden waren nicht zu befürchten, allerdings hatte sie auch noch etwas anderes dort erfahren, dachte sie mit einem Schmunzeln und fröstelnd strich sie sich über die Arme. Obwohl es sehr warm war, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Die Ärzte hatte ihr gesagt, dass die Chance dieses Kind auszutragen, aufgrund der verabreichten Medikamente nur bei 25% lag. Dennoch glaubte sie fest daran. Es ging ihr wieder gut, nein, eigentlich ging es ihr im Moment richtig gut. Wieder strich ihre Hand über ihren noch flachen Bauch. Vielleicht….? Doch es war noch viel zu früh für Spekulationen und bevor sie es Tony sagen würde, wollte sie noch etwas Zeit verstreichen lassen. Sicher war sicher und so behielt sie im Moment ihr kleines Geheimnis für sich.

Wieder warf sie ihm einen Blick zu, wie er hoch aufgerichtet im seichten Wasser der Meeresbrandung stand. Groß, schlank und braungebrannt. Die Tage am Meer hatten ihm gut getan. Und es ging ihm auch gut. Er jammerte mit Melina um die Wette und das war immer ein gutes Zeichen in der Familie DiNozzo, wie sie belustigt feststellte. Und während Mia immer noch auf ihre Ohren anspielte, war es bei Tony schon etwas spezieller. Er beschwerte sich laufend über seine steifen Finger oder über die juckenden Narben an seiner Schulter und seinem Bein.
Den rechten Arm trug er noch in einer Schlinge, aber die ihm so verhassten Reha Übungen, zeigten schon jetzt gute Fortschritte. Der Gipsverband an seinen Fingern, war bereits durch zwei Kunststoffschienen ersetzt worden. Das wiederum hatte den Vorteil, dass er die Hand besser bewegen konnte. Außerdem hatten die Ärzte ihnen Hoffnung gemacht, dass von der Strangulationswunde an seinem Hals nur eine kleine feine Narbe übrig bleiben würde, die wahrscheinlich niemanden weiter auffallen dürfte. Sich leicht gegen den Wind stemmend kam er jetzt über den Strand auf die zugehinkt. Ein Lächeln kräuselte sich in seinen Mundwinkeln.

„Hey“, sagte er leise. „Woran denkst du?“ Seine Stimme klang immer noch heiser und belegt, aber ansonsten schon wieder gut verständlich.

Geschmeidig wie eine Katze stand sie auf und überbrückte schnell die paar Meter die sie noch voneinander trennten. Sein freier Arm umfasste ihre Taille und zärtlich zog er sie an sich.

„Also?“, fragte er wieder.

Ziva hatte ihren Kopf an seine gesunde Schulter gelehnt und spielte mit seiner Brustbehaarung die oben aus seinem Hemd hervor lugte.

„An nichts bestimmtes“, schwindelte sie ihn an und zeigte ein kokettes Lächeln. „Nur daran das wir nur noch dieses Wochenende haben und dann schon wieder nach D. C. müssen. Vorher musst du noch einmal deinem Vater ins Gewissen reden, das er die Herzuntersuchungen machen lässt. Sag ihm einfach das wir ihn in Zukunft noch brauchen werden“, fügte sie lächelnd hinzu. „Dann müssen wir uns auch schon mal Gedanken machen auf welche Schule wir Mia schicken wollen. Die Zeit läuft stetig weiter“, sagte sie, drehte sich in seinem Arm um und zog seinen Kopf zu sich herunter. Zärtlich umschlossen ihre Lippen die seinen und als der Kuss leidenschaftlicher wurde, zog sie ihn herunter zu dem Baumstamm. Ihre Hände strichen über seinen Körper, fuhren herunter bis zu seiner Jeans. Ihre Finger spielten mit der Gürtelschnalle und langsam zog sie ihm den Reißverschluss auf.

„Meinst du das ist so eine gute Idee“, flüsterte er ihr zu, während sich seine Hand in ihrem Haar vergriff.  „Milena ist irgendwo hier mit Maggie unterwegs, was wenn sie uns erwischt?“

„Der Strand ist groß“, sagte seine Frau und zog ihm die Jeans über die Hüften.

Als sie ihre Hand in den Bund seiner Boxershorts schob, war es auch mit seiner Vorsicht vorbei und er versuchte höchst konzentriert die Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen, was mit einer Hand und ihrem ständigen herum Gezappel gar nicht so einfach war. Ziva schob sein Hemd derweil einfach hoch, da ein ausziehen mit der Schlinge zu mühselig geworden wäre. Dann schob sie liebevoll seine Finger weg und öffnete ihre Bluse selbst.

