Autor: Marah Jade
Beta Leserin: Zazu
Rating: FSK 12
Spoiler: Nein, eigentlich nicht.


Disclaimer: Alles nur ausgeliehen: Alle Rechte an den Fernseh-Serien NCIS ihren Charakteren und Handlungssträngen gehören Donald P. Bellisario, Belisarius Productions, CBS und Paramount.

Diese Geschichte ist nicht für die freie Verbreitung im Netz vorgesehen. Sollte jemand Interesse daran haben diese Story auf anderen Seiten zu posten oder zu verlinken, bitte vorher bei mir melden!




Der letzte Tanz



Allein und müde schaltete er das Fernsehgerät aus. Früher hatte er keinen großen Wert auf dieses Gerät gelegt, aber jetzt, war es an manchen Tagen die einzige Unterhaltung die er noch hatte.
Mit dem Laufen klappte es schon länger nicht mehr richtig. Das Knie machte ihm Probleme. Seitdem lebte und schlief er auf der unteren Etage seines kleinen Häuschens. Den Keller und sein letztes darin stehendes Projekt, hatte er schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen.

Er machte sich immer noch alleine das Essen, aber trotzdem hatte seine *Familie* darauf bestanden, das zweimal am Tag ein privater Pflegedienst vorbei kam. Das Alter hatte ihm auch seine letzte Würde genommen.
Er konnte sich plötzlich ein Lächeln nicht mehr verkneifen, als er an die letzte Begegnung mit seinem Vater dachte. Er hatte mit ihm zusammen den Laden in Stillwater wieder aufgebaut. Sein Vater hatte sich in einer Tour über sein Alter und die mangelnde Beweglichkeit beschwert. Er hatte das nur als blödes Geschwafel abgetan. Jetzt war er in derselben Situation. Der Geist war noch willig, aber der Körper streikte bereits massiv. Das war auch das letzte Mal gewesen, das er seinen Vater lebend gesehen hatte. Er war ruhig eingeschlafen, hatte ihm die Nachbarin ein paar Wochen später mitgeteilt. Ein Tod, wie er ihn für sich nicht denken konnte. Gibbs hatte immer erwartet, im Einsatz zu sterben.
Doch das war einem anderen vorbehalten gewesen. Wehmütig lies er sich wieder aus Sofa zurück sinken und blickte zum kalten Kamin.

Es war schon spät und der Pflegedienst für die Nacht war schon gegangen.
Wie lange war er jetzt schon pensioniert? 15 Jahre? Oder waren es mittlerweile schon 16 Jahre? Er konnte es nicht mehr genau sagen. In seinem Alter vergingen die Jahre so schnell. Die Zeit lief ihm davon.

Im Leben war ihm nichts geblieben. Seine erste Familie war getötet worden und die Frauen die gefolgt waren, hatten ihn nur den kleinsten Abschnitt seines Lebens begleitet. Sie waren bereits ausgelöscht, wie der gestrige Tag.
Sein Blick glitt wieder zum Kaminsims und zu dem ersten Foto das dort stand. Seine Familie. Es waren ihm nur zehn Jahre mit ihnen vergönnt gewesen. Eine verdammt kurze Zeit seines Lebens. Aber es würde jetzt nicht mehr lange dauern und er würde wieder mit ihnen vereint sein. Er spürte es in seinen schmerzenden Knochen, der Zeitpunkt rückte näher.

Er warf einen Blick zur Uhr, noch 15 Minuten und das Telefon würde schellen. Abbys allabendlicher gute Nachtruf. Dies war ein Ritual das jeden Tag erfolgte. Sie waren seine angenommene Familie. Die die ihm geblieben war. Er blickte nun zu dem zweiten Foto auf dem Sims. Abby und ihre Familie. Die Rattenschwänze von einst waren schon lange Geschichte. Auch ihr Gothic Outfit hatte sie nach ihrer Hochzeit abgelegt. Jetzt war die kleine quirlige einstige Kriminaltechnikerin, Hausfrau *wer hätte das je von ihr gedacht* und Mutter von zwei starken Jungen, die „Grandpa“ zu im sagten. Nathan der älteste würde in seine Fußstapfen treten und Soldat werden. Michael der jüngere hatte das Potenzial seines Vaters geerbt und würde im nächsten Jahr zum M.I.T. gehen. Tim hatte kurz nach Gibbs Pensionierung ein Job Angebot für ein eigenes Team, in Florida erhalten. Das Angebot war zu gut, um es abzulehnen und so waren Beide, mit ihrer Familie, nach Florida gezogen. Seitdem sahen sie sich nur noch zu Feiertagen, aber Abby rief jeden Abend an und sollte sie einmal verhindert sein, übernahm dies Tim oder einer der Jungen.

