Autor: Marah Jade

Beta: herself

Pairing: TIBBS / Slash

Inhalt: Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, wie die Folge" Family Secrets (Familiengeheimnis)" ausgegangen seinen könnte? Ja? Dann seid ihr bei mir richtig. Aber vorsichtig..... Slash....Ungewohnt für mich TIVA Shipper, aber es passte halt nichts anderes....*lach*. [TIBBS]

 

Disclaimer: Alles nur ausgeliehen: Alle Rechte an den Fernseh-Serien NCIS, ihren Charakteren und Handlungssträngen gehören Donald P. Bellisario, Belisarius Productions, CBS und Paramount.
Die Story und die nicht in den Serien erwähnten Personen und Orte sind meiner Fantasie entsprungen. Mögliche Ähnlichkeiten mit lebenden Menschen oder realen Ereignissen sind reiner Zufall und nicht von mir beabsichtigt!!!

Diese Geschichte ist nicht für die freie Verbreitung im Netz vorgesehen. Sollte jemand Interesse daran haben, diese Story auf anderen Seiten zu posten oder zu verlinken, bitte vorher bei mir melden!


Family Secrets (Familiengeheimnis) 3x16

 

 

Tony

1. Kapitel


Mühsam quälte sich Tony die nächste Stufe hoch. Warum musste er auch in einen Haus, im dritten Stock, ohne Fahrstuhl wohnen, schoss es durch seinen Kopf. Dann viel es ihm wieder ein. Die Wohnung war groß und günstig, hatte aber plötzlich Nachteile, die ihm vorher nie aufgefallen waren. Wieder klammerte er sich ans Treppengeländer und hob den verletzten Fuß eine Stufe höher. Er belastete ihn kurz, kniff vor Schmerz die Augen zu und hüpfte mit dem gesunden Fuß hinter her. Warum musste das auch nur so weh tun? Schwer atmend hielt er sich wieder am Geländer fest und rollte mit den Schultern. Aufgrund seiner verkrampften Fortbewegung, taten ihm diese nun auch noch weh. Er brauchte dringend eine Pause. Also ließ er sich auf der letzten Stufe nieder und warf einen Blick auf seinen verletzten Fuß. Er konnte spüren wie sein Herzschlag in seinem Knöchel pochte und wäre sein Schuh nicht gewesen, dann wäre sein Fuß jetzt schon auf das dreifache angeschwollen. An liebsten hätte er den Schuh ausgezogen, aber er wusste genau, das er ihn dann heute nicht mehr an bekommen würde.

Dabei hatte der Tag so schön angefangen. Sie hatten sich ausgiebig geliebt, im Bett gefrühstückt und sich gegenseitig gefüttert. Die Tage die Tony im Haus seines Freundes aufwachen durfte waren für ihn die schönsten. Er hatte es genossen, seinem Lebensgefährten im Bad zu beobachten und seinen muskulösen Oberkörper zu bewundern. Dann waren sie wie jeden Morgen getrennt zur Arbeit gefahren, nicht weil jeder so gerne Auto fuhr, sondern damit im Yard niemand von ihrem Verhältnis erfuhr. Vom Team waren nur Abby und Ducky eingeweiht. Privat war halt Privat und Arbeit war Arbeit. Und da ging es dann auch gleich hoch her. Ein neuer Fall stand an und eine Gruppe Soldaten war zu befragen. Dabei war es dann passiert. Ich hätte beim Basketball mit den Marines einfach vorsichtiger sein müssen, dachte Tony resigniert. Doch er hatte bei den Jungs, durch sein Mitspiel, mehr in Erfahrung bringen können, als wenn er jeden einzeln befragt hätte. Es war ja auch alles wunderbar gelaufen, bis zu dem Moment, als Gibbs am Spielfeldrand aufgetaucht war und eine Sekunde war Tony abgelenkt, wie er es immer war, wenn Jethro ihm beobachtete, und schon hatte er sich auf dem Boden wieder gefunden. Er hörte noch immer Jethros leicht spöttische Stimme: „Amüsierst du dich gut, DiNozzo?“ Nachdem er die peinliche Situation verdaut hatte, hatte sein Boss ihm hoch geholfen. Bei der ersten Belastung seines Beines, war er sozusagen in Gibbs Armen zusammen gebrochen. Ein Sanitäter hatte seinen Fuß untersucht, eine Verstauchung diagnostiziert und das Gelenk bandagiert. Danke den starken Armen seines Lebensgefährten, hatte es sogar mit dem Laufen einigermaßen geklappt, obwohl er es zuerst bezweifelt hatte. Jethro hatte ihm zum Auto geholfen und dafür gesorgt das es Tony bequem hatte, dann hatte er ihn mit einem Schmunzeln „mein treuer Bernhardiner genannt und ihm zu aller erst zu Ducky in die Pathologie geholfen. Da Jimmy im Urlaub war, brauchten sie sich gar nicht zu verstellen. Ducky hatte seinen Fuß, unter Jethros besorgten Blick, untersucht, ihn mit einem Sportgel eingerieben und neu bandagiert. Nur eine Verstauchung, war auch seine Diagnose gewesen. Dafür tat es aber verdammt weh, hatte Tony Ducky  angepflaumt, als dieser seinen Fuß etwas unsanft wieder auf den Tisch legte. Doch als der alte Pathologe ihm anbot Krücken zu besorgen, hatte er abgelehnt. So schlimm war es nun doch nicht und immerhin hatte er ja Jethro der ihm helfen würde.

Im Büro hatte er sich mehr oder weniger gut durch geschlagen, aber dann hatte die Direktorin, Gibbs Abwesendheit genutzt und dem Team die Ermittlungsneuigkeiten aus der Nase gezogen. Dabei hatte sie den Fehler begannen sich an Jethros Schreibtisch zu setzten. Darauf hin hatte dieser sein gesamtes Team im Eiltempo über die Treppe ins Büro der Direktorin getrieben, nur um sich dort ein kleines Machtspielchen mit ihr zu liefern. Danach hatte Jethro sein Team wieder an die Arbeit geschickt. Natürlich wieder über die Treppe und zusätzlich hatte sich Tony auch noch eine Kopfnuss eingefangen, weil auch er der Direktorin Informationen weiter gegeben hatte. Gibbs Blick dabei würde er so schnell nicht wieder vergessen. Seine eisblauen Augen hatten ihn zutiefst enttäuscht angesehen und er hatte mehr als abfällig seinen Kosenamen von Morgens wiederholt „mein treuer Bernhardiner“. Doch plötzlich hatten diese Worte eine ganz andere Bedeutung, wie Tony missmutig feststellen sollte. Gerade als er seinen Schreibtisch wieder erreicht hatte und seinen Fuß entlasten wollte, hatte Gibbs ihn zusammen mit Bambino zurück an den Unfallort, zur Spurensuche, geschickt.

Das Feld war groß, im Vergleich zu dem Hasenloch, das er leider erst sah als es schon zu spät war und er mit seinem kaputten Fuß drinsteckte. Der Schmerz war ihm durch Mark und Bein gegangen, doch er hatte versucht sich nicht anmerken zu lassen. Nicht vor Tim und schon gar nicht vor Ziva. Als sie kurz danach den Fall abgeschlossen hatten, hatte Gibbs alle nach Hause geschickt. Tony hatte zwar versucht seinen Blick einzufangen, aber Jethro hatte ihn einfach ignoriert. Zu tief saß wahrscheinlich noch Jethros Enttäuschung über Tonys „Verrat“. Also hatte er die Zähne zusammen gebissen und so gut es ging sein Humpeln verborgen. Dann war er zum ersten Mal in diesem Monat alleine zu seiner Wohnung zu fahren.

Tja und jetzt saß er hier auf den Stufen und grübelte über den Tag nach. Wenn es ginge, würde Tony diesen am liebsten aus seinem Gedächtnis streichen. Er und seine vorlaute Klappe. Immer zu redete er sich um Kopf und Kragen. Wenn er gleich in seiner Wohnung an kam, dabei sah er die Treppen hoch und fragte sich kurz wie lange er wohl für die letzten Stockwerke brauchen würde, dann würde er Jeth anrufen und ihm um Verzeihung bitten. Er hoffte nur dass sein Boss, der ein richtiger Sturkopf seinen konnte, seine Entschuldigung auch annahm. Aber alles Selbstmitleid brachte ihn jetzt nicht weiter. Er musste erst einmal die Treppe hoch. Mit einem Stöhnen zog er sich wieder auf die Füße und stemmte sich die nächsten Stufen hoch.

Wieder ein Stockwerk geschafft. Mittlerweile war er nass geschwitzt. Sein Hemd klebte an seinem Körper und er musste sich immer mal wieder den Schweiß von der Stirn wischen.

„Na komm schon Anthony“, stachelte er sich selber an. „Das letzte Stockwerk schaffst du auch noch.“

Mehr hüpfend als laufend machte er sich wieder daran die nächsten Stufen zu bezwingen. Gott sei dank war ab morgen Wochenende und er konnte seinem Fuß etwas Ruhe können. Alleine der Gedanke die ganzen Stufen wieder nach unten zu müssen, löste bei ihm eine leichte Übelkeit aus. Wieder setzte er den Fuß auf und hüpfte hinterher. Lange würde er das nicht mehr durchhalten. Tony wischte sich den Schweiß beiseite. Jetzt hätte er Jethros starke Arme mehr als gut gebrauchen können. Mühsam kämpfte er sich die letzten Stufen hoch, dann hatte er es endlich geschafft. Jetzt musste er nur noch über den Flur zu seiner Wohnung.

Kurze Zeit später schloss er seine Wohnungstür hinter sich, zog seine Jacke aus und ließ sie einfach an Ort und Stelle zu Boden fallen. Bis zur Garderobe war es ihm heute eindeutig zu weit. Er hinkte in die Küche und nahm sich aus dem Eisschrank ein Kühlkissen und suchte kurz nach Schmerztabletten, fand zu seiner Bestürzung aber keine. Dann humpelte er an der Wand gestützt ins Wohnzimmer.

Am Anrufbeantworter blinkte eine rote Drei hell auf. Während Tony sich mit einem Ächzen vorsichtig auf die Couch setzte, drückte er mit der freien Hand auf den Wiedergabeknopf und hörte fast sofort Abbys Stimme.

„Hey mein armer Tiger, wie geht es dir? Brauchst du etwas für das Wochenende? Wenn du da bist ruf mich ein.“

Belustigt über ihre Sorge, zog Tony mit zusammen gebissenen Zähnen und unter Stöhnen seinen Schuh aus und legte das Bein hoch, als auch schon die zweite Auszeichnung anfing.

„Tony? Ich bin es, Abby. Wo bist du nur? Ich mach mir Sorgen. Meld dich.“

Irgendetwas hörte er im Hintergrund klappern und kurz bevor das Gespräch abgebrochen wurde, hörte er Bert das Nilpferd furzen. Lächelnd über ihre aufsteigende Panik, legte das Kühlkissen auf seinen Knöchel. Fast sofort ließ der hämmernde Schmerz etwas nach und wohltuende Kälte machte sich breit. Als erstes würde er gleich sein Mädchen anrufen und sie etwas beruhigen. Abby machte sich immer so schnell Sorgen, dachte er als der Anrufbeantworter zum dritten Mal piepte.

„TONY?“, hörte er ihre panische Stimme. „Du bist immer noch nicht zu Hause? Timmy, da ist was passiert. Was wenn er gefallen ist und irgendwo ohnmächtig liegt?“ Dann McGees leise  Stimme aus dem Hintergrund. „Abby, shhhtttt.., reg dich nicht so auf. Tony hat nur einen verstauchten Knöchel.“

„Nur?“, fragte Tony leise als er dem Gespräch der beiden lauschte. Nur, war gut. Nur, tat schweineweh, grummelte er gedanklich vor sich hin.

