Auszug aus "Der Vampir" (Arbeitstitel)

 

 

 

 

Mühsam schleppte sich Dillan durch die einsamen schneebedeckten Strassen. Kein Mensch war zu sehen, was aber auch kein Wunder war, denn es war 3 Uhr in der früh und die Temperaturen waren in dieser Nacht auf minus 15 Grad gefallen. Bei diesem Wetter jagte man nicht einmal seinem Hund vor die Tür. Er war allein auf Patrouille gewesen, als ein Rudel Werwölfe ihn angriff. Er hatte schon beim aufstehen am Abend gemerkt das heute nicht sein Tag war. Sein Wecker hatte ihm in stich gelassen, wodurch er erst weit nach Sonnenuntergang aufwachte. Dadurch hatte er Mikas Briefing verpasst und Stefan sein Partner für diese Nacht, war ohne ihn auf gebrochen. Er hatte ihm nur eine Nachricht hinterlassen wo sie sich treffen würden. Ihre heutige Aufgabe war die Bewachung des Domizils, ein kleiner Vorstadtort, wo die letzten Überlebenden ihrer Rasse eine neue Heimat gefunden hatten. Der Krieg mit den Lukanern hatte über die Jahrhunderte viele Vampirfamilien ausgerottet. Die restlichen in Amerika beheimateten hatte sich vor 50 Jahren zu diesem Domizil zusammengeschlossen um besser gegen die Wölfe zu bestehen. Alles unter der Herrschaft von Mika dem Erhabenen, der sein Volk seit mittlerweile 250 Jahren durch diesem Krieg führte. Mika hatte auch die Legion der Vampirkrieger ins Leben gerufen. Mittelweile kämpfte der Vampirkönig nicht mehr aktiv, aber er führte immer noch Abend für Abend die Besprechung und koordinierte die Einsätze der Krieger. Dillan gehörte bereits seit 54 Jahren zu dieser Elitegruppe. Dabei war er mit seinen 158 Lebensjahren noch ein Baby in der Gruppe.

 

Er war zu dem mit Stefan verabredeten Platz unterwegs gewesen, als das Rudel ihn erwischte. Sie waren plötzlich aus dem Hinterhalt gekommen. Gegen 5 oder 6 Wölfe konnte er bestehen aber gegen ein ganzes Rudel von 15 Wölfen? Nein, er hatte keine Chance gehabt. Die Lukaner waren hinterhältig. Große Rudel setzten sich immer aus einem Leidwolf, der aus dem Hintergrund agierte und ungefähr vier ausgewachsenen Tieren sowie einer variierenden Anzahl von Jungwölfen zusammen. Diese konnten zwar auf keine wesendlichen Erfahrungen zurückgreifen aber sie waren nicht minder gefährlich, da sie sich vor den älteren Tieren beweisen wollten.

Dillan hatte es gerade noch geschafft seine Silberdolche zu ziehen als die jüngeren Lukaner ihn angriffen. Sechs der jüngsten Wölfe hatte er getötet bevor ein älterer ihn von hinten attackierte und sich in seine Hüfte verbiss. Dillan hörte immer noch das knacken seiner Knochen. Als er versuchte ihn mit dem Dolch zu treffen hatte ein anderer Lukaner ihm knapp unterhalb des Ellenbogens den Arm fast abgerissen. Diese war von da an nicht mehr zu gebrauchen und hing leblos an seiner Seite. Er hatte schon mit seinem Leben abgeschlossen als plötzlich wie aus dem Nichts Stefan aufgetaucht war. Zusammen hatten sie es geschafft und die Reste des Rudels getötet. Nur das Leidtier war ihnen entkommen und dieser kleine Fehler hatte Stefan das Leben gekostet. Denn im Gegensatz zur örtlichen Meinung waren Vampire nicht unsterblich. Sie konnten genau so verletzt werden und fühlten auch Schmerzen, wie Menschen. Nur waren ihre Überlebenschancen weit aus höher. Man musste einem Vampir schon den Kopf abschlagen oder ihn ausbluten lassen um ihn endgültig zu töten.