Womit sein Blick langsam zu den nächsten Bildern wanderte. Kate. Irgendwann hatte er auch sie dazu gereiht. Ihr Foto stand zusammen mit Jennys. Jenny, er sah sie fast bildlich vor sich sehen. Jenny, mit ihrem roten Haar und dem ihr eigenen Duft nach Maiglöckchen, war ihm so präsent wie am ersten Tag.
Und Kate, bei ihr sah er leider immer nur den entsetzen Gesichtsausdruck, den sie im Tot angenommen hatte. Immer noch wurde er manchmal von Träumen geweckt. Immer sah er sich dann auf dem Dach und immer wieder fiel Kate getroffen in seine und Tonys Arme. Sie waren tot, alle. Das Atmen fiel im plötzlich so schwer.

Ducky, sein ältester Freund. Auch er war schon gestorben, wobei er ein wirklich biblisches Alter erreicht hatte. Er hatte auch noch im Ruhestand, Palmer für Fragen, zur Verfügung gestanden und das hatte ihn jung gehalten. Auch ihn würde Gibbs bald wieder sehen. Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern. Sein Leben ging eh schon länger, als er es beabsichtigt hatte. Er war nicht gläubig, aber er glaubte schon, nicht an Gott als Person, aber doch an ein Leben nach dem Tod. An eine Zusammenführung der Liebenden. Ja, daran glaubte er ganz fest.

Er holte sich das Telefon vom Tisch und legte es neben sich auf die Couch. Noch sieben Minuten bis zu Abbys Anruf. Danach konnte er sich endlich schlafen legen. Er überlegte kurz das Telefon mit ans Bett zu nehmen, verwarf es aber wieder. Nein, er würde den Anruf wie jeden Abend auf dem Sofa, vor dem vor langen Jahren erloschenen Kamin, annehmen. Er war müde. Es wurde Zeit.

Und wenn er schon an all seine Lieben dachte, dann durften die letzten Beiden auch nicht fehlen. Gibbs lächelte als er wieder zum Kaminsims sah. Er hatte eins der seltenen schönen Fotos der Beiden dort stehen. Von einem herum blödelnden Tony gab es viele. Aber dieses hatte Abby von den Beiden unbemerkt aufgenommen. Ein Foto aus glücklichen Tagen. Gibbs konnte sich noch genau erinnern, wann das Foto entstanden war. Sie hatten hier im Garten ein BBQ veranstaltet. Zu dem Zeitpunkt war Abby schon verheiratet und schwanger gewesen. Tim hatte sie, wie eine Glucke umsorgt und sie war mit der Kamera vor seiner Fürsorglichkeit geflüchtet und hatte sich an die Beiden heran gepirscht. Und da sie sich unbeobachtet fühlten, benahmen sie sich auch normal. Tony hatte breitbeinig auf einer Liege gesessen und Ziva hatte es sich zwischen seinen Beinen gemütlich gemacht. Seine Arme umschlossen von hinten ihren Körper und sie schmiegte sich in seine Umarmung. Beide lächelten glücklich und unschuldig zugleich in die Kamera.

Das war das letzte Mal, dass er Ziva lächeln sah. Es war auch das letzte Foto das er von ihm hatte. Sie hatten einen gefährlichen Job, das stimmte, aber er hätte nie daran gedacht, Tony zu überleben. Es war schnell gegangen, nur ein paar Tage nach dem BBQ. Ein neuer Fall, eine Festnahme und plötzlich hatte das vermeintliche Opfer ein langes Messer in der Hand. Gibbs hatte sofort reagiert und abgedrückt, aber die Kugel hatte ihr Ziel zu spät erreicht. Das Messer steckte schon in Tonys Oberkörper. Er war nicht sofort tot gewesen. Ziva hatte neben ihm gekniet, um die Blutung zu stillen. Sie hatte ihn angefleht, die Augen offen zuhalten. Aber auch Gibbs Befehl hatte ihn nicht mehr erreicht. Mit letzter Kraft, hatte er ihrer Hand ergriffen und sie zu sich herunter gezogen. „Ich liebe dich, Ziva“, hatte er ihr ins Ohr geflüstert, wobei seine Stimme, nur noch ein Hauch ihrer selbst war. Seine Atmung wurde immer schwerfälliger. Er drohte an seinem eigenen Blut zu ersticken und noch immer war von dem herbei gerufenen Krankenwagen nichts zu hören. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, als er seine letzten Worte sprach: „Ich warte drüben auf euch.“
Dann hatte er für immer seine Augen geschlossen und hatte ein völlig zerstörtes Team zurück gelassen.
Die Obduktion hatte später ergeben, dass das Messer in die rechte Herzkammer eingedrungen war. Selbst wenn der Krankenwagen noch rechtzeitig angekommen wäre, wäre er nicht mehr zu retten gewesen.
Sie hatten eine Woche versucht normal weiter zu arbeiten, aber Tony fehlte einfach an allen Ecken und Kanten. Dann hatte Ziva gekündigt und war nach Israel zurück gegangen. Er hatte sie seitdem nie wieder gesehen. Und er, er hatte den Ruhestand dankend angenommen. So musste er wenigstens nicht mehr jeden Tag, auf den leeren Schreibtisch blicken. Tim hatte sich versetzen lassen und hatte seine Abby mitgenommen. Nichts war mehr wie es war und nichts würde mehr zu sein.