„Ich soll mich nicht aufregen?“, fragte in dem Moment Abby aufgebracht. „Du warst es doch der mir gerade erzählt hat das Tony in ein Hasenloch getreten ist und danach kaum noch laufen konnte.“

„Mist“, sagte Tony leise, hatte Bambino doch etwas mitbekommen. Dabei hatte er eigentlich gedacht sich auf sein Schauspiel verlassen zu können. Unterbewusst hörte er immer noch die quirlige Kriminaltechnikerin brabbeln.

„Und mein Silberfuchs ist auf euch alle böse, weil ihr der Direktorin Informationen gegeben habt. Sonst hätte er dafür gesorgt, dass Tony gut nach Hause kommt.“

Tony hörte wie sie die Nase hochzog. „Oh Gott Abby“, entfuhr es ihm.

„Mein armer Tiger ist jetzt ganz allein unterwegs. Timmy wir müssen zu ihm“, hörte Tony sie sagen.

„Nein Abby. Ich komm schon klar.“ Das war ihm so schnell heraus gerutscht, bevor ihm einfiel das sie ihn ja gar nicht hören konnte. Er hatte die Schwarzhaarige ja sehr gern, aber sie jetzt um sich zu haben, das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Tony wollte jetzt nur noch eins, etwas essen und dann schlafen. Also würde er sie schnell anrufen müssen. Er zog sich alle Kissen zusammen an die er sitzend kommen konnte und legte auf einem seinen kaputten Fuß, die anderen schob er in seinen Rücken. Dann versuchte er sich das Telefon zu angeln, als er es an der Wohnungstür schellen hörte. Genervt über die Störung ließ er den Kopf in die Kissen fallen. „Abby“, war sein erster Gedanke und „zu spät“, sein zweiter, dachte er noch als es schon zum zweiten Mal schellte. Mühsam wuchtete er sich wieder hoch und hinkte mit schmerzverzerrten Gesicht auf die Tür zu, drückte den Türsummer und öffnete die Wohnungstür. Dann machte er sich mehr hüpfend als gehend wieder auf den Weg zurück zum Sofa.


Gibbs

2. Kapitel


Gibbs lief schon zum dritten Mal um sein Boot und begutachtete die Maserung. Zu mehr war er heute auch nicht zu gebrauchen. Er war enttäuscht und das machte ihn unkonzentriert. Maßlos enttäuscht von seinem Team, aber besonderes von seinem treuen „Bernhardiner“. Alle waren sie umgefallen wie die Fliegen, selbst Tony, als Jenny Informationen von ihnen verlangte. Gibbs hatte sie hinterher gefragt, ob sie sein Team waren? Sie hatten alle mit „ja“ geantwortet, aber waren sie wirklich sein Team? Standen sie voll hinter ihm? Immerhin hatte das Team in den letzten Monaten viel durch machen müssen. Tonys Lungenpestinfektion, Kates Tod, Zivas Eintritt und dazu eine neue Direktorin. Vielleicht musste das Team sich erst wieder finden. Die Zeit würde es zeigen.

Aber die eine Frage die ihm immer wieder nachdenken ließ, war eine ganz andere. Stand Tony hinter ihm? Der Jüngere liebte Alleingänge und schräge Touren und Gibbs hatte ihn schon mehr als einmal im letzten Moment den Hals gerettet. Sie waren jetzt seit einem Jahr ein Paar. Zwar immer noch inoffiziell, aber sie verbrachten fast jegliche Freizeit zusammen. Als Tony sich morgens den Knöchel verstaucht hatte, hatte er sich noch überlegt den jüngeren Mann abends so richtig zu verwöhnen. Jethro wollte ihn umsorgen, seinen Körper liebkosen, ihn streicheln und ihm seine Schmerzen vergessen lassen. Doch nach dem Gespräch mit der Direktorin war ihm die Lust vergangen. Er hatte sich vorgenommen, dieses Wochenende auf keinen Anruf von Tony zu reagieren und sollte er hier auftauchen, würde er den Jüngeren nicht in den Keller lassen. Strafe musste sein und er brauchte Zeit zum nachdenken.

Müde und mit getrübtem Blick, ging er auf die Rückseite seines Bootes zu. Gestern Abend hatte er noch mit dem Namen angefangen. Ein großes A und ein kleines n waren schon zu lesen. Anthony sollte das Boot heißen, doch jetzt kam es ihm nicht mehr richtig vor und er nahm Terpentin und einen alten Lappen zur Hand um den Namen abzuwaschen, als er sein Telefon schellen hörte. Ein Blick aufs Display, zeigte ihm das es Abby war.

„Abbs, was gibt es so wichtiges das du mich…“, doch weiter kam er nicht.

„Gibbs, Gibbs, Gibbs“, rief sie ins Telefon.

„Ruhig Abby. Was ist passiert?“ Alarmiert legte er den Lappen aus der Hand.

„Tony, es geht um Tony. Er ist immer noch nicht zu Hause. Ich mach mir Sorgen.“

„Und was soll ich deiner Meinung nach tun?“, fragte er sie leicht ungehalten, während er wieder den Lappen in die Hand nahm und das „A“ weiter bearbeitete.

„Was du tun sollst? Zu ihm fahren natürlich. Du bist sein Freund, sein Mann. Was fragst du noch, er ist immerhin verletzt.“

„Abby“, sagte er mit einem Grinsen. „Er hat sich den Knöchel verstaucht, er kommt schon alleine klar.“

„Gibbs, er ist noch immer nicht zu Hause. Klingelt es da bei dir nicht?“

„Soll ich jetzt die Kneipen nach ihm absuchen?“

„Quatsch“, kam es entrüstet von seiner Kleinen. „Tony würde nie durch die Kneipen ziehen und das weißt du auch. Aber scheinbar weiß ich mehr als du.“

Schnell erzählte ihm Abby von McGees Beobachtungen. Leider konnte sie nicht sehen, wie der Chefermittler in der Bewegung inne hielt und den Lappen auf den Tisch legte. Sie konnte auch nicht sehen, wie er sich auf den Tisch sinken ließ und mit einer Hand durch sein Haar strich und ebenso wenig konnte sie sehen, wie er noch während ihrer Erzählung die Treppe hoch lief und seine Autoschlüssel vom Schränkchen nahm. Aber sie konnte es hören, an der veränderten Tonlage und ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. „Meld dich wenn du da bist“, bat sie ihn und hörte von ihm nur ein bestätigendes Brummen, bevor er die Leitung unterbrach. Gibbs war unterwegs, jetzt würde wieder alles gut werden.

Er fuhr wie der Teufel durch die Straßen und war nur wenige Minuten später schon an Tonys Häuserblock. Einen Parkplatz für seinen Truck zu finden, kostete ihn die letzten Nerven. Er machte sich Vorwürfe. Warum war ihm nicht aufgefallen, dass sich Tony erneut verletzt hatte. Er hatte gesehen dass sein Agent stärker humpelte als morgens, aber er hatte es als Provokation seinerseits verstanden und es ignoriert. Er konnte sich noch genau an Tonys Blick erinnern. Auffordernd und enttäuscht zu gleich.  

Als er schellte, wurde ihm sofort geöffnet, ohne dass die Gegensprechanlage bedient wurde. Stirnrunzelnd eilte der Chefermittler die drei Stockwerke hoch, um die Wohnungstür angelehnt vorzufinden. Sofort war sein Instinkt geweckt. Leise zog er seine Waffe, entsicherte sie, dann stieß er mit dem Fuß die Tür leicht auf und sah seinen Freund, qualvoll langsam, sich an der Wand abstützend, ins Wohnzimmer hinken.

„Tony“, sagte er schloss die Tür und steckte seine Waffe weg.

Erschrocken über Jethros Stimme fuhr Tony herum. Dabei hatte er allerdings nicht an seinen verletzten Fuß gedacht. Als sein volles Gewicht auf den Knöchel kam, entfuhr ihm ein Schmerzenslaut und sein Knie gab unter ihm nach.

Mit ein paar schnellen Schritten war Gibbs bei ihm und noch bevor dieser auf dem Boden aufschlagen konnte, zog er, den vor sich hin fluchenden Jüngeren wieder hoch.

„Alles klar Tony?“, fragte er besorgt, zog sich seinen Arm um die Schulter und legte ihm seinen um die Hüften.

„Ja klar, mir geht’s gut, Boss“, kam es gepresst.

Gibbs zuckte zusammen und dreht sein Gesicht zu Tony. Da war es wieder, dieses Boss. Normalerweise nannte Tony ihn nur während der Arbeitszeit so. Privat sagte er Jethro, Jeth oder benutzte andere Kosewörter.

„Lüge mich nicht an, Tony. Dir geht es nicht gut. Abby hat mir erzählt, das du in ein Hasenloch getreten bist und dir dein Knöchel mehr Probleme bereitet als heute Morgen. Außerdem bin ich nicht blind, wenn ich nicht so schnell gewesen wäre, dann hätte ich dich vom Boden auflesen können. Also?“

Der Braunhaarige sah seinen Lebenspartner unsicher an. So ganz wusste er mit der Situation nicht umzugehen. Immerhin war es Jethro gewesen, der ihn ignoriert und alleine nach Hause geschickt hatte.

„Können wir uns erst einmal setzen?“, fragte er zum einem, weil er seinem Fuß von der Schwerkraft erlösen wollte und zum anderen um etwas Zeit zu gewinnen.

Langsam half der Grauhaarige seinem Freund zurück zum Sofa und obwohl Tony keine Mine verzog, bemerkte Gibbs das er den Fuß kaum noch aufsetzte und sich immer mehr auf ihn stützte.

Vorsichtig ließ Tony sich auf der Couch nieder und stellte mit Verwunderung fest, das Gibbs seinen Fuß auf seine Beine hob. Während der Ältere leicht über den geschwollenen Fuß strich, erzählte ihm Tony von dem Hasenloch und den anschließenden Schmerzen.

„Las mich mal sehen“, sagte Jethro und zog dem Braunhaarigen die Socke aus.

Obwohl er sehr langsam vorging, konnte er das Stöhnen seines Partners hören. Betont vorsichtig wickelte der Grauhaarige die elastische Binde ab, mit der Ducky den Fuß stramm bandagiert hatte. Da er Tony nicht noch größere Schmerzen zufügen wollte, nahm die Aktion längere Zeit in Anspruch. Als der Fuß endlich frei vor ihnen lag, zog Jethro die Luft scharf zwischen seinen Zähnen ein. Das Schauspiel das sich ihm bot war mehr als nur Besorgniserregend. Von den Zehen bis über den Knöchel war der Fuß an der Außenseite Blau-Schwarz verfärbt und so geschwollen das man den Knöchel als solches nicht mehr erkennen konnte.

„Das sieht nicht gut aus“, teilte sein Lebensgefährte ihm mit und strich mitfühlend über den lädierten Knöchel. „Damit musst du in ein Krankenhaus. Das ist wesentlich schlimmer als es heute Morgen war.“

Tony der sich eigentlich nur freute das sein Freund ihm scheinbar verziehen hatte und die ganze Zeit über einigermaßen entspannt auf der Couch gelegen hatte, schreckte hoch und warf ihm einen ängstlichen Blick zu. „Auf keinen Fall.“

Gibbs schmunzelte. Das war ja wieder klar. Kaum kam das Wort „Krankenhaus“ in einem Satz vor, war der Jüngere auf der Flucht. „Sei einmal realistisch“, sagte er und deutete auf seinen Schoß. „Da ist mehr kaputt gegangen. Wahrscheinlich hast du dir den Fuß gebrochen.“

Tony ließ sich langsam wieder zurück sinken. „Blödsinn, mir geht es gut, ehrlich.“ Und leise mit dem gewissen Augenaufschlag fügte er hinzu: „Alles was mein Fuß braucht, ist über das Wochenende etwas Ruhe und Pflege.“

„Ich glaube kaum das das mit „Ruhe und Pflege“…“ Er betonte die Wörter auf gleicher Weise wie Tony. „…in zwei Tagen ausgestanden ist.“

„Jethro bitte. Ich bin gerade erst oben angekommen und der Eisbeutel hat schon viel gebracht. Und jetzt hör auch dir Sorgen zu machen. Was hältst du davon wenn wir uns etwas zu essen kommen lassen“, fragte er den älteren und bestätigend knurrte sein Magen.