Tony lies seine Hand über ihre Brust wandern, klein und fest. Seine Frau lehnte sich in seine Bewegungen und mit einem überraschten Ton vielen sie beide nach hinten vom Baumstamm und landeten im Sand. Er stöhnte unterdrückt auf und seine freie Hand fuhr zu seiner Schulter. Sofort wollte Ziva ein Stück wegrutschen, doch seine Hand hielt sie auf.

„Nein bleib. Der Schreck war schlimmer“, wisperte er ihr ins Ohr und zog sie mit einer Hand über sich.

Während sie sich mit einem schelmischen Grinsen breitbeinig auf ihn setzte, fuhren seine Finger über ihren Körper und spielten mit ihrem Bauchnabel. Zärtlich lächelnd beugte sie sich über ihn und fing seine Lippen wieder ein.

~~~***~~~

Eine Stunde später lagen sie immer noch hinter dem Baumstamm im Sand. Ziva beobachtete ihren schlafenden Mann, der leise Schnarchgeräusche von sich gab und wie seine Tochter mit leicht geöffnetem Mund schlief. Das Meer brandete in größeren Wellen an den Strand und in der Ferne hörten sie Sheila bellen und Mia lachen. Ziva fuhr sich lächelnd über den Bauch. Vielleicht, wenn sie Glück hätten, dann würde Mia in 9 Monaten nicht mehr das einzige Kind sein. Sollte sich das Kleine wirklich bei ihr festsetzen, dann mussten sie sich über so viel andere Sachen Gedanken machen. Sie würden umziehen müssen, denn ihr Apartment wurde langsam zu klein. Als Tony neben ihr kleine Glucksgeräusche von sich gab und Mias Lachen immer näher kam, konnte sie nicht länger warten, wenn sie sich nicht von ihr erwischen lassen wollten.

„Hey“, sagte Ziva leise und strich im zärtlich über die Wange. „Auswachen.“

„MMMHhhmmm, noch ein bisschen“, kam es schlaftrunken von ihm.

„Na, wenn du meinst!“, sagte sie und zog sich rasch an.

Diese Reaktion lies Tony eine Auge öffnen und er beobachtete seine Frau argwöhnisch, ja fast lauernd, so als warte er nur auf einen Angriff von ihr. Ihn einfach weiter schlafen zu lassen, passte nicht zu ihr und ihrer Art.

Belustigt stellte Ziva fest das Tony anscheinend immer noch nichts mitbekommen hatte.

„Was ist denn?“, fragte er jetzt sichtlich misstrauisch, als er plötzlich Sheilas Bellen ganz in ihrer Nähe hörte. Fast panisch setzte er sich auf. „Mia?“, fragte er und schob einhändig sein Hemd wieder herunter, während Ziva im lachend bei der Hose half.

~~~***~~~

Sie stand in Tonys Umarmung und er hatte sein Kinn auf ihren Haarscheitel gelegt. Er genoss diese Augenblicke mit seiner Frau. Immer wieder strich er mit seiner gesunden Hand über ihren Arm. Mia und Maggie hatten sich wieder etwas von ihnen entfernt und er konnte sie nur noch leise hören. Mit einem schmunzeln dachte Tony an sein erstes Gespräch mit Maggie zurück. Sobald er sich wieder einigermaßen verständlich machen konnte, war er mit Milena und Ziva, über den Strand, zu Maggies kleinen Häuschen gelaufen.

„Mommy, hast du auch die Leckerchen für Sheila?“, fragte Mia die immer zwei Schritte vor und dann wieder zurück hüpfte. Dabei folgen ihre Zöpfe im Wind hin und her.

„Natürlich, wir können doch nicht dein Geschenk vergessen?“, fragte Ziva lächelnd und legte Tony ihren Arm um die Hüften um ihn unauffällig über eine kleine Sandverwehung zu helfen. „Wir hätten den Wagen nehmen sollen“, sagte sie besorgt.

Tony schüttelte den Kopf. „Es geht mir gut“, flüsterte er ihr zu, mit einem Blick auf Mia. Seine Stimme war noch heiser aber wieder gut verständlich. „Ein Spaziergang schadet doch nicht.“

„Mhhmmm, bestimmt“, kam es von seiner Frau und sie rollte mit den Augen. Dabei fragte sie sich insgeheim, ob er jemals lernen wurde Schwäche zuzugeben?