Es wurde Zeit das Abby Anruf kam. Er war so müde. Gibbs legte seinen Kopf auf das Nackenpolster der Couch und schloss seine Augen. „Nur kurz, bis zum Anruf“, waren seine letzten bewussten Gedanken, bevor er einschlief.

Leise Musik wehte ihm entgegen. Neugierig ging er den Klängen nach. Das Lied kannte er nicht, aber es hörte sich nach einem langsamen Walzer an. „Schenkst du mir diesen Tanz, Gunny?“, hörte er da eine Stimme neben sich. Er schaute zur Seite und sah seine Shannon neben sich stehen. „Ich kann nicht, ich kann nicht mehr richtig laufen“, antwortete er ihr und blickte sie staunend an. So plastisch hatte er sie, in seinen Träumen, noch nie gesehen. „Doch du kannst. Sieh dich doch an“, sagte sie da und hielt ihm ihre Hand entgegen. Gibbs blickte an sich herunter. Er war wieder jung. Das war ein toller Traum. Zögerlich ergriff er Shannons Hand und lies sich von ihr auf die Tanzfläche ziehen, die aus dem Nichts erschien. Sie tanzten eine weile miteinander, dann ergriff Gibbs wieder das Wort. „Wie geht es Kelly“, fragte er seine Frau. „Gut, warte ich rufe Sie zu uns.“ „Nein, bitte warte noch. Ich will dich noch ein bisschen in meinen Armen spüren.“ Sie lächelte ihn an. „Du kannst mich noch lange in deinen Armen spüren. Komm, dahinten warten noch ein paar, die dich unbedingt sehen wollen“, sagte sie und zog ihn von der Tanzfläche zu einem Garten.

Gibbs ging rechtzeitig in die Hocke, als Kelly mit ihren acht Jahren auf ihn zu stürmte. „Daddy, endlich bist du da. Ich habe so lange auf dich gewartet.“ Der kleine Kinderkörper schmiegte sich genau so an ihn, wie er es in Erinnerung hatte. Gibbs konnte nichts sagen, er hatte einen dicken Kloß im Hals und konnte nicht länger seine Tränen zurück halten. „Ich dich auch Kleines, ich dich auch.“
Als sich seine Tränen gelegt hatten, merkte er dass sie nicht länger alleine waren. Da standen alle seine Lieben. Ducky, der ihm auf die Schulter klopfte. Jenny, die mit Kate etwas abseits stand, aber ihm zulächelte. Sein Vater, wie er ihn aus frühster Jugend in Erinnerung hatte, kam lächelnd auf ihm zu. „Na Sohn, auch endlich da.“
Dann packte er seinen Sohn an den Schultern und drehte ihn um. „Ich habe dir noch jemanden mitgebracht. Und wenn ich ehrlich bin, bin ich sehr froh das du jetzt endlich hier bist und ich seine Scherze und sein ewiges Genörgel nicht mehr hören muss.“ Gibbs musste zuerst sein Sichtfeld klären und wischte sich die Tränen aus den Augen, als er neben sich eine bekannte Stimme vernahm. „Hey Boss, schön dich zu sehen“, sagte Tony.

Später, als sich der Tumult etwas gelegt hatte, saß Gibbs abseits mit Kelly auf den Schoss und genoss ihren Kindergeruch. Es war ein schöner Traum und das aufwachen würde ihm diesmal verdammt schwer fallen.

Abby saß in ihrem Wohnzimmer und versuchte bereits zum dritten Male ihren silberhaarigen Fuchs zu erreichen. Immer wieder lies sie das Telefon bis zum Zusammenbruch klingeln. Jetzt legte sie das Handy resigniert, auf den Tisch. Dicke Tränen liefen über ihre Wangen. Tim der neben ihr saß, zog sie in seine Arme. „Vielleicht ist er ja auf dem Klo, oder schon im Bett? Versuch es doch einfach Morgen noch mal“, versuchte er sie zu beruhigen. „Nein“, schluchzte sie. „Er würde nie wo anders sein, wenn ich anrufe. Er wartet jeden Tag auf diesen Anruf.“
Abby musste es nicht aussprechen, McGee wusste auch so was sie damit meint und so blieb ihm nur seine weinende Frau fest zuhalten. Jetzt waren sie die letzten aus dem Team.

~~~E N D E~~~

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Kommentare: 1
  • #1

    divatores-writesite (Montag, 28 Mai 2012 17:15)

    ;(
    Ich muss heulen!
    Das ist schrecklich. So traurig und doch so schön. Das Schicksal von allen und dann das im Jenseits. Alles ist so schön beschrieben und so traurig.
    Toll gemacht.
    LG Fenja