Gibbs grinste ihn schief an. „Okay. Wir werden sehen. Aber sollte der Knöchel nicht abschwellen, wird Ducky sich das ganze noch einmal ansehen.“

Tony Augen weiteten sich ein weiteres Mal. „Aber nicht mehr heute“, sagte er schnell. Es war ihm zwar lieber, wenn der alte Pathologe sich seinen Fuß ansah, als wenn er in ein Krankenhaus gehen musste, aber „Arzt“ war im Endeffekt dann doch „Arzt“.

Jethro sah ihn von der Seite an. „Okay, aber Morgen“, war alles was er dazu noch sagte. Nur ungern ließ er sich auf solche Abmachungen ein. „Aber Deal ist Deal. Wenn du dich morgen weigerst, werde ich dich in das nächste Krankenhaus schleifen. Zur Not gefesselt und geknebelt. Verstanden?“

Der Braunhaarige nickte ihm mit ängstlichem Blick zu. Er wusste das Jethro keine leeren Drohungen aussprach.

Gibbs hob Tonys Fuß vorsichtig von seinen Beinen, legte ihn zurück auf die Kissen, dann stand er auf. „Ich hol dir mal ein neues Kühlkissen und bestelle uns eine Pizza. Okay?“

„Super“, kam es müde vom Sofa. Tony hatte sich auf der Couch wieder eingekuschelt. Das Kühlkissen hatte seinen Knöchel vereist und solange er sich nicht groß bewegte, war der Schmerz aushaltbar. Der anstrengende Tag tat sein übriges und bevor er sich versah, vielen ihm die Augen zu und er schlief ein.

Gibbs stand vor der Couch und sah auf seinem schlafenden Freund herunter. Wie ruhig und friedlich der Jüngere immer aussah, wenn er im Reich der Träume weilte. Ein warmes, inniges Gefühl schlich sich ein und er strich ihm liebevoll über die Haare, bevor er eine Decke holte und seinen Lebensgefährten damit zudeckte, dann machte er sich auf den Weg zu DiNozzos kleiner Küche.

Sein schlechtes Gewissen dem Jüngeren gegenüber, gewann die Oberhand und Sorgenfalten umwölbten seine Stirn, während er zum Telefon griff. Wütend wie er war, hatte er Tony in voller Absicht zu dem Außeneinsatz geschickt, obwohl er gewusst hatte dass sich dieser bereits am Knöchel verletzt hatte. Das jetzige Missgeschick war also zu einem gewissen Prozentsatz auch sein Verdienst. Wie war er auch nur auf die unsinnige Idee gekommen sich verraten zu fühlen? Immerhin war Jenny nicht irgendwer, sondern ihr aller Vorgesetzte. Die Direktorin des NCIS. Wenn nicht ihr, wen sollten sie dann gehorchen? Resigniert fuhr er sich durchs Haar, während er auf die Bestätigung seiner Bestellung wartete. Er konnte es drehen wie er wollte. Er war schuld an Tonys erneuter Verletzung.
Als es an der Tür schellte merkte er erst, wie viel Zeit vergangen war und dass er noch immer den Telefonhörer in der Hand hielt. Irritiert legte er auf und lief schnell zur Tür um die Pizza in Empfang zu nehmen.


Abby

3. Kapitel

„Warum meldet er sich nicht?“, fragte Abby. „Warum ruft er nicht an?“ Ihre Stimme klang flehend.

„Abby, bitte. Hör auf damit. Der Boss wird sich schon melden, wenn was seinen sollte“, versuchte Tim sie zu beruhigen.

„Er ruft nicht an. Hab ich ihm nicht gesagt, er soll sich melden“, nahm sie ihr Mantra wieder auf, so als hätte sie ihn nicht gehört. Dabei lief sie im Gänsemarsch um den Tisch, den Gibbs ihr zum 30zigsten Geburtstag geschenkt hatte. Eine große Glasplatte, die von vier kleinen schwarzen Holzsärgen gehalten wurde. Jeder Sarg mit Ornamenten liebevoll verziert. Totenköpfe, Fledermäuse und Spinnen gaben sich die Hand.

„Hallo Abbs? Hörst du mich nicht?“, fragte Tim, stand von Sofa auf und kam auf seine Kreise drehende Freundin zu.

„Verdammt noch einmal Gibbs, ruf an“, sagte sie in dem Moment und stand wie hypnotisiert vor dem Telefon. Doch als kein Klingeln ertönte nahm sie ihrem Gang rund um ihren Wohnzimmertisch wieder auf. „Telefon schell endlich. SCHELL“

„Abby jetzt komm mal wieder herunter. Tony wird es schon überleben.“

Ruckartig blieb sie stehen. „Und wenn nicht?“ Ängstlich nahm sie ihre Finger in den Mund.

McGee rollte mit den Augen. „Es ist noch niemand an einem kaputten Knöchel gestorben.“ Völlig genervt rieb er sich über die Augen. Den Abend hatte er sich definitiv besser vorgestellt. Aber er war es ja selber schuld. Was musste er ihr auch von seinen Beobachtungen erzählen. Hätte er seine Klappe doch bloß gehalten.

„Vielleicht ist ja etwas Schreckliches passiert? Ich halt die Ungewissheit einfach nicht mehr länger aus.“

Jetzt war er es leid. Nur wenige Schritte trennten ihn von seiner langsam durchdrehenden Freundin. „Schluss jetzt“, sagte er und hielt sie am Arm fest. Mit der freien Hand zwang er sie ihn anzusehen. „Es geht Tony gut und jetzt setz dich hin.“

Doch gerade in dem Moment, wo er sie fast soweit hatte, schellte das Telefon und Abby sprang wie von einer Tarantel gebissen sofort wieder auf. Erwartungsvoll riss sie den Hörer hoch.

„Gibbs?“, rief sie mit einen strahlenden Lächeln, das gleich darauf wieder verschwand als sie den Hörer in Form eines Knochens, wieder auf den Totenschädel knallte.  „Mist, falsch verbunden.“ Wütend nahm sie wieder ihren Weg um den Tisch auf.

„Weißt du Abbs, ich versteh dich nicht“, sagte Tim plötzlich, die Hände hatte er dabei in die Hüften gestemmt. „Wenn du dir solche Sorgen um Tony machst, warum hast du dann Gibbs geschickt? Warum sind wir nicht selbst hingefahren?“

Diesmal blieb sie sofort stehen und sah ihn strahlend an. „Jaaaaaa“, sagte sie und man konnte sehen wie es in ihrem Kopf anfing zu rattern.

„Gut, dann fahren wir halt hin“, stimmte Tim nun auch zu.

„Du bringst mich auf eine Idee.“ Schnell lief sie in die Diele, holte seine Jacke und hielt sie ihm hin. „Du musst jetzt gehen.“

„Ähmmm Abby?“, machte er und fühlte sich zur Wohnungstür geschoben. „Ich dachte WIR wollten zu Tony fahren?“

„ICH fahre, DU fährst nach Hause.“ Sie hielt ihm immer noch seine Jacke entgegen und schob ihm mit leichtem Druck weiterhin zur Tür. „Hattest du nicht gesagt, du wolltest an deinem neuen Roman arbeiten?“

„Nicht heute. Abby ich…..“, doch weiter kam er nicht.

„Du musst dich beeilen, wenn du noch bis zur Spieleröffnung zu Hause seinen willst“, teilte sie ihm mit.

Tim zog die Stirn kraus. Jetzt verstand er gar nichts mehr. „Welches Spiel?“, erklang es verwirrt.

„Na die neue Football Saison fängt doch heute an.“

„Football? Sag mal willst du mich loswerden?“, fragte er sie mit fassungslosem Entsetzen und warf dem mit schwarzem Klavierlack gestrichenen Doppelsarg, in ihrem Schlafzimmer, einen sehnsüchtigen Blick zu. Den Abend hatte er sich wirklich ganz anders vorgestellt.

„Wie kommst du denn darauf. Ich denke nur an dein Wohlbefinden. Es ist schon spät und Gibbs duldet kein zu spät kommen. Das weißt du doch. Also husch, husch, ab ins Körbchen“, teilte sie ihm mit, öffnete die Tür und schob ihn hinaus.

Bevor er: „Ähmmm Abbs…“, sagen konnte, hatte sie die Tür schon wieder geschlossen. Sekunden später ging die Tür noch einmal auf und seine Jacke wurde ihm in die Arme geworfen.

„Die hast du vergessen. Schlaf schön“, rief sie ihm zu und schloss die Tür ein zweites Mal vor seiner Nase.  

Wie ein begossener Pudel stand der M.I.T. Absolvent vor ihrer Wohnungstür. In der einen Hand seine Jacke und die andere immer noch halb erhoben. Nur langsam viel sie herunter. Was war das denn gewesen? Eigentlich wollten sie doch den Abend und die Nacht zusammen verbringen und nun das. Sie bot ihn aus, oder richtiger: Sie schmiss ihn aus der Wohnung. Was hatte Abigail vor ihm zu verstecken? Warum wollte sie auf alle Fälle verhindern das er mit zu Tony kam? Mit einem seltsamen Gefühl in der Bauchgegend, das hier etwas geschah das er nicht wissen sollte, drehte er sich von der Tür weg. So leicht ließ er sich nicht abschrecken. Immerhin war es sein Job zu ermitteln, dachte er grinsend.

´*****

„Ducky, ich bin es Abby.“

„Abigail, was kann ich denn heute Abend noch für dich tun?“, fragte sie der alte Pathologe es Teams.

„Nicht für mich, Ducky. Tony braucht dich“, aufgeregt erzählte sie ihm was sie bisher wusste.

„Hat Gibbs sich denn schon bei dir gemeldet?“

„Nein, nein. Das ist es ja gerade.“

„Wenn er mich brauch, wird er mich rufen, Abigail“, versuchte er sie zu beruhigen.

„OH bitte. Las uns nach Tony sehen. Ich halt diese Ungewissheit einfach nicht mehr aus. Und ich spüre das die Beiden dich brauchen. Ich spüre es einfach“, bettelte sie.

Der alte Pathologe raufte sich die Haare und sah in den Spiegel. Tony hatte einen verstauchten Knöchel und das war nichts mit dem nicht Jethro alleine fertige werden würde. Sollte er Abigails Bauchgefühl vertrauen? Was wenn sie unpassend bei den Beiden ankamen? Gibbs würde nicht erfreut darüber sein.

„Hast du versucht Gibbs Handy anzurufen?“, fragte er darum die junge Kriminaltechnikerin.

„Da geht keiner ran. Wahrscheinlich liegt es wieder bei ihm im Keller, oder der Akku ist leer, oder er hat es einfach ausgemacht. Du kennst ihn doch und die Technik. Bitte Ducky“, jammerte sie und erntete ein seufzen. Jetzt wusste sie dass sie ihn soweit hatte.