 

Bei Stefan war es eine herausgerissene Kehle gewesen. Bevor Dillan auch nur in seine Nähe kommen konnte war er schon ausgeblutet. Es würde schwer werden Sandra einen Tot zu gestehen. Für die Braut seines Partners würde die Welt zusammen brechen. Sie waren mittlerweile viele Jahrhunderte zusammen und Dillan musste sich eingestehen das er immer schon ein bisschen neidisch auf die Beiden gewesen war. Er hatte seine Braut noch nicht gefunden. Nicht das er groß nach ihr gesuchte hätte, denn seine Großmutter hatte schon früh zu ihm gesagt: „Was passieren soll, passiert auch mein Junge. Alles kommt zu seiner Zeit.“ Also wartete er. Und er wartete schon seid über hundert Jahren, auf die eine mit der er eine Familie gründen könnte. Dillan hoffte nur das er Stefan gut genug versteckt hatte damit sie ihn später noch bergen und beerdigen konnten. Es würde Sandra helfen zu wissen wo ihr Partner lag. Auch er würde den stillen, immer hilfsbereiten Stefan vermissen. Er musste sich beeilen, sie mussten Stefan noch vor Sonnenaufgang bergen, sonst würde von ihm nach einer Stunde des Aussetzens nur noch ein Häufchen Asche überbleiben. Wegen der Verletzungen und dem Blutverlust wagte er sich nicht nach Hause zu teleportieren und sein Handy war leider einem hungrigen Wolfsmagen zum Opfer gefallen.

„Scheiße, ich werden langsam zu alt für diesen Dreck“, dachte er gerade als eine neue Schmerzwelle durch seinen Körper fuhr.

Sonnenlicht war ein echtes Problem für seine Rasse und führte zu einer UV Vergiftung die sehr schmerzhaft und in Ausnahmefällen auch tödlich verlaufen konnte. Also wenn Dillan nicht gegrillt werden wollte, musste er sehen das er vorwärts kam. Die Abneigung gegen Knoblauch dagegen war ein Märchen. Dillan aß Knoblauch sogar sehr gerne. Und damit wären wir auch schon bei den nächsten Unwahrheiten. Vampire können sehr wohl essen. Sie brauchen zwar zum überleben Blut, aber die Nahrungsaufnahme war genauso wichtig. Mit einem leeren Magen konnte keiner gut kämpfen. Silberne Kreuze dagegen waren sehr wirksam gegen Werwölfe, wie übrigens auch alles andere aus Silber, aber Vampiren machten sie nichts aus. Und was würde Dillan abends nach dem Aufstehen ohne seinen Badezimmerspiegel machen. Wie sollte er sonst sein militärisch kurzes blondes Haar, das immer in allen Richtungen abstand, stylen? Die Menschheit war ein komisches Volk. Alles was sie nicht kannten oder verstanden, fürchteten sie wie der Teufel. Im 15. bis 18. Jahrhundert hatten sie richtig Jagd auf seine Rasse gemacht. Mittlerweile war das Geschichte. An Vampire wurde in der modernen Zeit nur noch in Märchen und Gruselgeschichten gedacht. Sie waren für die Menschen unsichtbar und konnten so unerkannt unter ihnen leben. Was zum großen Teil auch König Mika zu verdanken war, der Blutbanken einführte. Das Trinken aus der direkten Quelle, wurde nur noch in Notfallen durch geführt und war auch für den Menschen nicht tödlich. Ausnahmen gab es allerdings auch hier. Ansonsten ernährte sich seine Rasse zivilisiert und trank ihr Blut aus Gläsern.