„Wir sind da“, rief Milena in dem Moment ganz aufgeregt und rannte auf ein kleines Strandhaus zu. „Maggie, Maggie. Wir sind da.“ Und schon polterte sie die wenigen Stufen zur sich öffnenden Haustür hoch und wurde von einem großen Hund freudig begrüßt.

~~~***~~~

Wenig später saßen alle bei einem kühlen Getränk auf der Veranda und unterhielten sich. Mia saß auf dem Boden und fütterte Sheila mit Hundekeksen. Tony kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Er hatte Margret zwar schon einmal kurz gesehen, aber das war am Tag seiner Befreiung gewesen und die Erinnerung war nur flüchtig. Sie hatte immer noch diese blonde Flut an krausen Haaren, aber ansonsten hatte sie nichts mehr gemeinsam, mit dem kleinen Zahnspangen Mädchen von einst. Vor ihm saß eine junge, hübsche Frau, die ihn liebenswürdig anlächelte.

„Hab ich mich sehr verändert?“, fragte er sie heiser.

Sie lächelte noch mehr. „Ja“, sagte sie und als sie sein entsetztes Gesicht sah, fuhr sie fort: „Nein, nicht so. Älter, reifer.“ Dann legte sie ihren Kopf etwas schief. „Deine Haare, du hast schon Geheimratsecken“, sagte sie grinsend.

Tony Hand griff zu seinen Haaren. Seine Haare? Er pflegte und hegte sie. Geheimratsecken? Das passte so gar nicht zu dem Spiegelbild das er jeden morgen sah. Aber wenn er genau überlegte, hatte sie nicht unrecht. Sein Haar war schon lange nicht mehr so dicht wie noch vor 10 Jahren.

Doch Maggie schien noch nicht mit ihm fertig zu sein. „Und du hast mehr auf den Hüften“, fügte sie belustigt hinzu.

Ziva lachte laut los und Tony fuhr sich mit der gesunden Hand über den Bauch. „Hey“, sagte er. „Ab einem gewissen Alter setzt nun einmal das eine oder andere Kilo an und das Bindegewebe wird auch nicht besser.“ Leicht verärgert sah er die beiden lachenden Frauen an, die sich vor Lachen kaum noch halten konnten. Dann stand Maggie plötzlich auf und kam zu ihm herüber. Sie stellte sich neben ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Das wollte ich schon damals tun“, sagte sie grinsend. „Du warst mein Held. Danke für die Rettung meiner Katze.“

Das baute Tonys männliches Ego wieder etwas aus.



Als er eine Möwe schreien hörte, wachte er aus seinen Tagträumen auf, Ziva drehte sich in seinem Arm um und presste ihren festen Po an seine Beine, seine Hand zog sie dafür mit einem wissenden Lächeln auf ihren Bauch. So standen sie einige Minuten und schauten stumm aufs Meer hinaus, als plötzlich sein Handy schellte. Mit einem überraschten Blick auf das Display, klappte Tony das Handy auf.

„Fornell, können Sie es nicht abwarten mit mir zu sprechen?“, fragte Tony mit einem Lachen.

„Wann sind Sie wieder in D. C.?“, hörte er die Stimme des FBI Agents.

„Ich habe noch Urlaub. Warum?“, erwiderte Tony grinsend. „Und ich bin noch verletzt.“

„Wir brauchen Sie für einen Undercovereinsatz und ihre Verletzung kommt uns gerade recht. Also wann?“

„Montag“, teilte er ihm grummelnd mit.

„Gut wir warten auf Sie. Sie wissen ja bereits wo Sie hin müssen. Und DiNozzo, seinen Sie  pünktlich“, damit war die Leitung unterbrochen.

Verwundert schaute Tony auf das Telefon. Soviel also zu Gibbs Taktik. Als er Zivas fragenden Blick sah, erklärte er es ihr kurz.

„Las dich einfach noch weiter krankschreiben“, riet sie ihm, mit einen Blick auf seine Schulter.

Doch Tonys Interesse war schon geweckt. „Ich werde es mir auf alle Fälle mal anhören. Vielleicht ist es ja nicht gefährlich und ein wenig Undercover Arbeit wird mir besser bekommen, als alleine in der Wohnung auf euch zu warten. Du weißt wie sehr mich das allein sein nervt.“

Belustigt schüttelte Ziva den Kopf. Wie gut sie doch den Mann hinter sich schon kannte. Sie hatte gewusst, dass es so enden würde. Wenn Tony nur etwas von Undercover hörte, dann war er für niemanden mehr zu erreichen und so drehte sie sich in seinen Arm zu ihm um. „Na ja, jedenfalls bleibt uns noch das Wochenende“, sagte sie zärtlich und zog seinen Kopf wieder zu sich herunter.


~~~ E N D E ~~~

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