„Okay Abigail, ich sehe eben nach meiner Mutter, dann pack ich meine Tasche und du kommst vorbei und holst mich ab.“

„Ducky, du bist ein Schatz. Bis gleich“, sagte sie und legte auf.

Donald zog während er sein Telefon auflegte eine Grimasse. „Ich hoffe nur Jethro sieht das genauso. Ansonsten Gnade uns Gott.“

~~~~~~

Mit der warmen, duftenden Pizza betrat Gibbs wenig später das kleine Wohnzimmer. Er stellte die Kartons auf den Esstisch und ging zu Tony. Mit einem lauten Knacken der Knie ließ er sich vor dem Sofa nieder.

„Hey, Schlafmütze. Deine Pizza wird kalt“, flüsterte er ihm zärtlich ins Ohr und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn.

Tony öffnete verschlafen die Augen. „Mhhmmmm“, brummte er, schenkte seinem Partner aber ein kleines DiNozzo Lächeln.

„Hunger?“, fragte Gibbs und strich ihm eine wirre Haarsträhne aus der Stirn.

„Immer“, kam es verschlafen.

Jethro stand auf und hielt dem Jüngeren seine Hand hin. „Dann komm, ich hab schon den Tisch gedeckt“, sagte er mit einem Augenzwinkern in Richtung der Pizzaschachteln. „Oder sollen wir hier essen?“

Der Braunhaarige schaute zum Essbereich. „Nein, nein, das schaff ich schon.“

Gibbs zog die Augenbrauen hoch. „Sicher?“

„Klar“, kam es betont leicht von dem Jüngeren und er klappte die Decke weg.

„Moment“, sagte Gibbs in dem Sekunde und Tony verharrte in der Bewegung. „Ich muss erst deinen Fuß wieder bandagieren“, sagte der Grauhaarige und machte sich auch gleich, trotz Tonys Protest, an die Arbeit.

Die Prozedur schien für seinen Lebensgefährten sehr schmerzhaft zu sein, denn obwohl Tony sich scheinbar nichts anmerken lassen wollte, bemerkte Gibbs das Zucken seiner Beinmuskeln und die Anspannung im Gesicht des Jüngeren. Schnell zog er die erste elastische Binde fest und mit der zweiten befestigte er das neue Eispad am Knöchel. Dann legte er den Fuß wieder vorsichtig auf die Kissen und ließ seinem Partner die Zeit sich wieder zu fangen, während er in die Küche ging und ein paar Getränke holte. Zu gerne würde er dem Jüngeren die Schmerzen nehmen und ihn zum Tisch tragen, aber er kannte seinen Partner nun schon lange genug, um zu wissen das dieser im Moment noch nicht bereit war Hilfe anzunehmen.

„Geht es wieder?“, fragte er als er zurück ins Wohnzimmer kam und Tony, auf der Sofakante sitzen sah. Als er diesen nicken sah, stellte er die zwei Flaschen Bier zu den Pizzakartons. „Ich hol nur noch schnell zwei Teller, dann helfe ich dir zum Tisch.“, sagte Gibbs und verließ wieder den Raum.  

Tony biss sich auf die Lippen, während er versuchte auf einem Bein auszustehen. Solange er den Fuß nicht belastete waren die Schmerzen aushaltbar. Doch alleine der Gedanke ans Laufen, ließ Schweißperlen auf seiner Stirn erstehen. Gibbs hatte recht, irgendetwas stimmt da gehörig nicht. Sich mühsam am Sofa festhaltend machte er den ersten Schritt. Der darauf einsetzende Schmerz entlockte ihm ein Stöhnen und brachte ihm ins Straucheln. Er spürte wie sein Knie unter ihm nachgab und der Boden immer näher kam.


Ducky

4. Kapitel
„Verdammt noch einmal Tony, kannst du nie hören wenn man dir etwas sagt?“, donnerte Gibbs Stimme streng durch den Raum, doch man hörte seine Angst heraus. Schnell hatte er die Teller auf den Tisch gestellt und lief auf seinen Partner zu, der mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden hockte und vorsichtig seinen Knöchel rieb.

„Warum hast du nicht gewartet?“, fragte Gibbs als er sich neben seinen Freund auf den Boden kniete und ihn in den Arm nahm.

„Ich dachte ich schaffe es alleine“, kam es von dem Braunhaarigen gepresst.

„Mhmm“, brummte sein Boss darauf nur. „Ich glaube für die meisten grauen Haare auf meinem Kopf bist du zuständig. Meinst du, du kannst aufstehen?“

„Ich glaube schon“, sagte er zweifelnd und schmiegte sich an Gibbs Körper. Er liebte es ihm so nah zu sein. Alleine Gibbs eigener Geruch, nach Holz, Leim und irgendeinem Aftershave, dessen Namen er nie verriet, brachte ihn jedes Mal wieder um den Verstand und ließ ihm die größten Schmerzen vergessen.

„Warte ich helfe dir hoch“, kam es von dem Grauhaarigen, der sich mittlerweile schon verfluchte das er auf den Deal des Jüngeren eingegangen war. Der Fuß war gebrochen, das sagte ihm sein Bauchgefühl und es wäre ratsam gewesen ihn sofort in ein Krankenhaus zu bringen. Lange würde sich Gibbs das nicht mehr mit anschauen. Zur Not würde er seinen Lebensgefährten auch zu seinen Wagen tragen.

Gibbs stand auf und zog Tony dabei mit in die Höhe. Dann legte er sich den Arm des Jüngeren über die Schulter und faste ihn um die Taille. So liefen sie weiter, wobei von laufen eigentlich keine Rede seinen konnte. Denn Tony musste sich jeden Hopser bitter abringen.

Gibbs warf seinem Partner einen besorgten Blick zu. „Brauchst du eine Pause?“, fragte er des halb von sich aus.

„Geht schon“, presste Tony durch zusammengebissene Zähne hervor. Der Schweiß lief ihm in Strömen den Rücken herunter und obwohl er seinen Fuß nicht aufsetzte, waren sie Schmerzen kaum noch aushaltbar. Jede Erschütterung fuhr ihm ins Kleinhirn. Vielleicht sollte er Jethro doch bitten ihm in ein Krankenhaus zufahren, dachte er, während seine Augen auf dem Boden geheftet waren, um ja nicht mit dem gesunden Fuß irgendwo drauf zu treten und gegebenenfalls auch noch umzuknicken. Nach einer für ihn gefühlten Ewigkeit hatten sie die Sitzgruppe erreicht und Jethro ließ ihn auf einen Stuhl nieder, einen zweiten zog er heran und Tony legte vorsichtig sein Bein darauf. Erst jetzt bemerkte er, dass er die Luft angehalten hatte und atmete befreiend aus. Irgendwie war ihm der Appetit vergangen und er konnte sich nicht vorstellen wie er jetzt etwas im Magen behalten sollte. Aus dem Augenwinkel sah den besorgten Blick seines Lebensgefährten und um diesen zu beruhigen versuchte er ihm sein schönstes Lächeln zu schenken, was ihm aber deutlich misslang, weshalb er auch schnell den Kopf wegdrehte.

„Tony“, kam es beunruhigt von Gibbs, er legte dem jüngeren einen Finger unters Kinn und drehte seinen Kopf in seine Richtung. „Alles klar?“ Doch bevor dieser etwas sagen konnte, hob er den Finger. „Ich möchte die Wahrheit hören. Wie schlimm ist es?“, fragte er und konnte DiNozzo schlucken hören.

„Jetzt wo ich sitze geht es, aber jede Bewegung…“, er ließ den Satz unvollständig, weil sein Partner ihn auch so verstand.

Gibbs sah ihn streng an. „Nach dem Essen rufe ich Ducky an. Unser Deal ist hiermit ungültig.“

„Aber…“

„Nein, kein aber“, sagte Gibbs und lief schnell zum Sofa um ein Kissen zu holen, dass er Tony unter den Fuß legte. „Und jetzt lass uns essen.“

Die Stimmung am Tisch war alles andere als gut und Tony Appetit noch nicht zurückgekehrt, als es an der Tür schellte.

„Erwartest du noch jemanden?“, fragt Gibbs verwundert, während er zu Tür ging.

„Nicht das ich wüsste“, murmelte Tony, als er auch schon etwas Dunkles auf sich zuhopfen sah.

„TONY, TONY, TONY“, rief Abby laut und schmiss sich um seinen Hals. In ihrer Euphorie bekam sie gar nicht mit wie sich der junge Mann versteifte und schmerzhaft die Luft zwischen die Zähne einzog. „Endlich. Ich dachte schon dir wäre etwas passiert.“

„Auu, Abby bitte, las mich leben und schüttele mich nicht so durch.“

Als sie sein schmerzverzerrtes Gesicht sah, ließ sie ihn los, als hätte sie sich verbrannt. Dann als wenn ihr plötzlich etwas eingefallen war, wandte sich an ihren Silberfuchs. Anklagend stellte sie sich vor ihm und drohte mit dem Finger vor seinem Gesicht. „Warum hast du dich nicht gemeldet. Ich habe dich darum gebeten. Aber nein. Nichts. Nada.“

Gibbs umfasste fast zärtlich ihren Finger, zog sie an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Beruhige dich Abby. Ich habe nicht daran gedacht, aber schau, noch ist er in einem Stück.“ Grinsend schob er sie wieder etwas von sich, um den zweiten Besucher zur späten Stunde zu begrüßen. „Duck, du kommst gerade richtig. Mit Tonys Fuß stimmt etwas nicht. Bitte schau ihn dir noch einmal an.“

Nachdem Tony zum zweiten Mal an diesem Abend die schmerzhafte Prozedur des Verband Abnehmens über sich ergehen lassen musste, und der Mediziner den Fuß gründlich untersucht hatte, sah der den jungen Agent mitfühlend an.

„Ich kann es nicht genau sagen, dafür müsste ich ein Röntgenbild von deinen Fuß sehen, aber mein lieber Junge, ich befürchte du hast dir den Knöchel gebrochen“, klärte er ihn auf.

Tony schüttelte den Kopf. „Das kann doch gar nicht sein, bis vorhin bin ich doch noch gelaufen. Es war zwar schmerzhaft aber aushaltbar.“

„Das kann schon sein, wenn der Bruch nicht verschoben ist, ist Bewegung und Belastung noch möglich. Gut ist nur das ihr den Fuß gleich gekühlt habt.“

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte Gibbs, der Tonys Hand während der Untersuchung nicht losgelassen hatte.

„Oh, ich werde seinen Fuß jetzt erst einmal still legen und dann fahren wir zum Providence Hospital. Ich kenne da einen ausgezeichneten Orthopäden, noch aus meiner Studiumzeit an der Universität von …“

„Duck bitte“, kam es ungehalten von Gibbs.

„Mhmmm“, machte der Pathologe und zog eine Augenbraue hoch. „Ich denke dort wird unserem Anthony aufgrund der Schwellung, ein hübscher Spaltgips angepasst werden.“

„Kann ich damit laufen?“, fragte Tony hoffungsvoll.

Ducky grinste ihn an. „Vielleicht wieder in sechs Wochen. Vorher denke ich nicht.“

„Ich wusste es“, kam es deprimiert von Tony.

„Mein armer, armer Tiger“, meldete sich jetzt auch wieder Abby zu Wort. Sie hatte während der Untersuchung mit dem Agent gelitten und war über den Zustand des Knöchels immer noch fassungslos.

„Und wenn die Schwellung abgeklungen ist?“, fragte Gibbs.

„Das kommt auf den Bruch an. Vielleicht bekommt er einen Gehgips, oder so eine neumoderne Schiene. Aber erst einmal muss das geröntgt werden“, sagte der Pathologe und machte sich gleich wieder an die Arbeit.