 

An der nächsten Häuserecke musste er wieder einmal stehen bleiben. Er stützte sich an die Hauswand und entlastete kurz seine rechte Seite. Langsam und unter Schmerzen nahm er seinen Arm fort, den er während des laufens automatisch an seinem Körper gepresst hatte und schaute unter seinem langen Ledermantel nach der Verletzung. Warm spürte er das Blut an seinem Körper herunter laufen. Die Wunde blutete viel zu stark, wahrscheinlich war irgendein Gefäß verletzt. Das meiste Blut wurde noch von seiner schwarzen Jeans aufgefangen aber vereinzelte Tropfen waren schon jetzt im weißen Schnee zu sehen. Er musste dringend sehen dass er ins Domizil kam. Sein Körper brauchte frisches Blut und zwei oder drei Tage Ruhe um zu heilen. Außerdem ging in ein paar Stunden die Sonne auf. Und zusätzlich zu seinen schon vorhandenen Wunden wollte er sich keine UV Vergiftung einfangen. Wenn er es noch nach Hause schaffen wollte, brauchte er irgendwas um die Blutung zu stillen. Er warf noch einen kurzen Blick auf die Wunde an seinem Arm. Dieser hing scheinbar nur noch an ein paar Haut- und Fleischresten. Trotz allem konnte er froh sein das es der Wolf nicht geschafft hatte seinen Arm komplett abzubeißen. Denn ein neuer wäre ihm nicht gewachsen. Aber so und mit der Hilfe eines ihrer Heilers würde die Wunde in ein paar Tagen wieder verheilt sein. Allerdings würden Narben zurückbleiben… denn das war auch so ein Märchen. Jede tiefe Wunde gab auch eine Narbe. Hier unterschieden sie sich leider nicht von der Menschheit. Sein Körper hatte für seinen Geschmack schon mehr als genug Narben. Aber solange er als Krieger seinem Volk diente, würde wohl auch noch die eine oder andere dazukommen.

 

Er wollte sich gerade wieder in Bewegung setzen als er aus dem Augenwinkel einen Schatten sah. Sofort waren seine Sinne in Alarmbereitschaft. Vergessen waren die Schmerzen. Jetzt zählte nur noch sein Überlebenswille. Dillan zog mit seinem gesunden Arm das silberne Messer und ging in Kampfstellung. Jetzt zahlten sich seine überdurchschnittlich ausgeprägten Sinne aus. Der Leidwolf hatte seine Wunden gelegt und sich auf die Suche nach den überbleibenden Vampirkrieger gemacht. Dillan konnte ihn noch nicht sehen, dafür aber roch er das dominante Männchen.

„Komm raus du Vieh, zeig dich, ich will dich sehen“, rief er leise.

In dem Moment wurde er von seiner verletzten Seite aus angegriffen. Er sah wie der Lukaner mit geöffneten Maul auf ihn zu flog. Mittlerweile nicht mehr in seiner vollständigen Tiergestalt, sondern aufgrund seiner Schwäche eine Mischung zwischen Mensch und Tier. Ein Wesen wie aus einer der unzähligen Legenden.

Von hinten wurden Motorengeräusche hörbar, ein Lichtkegel erfasste die beiden Kontrahenden.

„Nicht das auch noch“, dachte Dillan. Die ganze Zeit war die Strasse Menschenleer und nun kam ein Auto. Doch weiter kam er nicht, denn er wurde von der Wucht des Aufpralls erfasst und auf die Strasse geschleudert. Er spürte noch wie ihn das Auto seitlich erfasste, dann flog er noch einmal durch die Luft. Der zweite Aufprall nahm ihm das letzte bisschen Luft, er bekam noch mit wie der Wolf aufheulte und sich in Sicherheit brachte. Das letzte das er sah war ein schönes, aber aufgelöstes Frauengesicht mit Tränen in feilchenblau Augen. Dann verlor er das Bewusstsein.

 

Cassiopeia wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen. Unbewusst versuchte sie sich in ihrem Bett um zu drehen und wäre beinahe aus diesem gefallen. Ihre Katze hatte es sich der länge nach neben ihr gemütlich gemacht. Und brauchte fast mehr Platz als ihr Frauchen.

 

 

TBC.......................................