Tony ließ mit zusammengebissenen Zähnen auch diese Prozedur über sich ergehen. Trotzdem atmete er erleichtert auf, als Ducky die letzte elastische Binde festklebte und ihn das Knie tätschelte.

„So, ich denke das reicht.“ Vorsichtig ließ er den Fuß wieder auf das Kissen sinken und sah seinen Patienten an. „Dann wollen wir mal sehen, das wir dich wieder heile nach unter bekommen.“

****

War der Aufstieg zu seiner Wohnung schon beschwerlich gewesen, so war der Abstieg noch anstrengender. Tony hing zwischen Gibbs und Ducky und hüpfte auf einen Bein Stufe für Stufe herunter. Mittlerweile schrien seine Beinmuskeln nach einer Pause und er musste sich das eine oder andere Mal ein Stöhnen verkneifen. Aber auch für die beiden Männer an seiner Seite war es nicht einfacher. Auch von ihnen hörte er ab und an ein Ächtzen. Einzig Abby eilte, leichtfüßig die Stufen herunter. Als der nächste Treppenabsatz geschafft war, konnte er nicht weiter. Er brauchte dringend eine Pause um wieder zu Atem zu kommen.

„Stopp“, kam es von ihm. „Bitte, Pause. Ich muss mich setzen“, teilte er den beiden Männer mit und ließ sich gleichzeitig hängen, sodass seinem „Begleitpersonal“ nichts anderes mehr übrigblieb als stehen zu bleiben.

„Wenn du nicht soviel in dich hineinstopfen würdest, dann ginge das alles leichter“, grummelte Gibbs vor sich ihn. „Komm, weiter. Es ist nicht mehr weit“, sagte er und zog Tony, trotz dessen Proteste, hoch.

Wie er den weiteren Weg hinunter und es anschließend noch zu Gibbs Wagen geschaffte, möchte Tony nicht mehr sagen. Fakt war aber, das er kurz darauf, nass geschwitzt, auf dem Beifahrersitz saß und Jethro in Richtung Hospital donnerte.

****

„Mein Gott, viel lange dauert das denn noch“, maulte DiNozzo zum wiederholten Male und warf seinen Boss der mit einem großen Kaffeebecher in der Hand im Wartebereich der Klinik auf und ab lief, einen genervten Blick zu. „Ich hab kaum noch Schmerzen, lass uns einfach wieder verschwinden“, sagte er und fing sich dafür auch gleich eine Kopfnuss ein. „Autsch, Boss! Hab doch bitte etwas Mitleid, immerhin bin ich verletzt“, kam es von dem Braunhaarigen, der sich mit einer Hand den schmerzenden Hinterkopf rieb.

„Am Fuß soweit ich weiß, nicht am Kopf“, antwortete ihm sein Boss, deutete auf dessen Bein das auf einen zweiten Stuhl lag und nahm seine Runde wieder auf. Der alte Pathologe und er hatten Tony zu einem der Stühle im Wartebereich geholfen, dann hatte Duck sie bei seinem alten Studienfreund angemeldet und war nach einem klärenden Gespräch mit diesem zusammen mit Abby nach Hause gefahren. Die kleine Labormaus hatte zwar protestiert, aber letztendlich hatte sie doch nachgegeben. Seitdem war fast eine Stunde vergangen und Jethro hatte Tonys Maulen mehr als satt.

„Komm schon Boss…“, fing dieser gerade wieder an, als eine brünette, junge Krankenschwester, mit einem Rollstuhl, vor ihnen halt machte.

„Agent DiNozzo?“, fragte sie und lächelte dem Jüngeren an. „Ich bin Schwester Clare. Ich bringe Sie jetzt zum Röntgen. Bitte setzen Sie sich doch in den Rollstuhl“, sagte sie und zwinkerte Tony dabei zu. „Ihr Kollege kann ihnen sicherlich dabei helfen.“

Im Krankenhaus

5. Kapitel


„Warum dauert das denn solange“, murmelte Gibbs leise vor sich hin und blickte zum wiederholten Male auf die große Wanduhr. Er hatte das Gefühl schon eine Ewigkeit auf seinen Lebensgefährten zu warten. Seit die junge Krankenschwester Tony mit einem Rollstuhl zum röntgen abgeholt hatte, hatte er nichts mehr von ihm gesehen. Ein erneuter Blick auf die Uhr, zeigte ihm dass erst 40 Minuten vergangen waren und aus eigener Erfahrung wusste er wie lange solche Aktionen brauchten. Doch das änderte nichts daran, dass er sich Sorgen machte. Was wenn Duck die Verletzung falsch eingeschätzt hatte? Was, wenn sie operieren mussten?

Irgendwo am Ende des Gangs ging eine Tür auf und automatisch fuhr sein Kopf in die Richtung, aber es war nicht Tony, sondern nur ein Arzt der eilig den Flur herunter lief. Resigniert ließ er den Kopf rückwärts an die Wand sinken. Kaffee, was würde er jetzt für einen großen Kaffee tun, dachte er als genau vor ihm eine Tür aufging und Tony in einem Rollstuhl sichtbar wurde. Endlich, war der erste Gedanke der ihm durch den Kopf schoss, froh, dass seine düsteren Gedanken scheinbar nicht zutrafen. Schon von weiten sah er die aufgeschnittene Jeans und den weißen Gips der DiNozzos Bein, bis zum Knie umschloss. Sofort sprang Jethro auf und lief ihm entgegen.

„Fertig?“, fragte er Tony, sah dabei aber die Krankenschwester an.

„Ja“, kam es missmutig von dem Braunhaarigen und die junge Pflegekraft nickte ebenfalls. „Sieh dir nur mal meine Jeans an“, maulte Tony und deutete auf den Schnitt im Hosenbein. „Das ist, nein das WAR eine Designer Jeans. Dafür müsste ich viel….“

Jethro beugte sich herunter zu ihm und verschloss Tony Lippen mit seinen. Der Kuss war kurz, aber heiß und entlockte beiden ein Stöhnen. „Vergiss die Jeans. Wichtig ist dein Fuß“, flüsterte ihm Jethro ins Ohr und allein der Atemhauch, der sein Ohr traf, ließ bei Tony eine Gänsehaut entstehen.

Die Krankenschwester die den zärtlichen Austausch der beiden fassungslos und mit runden Augen verfolgt hatte, musste tief durchatmen. Es war doch immer das gleiche. In dem Alter, waren alle gutaussehenden Männer verkorkst oder schwul. Enttäuscht ließ sie den Kopf sinken und bereitete sich auf eine schnelle Übergabe vor. „Ihr Partner weiß über alles bescheid. Wenn sie wollen können Sie jetzt mit ihm Heim fahren“, teilte sie dem Älteren mit und trat vom Rollstuhl zurück.

„Mir wäre es lieb, wenn Sie mich auch kurz aufklären würden“, bat er die Schwester und schenkte ihr einen eisigen Blick.

Diese blickte erst zu Tony und als sie ihn mit den Augen rollen sah, nahm sie das als Einverständnis hin und antwortete seinem Boss.

„Agent DiNozzo hat sich das Sprunggelenk gebrochen, unverschoben, die Fraktur liegt unterhalb der Syndesmose. Und das gute daran ist das die Syndesmose intakt geblieben ist“, sagte sie und strahlte dabei die beiden Männer an.

„Geht das auch etwas genauer?“, grummelte der Grauhaarige. „Was ist das mit dem Syndroding?“

„Syndesmose“, verbesserte sie ihn und zuckte gleichzeitig vor seinem Blick zurück. „Vielleicht...“, stammelte sie. „Vielleicht sollte ich einen Arzt holen, der kann ihnen das besser.....“

„Nein, nein, ich bin schon mit ihrer Antwort zufrieden“, kam es von Jethro und leise fügte er bedrohlich hinzu. „Sofern ich endlich eine Antwort bekomme.“

„Ähhmmm. Sir, ihr Kollege... die Syndesmose ist die Bindegewebe Verbindung zwischen Waden- und Schienbein. Sie ist nicht gerissen und darum und weil der Bruch nicht verschoben ist, wurde der Fuß nur ruhig gelegt und muss nicht operiert werden. Wir haben Agent DiNozzo, wegen der Schwellung, einen Spaltgips angelegt. Sobald die Schwellung abgeklungen ist, aber in spätestens einer Woche, werden wir ihm einen geschlossenen leichteren Kunststoffcast oder eine Schiene anpassen. Bis dahin darf er den Fuß nicht belasten.“ Ängstlich sah sie sich um, als suche sie einen Weg zur Flucht.

„Wie lange?“, fragte er sie.

„Wie lange?“, wiederholte sie fragend und ihre Augen wurden groß. „Eine Woche?“

Der Grauhaarige rollte mit den Augen. „Wie lange wird es dauern bis er wieder normal laufen kann.“

„OH, fünf oder sechs Wochen? Wir werden sehen“, kam es fahrig von ihr. „Und bevor ich es noch vergesse. Am Montag muss er zur Kontrolle kommen.“

Gibbs rieb sich über das Gesicht. Sechs Wochen? Wie sollte er Tony sechs Wochen beschäftigen ohne das dem jüngerem die Decke auf dem Kopf viel? Das würde für beide eine harte Zeit werden. Als er bemerkte das die junge Frau sich unsicher umblickte, sagte er: „Danke“, und damit war sie entlassen und machte sich auch schleunigst davon. Grinsend sah er ihr nach, dann drehte er sich zu Tony um. „DiNozzo, du hast es gehört.“ Beschwingt schnappte er sich die Griffe des Rollstuhls und schob ihn in Richtung Ausgang. „Hey, warum sagst du nichts?“, fragte er seinen Partner, der seltsam ruhig war. „Schmerzen?“

„Es geht. Sie haben mir vor dem eingipsen etwas gespritzt und außerdem....“, er klimperte mit einem kleinen Medikamentenröhrchen in seiner Hand. „....haben sie mir gegen die Schmerzen noch ein paar Tabletten mitgegeben. Aber...“

„Was aber, DiNozzo?“, fragte Jethro nach.

„Mir wird jetzt schon schlecht, wenn ich an die Treppen zu meiner Wohnung denke“, kam es niedergeschlagen von dem Jüngeren.

Schwungvoll drehte er den Rollstuhl zu sich herum, um Tony ins Gesicht sehen zu können. „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich dich alleine wieder in deine Wohnung lasse? Du kommst jetzt erst einmal mit zu mir. Wenn du dich wieder ein bisschen besser bewegen kannst, dann sehen wir weiter.“

Unsicher sah der Braunhaarige zu ihm hoch. „Und das obwohl ich dich verraten habe?“

„Oh Gott Tony“, kam es von Gibbs und er ließ sich mit laut knackenden Knien neben dem Rollstuhl in die Hocke fallen. „Ich war ungerecht zu dir. Nein, zu euch allen. Was hättet ihr auch machen sollen, sie ist immerhin unsere Direktorin. Und ich gebe zu ich war enttäuscht und wütend, aber deshalb liebe ich dich nicht weniger.“ Während er sprach hatte er seine Hand an Anthonys Wange geführt. Zärtlich fuhren seine Finger über die weiche Haut, dann beugte er sich vor und haute ihm einen Kuss auf die Stirn. „Wieder okay?“ Als er Tony zaghaft nicken sah nahm er die Fahrt zum Wagen wieder auf. Es wurde wirklich Zeit das er den Jüngeren nach Hause brachte und sich um ihn kümmern konnte.

****

Als sie endlich an seinem Haus ankamen, hatte er leicht zu regnen angefangen und Tony war tief und fest eingeschlafen. Der anstrengende Tag und die Verletzung, hatten ihm scheinbar sehr zugesetzt- Dazu noch das Schmerzmittel das er im Krankenhaus verabreicht bekommen hatte, tat sein übriges. Mit einem wehmütigen Lächeln betrachtete Gibbs seinen Lebensgefährten. Noch immer war der Jüngere für seinen Geschmack etwas zu blass um die Nase, aber darum konnte er sich später kümmern, jetzt musste er erst einmal sehen, wie er ihn heil die Stufen hoch ins Haus brachte. Schnell lief er um seinen Wagen herum, holte die Gehhilfen und öffnete dann Tonys Tür.

„Hey Tony. Wir sind da. Aufwachen, hörst du?“ Doch der Jüngere reagierte nicht. „Tony“, sagte er diesmal lauter und rüttelte an seiner Schulter. Scheinbar mit Erfolg, denn kurz darauf sahen ihn müde, grüne Augen an.

„Sind wir schon da?“, kam es verschlafen von ihm und er versuchte sich den Schlaf aus den Augen zu reiben. „Ich bin so müde, Jethro.“

„Ja, ich weiß. Komm jetzt, gleich kannst du weiterschlafen, aber erst müssen wir ins Haus“, sagte er und hielt ihm seine Krücken entgegen.

Noch einmal rieb DiNozzo sich über die Augen, dann zog er vorsichtig sein eingegipstes Bein und anschließend das gesunde aus dem Wagen und nahm die Gehhilfen entgegen. Beim dritten Versuch und mit Gibbs Hilfe stand er endlich und hüpfte steif und einbeinig auf die Veranda zu. Jethro ging aufmerksam neben her, bereit sofort zuzugreifen, sollte der Jüngere straucheln.

Tony kämpfte sich derweilen Schritt für Schritt, durch den Regen, vorfährst. Mittlerweile war die Wirkung des Betäubungsmittels verflogen und der Schmerz pochte wieder schrill in seinem Knöchel. Endlich war er an der Verandatreppe angekommen. Nur noch die paar Stufen, machte er sich selber Mut, dann hatte er es geschafft und konnte es sich auf dem Sofa gemütlich machen.

„Schaffst du das, Tony?“, fragte ihn Jethro besorgt und lebte ihm eine Hand auf den Arm.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schaute er die, vom Regen nassen, fünf Stufen hoch. Er hatte nicht so wirklich viel Erfahrung mit Gehhilfen und das letzte Mal das er sie benutzen musste, das lag auch schon mehr als 15 Jahre zurück. „Hab ich eine Wahl?“, fragte er deshalb, hüpfte den letzten Schritt auf die erste Stufe zu und blieb verunsichert davor stehen. Sollte er Jethro eine seiner Krücken geben und sich am Geländer festhalten, oder sollte er es lieber anders versuchen?

Gibbs sah dass sein Schützling nicht so recht weiter kam. „Man besten gibst du mir deine Krücken und hältst dich am Geländer fest, die andere Seite übernehme dann ich“, sagte er ihm und sah wie sein Partner erleichtert ausatmete. Mit einer Hand übernahm er von Tony die Gehhilfen, dann legte er sich Tonys Arm über die Schultern. „Fertig?“, fragte er ihn und hörte seinen Lebensgefährten schlucken.

„Fertig“, kam es zögerlich von dem Braunhaarigen.

Etwas Angst, noch einmal zu stürzen hatte er schon, aber da Jeth ihn an der anderen Seite stützte, hoffte er die Stufen ohne Zwischenfall hoch zukommen.

„Dann wollen wir mal. Ich geh jetzt eine Stufe hoch und du hüpfst hinterher“, teilte ihm der Ältere mit und setzte sich auch sofort in Bewegung. „Na geht doch.“ Grinsend stieg Gibbs schon die nächste Stufe hoch und wieder hüpfte Tony hinterher.

Mittlerweile waren die Schmerzen in seinem Fuß wieder dominierend und Tony war mehr als froh als sie die Treppe endlich hinter sich ließen und er von Gibbs seine Gehhilfen entgegen nehmen konnte. Schwerfällig hinkte er hinter seinem Boss ins Haus.

„Warte an der Tür“, sagte Jethro. „Ich geh schnell und hol etwas mit dem wir die Gummis deiner Gehhilfen trocken wischen können, nass vertragen sie sich nicht so gut mit dem Parket.“

Doch Tony kannte im Moment nur noch ein Ziel und das war die Couch. Sein linker Oberschenkel zitterte aufgrund der Doppelbelastung und er hatte das Gefühl das Gewicht seines eingegipsten Fußes nicht mehr länger tragen zu können. Dazu kam das dumpfe, aber stetig anschwellende Pochen in seinem Knöchel. Er setzte die Krücken vor, verlagerte das Gewicht und hüpfte hinterher. Gleichzeitig als sein gesunder Fuß den Bodenkontakt verlor, bemerkte er wie das Gummi der rechten Gehhilfe zur Seite wegrutschte. Kurz hatte er das Gefühl das Gleichgewicht noch halten zu können, aber dann schlug mit einem dumpfen Krachen sein Gipsfuß auf dem Boden auf und der darauf einsetzende Schmerz fegte alle guten Vorsetze davon. Er spürte wie sein linkes Bein unter der Belastung zusammenbrach und er sich immer schneller dem Boden näherte. Die flache Kommode zu seiner Rechten bemerkte er erst, als sein Kopf unsanft von ihr gebremst wurde. Gibbs besorgte Rufe, vernahm er nur noch wie aus weiter ferne und den letztendlichen Aufprall auf dem Boden bekam er gar nicht mehr mit, da die Dunkelheit sich bereits über ihn gesenkt hatte.

 

Zuhause

 

6. Kapitel

Schnell war Gibbs zur Küche gelaufen um ein Tuch für Tonys nasse Gehhilfen zu holen, da er wusste wie nasses Gummi auf Parkettboden reagieren konnte. Er hatte gerade ein altes Handtuch aus dem Schrank genommen, als er aus der Diele lautes Gepolter und einen heiseren Schrei hörte.

„Tony?“, rief er aus der Küche. Konnte man ihn denn nicht einmal kurz alleine lassen, fragte er sich, steckte das Tuch ein und rannte zurück in den Flur.  Der Anblick der sich ihm bot, war grauenhaft. „Verflucht noch mal, Tony.“, wisperte er besorgt, während er sich dem auf den Bauch liegenden näherte.

„Tony?“, rief er und ließ sich neben ihm nieder, doch eine Antwort bekam er nicht. „TONY“, rief er diesmal etwas lauter und besorgter. Was hatte sein Freund nun wieder angestellt? Da er nicht wusste was passiert war, wollte er ihn auf keinen Fall vorzeitig bewegen, sondern erst einmal wieder zu Bewusstsein bringen. Vorsichtig klopfte er leicht auf Tony Wange. „Hey du Dickschädel“, sagte er zärtlich. „Aufwachen, komm schon.Schlafen kannst du wenn du alt bist.“ Besorgt sah er auf die Uhr. Wie lange war DiNozzo jetzt schon bewusstlos und warum wachte er nicht auf? Sollte er Ducky zu Hilfe holen? Aber ein weiterer Blick auf seine Armbanduhr zeigte ihm, das es schon weit nach Mitternacht war und er wollte seinen alten Freund nicht noch einmal auf dem Bett holen, aber wenn Tony nicht gleich... weiter kamen seine Gedanken nicht, denn von dem Gestürzten hörte er ein Stöhnen und noch einmal klatschte er ihm gegen die Wange.

****

Tony spürte wie etwas gegen sein Gesicht schlug, aber er hatte nicht vor sich aufwecken zulassen. Dafür war das Bett in dem er vermeintlich lag, viel zu bequem und warm. Um den Berührungen zu entgehen, wollte er sich auf die Seite rollen. Doch seine Hände waren unauffindbar und die wenigen Bewegungen zu denen er fähig war, wurden von Schmerzen gebremst, die er nicht einsortieren konnte. Plötzlich war das Bett verschwunden und Kälte kroch seine Glieder hoch. Missmutig versuchte er sich noch einmal zu drehen, weg von den Schmerzen und zurück in die weiche Umarmung des Schlafes, aber auch diesmal gelang es ihm nicht und ein Stöhnen entwich ihm. Mit einem Ruck viel ihm alles wieder an. Das Hasenloch, sein Knöchel, das Krankenhaus, der Gips, DER GIPS.... Auuuu tat das weh und wieder stöhnte er laut auf.

„Tony, da bist du ja wieder. Alles okay?“, hörte er die Stimme seines Bosses neben sich.

„Mmmhhmmm“, war alles zu dem er im Moment in der Lage war. In seinem Kopf tanzte eine Herde Elefanten Samba und an sein Bein wollte er jetzt gar nicht erst denken.

„Hey“, hörte er da wieder die Stimme seines Lebensgefährten. „Alles klar, oder muss ich einen Krankenwagen bestellen?“

Krankenwagen? Krankenhaus? Auf keinen Fall, dachte sich Tony. Blieb nur noch die Frage wie er das seinem Freund mitteilen sollte, denn alles was über seine Lippen kam war wieder nur ein: „Mmmmhhmmm.“ Enttäuscht über sich selber,versuchte er die Augen zu öffnen, aber das verstärkte nur noch das Tanzgelage und mit einem weiterem Stöhnen schloss er sie schnell wieder.

„Okay“, kam es von Jethro. „Ich rufe jetzt den Notdienst. Ich gebe es ja nicht gerne zu, aber du machst mir Angst.“

Tony hörte wie er sich von ihm wegbewegte um aufzustehen und eine leichte Panik überfiel ihn. Nicht schon wieder in ein Krankenhaus. Immerhin war er dem gerade erst entkommen. Wenn Gibbs jetzt die Rettung rief, dann würden Sie ihn mindestens die Nacht da behalten und das war eine Vorstellung die bei Tony die letzten Kraftreserven mobilisierte und ihn aus seiner Starre riss.

„Jeth“, flüsterte er mehr als das er es sprach und trotzdem hatte er das Gefühl das sich die Elefanten nun auch noch mit Bongotrommeln bewaffnet hatten. „Nicht. Krankenwagen. Es geht mir gut.“ Gespannt lauschte er auf die Geräusche und hoffte inständig das er auch laut genug gesprochen hatte, um den Grauhaarigen zu erreichen.

„Hey Tony. Ich hab mir Sorgen gemacht.“ Zärtliche Hände streichelten seine frei zugängliche Gesichtshälfte. „Hast du dir was gebrochen?“

„Gebrochen?“, wiederholte Tony und da sein Gehirn noch mit den Elefanten schunkelte, konnte er das Gefragte nicht wirklich verarbeiten. „Ja“, wisperte er. „Fuß.“ Das Lachen das er daraufhin hörte, kam eindeutig von Jeth, da war er sich sicher und soweit arbeiteten seine Synapsen scheinbar schon wieder. Nur der Grund dieses Gefühlsausbruches war ihm entgangen.

„Okay, das weiß ich ja schon.“ Noch immer konnte er in der Stimme seines Mannes ein Schmunzeln hören. „Meinst du du kannst dich umdrehen, wenn ich dir helfe.“

„Mmmmhhhmmm“, machte Tony, weil er keine Ahnung hatte, ob er das konnte.

„Das las ich jetzt mal als JA gelten.“

Feste Hände packten ihn an Schulter und Hüfte und bevor Tony noch Stöhnen konnte, lag er schon auf den Rücken und japste nach Luft. Hatte sein Bein vorher auch schon so weh getan? Der Schmerz schoss quer durch seinen Fuß und ein gewaltiger Druck lag auf dem gebrochenen Knöchel. Der Jammerlaut der ihm über die Lippen kam, war alles andere als männlich.

Jethro zerriss es fast das Herz als er seinen Freund vor Schmerzen stöhnen hörte. Schnell war der Auslöser seiner Qual gefunden, ein Griff und schon hatte er Tonys Gipsfuß unter seinem anderem Bein befreit.

Wieder spürte DiNozzo Hände, diesmal an seinem schmerzenden Bein und dann war plötzlich der große Druck vorbei und die Schmerzen normalisierten sich wieder. Jetzt versuchte er ein weiteres Mal seine Augen zu öffnen und war erstaunt als er sofort Gibbs Gesicht vor sich sah. Besorgte blaue Augen blickten ihn an und drehten vorsichtig seinen Kopf zur Seite um sich seine rechte Gesichtshälfte anzusehen.

„Da hast du verdammtes Glück gehabt. Keine Platzwunde. Ein bisschen weiter nach rechts und du hättest dir die Schläfe eingeschlagen. So bekommst du nur ein Veilchen und vielleicht hast du dir auch das Jochbein geprellt“, teilte Jethro ihm mit. „Tut es sehr weh?“, fragte er den Jüngeren und sah ihn dabei aufmerksam an.

Tony mobilisierte alle grauen Zellen die ihm noch zur Verfügung standen. „Mein Fuß tut mehr weh“, sagte er und wieder konnte er Jethros Schmunzeln hören.Was war heute denn nur so lustig an ihm? Verständnislos wollte er mit dem Kopf schütteln, weckte damit aber nur die Horde Elefanten die sich nun zu den Bongotrommeln auch noch schottische Dudelsäcke griffen. „AAArrrggghhh, mein Kopf“, zischte er und legte beide Hände, die sich jetzt, wo sie nicht mehr unter seinem Körper begraben lagen, auch wieder vollständig bewegen ließen, an seinen Schädel.

„Meinst du wir können dich schon zum Sofa schaffen?“, fragte Jethro.

Sofa hörte sich gut an, dachte sich Tony. Wenn da nur nicht das Aufstehen wäre. Mit einem schiefen Grinsen sah er seinen Freund an. „Psst, wenn wir leise sind und die Elefanten nicht wecken, könnte es klappen.“

Der Grauhaarigen der gerade schon anstalten gemachte hatte aufzustehen, setzte sich nun wieder auf den Boden, nahm Tonys Gesicht in seine Hände und sah dem Jüngeren fest in die Augen. Was redete DiNozzo da für wirres Zeug? Stimmte auch alles mit seinen Augen. Nicht das er sich eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte? Oder schlimmeres? Sollte er doch Ducky herrufen? Angst machte sich in ihm breit. Was konnte so ein Sturz und eine Bewusstlosigkeit nicht alles für Erkrankungen nach sich ziehen. Erst kürzlich war bei einem alten Kameraden von ihm ein Aneurysma im Gehirn geplatzt. Gerade noch hatte der ihm von seinen Enkelkindern berichtet und im nächsten Moment hatte er sich auf einer Intensiv Station wiedergefunden. So ein Schicksal wünschte er niemanden, schon gar nicht seinem Geliebten. Sicher war sicher. „Tony, wir fahren zurück ins Krankenhaus“, teilte er ihm mit und sprang so schnell es seine alten Knochen zuließen auf.

„STOPP“, kam es da von DiNozzo. „Jeth, ruhig. Ich meinte nur, das du mir bitte helfen sollst, da ich starke Kopfschmerzen habe. Nichts mit dem wir in eine Notaufnahme müssen.“

„Sicher?“, hakte Gibbs nach, das Handy bereits in den Händen.

„Sicher“, sagte Tony, obwohl er sich überhaupt nicht sicher war.

Der Grauhaarige steckte das Telefon wieder ein und hielt dem Jüngeren die Hand hin. „Na dann, hoch mit dir.“

Vertrauensvoll legte DiNozzo seine Hand in die seines Bosses, zog sein gesundes Bein an und mit einem Ruck stand er, wacklig, aber er stand. Oh verdammt, durch fuhr es ihm. Die Betäubung die er im Krankenhaus bekommen hatte, war scheinbar vorbei. Der Schmerz pulsierte heftig in dem gebrochenen Gelenk und ein leichtes Schwindelgefühl bahnte sich seinen Weg. Tony schloss die Augen, in der Hoffnung das im Dunkeln auch die tanzenden Elefanten zu Ruhe kämen. Im Unterbewusstsein spürte er das Jethro ihm einen Arm um die Hüften legte und seinen sich über die Schultern zog. Und dann flog er mehr als das er lief und saß wenig später auf dem Sofa. Zum ersten mal öffnete er die Augen und sah in das besorgte Gesicht seines Freundes.

„Ist dir schlecht?“

„Nein, es geht“, sagte Tony und spürte Gibbs Finger in seinem Gesicht. Wieder wurde sein Kopf zur Seite gedreht.

„Mhmmm ich hoffe das bleibt auch. Nicht das du dir doch noch eine Gehirnerschütterung eingefangen hast.“ Resigniert fuhr sich der ältere durchs Haar. „Und alles nur, weil du nie auf mich hören kannst.“

„Es tut mir leid“, murmelte Tony, nahm Jeths Finger in seine Hand und zog sie weg von seinem blau werdenden Auge. Sein Daumen strich kleine Kreise auf die, von langer Handwerksarbeit, schwieligen Handflächen. Noch immer ruhte Jethros besorgter Blick auf ihn. „Es geht mir gut.“ Dieser Satz zeigte Wirkung und Gibbs Gesicht verzog sich zu einem schiefen Grinsen.

„Tu machst mir nichts vor. Ich weiß das dem nicht so ist.“ Der Ältere befreite seine Hände aus Tony Griff und stand auf. „Ich hol dir jetzt etwas bequemes von oben. Ich denke die Treppe hoch ins Schlafzimmer schenken wir uns heute. Meinst du du kannst auch auf dem Sofa schlafen?“

Tony runzelte verwundert die Stirn. „Och komm schon. Die paar Stufen schaff ich auch noch.“

Immer noch lächelnd schüttelte Gibbs, über soviel Unvernunft, den Kopf. „Lauf mir nicht weg, hörst du.“

„Wie denn?“, sagte DiNozzo, hob die Schultern und deutete an sich herunter. „Ich bin dir ganz und gar ausgeliefert.“

„Na dann“, sagte Gibbs grinsend, drehte sich um und lief schnell die Treppen zum Schlafzimmer hoch.

****

Als er kurze Zeit später, mit einem T-Shirts und einer von Tonys alten Jogginghosen wieder herunter kam, hatte sich sein Freund keinen Millimeter bewegt. Noch immer saß er, so wie er ihn verlassen hatte. Nur sein Kopf lehnte nun an dem Rückenpolster und seine Augen waren wieder geschlossen. Gibbs ließ seinen Blick über Tony schweifen. Noch immer war der Jüngere für seinen Geschmack viel zu blass, sein Jochbein war geschwollen und sein Auge zeigte bereits die ersten Anzeichen eines ausgewachsenen Veilchens. Seine Stirn war in Falten gelegt und seinen eingegipsten Fuß hatte er halb auf den niedrigen Wohnzimmertisch gelegt.  Wie gerne würde der Ältere ihm alle Schmerzen abnehmen, doch da das nicht möglich war, wollte er sich wenigstens gut um ihn kümmern. Er liebte ihn, mit jeder Faser seines Lebens. Tony bedeutete für ihn all das, was seine drei gescheiterten Ehen nicht waren. Glück, Frieden, Freude, Einigkeit. Jethro konnte es immer noch kaum glauben, das sie wirklich ein Paar waren. Tony war ihm so ähnlich und doch war er ganz anders. Klar gab es auch mal Streit, aber meistens war ihr Zusammenleben harmonisch. Vielleicht war es wirklich an der Zeit ihre Liebe auch dem restlichem Team zu gestehen.

„Konn schon, ich helfe dir schnell dann kannst du es dir auf dem Sofa bequem machen“, sagte er und strich seinem Partner durch das verwuschelte braune Haar.  

Müde grüne Augen öffneten sich zu Schlitzen. Bewegen? Keine gute Idee. So wie Tony jetzt saß, oder halb lag, war es okay. Bewegen würde nur wieder Schmerzen mit sich bringen. Aber Jethro sah nicht so aus, als wenn er mit sich reden lassen würde. Also gab Tony sich geschlagen und ließ sich von seinem Lebensgefährten aus der Jeans helfen. Was sich als gar nicht so einfach darstellte, denn obwohl die Jeans im Krankenhaus aufgeschnitten worden war, war sie immer noch so eng das sie Tonys Gipsbein nur mit Mühe heraus bekamen. Minuten später half Jethro seinen Freund es sich auf dem Sofa bequem zu machen. Vorsichtig schob Gibbs ein Kissen unter Tonys Fuß und setzte sich dann seitlich neben ihn auf die Couch.

„Tja, weisst du, ich habe mir unser Wochenende anders vorgestellt“, sagte Gibbs und strich zärtlich über Tonys geschwollene Gesichtshälfte.

„Oh, lass dir gesagt sein, ich auch und wenn ich daran denke, das mir dieser Fuß noch Wochenlang Probleme bereiten wird, bin ich schon vorzeitig bedient.“ Genervt rollte er mit den Augen. „Ich werde hier vor Langeweile vergehen. Kannst du mich am Montag nicht mit ins Büro nehmen?“ Mit seinem Dackelblick sah er zu Jethro auf.

„Du hast den Arzt gehört. Nicht eher bevor du einen richtigen Gips oder so eine Schiene hast. Solange wirst du deinen Fuß schonen.“ Immer noch streichelten seine Finger über Tonys Gesicht.

„Och komm schon. Das Wochenende wird schon langweilig genug werden.“ Wieder setzte er einen leidenden Blick auf.

Lächelnd sah Gibbs ihn an. Diesen Blick konnte er nur schwer widerstehen. „Wir werden warten was die Untersuchung am Montag bringt. Danach sehen wir weiter und wer sagt denn, nur weil du nicht laufen kannst, das das Wochenende langweilig wird?“ Mit einem Seufzer beugte er sich über den Jüngeren und nahm seine Lippen gefangen. Seine Zunge drang in seinem Mund und fand ihr Gegenstück, das sich ihm schon erwartungsfreudig entgegen drängte. Er spürte wie Tonys rechte Hand in sein Haar griff und er den Kuss genau so leidenschaftlich erwiderte. Nur widerstrebend, aber nach Luft schnappend lösten sie sich wieder von einander.

„Oh mein Gott Jeth“, kam es einem Stöhnen gleich über Tonys Lippen.

Zufrieden vernahm Gibbs den Laut und fühlte sich ermutigt weiter zu machen. Also ließ er seine Finger wandern. Fuhr über die behaarte Brust seines Freundes, spielte mit seinem Bauchnabel und schoben seine Hand sich unter den Bund der Jogginghose. Zufrieden vernahm er, das der Körper seines Freundes sich lustvoll versteifte und auch in Jethros Lenden zeigte sich eine Reaktion.

„Du bist so heiß, Tony“, wisperte der Ältere im ins Ohr.

Noch einmal senkte er verheißungsvoll seine Lippen auf die des Jüngeren. Dabei kam er ausversehen dem geprellten Jochbein zu nahe und wurde von Tonys schmerzerfüllten Keuchen aus seinen Fantasien gewissen.

„Ich denke....“, kam es schwer atmend von Jethro. „....den Rest vertagen wir auf Morgen, wenn deine Elefanten sich verabschiedet haben und du die Schmerzen besser im Griff hast.“

„Oh Jeth, du kannst mich doch nicht so anmachen und dann einfach hier liegen lassen?“

„Ruf mich, wenn du was brauchst oder wo hin musst.“ Grinsend beugte er sich wieder zu ihm herunter, gab ihm einen zarten Kuss auf die Nasenspitze, stand ohne ein weiteres Wort auf und löschte das Licht.

Mit einem heißen Gefühl in den Lenden, stieg er die Stufen zu seiner oberen Etage hoch, schlug aber nicht den Weg zum Schlafzimmer ein, sondern ging mit seiner Erregung schnell zum Bad. Heute würde er einmal alleine Hand an sich legen müssen, aber Morgen........

 

 

Nachts

 

7. Kapitel

Leicht schwitzend lag Tony auf dem Sofa und sah seinem Lebensgefährten hinterher, der leichtfüßig die Stufen zu seinem Schlafzimmer hoch lief. Hatte er das gerade richtig mitbekommen? Jeth hatte ihn aufs höchste angemacht und sich dann zurück gezogen. Und jetzt? Wie sollte er so erregt nur einschlafen? Missmutig sah er an sich herunter. Seine Jogginghose wölbte sich über seinem prallen Glied. Oh Gott, es war so heiß gewesen. Der Kuss und Jethros Hand die sich langsam unter den Bund seiner Hose schob. Kurz überlegte der Braunhaarige selber Hand an sich zulegen, doch als beim bewegen die Schmerzen in seinem Kopf wieder zunahmen, verwarf er den Gedanken genauso schnell wieder wie er entstanden war.

Schwer atmend versuchte Tony eine bequemere Position auf dem aus gelegenem Sofa zu finden. Tja, diese Nacht blieb ihm scheinbar nichts anderes über, als hier liegen zubleiben, aber Morgen würden ihn keine zehn Pferde davon abhalten nach oben in ihr Bett zu kommen und sollte er dabei jede einzelne Stufe auf dem Hintern hoch rutschen. Tony griff zum Tisch, nahm zwei von den Schmerztabletten die er im Krankenhaus bekommen hatte und schluckte sie mit etwas Wasser herunter das Gibbs vorsorglich für ihn hingestellt hatte. Dann legte er sich einen Arm über die Augen und war selber erstaunt wie schnell der Schlaf kam.

****

Er wusste zuerst nicht was ihm geweckt hatte, sein Blick irrte desorientiert durch den dunklen Raum. Umhüllt von einer Decke lag er auf einen Sofa. Durch die vielen Fenster im Raum fiel das Mondlicht ein und in seinem Kopf drehte sich alles, als er sich umzuschauen versuchte. Als sich seine Augen ans Halbdunkeln gewöhnt hatten und der letzte Schlaf von ihm abfiel, dämmerte es ihm. Der Sturz, nein die Stürze, sein Bein, sein Kopf. Seltsamerweise schmerzte es erst in dem Augenblick von neuem, als er sich an seine Verletzungen erinnerte. Der Schmerz war intensiv, aber nicht so überwältigend, das er davon mitten in der Nacht erwacht wäre. Nur Sekunden später spürte er den Druck auf seiner Blase. Er musste sich erleichtern.

Ruckartig setzte er sich auf und musste gleich darauf ein qualvolles Stöhnen unterdrücken, als die Bewegung die Elefantenherde in seinem Kopf wieder zum tanzen brachte. Wo waren seine Krücken? Vorsichtig sah er sich um, doch er konnte sie nirgendwo entdecken. Wahrscheinlich standen sie immer noch im Flur, wo er sie bei einem Salto fallen gelassen hatte. Sollte er Gibbs rufen? Nein, die Blöße würde er sich nicht geben. Alles andere war schon schlimm genug. Er hatte sich ja nur den Fuß gebrochen und nicht sein Rückgrat. Er würde aufstehen und die Toilette aufsuchen. Das konnte doch nicht so schwer sein und sehr weit war es ja Gott sei dank auch nicht.

Langsam zog er einen eingegipsten Fuß vom Kissen und stellte ihn auf den Boden. Als die Schmerzen sich sofort verschlimmerten, zog er ihn wieder hoch. Keine gute Idee. Der Fuß war definitiv nicht zu gebrauchen. Es musste also auch so gehen. Mühsam auf einem Bein, richtete er sich auf und hüpfte an der Couch entlang in Richtung Toilette. Seine Augen waren dabei immer auf den Boden gerichtet. Zu groß war die Gefahr eines erneuten Sturzes.

Bereits nach wenigen Hüpfer brannte der Schmerz nicht nur in seinem Fuß, sondern zog sich auch das ganze Bein hinauf. Tony kämpfte mit seinem Gleichgewicht und war mehr als froh als er endlich die Wand erreicht hatte, an die er sich abstützen konnte. Für einen Augenblick lehnte sich Tony gegen die Toilettentür, um Atem zu schöpfen und sich zu orientieren, dann tastete er nach der Klinge und schob sich durch die geöffnete Tür. Von der Anstrengung erschöpft, taumelte er in den kleinen Raum und irgendwie gelang es ihm sich zwischen der Wanne und dem Waschbecken zu drehen, denn Toilettendeckel hoch zuklappen und sich begleitet mit einem Stöhnen darauf nieder zulassen. Endlich konnte er dem Drang nachgeben und seine Blase erleichtern.

Wie ein Mädchen, fuhr es ihm durch den Kopf, während er sich mit einer Hand den kalten Schweiß von der Stirn strich. Aber an stehen wäre nicht zu denken gewesen. Um so schwieriger wurde das Aufstehen von  der Toilette. Er musste sich mit beiden Händen am Waschbecken hochziehen. Als er endlich vor dem Waschbecken stand und sich die Hände wusch, war er vollkommen durchgeschwitzt und bereute seine Leichtgläubigkeit schon. Müde und erschöpft, mit zitternden Beinmuskeln, machte er sich auf den Rückweg ins Wohnzimmer. Doch nach ein paar Hüpfern musste er zugeben das er sich grenzenlos überschätzt hatte. Er konnte nicht mehr und er musste sich schnellstens setzen, wollte er hier nicht umkippen. Mit Schmerz verzerrten Gesicht, ließ er sich an der Wand entlang auf den Boden gleiten. Nur ein paar Minuten ausruhen, dann würde er sich weiter kämpfen. Aber im Moment brauchte er seine ganze Kraft um zu Atem zu kommen.

****

Gibbs drehte sich in dem großen Bett von links nach rechts. Irgendwie wollte der Schlaf heute nicht mehr kommen. Immer wieder musste er an Tony denken. Sein schmerzverzerrtes Gesicht, die Hilflosigkeit als die Diagnose feststand, aber auch an den Kuss und die kleine Liebesszene auf der Couch. Es tat ihm leid, das er seinen Lebensgefährten so angetörnt hatte. Seufzend drehte er sich wieder, als er die Klospülung aus dem Erdgeschoss hörte. Verwundert setzte er sich auf und lauschte. Das war doch nicht möglich? Es konnte doch nicht sein, das Tony sich alleine auf den Weg zur Toilette gemacht hatte? Hatte er ihm nicht die strikte Anweisung gegeben ihn zu rufen?

Schnell hatte sich der Grauhaarige aus den Decken geschält und nahm die Treppe nach unten fasst im Flug und als er unten angekommen war, suchte er den Lichtschalter.


„Tony?“, rief er besorgt, als er die Couch verweist vorfand. Was hatte er denn jetzt wieder angestellt?

„Ich bin hier“, sagte Tony mit schwacher Stimme und im Stillen wünschte sich unsichtbar zu sein, um sich und Jethro diese Schmach zu ersparen.

Die Schritte näherten sich und er vernahm die deutlich besorgte Stimme seines Partners.

„Was machst du hier?“, fragte Gibbs, ließ sich mit einem knacken der Knie in der Hocke nieder und legte seinem Lebensgefährten die Hand auf die Wange.

„Ich war auf dem Rückweg von der Toilette“, kam es ziemlich zerknirscht von dem Jüngeren.

Verständnislos und wütend sah er seinen Freund an. „Zum Klo. Du bist aufgestanden um zum Klo zu laufen? Bist du Wahnsinnig? Lernst du nie? Was meinst du warum dir die Natur einen Kopf auf die Schultern gesetzt hat?“, fragte er und tippte Tony mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. Sekunden später wurde sein Gesicht weich und die Wut war verraucht. Zärtlich strichen seine Hände über DiNozzos Körper, auf der Suche nach weiteren Verletzungen. „Hast du dir was getan?“

„Nicht mehr als ich schon hatte“, sagte Tony und genoss Gibbs Fürsorge. Dort wo dessen Finger ihn berührten, durchströmte ihn eine wohlige Wärme. Er schloss die Augen, um das Gefühl zu genießen.

„Na komm“, sagte Gibbs, nachdem er sich überzeugt hatte, das Tony sich nicht weiter verletzt hatte. „Ich helfe dir zurück zum Sofa. Ich denke den Boden hast du heute schon genug kennen gelernt.“ Grinsend stand er auf und streckte dem Jüngeren die Hand entgegen.

Tony ließ sich bereitwillig von Jethro hochziehen. Als er stand, hielt er sich mit einer Hand wieder an der Wand fest, mit der anderen umklammerte er Jethros Schulter und genoss die Wärme die der Ältere ausstrahlte. Sein Fuß pochte bedrohlich, aber durch Jethros´Nähe bekam er kaum etwas davon mit.

„Wo sind überhaupt deine Gehhilfen?“

„Ich weiß nicht, noch im Flur?“

„Na gut“, sagte Gibbs, der im Moment fast Tony ganzes Gewicht trug. „Ich denke du stützt dich jetzt besser auf mich.“ Besorgt sah er ihn an. Er hatte wirklich heute schon genug mitgemacht. „Meinst du du schaffst das? Oder soll ich dich tragen?“

Tony Kopf fuhr in seine Richtung. Seine grünen Augen groß wie Landminen. „Tu mir das nicht an. Bitte nicht auch noch so eine Erniedrigung.“ Entsetzen schwang in seiner Stimme mit und ließ Gibbs schmunzeln.

Langsam und mühselig bahnten sie sich den Weg zurück zum Wohnzimmer. Als sie endlich das Sofa erreichten, ließ Jethro ihn langsam darauf nieder.

Mit beiden Händen umklammerte Tony sein eingegipstes Bein und hob es zurück auf das Kissen, dann ließ er sich er schwer atmend gegen die Polsterung sinken.

Während sich DiNozzo ganz auf seine Atmung und das Pochen in seinem Fuß und seinem Kopf konzentrierte, setzte sich Gibbs neben ihm in den Sessel.

„Warum tust du das immer, Tony? Ich habe dir gesagt, du sollst rufen. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was hätte alles passieren können. Was wenn du wieder gestützt wärst?“

„Bin ich aber nicht“, kam es kleinlaut von Tony.

„Es hätte aber wieder etwas passieren können“, sagte Gibbs und klatschte sich laut auf die Oberschenkel. „Verflixt noch einmal, was hast du vor, willst du mich ins Grab bringen.“

„Oh hör schon auf. Hättest du dich anders verhalten?“, konterte der Jüngere.

„Ich bin nicht du“, sagte Gibbs leise, stand auf und stellte sich vor seinem Freund. „Bleibst du jetzt hier liegen? Oder muss ich dich festbinden? Du hast die Wahl.“

„Heute werde ich mich bestimmt nicht mehr von hier wegbewegen.“

„Gut, dann können wir ja jetzt wieder schlafen gehen.“ Ohne ein weiteres Wort dreht sich der Ältere um und ging eilig die Treppe nach oben. Im Schlafzimmer sah er sich kurz unschlüssig um, dann hatte er einen Entschluss gefasst. Er würde Tony die letzten Stunden der Nacht nicht mehr alleine lassen. Schnell schnappte er sich seine Bettdecken und lief die Stufen wieder hinunter.


TBC...............................................


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